Erstellung eines Partizipationskonzeptes. Partizipation im Kontext einer Sozialen Arbeit mit chronisch psychisch erkrankten Menschen


Term Paper, 2016

12 Pages, Grade: 2,4


Excerpt


Inhalt

1. Einleitung

2. Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen
2.1 Die „psychische Behinderung“ als Voraussetzung
2.2 Das „Persönliche Budget“ als Sozialleistung und Rechtsanspruch
2.3 Die Vorgaben der UN - Behindertenrechtskonvention und ihre Auswirkungen auf die Soziale Arbeit mit dem Klientel

3. Darstellung der institutionellen Rahmenbedingungen

4. Die Partizipation psychisch erkrankter Menschen

5. Die Zukunftswerkstatt als partizipative Methode
5.1 Die Durchführung der „Zukunftswerkstatt“

Literatur- und Quellenangaben

1.Einleitung

Mit den Umsetzungen der seit 1975 initiierten Psychiatriereform, die als ein seither fortlaufender Prozess der Veränderung der psychiatrischen Hilfestrukturen aufgefasst werden muss,ist eine generalisierte Darstellung stationärer,teilstationärer und ambulanter Versorgung,Begleitung und Unterstützung psychisch erkrankter,erwachsener Menschen schwieriger geworden.Die Abkehr von einer reinen,auf stationären Maßnahmen gründenden psychi- atrischen Versorgung hin zu einer mehr am individuellen Bedarf orientierten Struktur,welche idealiter auch die sozialräumlichen Gegebenheiten einbezieht,hat vielerlei Akteure auf den Plan gerufen.Diese wiederum sind in unterschiedlichste Hilfeformen eingebunden,mit verschiedensten Kostenträgern und sozialrecht- lichen Grundlagen.Das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechts- konvention in 2008 hat seinerseits einen neuen rechtlichen und sozialpolitischen Handlungsrahmen in die Hilfelandschaft implementiert:es sei beispielhaft auf die vielfältigen Grundsätze und Verpflichtungen des Staates gegenüber dem „behinderten“ Menschen verwiesen, die sich aus den Bestimmungen des Artikel 4 und anderer der UN - BRK ergeben.Die Verwirklichung von Par- tizipation und Teilhabe im Kontext einer sogenannten „inklusiven“ Gesellschaft sind dabei als herausragende Handlungsaufträge an die Unterzeichnerstaaten zu benennen.Der Einbezug psychisch er- krankter,somit von etwaiger dauerhafter Behinderung bedrohter Menschen in einen rechtlichen und sozialpolitischen Rahmen,der bis dahin von den schon fast klassisch einzuordnenden,von einer körperlich und/oder geistigen Behinderung Betroffenen dominiert war,ist neu.Er lässt auch keine exkludierenden Unterscheidungen und Betonungen „behinderter“ Menschen mehr zu,wenngleich eine gesamtgesellschaftliche Enttabuisierung der psychischen Erkrankung an sich noch nicht vollzogen ist.Es soll nachfolgend ein Überblick darüber gegeben werden,welche Bedingungen und Voraussetzungen der Projektierung einer partizipativen Struktur im Kontext einer ambulanten Sozialen Arbeit zugrunde gelegt werden und gegeben sind.Konkret soll aus der täglichen Sozialen Arbeit des gemeinnützigen und mildtätigen Unternehmens DIALOGOS- Saar gUG des Verfassers mit psychisch behinderten erwachsenen Menschen diese Projektierung erfolgen.Es gilt dabei zunächst auf den rechtlichen Rahmen,die Grundlagen des Begriffes der Behinderung zu blicken,um dann zu einer Auseinandersetzung mit den gegebenen institutionellen Bedingungen zu kommen,welche ihrerseits den Rahmen einer ambulanten Sozialen Arbeit mit dem dauerhaft psychisch erkrankten Klientel schaffen.Die hier in den Fokus genommenen Adressaten erfordern zudem einen stark an den individuellen Gegebenheiten-das meint vor allem den durch die Erkrankung oder Störung evozierten Ein- und Beschränkungen orientierten Bezug jeglicher Unterstützung und Begleitung,der das Ausmaß und die Form partizipativer Struktur im Hilfekontext bestimmt.Die Auswahl einer partizipativen Methode soll dann ebenso kritisch und analysierend auf ihr Umsetzungspotenzial hin geprüft werden, wie die Darstellung einer Sitzung mit dem Klientel den erforderlichen Praxisbezug herstellen wird.

2.Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Wie bereits angedeutet, liegen den Bedingungen einer Sozialen Arbeit mit psychisch erkrankten, erwachsenen Menschen vielfältige rechtliche Einordnungen zugrunde.Diese beziehen sich zum einen auf die unmittelbare Eingrenzung des Klientels und der damit notwendigen Definition der Behinderung an sich,zum anderen auf die Ausgestaltung der Hilfeleistungen,welche zum Teil als Rechtsanspruch formulierbar sind.

2.1 Die „psychische Behinderung“ als Voraussetzung

Grundlage der Festlegung des Behinderungsbegriffes ist der § 2 Abs.1 Satz 1 SGB IX: „(…)(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Ge- sundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu er- warten ist.(…)“(dejure.org)Setzt man den Begriff „seelische Ge- sundheit“ mit Psyche oder psychisch gleich, so ist - wie Frieboes et al. betonen - die „(…)Übernahme dieser Definition in § 3 Behindertengleichstellungsgesetz ein Indiz dafür,dass es sich um den Versuch einer Begriffsbestimmung für die ganze Rechtsordnung handelt(…)“(Frieboes et al 2005, 6).Demzufolge würde „(…) das rein medizinisch ausgerichtete Modell von Behinderung als Krank- heitsfolge durch ein bio-psycho-soziales Modell (der 2001 be- schlossenen ICF der WHO/Anm. d. Verf.)ersetzt.Behinderung liegt danach vor, wenn eine gesundheitliche Störung menschliche Funk- tionen beeinträchtigt und diese Funktionsstörung zusammen mit individuellen und gesellschaftliche Kontextfaktoren die Parti- zipation- Teilhabe- beeinträchtigt.Damit wird die Beachtung des Kontexts in den Begriff der Behinderung integriert,ohne die Vor- aussetzung einer individuellen Gesundheitsstörung aufzugeben. Behinderung ist keine individuelle Eigenschaft,sondern ein so- ziales Verhältnis zwischen behindertem Mensch behindernder Umwelt (…)“(ebd.)Merkmal der psychischen Behinderung ist- in der Unter- scheidung zur körperlichen oder sogenannten „geistigen“ Behin- derung - die Tatsache,dass sie „oft weniger als gestörte Körper- funktion,denn als Teilhabestörung offenbar“ würde. Ob die Einord- nung von Behinderung in ein zeitliches Maß sinnvoll ist oder nicht,was einen „für das Lebensalter typischen Zustand“ ausmacht, soll hier nicht diskutiert werden.Festzuhalten ist,dass es zu einer Einschränkung der Teilhabefähigkeit und Möglichkeiten kom- mt,ohne dass dies augenfällig sein muss oder zumeist wäre.

2.2 Das „Persönliche Budget“ als Sozialleistung und Rechtsanspruch

Die oben beschriebenen Hilfebedürftigen können im Rahmen der Sozialhilfe auf Unterstützungsleistungen zurückgreifen,die u.a. Partizipation und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermög- lichen sollen,und die als Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im 6. Kapitel des SGB XII subsummiert sind.Grundlage der hier zu behandelnden ambulanten Hilfen zum selbstbestimmten Woh- nen sind die Bestimmungen der §§53,54 ff. SGB XII.Diese Leis- tungen können als sogenannte Sach- oder Dienstleistungen der psychosozialen Dienste von Sozialorganisationen und Vereinen,wie z.B. den großen kirchlichen Trägern Caritas und Diakonie,er- bracht und von den Hilfebedürftigen,so auch den psychisch er- krankten Menschen,in Anspruch genommen werden.Bewilligungs- voraussetzung ist - neben dem Vorliegen einer Behinderung - Armut.Eingliederungshilfe ist als Leistung der Sozialhilfe nach- rangig.Allein der Bezug von Sozialleistungen wie Grundsicherung oder Erwerbsminderungsrente oder dem ArbeitslosengeldII stellen demzufolge noch keinen Leistungsanspruch dar.Das gilt auch für das „Persönliche Budget“, welches als Geldleistung oder Gutschein den Anspruchsberechtigten ermöglichen soll,sich diejenigen Leistungen „einzukaufen“,die sie zur Deckung ihres individuellen Hilfebedarfs zur Ermöglichung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben benötigen.Dabei besteht- theoretisch- Wunsch-und Wahl- freiheit und seit 2008 ein Rechtsanspruch,sofern die Anspruchs- voraussetzungen wie beschrieben gegeben sind.„(…) Das Persönliche Budget ist eine andere Art der Leistungsgewährung (…),keine neue Leistungsart.(…).Während vor allem bei einer einrichtungsbezogen- nen Leistung(als sog. Sachleistung / Anm. d. Verf.)diese in ein sozialrechtliches Dreiecksverhältnis oder Verschaffungsverhältnis eingebunden ist,ergibt sich durch das persönliche Budget ein bi- polares sozialrechtliches Leistungsverhältnis,in dem sich der Hilfe Nachfragende und der Beauftragte(§3 Abs. 1Budget VO)gegen- überstehen(…)“(Grube/Wahrendorf 2014,492).Inwieweit hier der Anspruch auf eine „sozialrechtliche Innovation“ in der prak- tischen Umsetzung erfüllt wird oder nicht,soll an dieser Stelle nicht näher untersucht und kommentiert werden.Zumindest der Blick auf die Situation des Leistungsberechtigten,die Form der Erhebung seines Hilfebedarfes und die in Teilen wieder hergestellte Selbstbestimmung des Hilfebedürftigen,sind positiv zu bewertende Aspekte.

2.3 Die Vorgaben der UN - Behindertenrechtskonvention und ihre Auswirkungen auf die Soziale Arbeit mit dem Klientel

Die Konvention stellt keine Erfindung neuer Menschenrechte dar, sondern ist vielmehr eine fokussierte Bezugnahme auf die Men- schenrechte aus der Sicht behinderter Menschen.Wansing verweist darauf,dass der zentrale Begriff der Konvention- die Inklusion- „in enger Verbindung mit dem Begriff Partizipation(Teilhabe)und den weiteren Grundsätzen (Art. 3)“ stehe:„(…)In der europäischen Sozialpolitik findet sich Inklusion seit Mitte der 1990-iger Jah- re als normativer Gegenbegriff zu neuen Formen sozialer Ungleich- heit und Ausgrenzung,vor allem im Zusammenhang mit Armut.(…)In- klusion beschreibt eine Blickrichtung von gesellschaftlichen Strukturen und Prozessen auf den Menschen und stellt sich aus dessen Sicht zunächst eher als ein passives Sich-Ereignen von Gesellschaft dar.Teilhabe ist hingegen stärker als aktiver Be- griff gefasst,der am handelnden Subjekt ansetzt und dessen Blick auf gesellschaftliche Verhältnisse fokussiert.(…)Inklusion be- schreibt also das,was gesellschaftlich auf der Basis gleicher Rechte als Teilhabeoption für alle Bevölkerungsmitglieder grundsätzlich in Aussicht gestellt wird.Teilhabe meint das,was seitens einzelner Menschen tatsächlich verwirklicht wird bzw. werden kann.Zwischen(erwartbarer)Inklusion und (realisierter) Teilhabe können sich in benachteiligten Lebenslagen(als solche darf eine dauerhafte psychische Beeinträchtigung angenommen werden/Anm.d.Verf.)angesichts realer gesellschaftlicher Ent- wicklungen erhebliche Diskrepanzen aufspannen(…)“(Wansing 2012, 93 ff.)Definiert man Partizipation als aktive Mitwirkung von beeinträchtigten Menschen an allen sie betreffenden Planungs-, Entscheidungs- und Bewertungsprozessen weist dies-zumindestens im deutschen Sprachverständnis-weit über die Bedeutung der Teilhabe oder Teilnahme hinaus.Das hat Auswirkungen auf die Ausgestaltung von Hilfeprozessen in der Sozialen Arbeit. Schnur verweist darauf,dass:„(…)Wo in der Sozialen Arbeit von Partizipation die Rede ist,wird (explizit oder implizit) das Verhältnis von Kli- enten und Sozialarbeitenden,von Nutzern und Leistungserbringern und-soweit Soziale Arbeit öffentlich finanziert und(lokal- )staatlich reguliert ist-von Bürgern und Staat thematisch.(…)“ (Schnur 2011, 1069).Ob und in welchem Umfang und zu welchen As- pekten AdressatInnen Sozialer Arbeit an der Ausgestaltung von „Leistungen und deren Erbringungskontexten“ Einfluss und an Ent- scheidungsprozessen beteiligt werden sollten,sei mithin Gegen- stand der wissenschaftlichen und konzeptionellen Diskussionen, fährt Schnur fort.In Abhängigkeit von der „Verfügung von Res- sourcen,Kompetenzen,psychosozialen Befindlichkeiten und subjek- tiver“,würden die AdressatInnen zu „aktiven Konsumenten“ oder „Co-Produzenten“, Dienstleistungen-so auch die hier in den Blick genommene ambulante psychosoziale Begleitung-ließen sich als „klientengesteuerte“ Tätigkeiten betrachten.Und Oechler/Rosenbau- er stellen heraus:„(…)Im Kontext von Lebenswelt-und Dienstleis- tungsorientierung ist Partizipation eine zentrale Strukturmaxime der Sozialen Arbeit(…)“(Oechler/Rosenbauer 2014, 234).Dies gilt im besonderen Maße für das Handlungsfeld der ambulanten psycho- sozialen Begleitung von psychisch erkrankten Menschen.

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Details

Title
Erstellung eines Partizipationskonzeptes. Partizipation im Kontext einer Sozialen Arbeit mit chronisch psychisch erkrankten Menschen
College
University of Applied Sciences Fulda  (Soziale Arbeit)
Course
Modul Partizipation
Grade
2,4
Author
Year
2016
Pages
12
Catalog Number
V320719
ISBN (eBook)
9783668202207
ISBN (Book)
9783668202214
File size
406 KB
Language
German
Keywords
erstellung, partizipationskonzeptes, partizipation, kontext, sozialen, arbeit, menschen
Quote paper
Thomas Schwarz (Author), 2016, Erstellung eines Partizipationskonzeptes. Partizipation im Kontext einer Sozialen Arbeit mit chronisch psychisch erkrankten Menschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320719

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