Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Beschreibung der Praxis
2. Beschreibung der Praxis in Bezug auf das Analysekriterium
3. Psychomotorik
3.1 Ziele und Inhalte der Psychomotorik
3.2 Begriffserklärungen
Motopädagogik und Psychomotorik
Bewegung und Wahrnehmung
Entwicklung durch Handeln
4. Das Heilpädagogische Reiten und Voltigieren
4.1 Kontakt mit dem Tier
4.2 Was ist Heilpädagogisches Reiten?
4.3 Die Idee des Heilpädagogischen Reitens
4.4 Sinn, Zweck und Ziel
5. Der Einsatz des Pferdes unter psychomotorischen Gesichtspunkten
5.1 Bewegungserziehung am Pferd
5.2 Wahrnehmungserziehung am Pferd
6. Praxisbeispiel
7. Reflexion
8. Fazit
9. Anhang
10. Quellenverzeichnis
Einleitung
Es lässt sich fest stellen, dass sich durch unsere heutige moderne Gesellschaft die Entwicklungs- und Lebensbedingungen im Bewegungserleben unserer Kinder sehr verändert haben. Angefangen bei dem starken Ausbau der Medien sowie technischer Geräte, die vom heutigen Menschen viel weniger körperliche Anstrengung verlangt, bis hin zur Freizeitbeschäftigung, die sich meist in den Kinderzimmern vollzieht. Mir ist aufgefallen, dass man selbst in Dörfern kaum noch Kinder auf den Straßen spielen sieht. Ich würde dies darauf zurück führen, dass es heute attraktiver erscheint sich mit einer Spielkonsole auseinanderzusetzen oder mit einem der Spielzeuge, mit denen das Kinderzimmer reich gefüllt ist. Zu den umweltbedingten Einflüssen, auf die Bewegungsbeeinträchtigungen zurück zu führen sind, nennt Bernhard Ringbeck unter anderem, den Mangel an Möglichkeiten, dem natürlich Bewegungsdrang nachzugehen, zum einen aufgrund der heutigen Wohnverhältnisse, dem zunehmenden Autoverkehr, sowie fehlende Anregung im sportlichen Freizeitbereich. Hinzu komme eine sensorische Reizüberflutung durch zunehmenden Fernseh- und Videogebrauch und die Überbehütung durch Erwachsene. Ein weiterer Aspekt sei aber auch der schulische Dauerstress durch die steigenden Leistungsanforderungen. (vgl. Gäng 1994, S. 133)
So scheint eine Entwicklungsförderung in diesem Bereich unabdingbar.
Durch die große Anziehungskraft die das Pferd auf Kinder ausübt und seine physischen und sozialen Eigenschaften, ermöglicht es einen vielseitigen Einsatz in der Entwicklungsförderung, in der Hippotherapie wie auch beim heilpädagogischen Reiten und Voltigieren.
Ich möchte mich in dieser Arbeit nicht mit der Therapie von Bewegungsauffälligkeiten beschäftigen, sondern auf die Bewegungsförderung des Kindes eingehen und hierfür das pädagogische Konzept des heilpädagogischen Reitens und Voltigierens im Hinblick auf psychomotorische Förderung darlegen.
Der Grund für die Wahl dieses Themas ist mein Praktikum in einer pädagogischen Einrichtung, die mir ermöglichte einen Einblick in das heilpädagogische Reiten zu bekommen. Ich habe zwar schon seit meiner Kindheit Reit- und Pferdeerfahrungen, habe aber selbst eher leistungsorientierten Unterricht genossen. Die Erfahrungen die ich während des Praktikums sammeln konnte, führten dazu, dass ich auch heute noch mit Kindern nach dem motopädagogischen Konzept am Pferd arbeite.
Ich möchte in dieser Hausarbeit aufzeigen, in welcher Weise das heilpädagogische Reiten nützlich und wertvoll ist und der Frage nachgehen, warum gerade die Arbeit mit Pferden in der psychomotorischen Förderung so bedeutsam ist.
Hierfür werde ich vorerst mein Praxisfeld darstellen, dann auf die Psychomotorik eingehen und später die Ziele des heilpädagogische Reiten darstellen, sowie das heilpädagogische Reiten unter Berücksichtigung psychomotorischer Gesichtspunkte. Am Ende der Arbeit werde ich in einer Reflexion die dargelegten Theorien auf meine Praxis beziehen.
1. Beschreibung der Praxis
Mein Praktikum absolvierte ich in einer Familiengruppe. Die Familiengruppe besteht aus sieben Kindern im Alter von 3-17 Jahren. Aufgenommen werden in der Familiengruppe Kinder und Kleinkinder, die feste Rahmenbedingungen und engeren Kontakt mit dauerhaft konstanten Bezugspersonen, sowie die Geborgenheit einer familienähnlichen Struktur für ihre Entwicklung benötigen. Ausschlusskriterien für die Aufnahme in eine Familiengruppe sind gravierende Suchtprobleme, akute Suizidgefährdung, schwere oder akute psychische Erkrankungen und schwere Verhaltensstörungen. Die Kinder leben dort wie in einer gewöhnlichen Familie, werden im Alltag jedoch außer von ihrer Pflegemutter, noch von drei Sozialpädagoginnen betreut.
Meine Aufgabe war es hauptsächlich, D. ein sieben jähriges Mädchen im Hausaufgaben- sowie im Freizeitbereich zu betreuen. Sie kam in die Familiengruppe da ihre Mutter schwer alkoholkrank war.
Das besondere an der Familiengruppe E. ist der kleine angebaute Pferdestall, in dem zwei Pferde untergebracht sind. Da die Zeit der Pflegemutter und der Sozialpädagoginnen durch die alltäglichen Aufgaben sehr begrenzt ist, hatten die Kinder bisher wenige Möglichkeiten, sich mit den Pferden zu beschäftigen. Da ich selbst langjährige Erfahrungen mit Pferden besitze, wurde ich gebeten diese Aufgabe zu übernehmen. Hilfestellung erhielt ich hierbei von meiner Praxisanleiterin, die eine Zusatzausbildung bei der „Interessensgemeinschaft für Therapeutisches Reiten E.V Marburg“ im Bereich „Bewegungserziehung und Wahrnehmungsschulung am Pferd“ absolviert hatte.
Ich werde mich in dieser Arbeit lediglich auf die Arbeit mit den Pferden beziehen und meine anderen Tätigkeitsfelder in der Familiengruppe ausgrenzen.
2. Beschreibung der Praxis in Bezug auf das Analysekriterium
Bei alltäglichen Beschäftigungen im Freizeitbereich konnten bei D. häufig Koordinationsprobleme festgestellt werden. Motorisch zeigte sie sich eher ungeschickt. Probleme stellten unter anderem das Auf-und Absteigen auf das Pferd, das Tragen von mehreren Reitutensilien, das Betätigen eines Besens oder einer Mistgabel dar. Es fehlte an vielfältigen Bewegungserfahrungen. Auffällig war ebenso, dass es D. viel schwerer fiel im Wald über einen Baumstamm zu balancieren, als den anderen Kindern. Dies wiederum führte schnell dazu, dass D. der Mut und die Motivation verließ.
Von sich aus lehnte D. sportliche Aktivitäten ab und zeigte wenig Interesse sich zu bewegen. Von sportlichen Aktivitäten in der Gruppe, mit den anderen Kindern, schloss sich D. generell aus. Von den anderen Kindern wurde sie häufig als „faul“ bezeichnet.
D. mag Pferde sehr gerne und bemängelte häufig, dass es bisher so selten möglich war sich mit den eigenen Pferden am Haus zu beschäftigen. Ohne Beaufsichtigung durften sich die Kinder nicht mit ihnen beschäftigen.
Zusammen mit meiner Praxisanleiterin beschloss ich, dass gerade die Arbeit mit den Pferden, im Hinblick der psychomotorischen Förderung, besonders für D. sehr hilfreich sein könnte. Meine Zielsetzung neben der psychomotorischen Förderung war es aber auch, D. zum selbständigen kreativen Handeln anzuregen und wenig zielorientierte Vorgaben zu geben. D. soll in der Handlung ihre eigenen Erfahrungen machen und durch Ausprobieren eigene Lösungswege finden.
3. Psychomotorik
3.1 Ziele und Inhalte der Psychomotorik
Ziel der Psychomotorik ist die Förderung der gesamten Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes, durch das Medium Bewegung. Sie möchte die Eigentätigkeit des Kindes fördern und zum selbständigen Handeln anregen. In der Gruppe soll das Kind Handlungskompetenz erlangen und Kommunikationsfähigkeit erlernen. Wichtig ist, in welchem Sinneszusammenhang Bewegungsangebote stehen. (vgl. Fischer 2001, S. 20)
Kiphard spricht von der individuellen Handlungskompetenz, die in drei Kompetenzbereiche aufgeteilt wird. Dazu zählen die:
Ich-Kompetenz: Wahrnehmung des eigenen Körpers, lernen mit dem Körper umzugehen, Sinneserfahrungen, mit sich selbst zufrieden sein.
Sach-Kompetenz: Materiale Umwelt wahrnehmen, erleben, verstehen und lernen mit ihr umzugehen.
Sozial-Kompetenz: Über Bewegung kommunizieren. Erfahren und erkennen, dass Lernprozesse im Spannungsfeld zwischen eigenen Bedürfnissen und der, der anderen stehen. (vgl. ebd.)
Bei der Psychomotorik stellt die Körperlichkeit das Zentrum der Persönlichkeit dar, denn Handeln schließt immer auch körperliche Bewegung mit ein. Durch Bewegungshandeln, lernt der Mensch seinen Körper kennen, lernt mit ihm umzugehen, ihn einzusetzen und auf die Umwelt einzuwirken. Außerdem werden mit dem Körper psychische Gefühle und Bedürfnisse zum Ausdruck gebracht.
Über die Arbeit mit Materialien können Informationen über Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten der dinglichen Umwelt erlangt werden. Dies kann zum einen durch einen Anpassungsprozess an die gegeben Umweltbedingungen geschehen, zum anderen eignet sich das Individuum die Umwelt aber auch an. (vgl. Fischer 2001, S. 21)
Bei der Erfahrung mit sozialer Kompetenz soll die Fähigkeit der Kommunikation erreicht werden. Hierfür werden Kooperation, Rücksicht, Verantwortung, Einfühlungsvermögen, aber auch die Fähigkeit sich selbst durchzusetzen, erlernt. (vgl. ebd.)
3.2 Begriffserklärungen
In der Auseinandersetzung mit dem Thema „Psychomotorik“ bin ich häufig auf den Begriff der „Motopädagogik“ gestoßen. Dabei war mir nicht klar, inwiefern sich die beiden Begriffe unterscheiden oder ob überhaupt eine Unterscheidung vorliegt.
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