Der Zusammenhang von Krafttraining und allgemeiner Selbstwirksamkeit bei jungen Frauen


Bachelorarbeit, 2015

64 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theorie
2.1 Krafttraining
2.1.1 Definition der Kraft
2.1.2 Eingrenzung von Krafttraining
2.1.3 Effekte von Krafttraining
2.1.3.1 Physische Effekte von Krafttraining
2.1.3.2 Psychische Effekte von Krafttraining
2.2 Selbstwirksamkeit
2.2.1 Selbstwirksamkeit nach Bandura
2.2.2 Die vier Quellen der Selbstwirksamkeit
2.2.3 Allgemeine und spezifische Selbstwirksamkeit
2.2.4 Generalisierung
2.3 Die Beziehung zwischen Krafttraining und Selbstwirksamkeit
2.4 Hypothesen

3 Methode
3.1 Messinstrumente
3.2 Ablauf
3.3 Datenanalyse

4 Ergebnisse
4.1 Stichprobe
4.2 Hypothesengestützte Ergebnisse
4.3 Explorative Ergebnisse

5 Diskussion
5.1 Interpretation der Ergebnisse
5.1.1 Erste Hypothese
5.1.2 Zweite Hypothese
5.1.3 Explorative Ergebnisse
5.2 Einschränkungen der Studie
5.3 Schlussfolgerungen, Implikationen und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

Anhang

Zusammenfassung

Theorie. Der positive Einfluss körperlicher Aktivität auf psychologische Konstrukte ist gründlich erforscht (zsf. s. Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010). Jünger ist der Forschungszweig, der sich mit der Auswirkung von Krafttraining beschäftigt. Erste Studien konnten zeigen, dass sich bei Untrainierten nach mehrwöchigem Krafttraining die Selbstwirksamkeit in verschiedenen Bereichen erhöhte (Holloway, Beuter & Duda, 1988). Fragestellung. In dieser Studie wurde untersucht, ob der Effekt auch für die allgemeine Selbstwirksamkeit besteht und Frauen, die Krafttraining betreiben, selbstwirksamer sind als Frauen, die anderen sportlichen Aktivitäten nachgehen. Zudem wurde der Zusammenhang zwischen der Effektivität des Krafttraining und allgemeiner Selbstwirksamkeit untersucht. Methode. Anhand eines Fragebogens, der psychologische sowie sportbezogene Variablen erfasste, wurden 282 Frauen online und 25 Frauen in einem Heidelberger Fitnessstudio erhoben. Zusätzlich wurden mit der Stichprobe vor Ort Maximalkrafttests durchgeführt. Ergebnisse. Es konnte gezeigt werden, dass Frauen, die Krafttraining betreiben, eine höhere allgemeine Selbstwirksamkeit haben als die Kontrollgruppe. Die Korrelation zwischen Steigerungen im Krafttraining und der Selbstwirksamkeit wurden nicht signifikant, dafür hingen die subjektive und objektive Kraft positiv mit der Selbstwirksamkeit zusammen. Schlussfolgerung. Die Befunde weisen auf einen Zusammenhang zwischen Krafttraining und der allgemeinen Selbstwirksamkeit hin, allerdings sollte in längsschnittlichen Studien mit größeren Stichproben die Kausalität untersucht werden.

1 Einleitung

Schon im antiken Griechenland im 5.Jh.v.Chr. bändigten die Männer Löwen oder trugen schwere Steine, um stärker zu werden und brachten mit ihren Methoden die erste Trainingskultur mit Gewichten hervor (Göhler, 1955). Der bekannteste Athlet der Antike war Milon von Kroton, der Legenden zufolge täglich ein Stierkalb trug, bis das Kalb ein ausgewachsener Stier und Milon der stärkste Athlet seiner Zeit wurde. Seitdem hat sich das Krafttraining stetig weiterentwickelt und es entstanden Kraftsportarten wie Gewichtheben, Kraft-Dreikampf und Bodybuilding (Pauls, 2011). Nicht nur im Leistungs-, sondern auch im Freizeit- und Breitensport wuchs in Folge der Fitnessbewegung das Interesse an dem Training zur Steigerung der Kraft- und Muskelmasse. Die Fitnessbewegung stammt ursprünglich aus den USA, wo sie durch die Bodybuilder am „Muscle Beach“ in Santa Monica in Südkalifornien eingeleitet wurde, der als „Geburtsort des Fitnessbooms des 20. Jahrhunderts“ (Dilger, 2008, S. 171) gilt. Der Österreicher Arnold Schwarzenegger brachte den Hype um das Krafttraining Ende der 60er Jahren auch nach Deutschland, wo nach und nach Fitnessstudios eröffnet wurden. Anfang der 60er gab es nur etwa 50, Anfang der 80er schon 1.200 und 1990 etwa 4.100 Studios mit über 1,7 Millionen Mitgliedern (S. 317).

Heutzutage wachsen in Deutschland fast täglich neue Fitnessstudios und -ketten aus dem Boden; das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung steigt ebenso wie die Nachfrage nach Möglichkeiten, körperlich aktiv zu werden (Rütten, Abu-Omar, Lampert & Ziese, 2005). Dass sich Sport sowohl auf den Körper, als auch auf die Psyche positiv auswirkt, so die Lebensqualität erhöht und die Aufrechterhaltung von Gesundheit fördert, ist mittlerweile umfassend belegt (zsf. s. Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010). Eine Vielzahl von Studien konnte die anti-depressive und stimmungsverbessernde Wirkung von körperlicher Betätigung sowie den Einfluss auf das Selbstvertrauen belegen (Rütten et al., 2005). Etwas jünger ist der Forschungszweig, der die psychischen Auswirkungen von Krafttraining untersucht. Erste Studien konnten zeigen, dass sich bereits nach einigen Wochen Krafttraining die subjektive Lebenszufriedenheit besserte (Mihalo & McAuley, 1996) und das emotionale Wohlbefinden anstieg (Depcik & Williams, 2004).

Ein weiteres psychologisches Konstrukt, das häufig im Zusammenhang mit Sport genannt wird, ist die Selbstwirksamkeit, die auf den Psychologen Albert Bandura zurückgeht (1977). Sie bezeichnet die subjektive Überzeugung, schwierige Aufgaben und Probleme aufgrund eigener vorhandener Fähigkeiten lösen zu können. Wie Studien zeigen konnten, geht ein hohes Maß an Selbstwirksamkeit mit einem hohen psychischen und körperlichen Wohlbefinden einher (Luszczynska, Guitérrez-Dona & Schwarzer, 2005). Bei Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung ist daher die Lebensqualität signifikant höher als bei Menschen mit einer geringen Selbstwirksamkeit. Zudem stehen sie ihrer Zukunft optimistischer gegenüber und empfinden Stress und schwierige Situationen als Herausforderung. Daher spielt die Selbstwirksamkeit eine wichtige Rolle für das Beginnen und Weiterführen einer sportlichen Aktivität; Menschen mit einer hohen körperlichen Selbstwirksamkeit trauen sich eher zu, sportliche Anforderungen zu bewältigen. Sie werden so eher sportlich aktiv als Menschen, die nicht von ihren körperlichen Fähigkeiten überzeugt sind (Bandura, 1998; Parschau, Fleig, Koring, Lange, Knoll & Schwarzer, 2013). Ebenso ist auch die umgekehrte Wirkrichtung denkbar, d.h. dass körperliche Aktivität die Selbstwirksamkeit erhöht. Für diese Annahme gibt es bislang wenige empirische Befunde; eine Studie konnte jedoch nach einem sechsmonatigen Lauf- und Gymnastikprogramm selbst nach einem Jahr eine höhere Selbstwirksamkeit bei den Teilnehmern feststellen (Elavsky, McAuley, Motl, Konopack, Marquez, Hu, et al., 2005).

Lassen sich diese Erkenntnisse auch auf das Krafttraining übertragen? Die Befundlage auf diesem Forschungsgebiet ist deutlich geringer und es sind nur wenige Studien zu finden, die sich mit dem Zusammenhang von Krafttraining und Selbstwirksamkeit beschäftigen. Erste Befunde zeigen dennoch, dass Untrainierten mit einer hohen Selbstwirksamkeit die Aufnahme und Aufrechterhaltung des Trainings leichter fällt (Gao, Xiang, Lee & Harrison, 2008). Auch weisen einzelne Studien darauf hin, dass sich nach mehreren Wochen angeleitetem Krafttraining die Selbstwirksamkeit verschiedener Bereiche erhöht (Holloway, Beuter & Duda, 1988; Williams & Cash, 2001; Wise, 2002; Tscharaktschiew & Rudolph, 2012)

Was geschieht, wenn sich junge Frauen an das Training mit Gewichten wagen? Finden Veränderungen hinsichtlich ihrer allgemeinen Selbstwirksamkeit statt? Ziel meiner Arbeit ist es, zu untersuchen, ob junge Frauen, die Krafttraining betreiben, eine höhere allgemeine Selbstwirksamkeit haben als Frauen, die anderen Sportarten nachgehen. Ebenfalls von Interesse ist, welche Rolle die Effektivität des Krafttrainings spielt.

2 Theorie

2.1 Krafttraining

Sowohl im täglichen Leben als auch im Sport braucht der Mensch ein Minimum an Kraft, um Alltagsbewegungen wie Sitzen und Gehen sowie sportmotorische Basisfähigkeiten wie Laufen und Springen ausführen zu können (Fröhlich, 2014). Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat das Krafttraining in der Forschung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Es stehen nicht mehr nur die Trainingsmethoden für den Leistungssport im Fokus, sondern auch der Wert für den Breiten- und Freizeitsport. Bedingt wird diese Entwicklung dadurch, dass Krafttraining einerseits elementar für ein zielorientiertes Training in nahezu jeder Sportart ist und andererseits eine wichtige Rolle für die allgemeine Fitness, Prävention und Rehabilitation spielt (ebd., 2014). In diesem Abschnitt wird zuerst die Kraft definiert und anschließend werden verschiedene Methoden des Krafttrainings und seine positiven Auswirkungen auf Körper und Psyche dargestellt.

2.1.1 Definition der Kraft

Rein physikalisch betrachtet ist Kraft das Produkt von Masse und Beschleunigung. Trotz der Bedeutung der Kraft für die Praxis und Theorie im Sport gibt es bislang in der Trainingswissenschaft keine allgemein anerkannte Definition des Kraftbegriffs. Letzelter und Letzelter bezeichnen Kraft als die Fähigkeit „eine Masse (den eigenen Körper, den Gegner, ein Gerät), also einen Widerstand zu überwinden oder ihm durch Muskelarbeit entgegenzuwirken“ (1986, S. 39). Dabei überträgt der Muskel Kraft auf die Knochen, was während der Verkürzung (konzentrisch), der Dehnung (exzentrisch) oder der Beibehaltung der Länge (statisch) geschehen kann (Zatsiorsky, 1996). Auf der Ebene der Motorik betrachtet lässt sich Kraft in die drei Hauptformen Maximalkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer differenzieren, die neuerdings durch die Reaktivkraft ergänzt werden, welche eine spezielle Ausprägung der Schnellkraft ist. (Pampus, 2001). Dabei bildet die Maximalkraft die Basisfähigkeit für die Kraftausdauer und Schnellkraft und somit auch für die Reaktivkraft. Eine erhöhte Maximalkraft wirkt sich demnach in der Regel positiv auf die anderen Formen der Kraft aus. Da die vorliegende Studie in Fitnessstudios durchgeführt wird, wo insbesondere die Maximalkraft und Kraftausdauer von Bedeutung sind (Boeckh- Behrens & Buskies, 2000), wird im Folgenden nur auf die beiden Formen eingegangen.

Maximalkraft ist die höchstmögliche Kraft, die das Nerv-Muskel-System bei maximaler willkürlicher Kontraktion ausüben kann (Weineck, 2010). Es wird zwischen statischer, d.h. die Kontraktion gegen einen unüberwindlichen Widerstand, und dynamischer, d.h. die Kontraktion innerhalb eines Bewegungsablaufes, Maximalkraft unterschieden, wobei die statische Kraft immer größer ist als die dynamische. Eine Verbesserung der Maximalkraft kann durch drei Komponenten erfolgen: den vergrößerten Muskelquerschnitt, die intermuskuläre Koordination, d.h. die Koordination zwischen den Muskeln, die bei einer Bewegung zusammenarbeiten, sowie die intramuskuläre Koordination, d.h. die Koordination innerhalb eines Muskels. Frauen besitzen verglichen zu Männern eine geringere Kraft und die Maximalkraft beträgt etwa 80% der des Mannes (Fröhlich, 2014). Verantwortlich dafür ist der geringere Muskelquerschnitt im gesamten Körper und Muskelanteil im Oberkörper sowie hormonelle und neurologische Faktoren.

Kraftausdauer ist die Ermüdungswiderstandsfähigkeit des Nerv-Muskel-Systems gegenüber Belastungen größer 30% des individuellen Kraftmaximums (Weineck, 2010). Die Eingrenzung der Belastungen auf 30% wird vorgenommen, um die Kraftausdauer gegen reines Ausdauerverhalten abzugrenzen, wobei sich in der Trainingspraxis Widerstände von über 50% als erforderlich gezeigt haben (Güllich & Schmidtbleicher, 1999). Es gibt bislang keine sportwissenschaftlich haltbare Definition der Kraftausdauer und die einzelnen Wissenschaftler weichen deutlich voneinander ab. So berücksichtigen Ehlenz, Grosser und Zimmermann (1983) die Maximalkraft und unterscheiden zwischen Maximalkraftausdauer (über 75% der Maximalkraft), submaximaler (75% bis 50% der Maximalkraft) und aerober Kraftausdauer (50% bis 30% der Maximalkraft). Schmidtbleicher (1989) hingegen berücksichtigt die Belastungszeit und beschränkt Kraftausdauer auf einen Zeitraum von maximal 2 Minuten, wohingegen Klein und Fröhlich (2001) von 45 bis maximal 60 Sekunden sprechen und zusätzlich bei ihrer Definition die Wiederholungszahl von 25 bis 30 Wiederholungen berücksichtigen.

2.1.2 Eingrenzung von Krafttraining

Nahezu alle Personen profitieren von einem gezielten Krafttraining, sowohl Breiten- als auch Leistungssportler, Kinder als auch Senioren und fitness- als auch gesundheitsorientierte Sportler (Pauls, 2011). Für Leistungssportler kann ein ergänzendes Krafttraining beispielsweise zur Verbesserung der technisch-konditionellen Fähigkeiten, des Zweikampfverhaltens, der Schnellkraft oder als Zusatztraining kleiner Muskeln dienen (Weineck, 2010). Bei der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf dem Krafttraining als Breitensport und nicht auf dem spezifischen Krafttraining im Leistungssport, das ergänzend zum eigentlichen Training eingesetzt wird. Dafür soll zuerst der Begriff des fitnessorientierten Krafttrainings vom allgemeinen Begriff des Krafttrainings differenziert und abgegrenzt werden.

Dem fitnessorientierten Krafttraining werden gesundheitliche sowie körperformende Effekte zugesprochen und als Motivation für ein solches Training werden vor allem präventive und optische Gründe genannt (Wirth, 2004). Zu den präventiven Motiven zählen alle positiven gesundheitlichen Verbesserungen wie etwa die Herz-Kreislauf-Prophylaxe und zu dem optischen Motiv das Streben nach dem idealen Körper wie etwa ein niedriger Körperfettanteil. Einige Autoren ziehen eine klare Trennung zwischen dem Krafttraining als Gesundheits- und als Fitnesssport und unterscheiden dabei die primär gesundheitlichen und die primär fitnessorientieren Motive. So spricht Zimmermann (2000) von den primär gesundheitlichen Effekten als „Vermeidung von vor allem mit dem Bewegungsmangel im Zusammenhang stehenden Krankheiten“ (S.30) und Martin, Carl und Lehnertz von den primär fitnessorientieren Effekten als „ein durch Training, gezielte Ernährung und gesunde Lebensführung bewusst angestrebter psychophysischer Leistungszustand, der über gesundheitliches Wohlbefinden hinausgeht“ (1993, S. 319). Sie betonen jedoch auch, dass sich vor allem die Motive für das Training und nicht die Art des Trainings unterscheiden und die Übergänge zwischen Krafttraining als Gesundheits- und Fitnesssport fließend seien. Zudem kann sich von einem primär gesundheitlichen Krafttraining, das auf die Verbesserung der Leistungsfähigkeit abzielt, zusätzlich die Verbesserung der Körpererscheinung erhofft werden (Stemper, 1994). Andere Autoren wiederum nehmen solch eine Trennung nicht vor und wählen einen Begriff, der alle Aspekte vereint, indem sie von einem „gesundheitsorientierten Fitness-Krafttraining“ sprechen (Boeckh-Behrens & Buskies, 2000). In der vorliegenden Arbeit wird Krafttraining als ein Training verstanden, das sowohl auf die gesundheitliche als auch auf die optische Wirkung abzielt, die über eine Verbesserung der auf der Maximalkraft basierenden Kraftfähigkeiten zu erzielen ist.

Um ein solches Krafttraining zielgerichtet zu planen und zu gestalten, gilt es, die Belastungsnormativa anzupassen. Dazu zählen im engeren Sinne Reizintensität, -dichte, - dauer und -umfang sowie die Trainingshäufigkeit und im weiteren Sinne Größen wie Reizspannungsdauer oder Übungsausführung. Für die unmittelbare Trainingsplanung gelten die Reizintensität, d.h. die Stärke des einzelnen Reizes, sowie der Reizumfang, d.h. die Wiederholungszahl der Reize, als elementare Steuerungsparameter (Weineck, 2010).

Je nach Methode treten beim Krafttraining drei verschiedene Anpassungswirkungen des Körpers auf: die neuronale Aktivierung, die Muskelhypertrophie und die Kraftausdauer (Güllich & Schmidtbleicher, 1999). Eine verbesserte willkürliche neuronale Aktivierungsfähigkeit wird durch das Maximalkrafttraining erreicht, das sich durch geringe Reizumfänge von eins bis fünf Wiederholungen und hohe Reizintensitäten von 90 bis 100% der konzentrischen Maximalkraft auszeichnet. Die Kraftsteigerung im Laufe des Maximalkrafttrainings ist auf eine verbesserte intermuskuläre und intramuskuläre Koordination zurückzuführen; d.h. die Leistung steigt durch das Erlernen der Bewegung und durch die effizientere Aktivierung der Muskelfasern. Dabei werden bereits nach vier bis acht Trainingseinheiten Leistungszuwächse von 40 bis 120% erreicht (Fröhlich et al., 2012, S. 14); der Aktivierungsgrad der Muskelfasern liegt bei Untrainierten üblicherweise bei 70% und kann durch gezieltes Training auf 95% gesteigert werden (Güllich & Schmidtbleicher, 1999, S. 224). Dadurch werden in den ersten sechs Monaten Leistungssteigerungen von 25 bis 30% erreicht, während sich danach erste Leistungsplateaus zeigen (ACSM, 1998). Am Anfang treten die größten Zuwachsraten auf, die allerdings bei fortgeschrittener Annäherung an die individuell erreichbare Grenzkraft rapide abnehmen (Weineck, 2010). Frauen profitieren davon zu Beginn eines Krafttrainings etwas mehr als Männer, da sie in der Regel ein geringeres Ausgangsniveau haben (Fröhlich & Schmidtbleicher, 2008). Da Kraftsteigerung im Maximalkrafttraining auf Verbesserungen der neuronalen Aktivierung zurückzuführen ist, geht sie nicht zwingend mit einer Muskelmassezunahme einher (Letzelter & Letzelter, 1986). Diese Zunahme wird durch das Muskelaufbautraining erreicht, das sich durch Reizumfänge von acht bis zwölf Wiederholungen und mittlere Reizintensitäten von 70 bis 85% der konzentrischen Maximalkraft auszeichnet. Die Kraftsteigerung im Laufe des Muskelaufbautrainings wird durch die Hypertrophie, das Dickenwachstum der Muskeln durch Querschnittsvergrößerung, erlangt. Gerade bei Anfängern sind die Kraftsteigerungen der ersten Einheiten nach der Hypertrophiemethode nicht auf den Muskelaufbau, sondern auf neuronale Adaptionsmechanismen wie die inter- und intramuskuläre Koordination zurückzuführen (Weineck, 2010). Eine verbesserte Kraftausdauer wird durch das gleichnamige Kraftausdauertraining erreicht, dem Güllich und Schmidtbleicher (1999) eine hohe Relevanz im gesundheitsorientierten Fitness-Krafttraining zuschreiben. Es zeichnet sich durch hohe Reizumfänge von 20 bis 30 Wiederholungen und geringe Reizintensitäten von 50 bis 60% der konzentrischen Maximalkraft aus. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Subkategorien von Trainingsmethoden für spezifische Ziele und Anwendungsfelder wie den Leistungssport, auf die hier nicht weiter eingegangen wird.

Für das gesundheits- und fitnessorientierte Krafttraining hat „die Erweiterung des Energiepotentials der Muskulatur, auf der Basis einer gewissen Zunahme des Muskeldickenwachstums und der Verbesserung des Energieflusses im Muskel, die größte Bedeutung“ (Martin et al., 1993, S. 332) und wird durch die auf der Maximalkraft basierende Hypertrophie und Kraftausdauer erreicht wird. Welche weiteren Auswirkungen Krafttraining mit sich bringt, wird im nächsten Abschnitt behandelt.

2.1.3 Effekte von Krafttraining

Auf die physischen Auswirkungen von Krafttraining wird der Vollständigkeit halber kurz eingegangen und im anschließenden Abschnitt der Fokus auf die psychischen Auswirkungen gesetzt.

2.1.3.1 Physische Effekt von Krafttraining

Wie im vorherigen Absatz bereits angesprochen, steigen durch ein regelmäßiges Krafttraining die Maximal-, die Schnell- und Reaktivkraft sowie die Kraftausdauer (Graves & Franklin, 2001). Aufgrund von Anpassungen des Nervensystems, des Stoffwechsels und der Muskelstruktur erhöhen sich u.a. das Kraftpotenzial, die Widerstandsfähigkeit der Muskulatur sowie die Gelenkstabilität (Friedmann, 2008). Dabei passen sich die Muskeln schneller an als die anderen Bewegungsstrukturen. Der Stoffwechsel der Knochen, Sehnen und Gelenke ist deutlich langsamer, sodass die Zunahme der Knochenfestigkeit und -stabilität, der Festigkeit der Sehnen und der Knorpel etwa dreifach solange dauert wie die Adaptionen des Muskelapparates. Krafttraining wirkt sich ebenfalls auf das Herz-Kreislauf-System aus, da sich der Ruhepuls bei einem langfristigen Training um ca. 10% verringert, die Sauerstofftransportkapazität steigt und der Blutdruck gesenkt wird (Pauls, 2001). Krafttraining verbessert zudem die Körperbeherrschung und die intra- und intermuskuläre Koordination und eine gezielte Muskelanspannung und -entspannung wird möglich. Kleinere, aber positive Effekte auf die Gehirnleistungsfähigkeit und auf die Beweglichkeit konnten ebenfalls nachgewiesen werden (ACSM, 1998). Zuletzt wird durch Krafttraining das äußere Erscheinungsbild und die Körperzusammensetzung verändert, da die Muskelmasse erhöht und der Körperfettanteil verringert wird (Pauls, 2001).

2.1.3.2 Psychische Effekte von Krafttraining

Krafttraining hat jedoch nicht nur körperliche, sondern auch psychische Effekte. Die meisten Studien in der Sportpsychologie haben sich bisher mit den positiven Auswirkungen von Ausdauertraining auf die Psyche beschäftigt, sodass es bislang deutlich weniger und teilweise widersprüchliche Befunde gibt, die den psychologischen Nutzen von Krafttraining belegen. Arent und Golem (2012) schlussfolgern, dass „after extensive review of the literatur revolving aroung the psychological effects of resistance training it is apparent that much more research is needed“ (S. 120). Im Folgenden wird der bisherige Forschungsstand dargestellt.

Eine der ersten Studien, die den Einfluss von Krafttraining auf psychologische Variablen untersuchte, wurde von Ewart (1989) durchgeführt. Er untersuchte 52 Männer mit erhöhtem Blutdruck, die nach einem zehnwöchigen Krafttraining, das die Ober- und Unterkörperkraft sowie die sportbezogene Selbstwirksamkeit deutlich steigerte, signifikant mehr positive Affekte und weniger negative Affekte berichteten. Dabei bestand jedoch kein direkter Zusammenhang zwischen den Kraftsteigerungen und der verbesserten Stimmung, wie ursprünglich vom Autor angenommen wurde, dafür korrelierten die sportbezogene Selbstwirksamkeit und die Affekte miteinander. Tharion, Harman, Kraemer und Rauch (1991) untersuchten zusätzlich den Einfluss sechs verschiedener Trainingsprogramme auf die Stimmung von 18 Studenten, die in ihrer Freizeit Kraftsport betrieben. Dabei verbesserte sich die Stimmung am meisten bei Einheiten mit einem hohen Volumen, zehn Wiederholungen und ein-minütigen Pausen zwischen den Sätzen.

Krafttraining kann zudem Depressionen lindern, wie eine Studie mit 34 sportlich inaktiven Polizisten, die vier Monate lang dreimal pro Woche in einem Kraftzirkel im Hypertrophiebereich trainierten, zeigen konnte (Norvell & Belles, 1993). Es wurden hohe positive Effekte des Krafttrainings auf die Zufriedenheit im Job und auf die Symptom Checklist-90, die 90 psychische Symptome wie Depression oder Ängstlichkeit erfasst, erzielt. Zusätzlich gaben die Probanden im Gegensatz zur Kontrollgruppe an, weniger Stress und mit Stress assoziierte physische Symptome sowie weniger Feindseligkeit gegenüber ihren Mitmenschen zu empfinden.

Auch der Selbstwert kann durch Krafttraining gesteigert werden, wie beispielsweise eine Studie mit drei Studenten zeigen konnte (Pendola, 1996). Die Stichprobe ist sehr gering, da das Training eng betreut und zudem sichergestellt wurde, dass die Probanden technisch sauber trainierten und ihre Ernährung dem Training anpassten. Durch die individuelle Trainingssteuerung konnten die Probanden das Gewicht beim Bankdrücken im Schnitt um 80 Pfund steigern, sodass die Trainingseinheiten wie geplant erfolgreich verliefen. Der Autor geht davon aus, dass sich die deutliche Zunahme magerer Muskelmasse, d.h. ohne Zunahme von Körperfett, positiv auf die Körperwahrnehmung ausgewirkt und somit das Körperbewusstsein verbessert hat, wodurch wiederum der Selbstwert erhöht werden konnte. Zudem gaben die Probanden an, weniger depressive Symptome zu erleben. Forschung mit weiblichen Probandinnen konnte den positiven Effekt auf den Selbstwert ebenfalls nachweisen. In einer Studie wurde mit 35 Studentinnen entweder ein viermonatiges Kraft- oder Ausdauertraining durchgeführt, wobei sich in beiden Gruppen die Kraftwerte und kardiovaskuläre Fitness sowie das Selbstkonzept und der Selbstwert erhöhte (Trujillo, 1983). In der Kraftgruppe verbesserte sich das Selbstkonzept am meisten, was die Autoren darauf zurückführen, dass der Kraftsport heutzutage immer noch als männerdominierte Sportart gilt, wodurch die Probandinnen auf ihre gesteigerten Kraftwerte besonders stolz waren.

Hinsichtlich der Auswirkungen von Krafttraining auf soziale Ängste ist die Befundlage nicht eindeutig. Raglin, Turner und Eksten (1993) ließen Studenten sowohl ein Krafttraining mit sechs bis zehn Wiederholungen mit 70 bis 80% der konzentrischen Maximalkraft als auch ein Ausdauertraining auf dem Fahrradergometer durchführen. Direkt nach der Krafteinheit erhöhte sich die soziale Angst, wohingegen eine verringerte Angst nur eine Stunde nach der Ausdauereinheit gemessen wurde. Andere Studien wiederum konnten einen positiven Effekt von Krafttraining auf soziale Ängstlichkeit finden und weisen darauf hin, dass Faktoren wie das bewältigte Volumen und die Intensität eine wichtige Rolle spielen (Focht, 2002; Miller, Hall, Chmelo, Morrison, DeWitt & Kostura, 2009).

Ob Krafttraining einen positiven Nutzen für die Körperwahrnehmung hat und welche Faktoren für das Körperbild entscheidend sind, untersuchte eine Studie mit 30 bislang inaktiven Probanden (Ginis, Eng, Arbour, Hartman & Phillips, 2005). Dafür nahmen die Studenten an einem zwölfwöchigen Ganzkörper-Krafttraining teil, das sie fünf Mal pro Woche unter Beobachtung von zertifizierten Fitnesstrainern absolvierten. Alle Probanden konnten ihr Körperfett verringern, ihre Muskelmasse steigern und ihre Kraftwerte erhöhen. Die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper erhöhte sich signifikant, wobei sich die Frauen sowohl vor- als auch nachher in ihrem Körper weniger wohl fühlten als die Männer. Zudem verringerte sich die „social physique anxiety“, d.h. die Angst davor, dass andere den eigenen Körper anschauen oder bewerten, die bei den Frauen zu beiden Messzeitpunkten höher war. Die Verbesserung der beiden Variablen korrelierte bei den Frauen positiv mit der wahrgenommenen Verringerung des Körperfettanteils und entgegen der Hypothese auch mit der wahrgenommenen Zunahme von Muskeln und Kraft. Im Gegensatz zu den Männern bestand bei den Frauen ein positiver Zusammenhang zwischen den objektiven Veränderungen der Kraft und den Veränderungen der Körperzufriedenheit und sozialer körperlicher Angst. Die Autoren schlussfolgern, dass für Frauen möglicherweise objektive Rückmeldungen bedeutender sind als für Männer, für die der soziale Vergleich eine große Rolle spielt. Zudem sei anzunehmen, dass untrainierte Frauen allgemein schwächer seien als Männer und daher die Kraftzunahme im Alltag häufiger bemerken.

Schließlich wirkt sich Krafttraining auch positiv auf das allgemeine Wohlbefinden aus (Tucker & Maxwell, 1992). Am Ende einer 15-wöchigen Intervention mit 60 Frauen, die zwei Mal pro Woche unter Beaufsichtigung ihre Kraft trainierten, gaben die Probandinnen an, sich signifikant wohler zu fühlen als zu Beginn der Intervention. Ihr allgemeines Wohlbefinden lag deutlich über dem der Kontrollgruppe. Die Befunde werden von einer qualitativen Studie gestützt, in der 16 Frauen, die entweder an universitären Kraftsportkursen teilnahmen oder sie leiteten, zu den Auswirkungen von Krafttraining befragt wurden. Alle Probandinnen gaben an, sich besser zu fühlen, seit sie Krafttraining betreiben und einen höheren Selbstwert zu haben. Obwohl sie Krafttraining vor allem des physischen Nutzens wegen betrieben, sei der psychische Nutzen mit der Zeit bedeutender geworden (Berman, 1996).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei zuvor körperlich inaktiven Probanden durch ein mehrwöchiges Krafttraining die Stimmung, die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper, der Selbstwert und das Wohlbefinden gesteigert und Symptome einer Depression oder Angststörung sowie Stress gemindert werden können. Auch, wenn die Befundlage verglichen mit Ausdauertraining oder Gruppensport bislang gering ist, sind signifikante positive Effekte sowohl in quantitativen als auch in qualitativen Studien nachzuweisen. Bevor der Einfluss von Krafttraining auf die allgemeine Selbstwirksamkeit genauer betrachtet wird, soll das Konstrukt der Selbstwirksamkeit zuerst im folgenden Abschnitt erläutert werden.

2.2 Selbstwirksamkeit

Das Konstrukt der Selbstwirksamkeit, das auf Albert Bandura zurückgeht, beeinflusste die psychologische Forschung und somit auch den Forschungszweig der Gesundheits- und Sportpsychologie bislang stark. Da die Selbstwirksamkeit Bandura (1977) zufolge konstant und zuverlässig verschiedene Formen von Intentionen und Verhalten vorhersagen kann, ist es für viele Forschungsfragen relevant. Im folgenden Abschnitt wird zuerst die Selbstwirksamkeit definiert, erläutert, wie die Selbstwirksamkeit erhöht werden kann und welche Quellen es dabei gibt, und anschließend zwischen allgemeiner und spezifischer Selbstwirksamkeit unterschieden. Im Deutschen haben sich die Begriffe der Selbstwirksamkeit, Selbstwirksamkeitserwartung und Kompetenzerwartung eingebürgert, die im Folgenden synonym gebraucht werden.

2.2.1 Selbstwirksamkeit nach Bandura

Das Konzept der Selbstwirksamkeit wurde erstmals von Albert Bandura in seiner sozialen Lerntheorie (1977) als „the conviction, that one can successfully execute the behavior required to produce the outcomes“ (S. 32) definiert. Bandura hat seine Theorie später revidiert und in die sozial-kognitive Theorie umbenannt, um sich bewusst von älteren sozialen Lerntheorien, die auf dem Prinzip der operanten Konditionierung basieren, abzugrenzen (Jonas & Brömer, 2002). Seine Theorie beinhaltet weitaus mehr als das Konzept der Selbstwirksamkeit, allerdings würde eine umfassende Darstellung den Umfang überschreiten, sodass nur auf die für die Arbeit relevanten Aspekte eingegangen wird.

Bandura (1977) vertritt die Ansicht, dass Verhaltensänderungen durch verschiedene Methoden erreicht werden können, ihnen jedoch ein gemeinsamer kognitiver Mechanismus zugrunde liegt. Ihm zufolge vermitteln kognitive Prozesse die Veränderung, werden selbst jedoch durch erfolgreiche Leistungen und die dadurch erlebten Bewältigungserfahrungen eingeleitet. Ein wichtiger Bestandteil der kognitiven Prozesse sind die Selbstwirksamkeits- bzw. Kompetenzerwartungen (engl. „efficacy expectation“), da sie maßgeblich beeinflussen, für welches Verhalten ein Individuum sich entscheidet. Dabei umfasst das Konstrukt nur solche Aufgaben und Situationen, die vom Individuum als schwierig und problematisch erlebt werden. Bandura selbst erläutert das an dem Beispiel des Autofahrens: Der alltägliche Stadtverkehr stellt für einen geübten Autofahrer eine Leichtigkeit dar; das Fahren unter anspruchsvollen Wetter- oder Straßenverhältnissen allerdings nicht. Die Selbstwirksamkeit ist nur für die zweite Situation relevant, die den Autofahrer herausfordert und von ihm als subjektiv schwierig eingestuft wird (Bandura, 1997).

Ein weiterer Teil der kognitiven Prozesse einer Verhaltensänderung sind die Ergebnis- bzw. Konsequenzerwartungen (engl. „outcome expectancy). Konsequenzerwartung bedeutet die Überzeugung, dass ein gezeigtes Verhalten zu einem bestimmten Ergebnis führt; z.B. „Wenn man regelmäßig Kraftsport macht, wird man stärker“. Sie unterscheiden sich von den Selbstwirksamkeitserwartungen, die sich auf die Überzeugung beziehen, dass man das Verhalten ausüben kann, das erforderlich ist, um das Ergebnis zu erreichen, z.B. „Ich bin überzeugt davon, dass ich regelmäßig Kraftsport treiben kann“. Im Gegensatz zu den Konsequenzerwartungen, die universelle Zusammenhänge zwischen Handlung und Ergebnis enthalten, besteht bei der Kompetenzerwartung immer ein Selbstbezug (Schwarzer & Jerusalem, 2002). So kann man beispielsweise überzeugt davon sein, dass man generell durch Krafttraining stärker wird, aber wenn man ebenso davon überzeugt ist, selbst nicht die nötigen Fähigkeiten für ein regelmäßiges Krafttraining zu besitzen, wird kein entsprechendes Verhalten gezeigt und somit keine Veränderung stattfinden. Bandura (1998) beschäftigt sich weniger mit den Konsequenzerwartungen, da er davon ausgeht, dass sie keinen zusätzlichen Vorhersagewert für Verhalten haben. Die Ergebnisse einer Handlung werden meist im Kontext der Handlung selbst wahrgenommen und sind abhängig davon, ob eine Person glaubt, die Handlung überhaupt ausführen zu können.

Die Selbstwirksamkeit kann zum einen direkt auf das Verhalten und zum anderen indirekt über die Intention auf die Wahrscheinlichkeit einer Verhaltensänderung einwirken (Bandura, 1997). Direkt beeinflusst wird das Verhalten durch die Wahl der Situationen, in die man sich begibt. Personen mit einer hohen Selbstwirksamkeit, die überzeugt sind, eine subjektiv schwierige Situation meistern zu können, involvieren sich aktiv und vermeiden so, sich von den Umständen einschüchtern zu lassen. Im Gegensatz dazu vermeiden Personen mit einer niedrigen Selbstwirksamkeit Situationen, von denen sie überzeugt sind, dass sie die notwendigen Fähigkeiten zur Bewältigung nicht besitzen. Indirekt beeinflusst wird das Verhalten über die Intention, die bestimmt, wie viel Anstrengung man in eine schwierige Situation investiert und wie lange man den Anforderungen standhält. Personen mit einer geringen Selbstwirksamkeit, die beispielsweise die Intention haben, Muskeln aufzubauen, meiden das erste Probetraining im Fitnessstudio, wenn sie überzeugt sind, die wahrgenommenen Anforderungen nicht bewältigen zu können. Sie können so keine korrigierenden Erfahrungen sammeln, sondern bestätigen ihre niedrigen Wirksamkeitsüberzeugungen. Wenn sie sich doch dazu überwinden ins Fitnessstudio zu gehen, tendieren sie dazu, Übungen oder Geräte auszuwählen, die ihnen leicht erscheinen, oder bei Schwierigkeiten aufzugeben. Personen mit einer hohen Selbstwirksamkeit, die ebenfalls das Ziel haben, Muskeln aufzubauen, sind eher davon überzeugt, das erste Training meistern zu können und sehen es als Herausforderung. Mit steigender Trainingserfahrung werden sie Erfolgserlebnisse machen, die ihre Selbstwirksamkeit stärken (Schunk, 1990). Ist die Intention, Muskeln aufzubauen, nur schwach ausgeprägt, fallen die Ausdauer und Anstrengungen niedriger aus.

Bandura (1977) betont, dass Selbstwirksamkeitserwartungen nicht die einzige Determinante von Verhalten sind. Eine hohe Selbstwirksamkeit alleine wird nicht die erhoffte Leistung erbringen, wenn die nötige Kompetenz oder Motivation nicht vorhanden sind. Ist eine Person jedoch ausreichend kompetent und motiviert, sind Wirksamkeitserwartungen ein entscheidender Faktor, in welche Situation man sich begibt, wie viel Anstrengung man investiert und wie lange man in anspruchsvollen Situationen ausharrt. Schwarzer und Jerusalem (2002) sehen sie daher als Schlüssel zu kompetenter Selbstregulation.

2.2.2 Die vier Quellen der Selbstwirksamkeit

Da die wahrgenommene Selbstwirksamkeit das Ergebnis eines komplexen kognitiven Prozesses ist, sind die Selbstwirksamkeitserwartungen nicht unveränderlich, sondern verändern sich je nach verfügbaren Informationen. Dabei sind Bandura (1997) zufolge vier primäre Quellen bedeutend, die sich unterschiedlich stark auf die Selbstwirksamkeit auswirken können.

Die erste und stärkste Methode, um die Selbstwirksamkeit zu erhöhen, sind Bewältigungserfahrungen in Gestalt eigener Erfolge und Misserfolge, die der eigenen Anstrengung und Fähigkeit zugeschrieben werden. Erfolge stärken dabei die Selbstwirksamkeit besonders dann, wenn sie wiederholt auftreten und so den negativen Einfluss von gelegentlichen Misserfolgen reduzieren. Die Auswirkungen von Misserfolg hängen davon ab, zu welchem Zeitpunkt und wie oft man scheitert. Tritt ein Misserfolg früh in einer schwierigen Situation auf, ist es wahrscheinlich, dass keine weiteren Bewältigungsversuche unternommen und so die Möglichkeit einer Erfolgserfahrung verwirkt wird. Treten mehrere Misserfolge auf, die später jedoch erfolgreich überwunden werden, kann sich das besonders positiv auf die Selbstwirksamkeit auswirken. Schafft die Person aus dem Beispiel es nach mehreren Misserfolgen, eine Übung ohne Hilfestellung auszuführen, kann dieses Erfolgserlebnis ihre selbstmotivierte Ausdauer erhöhen. Scheitert sie beim ersten Mal ohne Trainer in mehreren Übungen, kann der Misserfolg dazu führen, dass sie das Krafttraining aufgibt und so zukünftige Erfolgserfahrungen ausgeschlossen sind.

Die zweitbedeutendste Quelle stellt die stellvertretende Erfahrung durch das Beobachten und Nachahmen von Modellen dar. Das Beobachten anderer, wie sie subjektiv als schwierig empfundene Situationen ohne negative Konsequenzen bewältigen, kann die Erwartung generieren, dass man selbst mit genügend Anstrengung ähnliche Ergebnisse erzielt. Dadurch, dass die Rückschlüsse auf die eigenen Fähigkeiten nur über den sozialen Vergleich stattfinden, ist die stellvertretende Erfahrung eine unzuverlässigere Quelle als die eigene Erfolgserfahrung. Modelle sind besonders hilfreich, wenn sie dem Beobachter in möglichst viele Attributen ähneln, da so die Distanz beim sozialen Vergleich geringer ausfällt. Zudem ist es wichtig, dass das Ergebnis der beobachteten Situation klar verständlich ist und so effektiver die Wirksamkeitsinformation vermittelt als mehrdeutige Ergebnisse. Außerdem ist die stellvertretende Erfahrung wirksamer, wenn mehrere Modelle zu beobachten sind. Die Erwartung, die Situation selbst auch bewältigen zu können, erscheint realistischer, wenn Personen mit verschiedenen Eigenschaften Erfolg haben. Beobachtet die Person im Kraftraum nur junge, athletisch gebaute Sportler, wird sie weniger daran glauben, die Situation auch bewältigen zu können, als wenn auch normal- oder übergewichtige Personen verschiedenen Alters die Übungen ausführen.

Eine weitere Quelle stellt die verbaleÜberredung dar, die allerdings als Mittel, eine überdauernde Selbstwirksamkeit aufzubauen, an ihre Grenzen stößt. Die Überredung kann zum einen leicht als solche durchschaut oder von Misserfolgen zunichte gemacht werden und daher sogar gegenteilige Effekte erzielen. Studien haben allerdings gezeigt (Lick & Bootzin, 1975) dass Probanden, die überredet werden, eine schwierige Situation zu bewältigen und Hilfsmittel zur Verfügung gestellt bekommen, sich mehr anstrengen als Probanden, die nur Hilfsmittel erhalten.

Die letzte und damit schwächste von Bandura genannte Quelle ist die Wahrnehmung eigener Gefühlserregung, die von stressigen und anstrengenden Situationen hervorgerufen wird. Der Erregungszustand kann die Beurteilung der eigenen Kompetenz beeinflussen, wobei hohe Erregungen zu erwartetem Misserfolg und niedrige Erregungen zu erwarteter erfolgreicher Problembewältigung führen. Dabei generieren Angstreaktionen wie Zittern oder Schwitzen durch antizipatorische Selbsterregung weitere Angst vor stressvollen Situationen, und fördern Gedanken an die eigene Unfähigkeit, wodurch das ursprüngliche Angstlevel erhöht wird. Häufig sind Ängste und fehlende Kompetenzen voneinander abhängig, da das Vermeiden stressiger Situationen die Entwicklung von Bewältigungsfähigkeiten verhindert. Bandura betont, dass die gefühlsmäßige Erregung insbesondere bei Patienten mit Angststörungen eine große Rolle spielt (1977).

Nicht alle Informationen, die aus den vier Quellen gewonnen werden, erzeugen eine starke Selbstwirksamkeit, da jahrelang gefestigte Erwartungen nicht nach einem einzigen Erfolgserlebnis, sondern nur sehr langsam verworfen werden (Bandura, 1997). Inwiefern die Informationen die Selbstwirksamkeitserwartung beeinflussen, hängt von der kognitiven Verwertung und der subjektiven Einschätzung der Rahmenbedingungen ab. Der von den Erfolgen stammende korrigierende Wert der Informationen kann auf verschiedene Arten abgeschwächt werden.

So kann die Verhaltensänderung von der Sicherheit der Situation beeinträchtigt werden; in sicheren Situationen fühlt man sich selbstwirksamer und verhält sich mutiger, wohingegen in unsicheren Situationen weiterhin Selbstzweifel auftreten. Die Person im Fitnessstudio schafft es beispielsweise morgens im leeren Fitnessstudio alle Übungen erfolgreich auszuführen; abends umringt von vielen Trainierenden allerdings nicht. Zudem kann es zu fehlerhaften kognitiven Bewertungen kommen, sodass der Erfolg externen Faktoren zugeschrieben wird. Um die Selbstwirksamkeit zu erhöhen, muss der Erfolg eindeutig den eigenen Fähigkeiten zugeschrieben und somit internal attribuiert werden. Ist es nicht eindeutig, ob die Leistung auf sich selbst zurückgeführt werden kann, ist es wahrscheinlicher, dass sie external attribuiert wird. Auch der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe kann die kognitive Bewertung beeinflussen; sind die Aufgaben oder Probleme zu einfach, liefert die Bewältigung keine neuen Informationen, die sich auf die Selbstwirksamkeit auswirken können. Schwere Aufgaben hingegen sind ein Beweis für verbesserte Bewältigungskompetenzen. So bleibt in einigen Fällen trotz eigener Erfolge eine verbesserte Wirksamkeit aus (Schwarzer & Jerusalem, 2002).

Ebenso beeinflusst die kognitive Verwertung der Informationen aus den anderen drei Quellen, inwiefern die Selbstwirksamkeit verändert wird (Bandura, 1997). Bei einer stellvertretenden Erfahrung sind vor allem die Eigenschaften des Modells und die Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter bedeutend. Ebenfalls spielen, wie bei den Erfolgserfahrungen auch, die Schwierigkeit der Aufgaben, die situationellen Umstände und die Bandbreite der Modelle eine Rolle. Bei der verbalen Überredung hängt der Wert der Information vor allem von der Glaubwürdigkeit, dem Status, der Zuverlässigkeit und der Expertise der überredenden Person ab. Je glaubwürdiger die Person die Gründe für ein bestimmtes Verhalten erklärt, umso wahrscheinlicher ist es, dass eine Veränderung der Selbstwirksamkeit stattfindet. Bei der letzten Quelle der emotionalen Erregung ist die Interpretation der Erregung bedeutsam, da ein und dieselbe Quelle einer physiologischen Erregung in mehrdeutigen Situationen unterschiedlich interpretiert werden kann. So kann die Person zitternde Hände als Adrenalinschub oder als Angst und Nervosität interpretieren. Wenn andere Personen anwesend sind, spielt zudem ihre emotionale Reaktion auf das Geschehen eine wichtige Rolle. Die Erregung wird demnach entweder externalen Faktoren oder dem eigenen Unangemessensein zugeschrieben. Im Falle einer externalen Attribution ist eine Beeinflussung der Selbstwirksamkeit unwahrscheinlich; attribuiert man die Erregung internal, ist es wahrscheinlicher, sich davon beeinflussen zu lassen.

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Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang von Krafttraining und allgemeiner Selbstwirksamkeit bei jungen Frauen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Psychologisches Institut)
Note
1,5
Autor
Jahr
2015
Seiten
64
Katalognummer
V322204
ISBN (eBook)
9783668217386
ISBN (Buch)
9783668217393
Dateigröße
1067 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krafttraining, Selbstwirksamkeit, Frauen, Kraftsport, Bodybuilding, Selbstbewusstsein
Arbeit zitieren
Lisa Marie Steenbock (Autor:in), 2015, Der Zusammenhang von Krafttraining und allgemeiner Selbstwirksamkeit bei jungen Frauen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322204

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