Konvergenz von Kriegsspiel und Realität im Film. John Badhams "WarGames"


Hausarbeit, 2015

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Kriegsspiele
2.2 WarGames

3 Ursachen der Spiel-Realitäts-Konvergenz
3.1 Voraussetzungen für Kriegsspiel
3.1.1 Regeln
3.1.2 Formen
3.2 Beziehung zwischen Spielteilnehmern
3.2.1 Mensch vs. Mensch
3.2.2 Mensch vs. Maschine

4 Überschreiten der Grenzen von Kriegsspielen

5 Schluss

Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Jeder kennt sie, alle lieben sie: Spiele. Bereits Kinder bekommen von ihren Eltern beigebracht zu spielen; ein Brettspiel wie Mensch ärgere dich nicht, dürften die meisten deswegen wohl kennen. Im Kindergarten und der Schule gilt es sogar als pädagogische Maßnahme Spiele zu spielen, oder um schlichtweg einen schnelleren Lerneffekt bei den Schülern zu erzielen. Es gibt alle möglichen Gattungen von Spielen, wie: Geschicklichkeitsspiele, Rollenspiele, Glücksspiele, Denkspiele oder Sportspiele. Normalerweise herrschen bei einem Spiel klare Grundregeln: man muss nicht zwingend mitspielen, es ist vorher festgelegt wer daran teilnimmt, wie lange es dauert und wo es stattfindet, und das es nicht real ist, also bestenfalls eine Art Simulation, die ausschließlich dem Zeitvertreib dient. Ein Kriegsspiel beispielsweise ist – obwohl hier Krieg das zentrale Thema ist – ebenfalls nicht echt, dies impliziert allein schon der Begriff ‚Spiel’ im Wort. Es gibt jedoch auch solche, in denen die Realität mit dem Spiel soweit verschwimmt, dass nicht mehr unterschieden werden kann, ob sie echt sind und wirklich noch Spiele sind. Hierzu existiert eine ganze Reihe von Filmen, welche sich mit diesem Sujet auf die eine oder andere Weise beschäftigen: z. B. Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (UK/USA 1964), Colossus: The Forbin Project (USA 1970) oder Hardware (USA 1990).[1] Auch im Film WarGames ist dies der Fall, da nicht zu jeder Zeit eine Übereinkunft des Spielens zwischen den Teilnehmern besteht. Hieraus ergibt sich schließlich die Frage: Wie äußert sich eine mögliche Konvergenz von Kriegsspiel und Realität im Film anhand von WarGames ?

Der Beantwortung dieser Frage wird dadurch nachgegangen, indem wissenschaftliche Literatur aus den Bereichen Sozial-, Kultur- und insbesondere Medienwissenschaft herangezogen wurde – so z. B. From Gladiators to Gigabytes (van Creveld 2013), Das Spiel: Muster und Metapher der Mediengesellschaft (Thimm 2010) oder Strategie spielen - Medialität, Geschichte und Politik des Strategiespielens (Nohr/Serjoscha 2008). In der Forschung wird der komplexe Begriff des ‚Spiels’ heutzutage vom Merkmal der anthropologischen Konstante aus betrachtet. Die Wissenschaftler beschäftigen sich im Zuge dessen mit verschiedenen Spieltheorien, welche ganz unterschiedliche Perspektiven einnehmen. Allerdings fehlt es der Forschung momentan an der Weiterentwicklung von empirischen Untersuchungsmethoden und neuen Fragestellungen, um die mittlerweile entstandenen Lücken zu schließen, wie beispielsweise den oft eindimensional analysierten Bereich der Computerspiele.[2] Da der Spielbegriff einen gut erforschten Gegenstand darstellt, kann diese kurze Abhandlung deswegen lediglich als knapper Ansatz dafür dienen, den es weiter zu verfolgen gilt. Deshalb wird zunächst kurz die Definition des Begriffs ‚Kriegsspiel’ geklärt und der als Fallbeispiel thematisierte Film War­Games vorgestellt. Danach wird mittels Analyse auf die Voraussetzungen des Kriegsspiels im Film eingegangen, sowie die Beziehungen zwischen den Spielteilnehmern. Der letzte Teil der Arbeit wird sich genauer mit der Thematik des Verschwimmens von Spiel und Realität befassen bzw. der Grenzüberschreitung von Kriegsspielen. Das Thema für diese Hausarbeit wurde aufgegriffen, weil es zum einen interdisziplinär ist, und zum anderen weiterer Forschung bedarf.

2 Grundlagen

2.1 Kriegsspiele

‚Kriegsspiel’ ist als Begriff nicht einheitlich festgelegt, er kann verschiedene Dinge bedeuten. Der Duden definiert es folgendermaßen: „(Militär) Planspiel“[3] oder „Spiel von Kindern im Freien, bei dem sie Kämpfe gegeneinander ausführen“[4]. Mit ersterem ist in erster Linie einfach das Kriegsspiel von Hauptmann Edmund Edler von Mayer aus dem Jahr 1874 gemeint. Dies ist ein Planspiel, mit dem Führungsoffiziere auf Karten, oder militärischen Sandkästen, Operationen geübt haben.[5] Bei letzterem hingegen kommt wieder der Spielbegriff zum Tragen, welcher prinzipiell ein folgenloses, ganz unbefangenes Kriegsspiel beschreibt. Eine ganz andere Definition wäre beispielsweise der Konflikt zwischen den USA und der UdSSR im Kalten Krieg, die sich in provozierender Art und Weise mit komplexen Supercomputern, und Abwehrsatelliten gegenseitig ‚überrüsten’ wollten, um einer möglichen Niederlage beim ständig drohenden Atomkrieg entgehen zu können; denn dieser ist manchmal realer gewesen, als man es glauben mag – wenn man einen genaueren Blick auf die Geschichte wirft.[6]

Dieses Kriegsspiel zwischen den beiden Supermächten wiederum entspricht nicht zu 100% dem Spielbegriff, da es ziemlich echt ist, und doch hat es nicht die schwerwiegenden Folgen eines nuklearen Holocausts nach sich gezogen. Laut Huizinga ist die Politik (und damit eingeschlossen das Kriegsspiel) jedoch ebenfalls einfach nur ein Spiel. Dies drückt sich in der Diplomatie, sowie Kriegsvorbereitung und -bereitschaft aus, aber eben nicht im Krieg selbst.[7] Für Horn ist es „die Austragung eines Konflikts zwischen mindestens zwei Gegnern mit entgegengesetzten Interessen“[8], der regelhaft, gewaltlos und wenig bis gar nicht zufällig abläuft,[9] und in welchem „hypothetische Erfahrungen“[10] gemacht werden können.

2.2 WarGames

Bei WarGames (dt.: WarGames - Kriegsspiele) handelt es sich um einen US-amerikanischen Science-Fiction-Thriller aus dem Jahre 1983. Produziert wurde er von Metro-Goldwyn-Mayer Pictures, die Regie hat John Badham geführt und die Hauptrollen haben Matthew Broderick (als David Lightman), Ally Sheedy (als Jennifer Katherine Mack) und John Wood (als Dr. Stephen Falken) besetzt.[11] Die Handlung findet während des Kalten Krieges 1983 statt. Ein Schüler namens David hackt sich, zusammen mit seiner Freundin Jennifer, versehentlich in den militärischen Supercomputer WOPR (War Operation Plan Response) ein. Dieser hat die Aufgabe, einen Nuklearkrieg zu simulieren, falls es zum dritten Weltkrieg kommen sollte. Für David und Jennifer mutet die Kommunikation mit dem Computer wie ein Spiel an, so ahnen sie nicht, dass dieses längst außer Kontrolle geraten ist.[12]

Der Film betreibt durch seine Thematik, eine klassische Medienreflexion.[13] „[Solche] Computerfilme […] stellen vor allem […] die Frage nach der Beziehung des Menschen und der Gesellschaft zur Maschine und Technologie“[14], insbesondere auf die Angst vor Abhängigkeit, und mangelhafte Überlegenheit gegenüber des Computers bezogen.[15] Mithilfe seiner satirischen Darstellung des drohenden Atomkriegs als Computerfehler, hat sich der Film zudem dadurch ausgezeichnet, dass er 1983 den Nerv der Zeit (Kalter Krieg) getroffen hat.[16] War­Games ist ein Erfolg an den Kinokassen gewesen und hat mehr als das sechsfache seines Budgets von 12 Millionen Dollar wieder eingespielt.[17] Im Jahr 2008 ist eine Fortsetzung mit dem Namen WarGames: The Dead Code auf Video erschienen.[18]

3 Ursachen der Spiel-Realitäts-Konvergenz

3.1 Voraussetzungen für Kriegsspiel

3.1.1 Regeln

Nachdem der Protagonist sich im Film unwissentlich in einen Militärcomputer gehackt hat, wird ihm von diesem eine Partie Schach angeboten, doch jener entscheidet sich schließlich für das Spiel: ‚Global Thermonuclear War’ (dt.: weltweiter thermonuklearer Krieg). Daraufhin erscheint eine lediglich aus Umrissen bestehende Weltkarte. Auf dieser wird der Konflikt zwischen den USA und der UdSSR ausgetragen. David werden beide angeboten, also wählt er spontan die Sowjetunion. Danach gilt es die Primärziele zu nennen: beispielsweise Las Vegas und Seattle.[19] Dies wäre der Beginn des Kriegsspiels, aber es hat natürlich irgendwann ein Ende. Der Supercomputer setzt dieses selbst fest: 83 Stunden, 30 Minuten, 2 Sekunden bis zum nuklearen Holocaust. Wie bei jedem Spiel, ist auch hier das simple Ziel, der Sieg über den Kontrahenten. Ein anderes Ende sieht der Computer nicht vor, einen Abbruch des Spiels gibt es also nicht; David versucht es zwar rückgängig zu machen und zu beenden, er wird jedoch gezwungen bis zum Schluss siegorientiert zu weiterzuspielen.[20]

3.1.2 Formen

Zum besseren Verständnis, wie der grundsätzliche Spielbegriff auf WarGames angewandt werden kann, wird der Film an dieser Stelle in die vier Spielrubriken nach Caillois eingeteilt:

„[…] je nachdem, ob innerhalb des jeweiligen Spiels das Moment des Wettstreits, des Zufalls, der Maskierung oder des Rausches vorherrscht. Ich [Caillois, Anm. d. Verf.] bezeichne sie als Agôn, Alea, Mimicry und Illinx. Alle vier gehören sie durchaus in den Bereich der Spiele: man spielt Fußball, Billard oder Schach (agôn), man spielt Roulett oder Lotterie (alea), man spielt Seeräuber, man spielt Nero oder Hamlet (mimicry) und man spielt, um durch eine rapide Rotations- oder Fallbewegung in sich selbst einen organischen Zustand der Verwirrung und des Außersichseins hervorzurufen (illinx).“[21]

Alea kommt beispielsweise vor, als David wettet, dass sein Freund es schafft, das Sicherheitssystem des Computers zu umgehen.[22] Mimicry wiederum tritt zweimal in Erscheinung. Einmal fälscht der Protagonist seine Identität gegenüber dem Computer, da er so tut als wäre er dessen verstorbener Erschaffer Dr. Falken.[23] Beim zweiten Mal kommt im späteren Verlauf des Films ans Licht, dass eben dieser Erschaffer seinen Tod nur vorgetäuscht hat bzw. die Entscheidung der Regierung über sein Verschwinden akzeptiert hat.[24] Auch Illinx wird in einer frühen Szene thematisiert, wenn David an einem Spielautomaten in einen regelrechten Highscore-Rausch verfällt, der ihn dazu verleitet seine Verpflichtungen zu vernachlässigen.[25] Aber der zentrale Spielaspekt in WarGames stellt sicherlich Agôn dar, was bei zweierlei Dingen zum Vorschein kommt: Zum einen wenn der Protagonist mit allen Mitteln versucht das Sicherheitssystem vom WOPR zu knacken,[26] und zum anderen vor allem beim Kriegsspiel gegen den Computer.[27] Huizinga ordnet solche politischen Kriegsspiele sogar in Alea ein,[28] denn „[…] das Herausfordern und Aufreizen, das Bedrohen und Beschimpfen des Gegners, das Riskieren. wie weit er sich wohl getrauen mag […] ist in reichlichem Maße vorhanden“[29]. Wenngleich dies in WarGames weniger zum Tragen kommt, so gehen die Teilnehmer des Spiels, aufgrund der ‚Spielzüge’ des WOPR, fälschlicherweise bis zu einem gewissen Punkt durchaus davon aus.

[...]


[1] Vgl. Höltgen 2014, S. 295–298.

[2] Vgl. Stenger 2012, S. 52–56.

[3] Duden, http://www.duden.de/node/705325/revisions/1072839/view [11.09.2015].

[4] Ebd. [11.09.2015].

[5] Vgl. von Mayer 1874, S. 13.

[6] Vgl. Pensold/Moritsch 2013, S. 171 f.

[7] Vgl. Huizinga 2013, S. 226–228.

[8] Horn 2007, S. 216.

[9] Vgl. ebd.

[10] A. a. O., S. 217.

[11] Vgl. IMDb, http://www.imdb.com/title/tt0086567/ [11.09.2015].

[12] Vgl. WarGames 1983.

[13] Vgl. Kirchmann/Ruchatz 2014, S. 9.

[14] Höltgen 2014, S. 294.

[15] Vgl. a. a. O., S. 295.

[16] Vgl. a. a. O., S. 313.

[17] Vgl. The Numbers, http://www.the-numbers.com/movie/WarGames#tab=box-office [11.09.2015].

[18] Vgl. IMDb, http://www.imdb.com/title/tt0865957/ [11.09.2015].

[19] WarGames 1983, TC: 00:40:20–00:41:28.

[20] A. a. O., TC: 00:49:05–00:50:58.

[21] Caillois 1960, S. 19.

[22] WarGames 1983, TC: 00:32:51–00:33:58.

[23] A. a. O., TC: 00:39:20–00:40:14.

[24] A. a. O., TC: 01:22:23–01:23:25.

[25] A. a. O., TC: 00:14:20–00:15:11.

[26] A. a. O., TC: 00:32:30–00:35:40.

[27] A. a. O., TC: 00:44:31–00:44:36.

[28] Vgl. Huizinga 2013, S. 228.

[29] Huizinga 2013, S. 228.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Konvergenz von Kriegsspiel und Realität im Film. John Badhams "WarGames"
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Theater- und Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Medialität des Spiels im Film
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V321327
ISBN (eBook)
9783668205055
ISBN (Buch)
9783668205062
Dateigröße
546 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
konvergenz, kriegsspiel, realität, film, john, badhams, wargames
Arbeit zitieren
David Kraus (Autor:in), 2015, Konvergenz von Kriegsspiel und Realität im Film. John Badhams "WarGames", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321327

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