Die Wiederbelebung von totgeglaubten Medien. Retrogaming am Beispiel Snake

Dead Media Studies


Hausarbeit, 2015

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Sehnsucht nach der Vergangenheit
2.1. Die Sehnsucht nach alten Spielen: Retrogaming
2.2. Probleme des Retrogamings

3. Das Retro-Remake
3.1. Mobile Spiele als Retro-Remakes

4. Beispiel: Snake
4.1. Vergleich Snake vs. Snake '97: der Retro-Klassiker für das Handy

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Mobile Gaming Branche unterliegt einem stetigen Wachstum und immer mehr Menschen nutzen ihre mobilen Geräte, um Spiele auf diesen zu spielen.[1] Laut einer Gemeinschaftsstudie von SevenOne Media und Interrogare nutzen fast 85 % der Befragten die Spielefunktion auf mindestens einem mobilen Endgerät.[2] Durch ständige, technologische Fortschritte, die es dem Nutzer möglich machen immer und überall zu spielen, verändern sich auch Produktion und Konsum von mobilen Spielen sehr schnell.[3]

Dies liegt vor allem an drei Faktoren: Immer mehr Menschen besitzen ein Smartphone oder mindestens ein anderes mobiles Endgerät und sind somit potentielle Konsumenten von mobilen Spielen. Außerdem gibt es signifikante Verbesserungen der Bild- und Tonqualität, die den Spieleentwicklern immer mehr Möglichkeiten bieten, um ihre Ideen zu realisieren. Als letzten Punkt lässt sich das drahtlose Netzwerk nennen, das immer weiter ausgebaut wird und somit den Nutzern von mobilen Geräten erlaubt immer größere Spiele herunterzuladen und sich mit anderen Gleichgesinnten zu vernetzen.[4] Diese drei Faktoren entwickeln sich so schnell weiter, dass sich auch die Entwickler der Spiele an die sich ständig veränderten Bedingungen anpassen müssen. So kommen in immer kürzeren Abständen neue Spiele und Versionen auf den Markt. Dadurch werden die Vorgänger in den meisten Fällen schnell wieder obsolet.[5]

Je schneller sich etwas im Leben verändert, desto mehr sehnt man sich nach der Vergangenheit und dem alten Zustand zurück. Die vorhandene Sehnsucht nach der Vergangenheit und die Faszination an dem Trend Retrogaming in Bezug auf mobile Spiele lassen sich also unter anderem durch die rasante Entwicklung der Technik erklären.[6]

Diese Arbeit wird der Frage nachgehen, warum wir das Bedürfnis nach alten neuen Medien haben und wie sich die ständige Innovation mit der Sehnsucht nach dem Vergangenem vereinen lässt. Der Schwerpunkt soll dabei auf mobilen Spielen liegen. Es sollen Vor- und Nachteile dargestellt werden, die eine Wiederbelebung eines totgeglaubten Mediums - speziell im Fall von Retrogaming - mit sich bringt. Im Anschluss daran soll der theoretische Teil durch einen Vergleich zweier Versionen des Spiels Snake verdeutlicht werden, wobei ich mich auf das originale Handyspiel Snake und dem Retro-Remake Snake ´97 beziehen werde.

Der Schlussteil wird die Arbeit mit einem Fazit und einem Ausblick auf weitere Retrobereiche abschließen.

2. Die Sehnsucht nach der Vergangenheit

Die Sehnsucht nach der Vergangenheit und das Erinnern an frühere Ereignisse scheinen typisch für unsere heutige Zeit zu sein. Dabei dienen Gegenstände als Vermittler zwischen den verschiedenen Zeiten und gewinnen somit eine immer größere Bedeutung. Mithilfe von alten Gegenständen kann die Vergangenheit wiederbelebt werden.[7] Dies funktioniert jedoch nicht nur mit originalen Gegenständen aus früheren Zeiten, sondern auch mit auf alt gemachten Dingen, wie z.B. Retro-Spielen.[8]

Dabei spielt nicht nur das Objekt an sich eine Rolle, sondern auch der Zeitpunkt, der Ort und die Umstände, die damit in Verbindung gebracht werden. Auf das Beispiel der mobilen Spiele bezogen bedeutet das: Wann, wo und mit wem ein Spiel gespielt wurde und in welcher Verfassung der Spieler dabei war. Diese äußeren Umstände können auch bestimmen, ob etwas als positive oder negative Erinnerung abgespeichert wird.[9]

Nach Reynolds hat der Schnittpunkt zwischen persönlicher Erinnerung und der Massenkultur den Bereich Retro hervorgebracht.[10]

2.1. Die Sehnsucht nach alten Spielen: Retrogaming

Die Sehnsucht nach der Vergangenheit lässt sich auch in dem Bereich von mobilen Spielen wiederfinden. Dafür wird in der Literatur der Begriff des Retrogamings verwendet[11], der generell „die Tätigkeit bezeichne[t], welche sich mit dem Spielen und Sammeln alter Spiele bzw. deren Hardware auseinander setzt“.[12] In vielen Online-Foren tauschen sich Gleichgesinnte über alte Spiele aus und diskutieren ihre Meinungen dazu. Als Beispiele lassen sich hier unter anderem retrocollect.com, retrogamer.net oder racketboy.com/forum nennen.[13] Weiterhin gibt es regelmäßig erscheinende Publikationen, die sich auf Retrogaming spezialisiert haben, wie zum Beispiel das Retro[14] oder das Return [15] Magazin.[16]

Ein Hauptgrund für das Interesse an alten Spielen ist laut Felzmann die Simulation. Durch die ständig wachsenden Darstellungsmöglichkeiten sind aktuelle Spiele in der Lage eine relativ genaue Realität zu simulieren. Die virtuelle Welt auf dem Bildschirm unterscheidet sich somit immer weniger von der realen Welt. Doch gerade das wird von vielen Konsumenten kritisiert und vermisst.[17] Der Nutzer benötigt seine Phantasie heutzutage nicht mehr, um die Bezüge zwischen verschiedenen Elementen selbst herzustellen und zu erkennen, sondern bekommt alles vom mobilen Gerät vorgegeben. Im Gegensatz dazu geben die früheren Spiele der Persönlichkeit des Spielers mehr Freiraum für eigene Interpretationen. Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist auch die Reizüberflutung, der man bei aktuellen Spielen ausgesetzt ist.[18] Weiterhin werden die Regeln mit der Zeit immer komplexer und komplizierter.[19]

Neben der spezifischen Ästhetik von alten Spielen und der Einfachheit der Regeln gibt es noch einen dritten Grund für die Faszination von Retrogaming. Die Spieler von Retro-Spielen wollen sich von der Masse absetzen - die hauptsächlich die aktuellsten Spiele konsumiert - und schließen sich deshalb einer Subkultur an, die die gleichen Interessen hat wie sie.[20] Diese Subkultur hat eine gemeinsame Basis, über die sie sich identifizieren. Die Spieler haben ihre Erfahrungen zwar einzeln gesammelt, können diese aber in der Gemeinschaft teilen.[21] Die Entwicklung von sozialer Interaktion ist laut einer Studie der Loughborough Universität eines der meistgenannten Motive, um mobile Spiele zu nutzen. Dabei gilt die gemeinsame Basis als Grundlage für neue Konversationen und neue Kontakte.[22]

Als weiterer Interessensgrund für Retrogaming wird das Heranwachsen der Spieler genannt, die die Anfänge der Computerspiele in den 1980er Jahren mitbekommen haben. Die Spielbranche reift mit seinen Konsumenten und will diesen die Möglichkeit geben sich an den Beginn ihres Spielinteresses zu erinnern und diese Momente wiederzubeleben.[23]

2.2. Probleme des Retrogamings

Durch die spezielle Beschaffenheit von mobilen Spielen – sie sind lediglich gespeicherte Daten – scheint es den Konsumenten so, als ob sie die Spiele jederzeit rezipieren könnten.[24] Das Grundproblem liegt nach Felzmann aber darin, dass die Spiele immer nur für eine bestimmte Plattform gemacht sind. Sobald sich also die Hardware ändert - was ständig der Fall ist - ist es nach einer gewissen Zeit fast unmöglich die Spiele in ihrer ursprünglichen Fassung zu spielen.[25]

Doch selbst wenn die benötigte Hardware vorhanden ist, stellen die vorher genannten äußeren Faktoren ein Problem dar. Wenn die Umgebung und der Kontext der Retro-Spielsituation gravierende Unterschiede zu der damaligen Umgebung aufweist, kann die originale Spielerfahrung nicht wieder hergestellt werden. Auch die Weiterentwicklung der Persönlichkeit des Spielers spielt hierbei eine Rolle und kann die Spielerfahrung beeinflussen.[26]

Es kann beim Retrogaming also sowohl durch das technische Spiel an sich, als auch durch den sozialen Kontext zu Enttäuschungen und Problemen kommen, sodass niemals eine vollkommen gleiche Spielsituation geschaffen werden kann.

3. Das Retro-Remake

Das Phänomen Retrogaming lässt sich in eine Art Mainstream-Retro und eine Art Sub-Retro aufteilen.[27] Außerdem lassen sich Retro-Games nach Beil in drei weitere Arten unterscheiden : Remakes, Retro-NextGen-Hybride und Retro-Remakes. Beim Remake bleiben die originalen Spielmechaniken erhalten, aber andere Elemente, wie zum Beispiel Bild und Ton werden erneuert. Retro-NextGen-Hybride bilden eine Fusion aus dem Retro-Stil und neuen, zeitgenössischen Elementen.[28] Dieses Kapitel soll sich jedoch mit Retro-Remakes auseinander setzen.

Die Sehnsucht und das Verlangen danach, die Vergangenheit wiederzubeleben findet laut Felzmann seine vollständige Vollendung in einem Retro-Remake.[29]

„Darunter versteht man ein Computerspiel, welches ein Remake des Originals darstellt, dabei aber nicht der Entwicklung des Medium Rechnung trägt, sondern vielmehr mit modernen Mitteln das Spiel in ursprünglichem Aussehen reproduziert und dabei um neue Inhalte anreichert.“[30]

Viele Produzenten und Entwickler von Spielen greifen einen alten Klassiker wieder auf, indem sie das originale Spiel in einem Format herausbringen, das zu der neuesten Hardware passt.[31]

[...]


[1] Vgl. Jason O.B Soh/Bernard C.Y. Tan: Mobile Gaming. In: Communication of the ACM 51 (2008), H. 3, S. 35-39, S. 35.

[2] Vgl. SevenOne Media/Interrogare: Mobile Barometer. Mobile Gaming. Eine Gemeinschaftsstudie von SevenOne Media und Inetrrogare. Unterföhring 2014, S. 2.

[3] Vgl. Zach Whalen /Laurie N. Taylor: Playing the Past: History and Nostalgia in Video Games. Nashville 2008, S. 20.

[4] Vgl. Soh/Tan: Mobile Gaming, S. 36.

[5] Vgl. Whalen/Taylor: Playing the Past, S. 20.

[6] Vgl. Sebastian Felzmann: Playing Yesterday: Mediennostalgie und Videospiele. In: Böhn, Andreas/Möser, Kurt (Hrsg.): Techniknostalgie und Retrotechnologie. Karlsruhe 2010, S. 197-215, S. 197f.

[7] Vgl. Andreas Böhn/Kurt Möser: Einleitung. In: Böhn, Andreas/Möser, Kurt (Hrsg.): Techniknostalgie und Retrotechnologie. Karlsruhe 2010, S. 9-16, S. 9ff.

[8] Vgl. ebd., S. 11.

[9] Vgl. Andreas Böhn: Mediennostalgie als Techniknostalgie. In: Böhn, Andreas/Möser, Kurt (Hrsg.): Techniknostalgie und Retrotechnologie. Karlsruhe 2010, S. 149-165, S. 152.

[10] Vgl. Simon Reynolds: Retromania: Pop Culture's Addiction to its Own Past. London 2011, S. 4.

[11] Die folgende Definition ist sehr allgemein gehalten, da eine ausführliche, historische Betrachtung der Definition von Retrogaming zu umfangreich für diese Arbeit wäre.

[12] Sebastian Felzmann: Playing Yesterday, S. 202.

[13] Vgl. Google Suche: Retrogaming Forum

[14] Vgl. CSW-Verlag: Abo/Kaufen, 2001-2015. In: Retromagazine.eu; URL: http://www.retromagazine.eu/retro/abo-kaufen/ (01.09.2015).

[15] Vgl. RETURN: Das Magazin, 2013-2015. In: Return-Magazin.de; URL: https://www.return-magazin.de/die-return/das-magazin/ (01.09.2015).

[16] Natürlich gibt es noch weitere Medien, die sich mit Retrogaming beschäftigen. Die aufgezählten Beispiele sollen nur als Orientierung dienen.

[17] Vgl. Sebastian Felzmann: Playing Yesterday, S. 198.

[18] Vgl. Nils: Wenn weniger mehr ist, 10.08.2004. In: Geemag.de; URL: http://www.geemag.de/2004/08/10/wenn-weniger-mehr-ist/ (01.09.2015).

[19] Vgl. Sebastian Felzmann: Playing Yesterday, S.200.

[20] Vgl. ebd., S. 204f.

[21] Vgl. ebd., S. 210.

[22] Vgl. Hayley Dixon/ Valerie A. Mitchell/Harker, Susan D. P.: Mobile phone games: Understanding the user experience. In: McDonagh, D. (Hrsg.): Design and Emotion: the experience of everyday things. London 2004, S. 256-261, S. 257.

[23] Vgl. Jaakko Suominen: FCJ-075 The Past as the Future? Nostalgia and Retrogaming in Digital Culture. In: The Fibreculture Journal 75 (2008), H. 11. S. 3.

[24] Vgl. Sebastian Felzmann: Playing Yesterday, S. 200.

[25] Vgl. ebd., S. 201.

[26] Vgl. ebd.

[27] Vgl. Benjamin Beil: Die Sehnsucht nach dem Pixelklumpen. Retro-Gaming und das populärkulturelle Gedächtnis des Computerspiels. In: Kleiner, Marcus S./Wilke, Thomas (Hrsg.): Performativität und Medialität Populärer Kulturen: Theorien, Ästhetiken, Praktiken. Wiesbaden 2013. S. 319-338, S. 327.

[28] Vgl. Benjamin Beil: Game Studies. Eine Einführung. Berlin 2013, .S.15ff.

[29] Sebastian Felzmann: Playing Yesterday, S. 211.

[30] Ebd., S. 211f.

[31] Vgl. M. Brandon Robbins: Revisiting Retro Games. In: Library Journal 140 (2015), H. 3, S. 66.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Wiederbelebung von totgeglaubten Medien. Retrogaming am Beispiel Snake
Untertitel
Dead Media Studies
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Medienkultur und Theater)
Veranstaltung
Dead Media Studies. Medien und (geplante) Obsoleszenz
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
12
Katalognummer
V323550
ISBN (eBook)
9783668227095
ISBN (Buch)
9783668227101
Dateigröße
669 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gaming, Retrogaming, Medien, Dead Media Studies, Computerspiel, Obsoleszenz
Arbeit zitieren
Jana Ahke (Autor:in), 2015, Die Wiederbelebung von totgeglaubten Medien. Retrogaming am Beispiel Snake, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323550

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