Stadtumbau in Leipzig seit der Wende


Dossier / Travail, 2003

19 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ausgangslage in den Jahren 1991/92

3. Das Modell-Projekt Leipzig-Ost
3.1 Projektidee und Besonderheit
3.1.1 Konzept
3.1.2 Ziele
3.2 Konzept der Schwerpunktprojekte
3.2.1 Eilenburger Bahnhof
3.2.2 Ökologische Quartiersentwicklung Reudnitz/Anger

4. Das Stadtumbauprojekt STEP
4.1 Zielsetzung
4.2 Inhalt
4.3 Teilpläne von STEP
4.3.1 Teilplan Wohnungsbau
4.3.2 Teilplan Stadterneuerung
4.3.3 Teilplan Großsiedlungen

5. Aufschwung durch Olympia?

6. Bewertung und Schlussbetrachtungen

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nicht nur Helmut Kohl, auch viele andere Personen aus Politik und Wirtschaft hatten unterschätzt, wie tief die Teilung zwischen Bundesrepublik und DDR war, wie unterschiedlich sich die beiden Staaten entwickelt hatten. Dies galt auch für die bauliche Entwicklung der Städte und Dörfer.

Verfallene Gebäude, hoher Leerstand, Straßenschäden, mangelhafte Infrastruktur, starke Luftverschmutzung und Verwahrlosung allenthalben prägten in den Städten der ehemaligen DDR das Bild. Es herrschte akuter Handlungsbedarf, doch ein schlüssiges Konzept fehlte zunächst. Aufgrund des abzusehenden Niedergangs der DDR-Industrie war ein Stadtauf- und umbau nach dem Vorbild der Bundesrepublik in den Fünfziger Jahren nicht möglich, da der damalige Wiederaufbau der Städte insbesondere im Ruhrgebiet unter dem Zeichen der Re-Industrialisierung stand. Aber auch der Städtebau der Sechziger und Siebziger Jahre (Bau von Großsiedlungen) hatte sich mittlerweile als der falsche Weg erwiesen. Die seit Beginn der Achtziger Jahre einsetzende Landflucht in der Bundesrepublik stellte die Städteplaner vor neue Probleme, zumal abzusehen war, dass diese auch in Großstädten Ostdeutschlands auftreten würden – höchstwahrscheinlich in einer weit drastischeren Form aufgrund des Verfalls der Innenstädte. Der traditionelle Städtebau der vorigen Jahrzehnte war also insbesondere aus ökologischer Sicht in eine Sackgasse geraten. Die infolge der Landflucht neu entstandenen Einfamilienhaussiedlungen an Stadträndern oder in Vororten bedeuteten eine erhöhte Umweltbelastung, da nicht nur durch den Bau neuer Häuser Grünflächen verschwanden, auch andere Faktoren (Bau neuer Einkaufszentren, Straßen, S-Bahnhöfe usw.) machten diese neue Entwicklung ökologisch höchst bedenklich. Die hiermit auch noch einhergehende Gefahr der Verwahrlosung der Stadtzentren bewog gerade die Stadtplaner in den Großstädten der ehemaligen DDR Anfang der Neunziger Jahre dazu, den einsetzenden Negativtrend durch Umbauprojekte, sowie Revitalisierung der Innenstädte abzuschwächen und sogar umzukehren.

Diese Arbeit befasst sich nun mit dem Stadtumbauplanungen und -umsetzungen in der größten Stadt der neuen Bundesländer – Leipzig. Zunächst wird die Situation in den Nachwendejahren in der Pleiße-Metropole kurz vorgestellt. Anschließend befasst sich die Arbeit mit zwei Beispielprojekten, zum einen das 1992 verabschiedete „Projekt Leipzig-Ostraum“, einem europäischen Modellprojekt für ökologischen Stadtumbau im Sinne der Lokalen Agenda 21, zum anderen das Stadtentwicklungsprogramm STEP, dem ersten stadtweiten Umbauprojekt in Leipzig, welches 2001 gestartet wurde. Abschließend wird jeweils eine Bewertung der beiden Projekte vorgenommen, wobei beim Ostraumprojekt bereits Ergebnisse vorgestellt werden können, was bei STEP wegen des kurzen Zeitraums noch nicht möglich ist.

2. Ausgangslage in den Jahren 1991/92

Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war Leipzig mit 713.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt Deutschlands. Seit 1933 ging die Einwohnerzahl kontinuierlich zurück. Im Wendejahr 1989 lebten in Leipzig in nahezu den gleichen Stadtgrenzen wie 1933 nur noch 538.900 Menschen.

Auf den ersten Blick befand sich die Stadt Leipzig in den Jahren nach der Wende in dem für ostdeutsche Städte in dieser Zeit typischen Zustand. Rund 80% der Altbausubstanz und 60% des gesamten Wohnungsbestandes befanden sich in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand. „Marode Dächer, abgeblätterte Fassaden, durchfeuchtete Außenwände“[1] prägten das Stadtbild, deutlich mehr als die Hälfte der Wohnungen verfügten über keine oder nicht benutzbare Sanitäranlagen, auch die sonstige Haustechnik war stark erneuerungsbedürftig. Die teilweise bis heute nicht geklärten Eigentumsverhältnisse von Grundstücken und Gebäuden bedeuteten eine erhebliche Erschwernis beim Stadtumbau. Aber nicht nur die Wohngebäude, auch die Infrastruktur der Stadt war desolat, so bedurften z.B. Straßen, öffentliche Verkehrsmittel oder Grünanlagen einer dringenden Instandsetzung.

Ende 1992 war in Leipzig real fast jeder dritte Einwohner ohne Arbeit, was vor allem im Niedergang der alten DDR-Industrie begründet war. Das rapide Verschwinden von stark umweltbelastender Schwerindustrie aus der Stadt führte zwar zu einer deutlichen Reduzierung der Schwefeldioxidbelastung, doch nach wie vor war diese weit über dem Durchschnitt größenmäßig ähnlicher Städte in der alten Bundesrepublik[2].

Das Stadtbild von Leipzig bot den Stadtumbauplanern aber auch zahlreiche Faktoren, die das gewaltige Potenzial dieser Stadt erahnen ließen. Anders als westdeutsche Städte hatte Leipzig ein kaum zersiedeltes Umland (Landflucht war in der DDR bei weitem nicht so ausgeprägt wie in der Bundesrepublik), wobei die Stadtplaner berücksichtigen mussten, dass diese nach der Wende umso stärker einsetzen würde. Flussauen und sehr ausgedehnte, aber auf dem Stadium der Dreißiger Jahre stehen gebliebene, landwirtschaftlich genutzte Flächen waren für eine Stadt dieser Größenordnung erstaunlich häufig zu finden. Positiv wog auch die Tatsache, dass Leipzig über einen gut erhaltenen und historisch gewachsenen Stadtgrundriss verfügte, auch hatten zahlreiche Stadtteile noch ihre historischen Dorfkerne behalten. Im Gegensatz zu Dresden wurde Leipzig im Zweiten Weltkrieg nicht von allzu massiven Angriffen heimgesucht, sodass weniger Altbausubstanz in der Innenstadt zerstört wurde und in dieser infolgedessen weniger DDR-Massenwohnungsbau (anders als in Dresden oder Magdeburg) betrieben wurde.

Eine weitere Besonderheit war die in der Sachsen-Metropole sehr ausgeprägte Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und Bürgerinitiativen in den Nachwendejahren. Durch gemeinsame Seminare, Anhörungen und Erfahrungsaustausche entwickelte sich in der noch jungen Demokratie schnell das Bewusstsein unter den Beteiligten, dass ein moderner und ökologischer Stadtumbau hin zu einer lebenswerten Metropole nur mit und nicht gegen die Einwohner bewerkstelligt werden konnte. Nach anfänglichen Erfolgen und der Realisierung einiger Projekte ging man allerdings schon bald aus Gründen der Effizienz zu einer Verwaltungsbürokratie nach westdeutschem Vorbild über. Durch die Schaffung der neuen Rahmenbedingungen wurde eine Fortführung eben dieser Projekte sichergestellt.

Zusammenfassend lässt sich zur Ausgangslage der größten Stadt der neuen Bundesländer in den Nachwendejahren also festhalten, dass sich Leipzig sowohl infrastrukturell, wirtschaftlich als auch in bezug auf sein Stadtbild in einem schlechten Zustand befand. Allerdings zeigten die oben erwähnten positiven Faktoren deutlich das Potenzial dieser Stadt auf. Eine Grundlage zur Stadtmodernisierung war vorhanden. Nun galt es, Umbaukonzepte zu entwerfen und umzusetzen. Im Folgenden wird nun auf das sogenannte Ostraum-Projekt eingegangen.

3. Das Modell-Projekt Leipzig-Ost

Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist der Städtebau der Siebziger und Achtziger Jahre aus ökologischer Sicht gescheitert, „die Städte sind zum Symbol und Produkt eines unbesonnenen Umgangs mit knappen und sensiblen Umweltgütern geworden“[3]. Der Umgang mit wertvollen Rohstoffen, die in wertlose Abfälle „umgewandelt“ werden, hat in Deutschland u.a. zu einer Vertausendfachung des CO2-Ausstoßes in den letzten 100 Jahren geführt. Der infolge der Landflucht nun auch noch zunehmende Boden- und Landschaftsverbrauch von den Toren der Großstädte trägt weiter zu einer Verschlechterung der Umweltverhältnisse bei, es musste deshalb bei den Stadtplanern zu einem Umdenken kommen. Das Ostraumprojekt in Leipzig sollte zu Beginn der Neunziger Jahre ein Beispiel-Projekt im Sinne der Lokalen Agenda 21 werden und bundesweit eine neue Ära des modernen Städtebaus einläuten. Im Folgenden soll das angesprochene Konzept vorgestellt werden.

Das Gebiet östlich des Stadtzentrums war im Vergleich zu anderen Stadtteilen und Vierteln in Leipzig nach der Wende überdurchschnittlich stark von Leerstand und eher schlechtem Zustand der Bauqualität betroffen. Es ist durch gründerzeitliche Bauten und innerstädtischen unsanierten Plattenbauten geprägt. Anfang der Neunziger Jahre lebten ungefähr 39.000 Einwohner im Ostteil, bedingt durch eine hier ansässige große Druckerei waren es eine außerordentlich hohe Zahl von Arbeitern, weshalb man vom „roten Osten“ sprach. Dieses Negativimage bestand auch in den Nachwendejahren trotz des Niedergangs der alten DDR-Industrie fort, was eine starke Abwanderung und eine ebenso starke Verschlechterung des Wohnumfeldes zur Folge hatte. Die durch Geburtenrückgang und Abwanderung in die alten Bundesländer entstandene Entspannung auf dem Wohnungsmarkt und sinkende Mietpreise ermöglichten einen schnelleren Wohnungswechsel hin zu besseren Wohngegenden innerhalb der Stadt. Eine allmähliche soziale Segregation griff daher um sich. Hier war also demnach ein Stadtumbauprojekt sehr akut, um eine Gettoisierung dieses Standortes zu vermeiden.

Demografische und sozialräumliche Merkmale im Vergleich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Christa Böhme/Thomas Franke, Deutsches Institut für Urbanistik

3.1 Projektidee und Besonderheit

3.1.1 Konzept

Zur Jahreswende 1991/92 entwickelte der Bürgerrechtler Dr. Christoph Richter gemeinsam mit Vertretern von Bürgerinitiativen das sogenannte Leipziger Ostraum-Projekt. Dieses sah vor, zwölf Einzelprojekte in diesem Gebiet zu einem zu koordinieren und „auf der Grundlage des Konzepts und der Erfahrungen mit ökologischem Stadtumbau einen modellhaften neuen Städtebau in Leipzig zu erproben“[4] Doch die Durchsetzung dieses Projekts erwies sich als äußerst schwer, da die Leipziger Stadtverwaltung infolge leerer Kassen und starker Überlastung nur schwer von einer Projektkonzeption dieses Ausmaßes zu überzeugen war. Für die Autoren war also klar, dass das Ostraum-Projekt nicht zu einer zusätzlichen Arbeitsbelastung der zuständigen Ämter führen dürfte, auch zusätzliche Haushaltsbelastungen mussten vermieden werden. Viel mehr sollte durch die Aussicht auf externe Förderung eine Finanzierung im Rahmen der bereits budgetierten Haushaltsmittel gesichert werden. Als besonders wichtig erwies sich dabei der Punkt der gezielten Erstförderungsnutzung, um eine langfristige Projektabsicherung herstellen zu können.

Im Sommer 1992 konnte man das Aufbauwerk Sachsen für die Finanzierung der Vorstudie gewinnen, auch die Kosten für die Einreichung des Förderantrages bei der Europäischen Kommission wurden vom Aufbauwerk finanziert. Im November 1993 erhielt die Stadt Leipzig schließlich die Bewilligung für das Ostraumprojekt vonseiten der Kommission, deren Förderinstrument LIFE mit einer Fördersumme von insgesamt 4,3 Mio. DM (2,2 Mio. €) den bis dahin höchsten Förderungsbetrag ausschüttete. Das Projekt hatte einen Gesamtumfang von 18 Mio. DM (9,2 Mio. €). In den Jahren 1994 und 1995 gelang es den Initiatoren, weitere 1,2 Mio. DM (615.000 €) Förderung zu erhalten. Das bis dahin größte Stadtumbauprojekt Europas hatte den Haushalt der Stadt Leipzig damit nur mit 12,5 Mio. DM (6,4 Mio. €) belastet. Somit war ein „Grundstock für eine Europäische Werkstatt zu einem neuen ökologischen Städtebau im Sinne der Lokalen Agenda 21 gelegt“[5].

Defizite wurden im Projekt lediglich durch die Tatsache verursacht, dass die Stadt – anders als im Bewilligungsantrag von LIFE gefordert – einen städtischen Betrieb mit der Projektträgerschaft beauftrage, anstatt eine unabhängige Gesellschaft zu gründen.

[...]


[1] Vgl. Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21 und ökologischer Stadtumbau, Berlin 19??, S. 16

[2] Vgl. Umweltbundesamt, Daten zur Umwelt 1992/93, S. 267

[3] vgl.Hahn, Ökologischer Stadtumbau, Berlin 1992, S.11

[4] vgl. Hahn/LaFond, a.a.O., S.18

[5] Hahn/LaFond, a.a.O., S.19

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Stadtumbau in Leipzig seit der Wende
Université
University of Potsdam
Cours
Stadtumbau Ost
Note
2,0
Auteur
Année
2003
Pages
19
N° de catalogue
V33370
ISBN (ebook)
9783638338622
ISBN (Livre)
9783656589969
Taille d'un fichier
510 KB
Langue
allemand
Annotations
Es werden verschiedene Stadtumbauentwicklungsprogramme seit der Wende in Leipzig vorgestellt und kritisch bewertet.
Mots clés
Stadtumbau, Leipzig, Wende, Stadtumbau
Citation du texte
Dominique Sévin (Auteur), 2003, Stadtumbau in Leipzig seit der Wende, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33370

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