Der Kandidat Adalberts von Mainz - Die Königswahl von 1125 und ihre Sieger


Seminar Paper, 2003

22 Pages, Grade: 1-2


Excerpt


Inhaltsangabe

I. Einleitung

II. Quellenlage

III. Forschungsüberblick zur Königswahl von 1125

IV. Beschreibung des Wahlakts
1) Lothar als Kandidat Adalberts
2) Friedrich als Kandidat Adalberts
3) Leopold als Kandidat Adalberts

V. Persönliche Stellungnahme zur gegebenen Problematik

VI. Schlussbemerkung

VII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die Königswahl Lothars von Supplingburg im Jahr 1125 beschäftigt die Geschichtsforschung seit vielen Jahrzehnten. Vor allem die Rolle eines Mannes wird immer wieder auf’s Neue heftig diskutiert. Gemeint ist Adalbert I., Erzbischof von Mainz. War er der gerissene Fädenzieher im Umfeld der Wahl? War er es, der seinen Kandidaten durch Manipulation an die Macht führte? Oder scheiterte er und sein Kandidat an verschiedenen Ereignissen der Wahltage? Wer war eigentlich der Kandidat Adalberts?

Diese Fragen möchte ich im Folgenden versuchen näher zu beleuchten. Als Quelle steht hier dankenswerter Weise die „narratio de electione Lotharii“ zur Verfügung, die detailgenau die Vorgänge der Wahl beschreibt.

Als Quellen, die einen listigen Mainzer Erzbischof beschreiben, stehen uns Otto von Freising mit seiner „Gesta Friderici“, die Chronik des Berthold von Zwiefalten, die Niederschriften des Petrus Diaconus und die Annales Stadenses zur Verfügung.

Als erstes möchte ich auf diese Quellen näher eingehen, aber auch die für die Beurteilung Adalberts nicht so relevanten möchte ich kurz erwähnen.

II. Quellenlage

Wer die Wahl Lothars von Supplingburg behandelt kann auf eine beachtenswerte Quelle zurückgreifen, die „naratio de electione Lotharii“. In dieser wird detailliert der Ablauf der Wahlversammlung beschrieben. Verfasst wurde sie von einem Mönch des Klosters Göttweig, vermutlich sogar von dessen Abt Kadaloh. Dieser schrieb den Bericht über den Verlauf der Wahl nicht zum Zweck der Geschichtsschreibung, sondern zur Unterrichtung seiner Mitbrüder[1].

Genau aus diesem Grund scheint das Werk äußerst glaubwürdig zu sein, wenngleich man auch beachten muss, dass der Autor weder zu dem Kreis der Eingeweihten der Königswahl zu rechnen ist noch dass er völlig frei von Sympathien für Lothar war.

Das außerordentliche an der Narratio ist allerdings, dass mit einer anderen Handschrift in einen freigelassenen Abschnitt ein Einschub eingefügt wurde. Dieses sogenannte „pactum“ beinhaltet eine Übereinkunft zwischen Kirche und König, in der die Investiturfrage neu geregelt wird.

Nach Meinung Stoobs ist dieses Pactum erst zwischen 1133 und 1135 in den Text eingefügt worden. Konrad von Salzburg soll der Initiator dieses Einschub gewesen sein, mit dem er versuchte, die Macht des Königs auf die Kirche einzuschränken. Er begründete dies damit, dass der Einschub für den Gesamtkontext nicht von Nöten ist und in ihm einiges von vorherigen Ereignissen wiederholt wird[2].

Dieser Meinung widersprach Speer, für den der Text als Einheit angesehen werden muss. Für ihn stand des weiteren fest, dass, da sich Lothar nicht daran gehalten hat, es kein offizielles Dokument der damaligen Zeit war[3].

Ludwig Vones vertrat den Standpunkt, dass das Pactum eine salzburgisch-babenbergische Überlieferung darstellt, die im Umkreis der Wahl von 1125 entstand[4].

Die Narratio enthält bemerkenswerter Weise, laut Speer, keine Belege dafür, dass Adalbert von Mainz eine Wahlentscheidende Rolle eingenommen hat bzw. die Wahl nach seinem Willen gelenkt und manipuliert hat[5]. Von diesen Machenschaften des Erzbischofs berichten im Ganzen nur 4 Quellen, die auf Grund ihres zeitlichen Abstandes bzw. wegen der nicht unbestrittenen Persönlichkeit des Verfassers von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt sind.

Hier wäre zunächst die „Gesta Friderici“ von Otto von Freising zu nennen. Durch die nahe Bindung zu den Staufern erkennt man in diesem Werk deutlich, dass die Objektivität gegenüber der Verherrlichung der Staufer einige Male zurückstehen muss. Außerdem ist bemerkenswert, dass in der von Otto von Freising zeitlich früher verfassten Chronik nicht von Beeinflussungen seitens Adalberts die Rede ist, obwohl sich die beschriebenen Ereignisse überschneiden.

Die Vermutung liegt natürlich nahe, der Autor wollte, um den für ihn alles überragenden Kaiser Friedrich Barbarossa noch höher von allen anderen abzuheben, die Geschichte in sofern verändern, dass sie auf die Staufer kein negatives Bild mehr wirft. Schmale und Engels führen einsichtige Beispiele für das Handeln Ottos an und bewirken so, dass die Gesta als Quelle für die Ereignisse der Königswahl nur mit aller größter Vorsicht herangezogen werden darf[6].

In der Chronik des Berthold von Zwiefalten wird Erzbischof Adalbert auch als der wahlentscheidende Mann hingestellt, der die Wahl Lothars einfädelte. Der Autor selbst macht keinen Hehl daraus, dass er den Staufern und sogar Heinrich V. nahe stand und das Erbrecht Friedrichs von Schwaben als gegeben ansah[7]. Speer glaubt, dass Adalbert wegen seiner Position als Wahlleiter zum treibenden Faktor stilisiert wurde, um die Beschneidung des staufischen Erbrechts deutlicher hervorzuheben[8].

Ein weiterer Autor, der von den Machenschaften Adalberts berichtet ist Petrus Diaconus, der diese in der Chronik des Klosters Montecassino festhielt. Dieser Autor wird von der Wissenschaft jedoch durchgängig als Fälscher angesehen, der Urkunden und Belege nachahmte, damit er sie in den Zusammenhang seines Klosters stellen konnte[9].

Als letzte Quelle, die von Manipulationen Adalberts berichtet, sind die „Annales Stadenses“ zu nennen. Da sie von Adalbert von Stade aber erst um die Mitte des 13.Jahrhunderts verfasst wurden, fallen sie nicht besonders stark ins Gewicht[10].

Wenngleich der Annalist Saxo nichts von suspekten Machenschaften Adalberts festhielt, erwähnt er doch, dass Lothar sich vor allem auf die Bischöfe stützen konnte, darunter vor allem auf Adalbert von Mainz und Friedrich von Köln. Wie man diese Aussage im Kontext allerdings bewerten muss, scheint eine äußerst wage Angelegenheit zu sein[11].

Eine bedeutende Quelle ist auch noch der Abt Arnold von Berge, der der Verfasser der Annales Nienburgenses und identisch mit dem Annalista Saxo sein soll. In beiden Werken tritt das Interesse des Autors an der Zeitgeschichte, besonders an Sachsen unter der Regierung Lothars III hervor. Beide Arbeiten sind wohl im Jahr 1139 beendet worden, dem Todesjahr Heinrichs des Stolzen. Dies zeigt wiederrum eine Nähe zu Lothar III bzw. Heinrich dem Stolzen und die Abneigung gegen den neuen König Konrad. Ein weiteres Werk Arnolds sind wohl die Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium. In allen 3 Werken scheint der Autor dem Leser einen Spiegel vorhalten zu wollen, in dem er die guten Taten Lothars III und Heinrichs des Stolzen hervorhebt und die Abneigung gegen die Staufer deutlich zeigt. Eine Beeinflussung der Wahl durch Adalbert wurde nicht erwähnt[12].

Weitere Quellen dieser Zeit mit eher geringerem Wert für die Beurteilung Adalberts sind u.a. die Annales Patherbrunnenses, die Annales Erphesfurtenses Lotharii, die Reichsannalen im westlichen Sachsen, Honorius Augustounensis, Heimo von Bamberg, die deutsche Kaiserchronik und die Vita Chunradi. Soweit sie uns heute noch erhalten sind, geben sie keine entscheidenden Fortschritte zur Beurteilung der Problematik.

Alles in allem ist zu sagen, dass die oft für gegeben hingenommenen Vorwürfe an Adalbert keineswegs auf starkem Quellenfundament fußen.

III. Forschungsüberblick zur Königswahl von 1125

Im Folgenden möchte ich die ältere Forschungsgeschichte zur Königswahl 1125 näher beleuchten, wobei ich mich nahe an der, meiner Meinung nach, äußerst gelungenen Zusammenstellung bei Lothar Speer bewegen werde[13].

Die erste für den heutigen Betrachter erwähnenswerte Arbeit ist eine Monographie von Eduard Gervais zu Lothar III. aus dem Jahr 1842. Wenngleich der Autor selbst sich seiner quellenkritische Arbeit rühmte, scheint er doch an vielen Stellen seines Werkes in dieser nicht konsequent genug zu sein.

Durchweg negativ wurde von ihm Erzbischof Adalbert I. von Mainz gezeichnet, der seiner Meinung nach nur von Ehrgeiz und Eigennutz geleitet wurde. Das Wohl des Staates interessiere ihn nur in sofern, dass er selbst einen positiven Nutzen daraus ziehen konnte[14].

Für ihn waren die beiden Quellen von Otto von Freising und Adalbert von Stade zu staufisch gefärbte Werke und sollten deshalb von der Forschung mit sehr großer Vorsicht behandelt werden, was sich in späteren Aufsätzen allerdings nicht durchsetzen konnte.

Bei Gervais erschien Friedrich von Schwaben als der von Heinrich V. gewünschte Nachfolger, dem zu Anfang auch Adalbert gewogen war[15]. Lediglich aus Klugheit und Egoismus heraus, habe Adalbert die Wahl zu Lothars Gunsten manipuliert. Hier jedoch steckt ein Hauptkritikpunkt an Gervais Werk, denn eine Beeinflussung der Wahl wird gerade in den Gesta des Otto von Freising und in den Annales Stadenses betont, die er zuvor bekanntlich als nicht kritisch genug abkanzelte[16].

[...]


[1] Vgl. Vones, Ludwig: Der gescheiterte Königsmacher. Erzbischof Adalbert I. von Mainz und die Wahl von 1125 – In: Historisches Jahrbuch. Freiburg/ München, 1995 – 115. Jahrgang, zweiter Halbband – S. 88; vgl. Wattenbach, Wilhelm/ Schmale, Franz-Josef: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vom Tode Kaiser Heinrichs V. bis zum Ende des Interregnum. Darmstadt, 1976 – Erster Band – S.9; Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 59; Vgl. Stoob, Heinz: Zur Königswahl Lothars von Sachsen im Jahre 1125 – In: Historische Forschungen für Walter Schlesinger. Köln/ Wien, 1974 – S. 444

[2] Vgl. Stoob, Heinz: Zur Königswahl Lothars von Sachsen im Jahre 1125 – In: Historische Forschungen für Walter Schlesinger. Köln/ Wien, 1974 – S. 441

[3] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 69

[4] Vgl. Vones, Ludwig: Der gescheiterte Königsmacher. Erzbischof Adalbert I. von Mainz und die Wahl von 1125 – In: Historisches Jahrbuch. Freiburg/ München, 1995 – 115. Jahrgang, zweiter Halbband – S. 109 ff

[5] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 70

[6] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 52 ff

[7] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 55ff

[8] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 57

[9] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 58

[10] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 58ff

[11] Vgl. Speer, Lothar: Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 70

[12] Wattenbach, Wilhelm/ Schmale, Franz-Josef: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vom Tode Kaiser heinrichs V. bis zum Ende des Interregnum. Darmstadt, 1976 – Erster Band – S. 12 ff

[13] Vgl. Speer: Lothar, Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Köln/ Wien, 1983 – S. 5ff

[14] Vgl. Gervais, Eduard: Politische Geschichte Deutschlands unter der Regierung Kaiser Heinrichs V. und Lothars III.. Leipzig, 1841/42 – Band 1 – S. 380ff

[15] Vgl. Gervais, Eduard: Politische Geschichte Deutschlands unter der Regierung Kaiser Heinrichs V. und Lothars III.. Leipzig, 1841/42 – Band 2 – S. 10

[16] Vgl. Gervais, Eduard: Politische Geschichte Deutschlands unter der Regierung Kaiser Heinrichs V. und Lothars III.. Leipzig, 1841/42 – Band 2 – S. 11ff

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Details

Title
Der Kandidat Adalberts von Mainz - Die Königswahl von 1125 und ihre Sieger
College
LMU Munich
Grade
1-2
Author
Year
2003
Pages
22
Catalog Number
V32815
ISBN (eBook)
9783638334389
ISBN (Book)
9783638651776
File size
574 KB
Language
German
Keywords
Kandidat, Adalberts, Mainz, Königswahl, Sieger
Quote paper
Hans-Peter Schneider (Author), 2003, Der Kandidat Adalberts von Mainz - Die Königswahl von 1125 und ihre Sieger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32815

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