Die Auswahlkriterien von Business Angels. Analyse der Sendung "Die Höhle der Löwen"


Thèse de Bachelor, 2015

108 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Entrepreneurship
2.2 Business Angels
2.3 Weitere Möglichkeiten der Gründungsfinanzierung

3. Auswahlkriterien von Business Angels in der Theorie
3.1 Akzeptanz der Kunden
3.2 Produktstatus
3.3 Schutzfähigkeit
3.4 Kundenbindung
3.5 Der Weg zum Markt
3.6 Marktpotenzial
3.7 Finanzierungsmodell
3.8 Erfahrung
3.9 Interessenkonvergenz
3.10 Persönlichkeit und Sympathie

4. Methodik

5. „Die Höhle der Löwen“
5.1 Das Prinzip der Sendung und Vorstellung der „Löwen“
5.2 Analyse der Auswahlkriterien der Löwen in „Die Höhle der Löwen“
5.2.1 Angewendete Auswahlkriterien
5.2.2 Auswahlkriterien bei erfolgreichen Pitches
5.2.3 Kriterien, wegen denen Investitionsangebote zurückgezogen werden
5.3 Sonstige Zahlen und Fakten zur Sendung „Die Höhle der Löwen“

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Executive Summary

Diese Arbeit analysiert wissenschaftlich belegte Auswahlkriterien von Business Angels am Beispiel der ersten sechs Folgen der zweiten Staffel der TV Sendung „Die Höhle der Löwen“. In der Sendung haben Gründer die Chance auf Investments durch Business Angels, nachdem sie ihre Geschäftsideen in einem Pitch vorgestellt haben. Es werden drei Fragestellungen untersucht:

- Welche Auswahlkriterien werden häufig durch die Business Angels angewendet und welche eher selten?
- Welche Auswahlkriterien sind in erfolgreichen Pitches wichtig für die Business Angels und welche eher unwichtig?
- Wieso ziehen die Business Angels ihr Investitionsangebot noch in der Sendung zurück?

Nachdem die Folgen der Sendung angeschaut worden sind, sind Checklisten zu den Auswahlkriterien ausgefüllt worden. Auf den Checklisten sind erfüllte Auswahlkriterien mit einem Haken und nicht erfüllte Kriterien mit einem Kreuz gekennzeichnet worden. Wenn die Business Angels nicht auf ein Kriterium eingehen, wird weder ein Haken, noch ein Kreuz gesetzt. Einige der insgesamt 34 Pitches sind transkribiert und in der Analyse genauer erläutert worden.

Die Auswertung der Analyse hat ergeben, dass die Auswahlkriterien Produktstatus, Marktpotenzial, Kundenbindung und Interessenkonvergenz häufig durch die Business Angels angewendet worden sind. Auf die Kriterien Akzeptanz der Kunden, Persönlichkeit u. Sympathie, Finanzierungsmodell, Erfahrung und Weg zum Markt sind die Business Angels mehrfach eingegangen. Das Kriterium Schutzfähigkeit ist selten angewendet worden.

Bei erfolgreichen Pitches sind die Kriterien Produktstatus, Kundenbindung und Marktpotenzial häufig erfüllt gewesen und deswegen wichtig für die Investmententscheidung. Mehrfach sind die Kriterien Akzeptanz der Kunden, Finanzierungsmodell, Erfahrung, Interessenkonvergenz und Persönlichkeit u. Sympathie und selten der Weg zum Markt und Schutzfähigkeit erfüllt gewesen.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: ROI

Abbildung 2: Interesse der Business Angels an einer Investition

Abbildung 3: Zustandekommen eines Deals bei vorliegenden Investitionsangeboten

Abbildung 4: Häufigkeiten der angewendeten Auswahlkriterien in allen Pitches

Abbildung 5: Häufigkeiten der erfüllten Auswahlkriterien in erfolgreichen Pitches

Abbildung 6: Angewendete und wichtige Auswahlkriterien

Abbildung 7: Investitionssummen

Abbildung 8: Geschäftsanteile der Business Angels bei Investitionen

Abbildung 9: Unternehmenswerte aus Sicht der Business Angels

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Anzahl und Gesamtbetrag der Investitionen der einzelnen Business Angels

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Obwohl die Gründungszahlen in Deutschland rückläufig sind und Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern eine geringe Rate an Unternehmensgründungen vorweisen kann, etabliert sich eine Business Angel Szene angeregt durch die deutsche Steuerpolitik (Egeln; Gottschalk, 29.10.2015: 2,6, Singer et al., 28.10.2015: 36). TV Sendungen über Entrepreneurship und Business Angel Investments sind weltweit im Trend (Deery 2015: 19). In Großbritannien sind bereits 13 Staffeln der Sendung „Dragons‘ Den“ im TV ausgestrahlt worden (BBC 03.12.2015) und im Herbst des Jahres 2015 ist die zweite Staffel des vergleichbaren Formats „Die Höhle der Löwen“ im deutschen TV zu sehen gewesen. In dieser Sendung stellen junge Unternehmen ihre Geschäftsideen vor und haben die Chance auf eine Investition durch einen von fünf Business Angels oder durch ein Business Angel-Investorenteam.

Nachfolgend werden die Auswahlkriterien der Business Angels am Beispiel der Sendung „Die Höhle der Löwen“ analysiert. Die konkreten Forschungsfragen beschäftigen sich damit, welche der bereits durch Wissenschaftler belegten Auswahlkriterien in dem TV Format angewendet werden, welche Kriterien in erfolgreichen Pitches der kapitalsuchenden Unternehmen erfüllt und deshalb wichtig sind und welche Kriterien nachträglich zu Ausschlusskriterien werden können, d.h. den Business Angel dazu führen, dass er ein bereits abgegebenes Investitionsangebot zurückzieht. Um den Fragen nachzugehen sind Checklisten zu den Auswahlkriterien aller Pitches der ersten sechs Folgen der zweiten Staffel „Die Höhle der Löwen“ angefertigt und die für die Analyse relevanten Pitches transkribiert worden.

Diese Arbeit zeigt in Kapitel zwei die theoretischen Grundlagen zu dem Thema Entrepreneurship, Business Angels und zu weiteren Möglichkeiten der Gründungsfinanzierung auf. Kapitel drei erläutert die Auswahlkriterien von Business Angels in der Theorie und Kapitel vier erklärt das angewendete methodische Vorgehen bei der Analyse. In Kapitel fünf wird auf die TV Sendung „Die Höhle der Löwen“ eingegangen, indem im ersten Teil das Prinzip des Formats erklärt und die fünf Business Angels vorgestellt werden. Der zweite Teil des fünften Kapitels stellt die Analyse der Auswahlkriterien von Business Angels am Beispiel der Sendung „Die Höhle der Löwen“ dar und der dritte Teil fasst sonstige Zahlen und Fakten zu der Sendung zusammen. Das sechste Kapitel ist das Fazit der Analyse und bündelt ihre Ergebnisse.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Entrepreneurship

Der Begriff Entrepreneurship stammt aus dem Französischen und lässt sich in der deutschen Sprache weder eindeutig übersetzen, noch definieren (Volkmann; Tokarski 2006: 2). Der Ökonom Joseph Schumpeter hat diesen Begriff bekannt gemacht (Fueglistaller et al. 2005: 5). Nach Schumpeter muss ein Entrepreneur mit „Veränderungen in den Geschmacksrichtungen“ rechnen, diese Gelegenheiten nutzen und neue Kombinationen durchsetzen können. Die Bezeichnung „Durchsetzung neuer Kombinationen“ umfasst nach Schumpeter fünf Punkte: Die Schaffung eines neuen Gutes oder eines bekannten Gutes mit neuer Qualität, die Anwendung einer neuen Produktionsmethode, das Zugänglichmachen eines neuen Absatzmarktes, das Erringen einer neuen Bezugsquelle von Rohstoffen bzw. Halbfabrikaten und die Einführung neuer Organisationsformen. „In der Regel muß die neue Kombination die Produktionsmittel, die sie braucht, irgendwelchen alten Kombinationen entziehen“ (Schumpeter 1934: 99-103). Dieses Zitat beschreibt den Ausdruck „Schöpferische Zerstörung“, welchen Schumpeter in einem späteren Werk verwendet (Schumpeter et al. 1972: 134).

Für Casson ist ein Entrepreneur außerdem ein „Koordinator knapper Ressourcen“ (Casson 2008: 20). Timmons beschreibt Entrepreneurship als eine von unternehmerischen Chancen begeisterte Art des Denkens, Begründens und Handelns, die als ganzheitlicher Ansatz verstanden werden soll (Timmons 1999: 27). Drucker macht deutlich, dass Entrepreneurship keine persönliche Eigenschaft, sondern ein Verhalten ist, welches auch Institutionen zugeschrieben werden kann (Drucker 1995: 23).

Aus diesen und weiteren Definitionen wird zusammengefasst, dass Entrepreneurship mit der Aufdeckung von unternehmerischen Chancen unter Anwendung knapper Ressourcen einhergeht und Innovationen sowohl produkt- als auch prozessorientiert sein können. Entrepreneure sind nach sorgfältiger Überlegung risikofreudig und handeln auf ein Ziel und Erträge bedacht (Volkmann; Tokarski 2006: 6).

Deutschland ist eine durch Innovationen bestimmte Ökonomie und hat das höchste wirtschaftliche Entwicklungslevel erreicht. Die Mehrheit der Entrepreneure gründet aus unternehmerischen Gelegenheiten heraus und weniger aus der Not. Im Jahr 2014 hatten 5,9% der Befragten im GEM Report, die nicht unternehmerisch tätigen 18 - 64-Jährigen Absichten, die als „entrepreneurial“ bezeichnet werden können. Dies ist der geringste Wert der EU-Länder, die im Report aufgeführt sind. 5,3% der Befragten sind im Gründungsprozess oder haben vor weniger als 42 Monaten ein Unternehmen gegründet. Der Durchschnitt der berücksichtigten EU-Länder liegt bei 7,8% (Singer et al., 28.10.2015).

Die Gründer-Szene in Deutschland ist vor allem in Ballungsräumen um wichtige Großstädte und an Hochschulen vorzufinden. Berlin ist für seine Kreativität bekannt und wird als deutsches Start-up-Zentrum bezeichnet. Politiker und Gründer verständigen sich in Berlin vermehrt und bemühen sich um eine gute Zusammenarbeit. Der Bereich Dienstleistung, insbesondere Web- und App-Entwicklung, ist in der Start-up-Szene der deutschen Hauptstadt stark vertreten. Die Region München ist geschätzt für High-Tech-Gründungen, die häufig in Verbindung mit Spitzentechnologie und IT-Anwendungen gebracht werden. Da diese Gründungen hohe technische Aufwendungen benötigen, sind ihre Kosten beträchtlich. Hochschulen und Kapitalgeber unterstützen die Entrepreneure in dieser Region besonders. Im „Rhein-Main-Gebiet“ liegen einige für die Start-up-Szene bedeutende Städte nahe beisammen. Hierzu können z.B. Köln, Frankfurt und Düsseldorf gezählt werden. Ähnlich wie in Berlin spezialisieren sich die jungen Unternehmen in der westdeutschen Region auf internetnahe Dienstleistungen, wobei sich ein Trend für medienrelevante Ideen erkennen lässt. Köln ist die „Medienstadt“ Deutschlands und Gründer haben die Chance, ihr Unternehmen an einen Kölner Medienkonzern zu verkaufen. Die Gründerszene in der Region Hamburg ist weniger bedeutsam, weil es Hamburg an einem speziellen Charakter, wie „Kreativstadt“ oder „Medienstadt“, fehlt. Dennoch haben einige große Internet-Unternehmen in Hamburg begonnen. Vor allem die Games-Branche ist in der Hamburger Start-up-Szene vertreten (Hahn 2014: 8-10).

2.2 Business Angels

Ein Business Angel ist eine Privatperson, die durch unternehmerische Erfahrung ein Vermögen aufbauen sowie Kontakte und Know-how sammeln konnte. Das metaphorische Bild des Engels mit zwei Flügeln verdeutlicht „den Kapital- und den Know-how-Flügel“, mit denen Business Angels junge Unternehmen unterstützen (Kirchhoff 2005: 54). Im Tausch gegen Geschäftsanteile stellen Business Angels den jungen Unternehmen bzw. Entrepreneuren nicht nur direkt Kapital aus ihrem Privatvermögen zur Verfügung, sondern generieren durch ihre berufliche Erfahrung einen zusätzlichen Nutzen indem sie aktive Mitarbeit im Unternehmen leisten und Beraterrollen einnehmen (Brettel 2005: 233f). Business Angels investieren hauptsächlich in der Seed- und Start-up-phase eines Unternehmens und nehmen somit ein hohes Risiko auf sich, während Venture Capital Gesellschaften erst in der Start-up-phase oder zu einem späteren Zeitpunkt Interesse an einer Investition in ein junges Unternehmen zeigen (Elitzur; Gavious 2003: 710; Kirchhoff 2005: 54).

In der Regel sind Business Angels männlich, ca. 50 Jahre alt (Volkmann; Tokarski 2006: 320), nicht mit den Gründern verwandt (Mason; Harrison 1995: 158) und wirken nebenberuflich als Business Angel (Elitzur; Gavious 2003: 709f). Für ihre Investitionen suchen sie sich Unternehmen in geographischer Nähe aus (Landström 1998: 327).

Möglich ist auch, dass sich mehrere Business Angels zusammenschließen und ein Investorenteam bilden. Auch wenn sich nicht alle aktiv am jungen Unternehmen beteiligen, bleibt der Begriff Business Angel für die Investoren bestehen solange ein passiver Investor aus dem Team ein anderes Unternehmen aktiv unterstützt (Brettel 2005: 235).

Motivation für eine Investition ist für Business Angels vor allem das Erlangen von Kapitalzuwächsen durch eine Wertsteigerung des Unternehmens und somit der Geschäftsanteile, die sie halten. Zudem fallen intrinsische Motive, wie Spaß an der Investition, ins Gewicht (Brettel 2005: 243f). Business Angels finden häufig persönliche Erfüllung darin in „entrepreneurial businesses“ involviert zu sein (Mason; Harrison 2002: 275).

Als „Business Devils“ werden Investoren bezeichnet, die vorgeben ein Business Angel zu sein, jedoch ihre Versprechen z.B. bezüglich der Betreuung der Start-ups nicht einhalten. Um sicherzustellen, dass es sich bei einem Kapitalgeber nicht um einen Business Devil, sondern um einen „zweiflügeligen“ Business Angel handelt, können sich kapitalsuchende Unternehmen Referenzen über die Zusammenarbeit bei den Portfoliounternehmen des Investors einholen (Hahn 2014: 54f).

Angespornt durch steuerpolitische Regelungen hat sich in Deutschland eine Business Angel Szene etabliert. Bei jungen Unternehmen der Gründungsjahre 2009-2012 hat es gerundet ca. 18.000 Business Angel Investitionen deutschlandweit gegeben. In der Hightech-Branche sind 4,1% der Start-ups von Business Angels unterstützt worden. Hier sticht die Sparte Software mit einer Unterstützung von 7,4% deutlich hervor. In der Nicht-Hightech-Branche haben 3,1% der jungen Unternehmen eine Investition durch Business Angels verzeichnen können. Die Investitionsspanne von Business Angels in Deutschland ist weit und „rechtsschief“, d.h. es gibt viele kleine und wenige große Investitionen. Die Mittelwerte der Investitionen reichen von 294.000 Euro im Spitzentechnik-Segment des verarbeitenden Gewerbes und in der industriellen Hochtechnologie-Branche bis hin zu 40.000 Euro bei den unternehmensbezogenen Dienstleistungsbranchen (Egeln; Gottschalk, 29.10.2015).

2.3 Weitere Möglichkeiten der Gründungsfinanzierung

Die Finanzierung durch Business Angels ist für junge Unternehmen neben dem klassischen Bankkredit eine Möglichkeit der Kapitalgewinnung. Weitere Möglichkeiten der Gründungsfinanzierung sind Beteiligungen von Venture Capital Gesellschaften oder das Crowdfunding.

Venture Capital Gesellschaften sind Kapitalbeteiligungsgesellschaften und verwalten sogenannte Venture Capital Fonds, in denen Kapital von institutionellen Investoren, wie Banken oder Versicherungen, gebündelt wird (Klandt 2006: 148, Kollmann; Kuckertz 2003: 23). Mit diesen Fonds beteiligen sich die Gesellschaften meist in der Start-up oder Expansionsphase an jungen Unternehmen und erhalten dafür Geschäftsanteile am Unternehmen. Die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und Venture Capital Gesellschaften ist zeitlich befristet und es finden in der Regel mehrere Finanzierungsrunden statt (Frommann 2005: 426, Jantz 2003: 121). Je nachdem wie weit das Unternehmen entwickelt ist, beraten und unterstützen die Capital Venture Gesellschaften das Unternehmen mehr oder weniger intensiv (Kollmann; Kuckertz 2003: 23; Frommann 2005: 425). Die Investitionsbeträge sind hier höher als bei Investitionen von Business Angels, sie liegen zwischen einer und zehn Millionen Euro (Jantz 2003: 121). Das Ziel einer Investition durch Venture Capital Gesellschaften ist es ausschließlich, hohe Renditen zu erhalten. Persönliche Interessen der Investoren spielen keine Rolle (Jantz 2003:124). Im besten Fall werden die Geschäftsanteile der Venture Capital Gesellschaft entweder durch einen Börsengang des Unternehmens, in das sie investiert haben, oder an große etablierte Unternehmen veräußert (Kollmann, Kuckertz: 23).

Crowdfunding wird auch „Schwarmfinanzierung“ genannt, weil mehrere Menschen, die sich über das Internet zusammenfinden, Geld sammeln und Kapital bereitstellen um andere Menschen bzw. Start-ups zu unterstützen. Die Gründer stellen ihre Ideen auf Crowdfunding Plattformen im Internet vor um an finanzielle Mittel zu gelangen. Die Crowd, das ist die Menschenmenge, die die Vorhaben der Gründer unterstützen möchte, informiert sich über diese Internetplattformen über die Geschäftsideen und stellt Kapitel bereit. Es gibt vier Arten des Crowdfundings. Mit dem Equity-based Crowdfunding strebt die Crowd eine finanzielle Rendite an. Die Menschen in der Crowd haben teil an Wertsteigerungen und Gewinnen des Unternehmens, das sie unterstützen, erhalten jedoch keine Geschäftsanteile am Unternehmen. Beim Lending-based Crowdfunding wird das zur Verfügung gestellte Kapital verzinst an die Crowd zurückgezahlt. Die Crowd hat beim Reward-based Crowdfunding nicht das Ziel die finanziellen Mittel zurückzuerhalten, sondern gibt sich mit materiellen Gegenständen als Gegenleistung für zur Verfügung gestelltes Kapital zufrieden. Dies kann z.B. ein Buch sein, welches durch das Crowdfunding finanziert worden ist. Investiert die Crowd spendenbasiert ohne Gegenleistung zu erwarten, spricht man vom Donation-based Crowdfunding (Schramm; Carstens 2014: 5-7). Durch das Crowdfunding kann sich die breite Masse der Öffentlichkeit für innovative Ideen einsetzten. Die meisten Crowdfunding-Projekte gibt es in den kreativen Branchen, die sich mit Film, Musik oder Publishing beschäftigen, gefolgt von der Food-Branche. In der Food-Branche wird insbesondere die aus ökologischer, sozialer und gesundheitlicher Sicht nachhaltige Produktion von Lebensmitteln durch Crowdfunding unterstützt (Sixt 2014: 65,77,89f).

3. Auswahlkriterien von Business Angels in der Theorie

Durch Maxwell et al. wurden acht wichtige Auswahlfaktoren von Business Angels herausgearbeitet, auf die im Folgenden genauer eingegangen wird (Maxwell et al. 2009: 217). Zudem werden die zwei weichen Auswahlkriterien Interessenkonvergenz und Persönlichkeit u. Sympathie berücksichtigt. Weiche Auswahlfaktoren sind z.B. Stimmungen und Verhaltensweisen und können nur schwer als Kennzahl dargestellt werden (Lies 04.12.2015).

3.1 Akzeptanz der Kunden

Wenn ein Business Angel eine Investmententscheidung treffen muss, beschäftigt er sich mit der Frage, ob die Kunden im Zielmarkt das Produkt des jungen Unternehmens leicht akzeptieren werden. Hierbei ist es wichtig, dass das Produkt das Interesse der Kunden weckt, Vorteile für den Käufer bietet und einen hohen Innovationsgrad aufweist (Maxwell et al. 2009: 217,220). Die Einzigartigkeit des Produktes ist für die Investoren von Bedeutung (Landström 1998: 325). Fehlt diese Einzigartigkeit dem Produkt, ist dies ein Grund für eine Ablehnung durch den Business Angel (Mason; Harrison 1996: 44). Kunden werden kein Produkt akzeptieren dessen Technologie veraltet und von einer neuen Technologie abgelöst worden ist, daher ist eine veraltete Technologie ein Ausschlusskriterium für Business Angels (Mason; Harrison 1996: 44). Neue Produkte sind vorteilhaft für Kunden – und somit für Investoren, wenn sie außerdem qualitativ hochwertig sind, die Kosten für die Kunden senken, besser erscheinen als Produkte der Wettbewerber und Probleme der Kunden lösen können (Cooper; Kleinschmidt 1987: 180). Berücksichtigen Start-ups die aktuellen Megatrends, werden die trendbewussten Kunden deren Produkt oder Dienstleistung eher annehmen. Megatrends sind z.B. die Individualisierung der Produkte, „Female Shift“ oder „Neo-Ökologie“. „Female Shift“ beschreibt einen Wandel, in dem die mit der Bezeichnung „weiblich“ assoziierten Werte wie Gestaltung, Kreativität und Selbstverwirklichung bedeutungsvoll sind. Unter dem Megatrend „Neo-Ökologie“ versteht man eine Veränderung, die zu einem nachhaltigeren, gesünderen und die Umwelt verbessernden Leben führen soll. Man kann Fair Trade Produkte, Hybrid-Autos und Passivhäuser zu neo-ökologischen Erfolgsprodukten zählen (Gatterer 2012: 27-29). Um die Produkte für Kunden akzeptabel zu machen muss das Start-up zuvor die Wünsche und Vorlieben der potentiellen Käufer herausgearbeitet haben (Cooper; Kleinschmidt 1987: 182).

3.2 Produktstatus

Ein weiterer wichtiger Punkt, mit dem sich ein Business Angel beschäftigen muss, ist der Produktstatus. Es stellt sich die Frage, ob das Produkt schon bereit für den Markt ist oder ob noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit in das Produkt investiert werden muss. Risiken bezüglich der Technologie und der Entwicklung des Produktes müssen durch den Business Angel abgewägt werden (Maxwell et al. 2009: 217,220). Sind die Vorentwicklungen durch das junge, innovative Unternehmen fertiggestellt um die Qualität des Produktes unter Beweis zu stellen, d.h. es sind erste technische Gutachten erstellt, Prototypen getestet und die Pilotproduktion gestartet worden, so interessiert sich ein Business Angel eher für das Start-up und dessen Produkt. Nicht nur das Produkt muss ausgereift für den Markt sein, sondern auch die technischen Fähigkeiten, Ressourcen und Produktionsmethoden des Unternehmens müssen erste Produktionen zulassen (Cooper; Kleinschmidt 1987: 176-180). Neben der Qualität des Produktes spielen die Faktoren Leistung, Aussehen, Design, Ästhetik, Ergonomie, Funktionstüchtigkeit und Flexibilität des Produktes ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidung eines Investors (Mason; Stark 2004: 238).

3.3 Schutzfähigkeit

Um langfristigen Erfolg mit einem neuen Produkt zu erzielen, ist es sinnvoll dieses zu schützen und potentielle Wettbewerber an Imitationen zu hindern bzw. es ihnen zu erschweren (Maxwell et al. 2009: 217). Dazu eignet sich beispielsweise der Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken-, Design- oder Lizenzschutz.

Durch ein Patent kann ein junges Unternehmen ein Schutz- und Monopolrecht für 20 Jahre erlangen, welches anderen Herstellern verbietet das erfundene Produkt zu vertreiben und zu nutzen. Somit wird ein Wettbewerbsvorteil erreicht, der kleine bzw. junge Unternehmen vor großen, etablierten Unternehmen schützen kann. Bei Verstößen gegen das Patentrecht kann Schadensersatz verlangt werden und Patente steigern das Ansehen eines Unternehmens (Beck 2003: 263).

Ein Kennzeichenrecht kann für zehn Jahre mit der Anmeldung und Eintragung einer Marke gesichert werden. Es gibt verschiedene schutzfähige Markenformen wie die Wortmarke, die 3D-Marke oder die Farbmarke (Beck 2003: 284).

Das Lizenzrecht ist ein Benutzungsrecht einer patentierten Erfindung. Es gibt vier Arten von Lizenzen: Die allgemeine Benutzungslizenz, die Herstellungslizenz, die Vertriebslizenz und die Gebrauchslizenz. Das Lizenzrecht kann nach der Art der Benutzung, nach der Kennzeichnung der Erzeugnisse, zeitlich und örtlich beschränkt werden. Beim exklusiven Lizenzrecht nimmt der Exklusivlizenzinhaber monopolcharakterhaft die Position des Schutzrechtinhabers ein, der Schutzrechtinhaber hat dann kein Benutzungsrecht mehr an der geschützten Erfindung. Der Exklusivlizenzinhaber ist verpflichtet, „die Erfindung nach besten Kräften und bestem Können auszuwerten“. Bei einer Alleinlizenz behält der Schutzrechtinhaber sein Benutzungsrecht und vergibt eine einzige Lizenz. Eine einfache Lizenz erlaubt die Mitbenutzung eines Patentes. Der Lizenzgeber, der meistens der Erfinder ist, wird mit einer Pauschale vergütet und z.B. am Umsatz des Lizenznehmers beteiligt. Lizenzsätze müssen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer ausgehandelt werden (Weisse 2014: 176-184).

In einer Studie von Haar et al. geben 13,8 % der befragten Business Angels der amerikanischen Ostküste an, dass das wichtigste Auswahlkriterium für eine Investition die Schutzfähigkeit des Produktes ist. 15,8 % behaupten, dass es ein Ausschlusskriterium für eine Investition ist, wenn das Produkt unzureichend schutzfähig ist (Haar et al. 1988: 17,21f). In einer kalifornischen Untersuchung liegt das Kriterium „product´s overall competitive protection“ im Mittelfeld auf Rang 10 von 25. Zudem wird auf van Osnabrugges Rangfolge der Auswahlkriterien von Business Angels aus dem Jahr 1998 verwiesen, in der der Punkt Schutzfähigkeit nur auf Rang 21 von 27 gelegen hat (Sudek 2006: 98). In Bezug auf die Schutzfähigkeit kommt es zu verschiedenen Ergebnissen bei den Forschern und zu Meinungsverschiedenheiten bei Business Angels.

3.4 Kundenbindung

Konnte das Start-up erste Kunden gewinnen und hat das Produkt einen Nutzen für die Kunden, ist das Auswahlkriterium Kundenbindung für einen Investor erfüllt (Maxwell et al. 2009: 220).

Für junge Unternehmen ist es aufgrund der Liability of Newness eine Herausforderung einen Kundenstamm aufzubauen, denn eine Determinante der Kundenbindung ist das Vertrauen, welches sich ein Start-up zuerst schaffen muss (Brinkmann 2008: 27,50). Mit langfristigen Kundenbeziehungen erhofft sich das heranwachsende Unternehmen einen steigenden finanziellen Erfolg und höhere Überlebenschancen. Desweiteren haben positive Empfehlungen und positives Feedback einen hohen Wert für junge Unternehmen (Brinkmann 2008: 309). Da der finanzielle Erfolg eines Start-ups mit dem des Business Angels einhergeht, lässt sich schließen, dass der Business Angel Interesse an einem jungen Unternehmen hat, wenn es erste Kunden vorweisen kann.

Ein Nutzen für den Käufer entsteht, wenn das Produkt seinen Bedarf deckt. Der Kunde kann z.B. Bedarf an Bequemlichkeit, Genauigkeit, Schnelligkeit oder Sicherheit haben (Bänsch 1993: 231).

3.5 Der Weg zum Markt

Ein Business Angel muss sich die Frage stellen, ob das kapitalsuchende Unternehmen einen Weg zum Markt hat. Mit einem realistischen Marketingplan und vorhandenen Vertriebspartnern gelingt der Markteintritt (Maxwell et al. 2009: 217,220).

Landström zählt die Leichtigkeit des Markteintritts zu den wichtigen Auswahlkriterien eines Investors (Landström 1998: 326). In einer Studie von Cooper und Kleinschmidt wurde herausgearbeitet, dass Marketing ein positiver Erfolgsfaktor für Produktinnovationen ist. Von Bedeutung ist, dass das Vertriebssystem bzw. die Vertriebspartner des jungen Unternehmens, dessen Ressourcen und Kompetenzen bezüglich Werbung, Verkaufsförderung, Marktforschung und Kundenservice zu dem Projekt passen. Marketingsynergien korrelieren laut der Studie positiv mit Verkaufs-, Gewinn- und Rentabilitätszielen des Start-ups und negativ mit der Anzahl der Jahre, in denen anfängliche Kredite zurückgezahlt werden müssen (Cooper; Kleinschmidt 1987). Ein guter und realistischer Marketingplan überzeugt den Business Angel in diesem Punkt.

Analog sind fehlerhafte oder unvollständige Marketingstrategien und Barrieren in den Vertriebswegen Ausschlusskriterien (Mason; Harrison 1996: 44).

3.6 Marktpotenzial

Ein weiteres Auswahlkriterium für einen Investor ist das Marktpotenzial. Marktgröße und -wachstum, sowie Wettbewerbsfähigkeit spielen hier eine Rolle. Der Business Angel fragt sich, ob es einen großen Markt für das Produkt gibt und ob das Start-up wettbewerbsfähig ist (Maxwell et al. 2009: 217,220).

In der Studie von Haar et al. geben 18,3% der Business Angels an, dass das wichtigste Auswahlkriterium ein großes Marktpotenzial des Produktes ist und 67,5% behaupten, dass ein unzureichendes Marktpotenzial ein Ausschlusskriterium darstellt (Haar et al. 1988: 21f). Das Marktpotenzial lässt sich u.a. ermitteln, indem man auf Werte aus Kundenumfragen zurückgereift. Ausgehend von der Anzahl der potentiellen Käufer im Zielmarkt, z.B. die der Haushalte in Deutschland, werden die Kaufabsicht, der Bekanntheitsgrad und der Distributionsgrad verrechnet. Da nicht jeder Mensch definitiv so handelt, wie er zuvor angegeben hat, werden die Antwortkategorien „werde ich definitiv kaufen“ und „werde ich wahrscheinlich kaufen“ aus der Umfrage mit Abschlagswerten ausgeglichen um eine realistische kumulierte Kaufabsicht zu erhalten. Der Bekanntheitsgrad lässt sich durch geplante Werbemaßnahmen berechnen bzw. schätzen und der Distributionsgrad beschreibt die Verfügbarkeit des Produktes für den Käufer. Mit dieser Ermittlungsmethode erhält man die Anzahl der Haushalte oder Personen, die das Produkt ausprobieren würden (Mullins 2010: 281-284).

Die Intensität des Wettbewerbs im Zielmarkt, das Ausmaß des Preiswettbewerbs, die Wettbewerbsfähigkeit der Preise der Konkurrenz, die Stärke und Qualität derer Produkte, Vertriebssysteme und Kundenservices sind Determinanten der Wettbewerbsfähigkeit und fließen in die Entscheidung eines Business Angels ein (Cooper; Kleinschmidt 1987: 176). Bei einer Wettbewerbsanalyse muss man sich in die Lage der Kunden versetzen, denn deren Wahrnehmungen bezüglich der Konkurrenz sind entscheidend. Es wird analysiert welchen zusätzlichen Kundennutzen das Produkt gegenüber dem der Konkurrenz hat. Substitutionsprodukte aus Sicht der Käufer und zukünftige Wettbewerber dürfen bei einer Wettbewerbsanalyse nicht außer Acht gelassen werden (Klandt 2006: 200).

3.7 Finanzierungsmodell

Ein Business Angel beschäftigt sich mit der einfachen Frage, ob das Start-up mit dem Produkt Geld verdienen kann. Ein positiver Cash Flow, Profitabilität und eine realistische Vorhersage des Finanzierungsmodells können den Investor überzeugen (Maxwell et al. 2009: 217,220).

Investitionsgelegenheiten, bei denen der erwartete finanzielle Gewinn und somit die Kapitalrückflüsse hoch sind und das finanzielle Risiko so gering wie möglich ist, werden von Investoren gesucht. Diese Eigenschaften spiegeln sich in hohen Margen, glaubwürdigen Vorhersagen und guten Finanzplänen bezüglich Kosten und Preisen wieder. Zudem muss es eine gute, unkomplizierte Möglichkeit zum Exit für den Business Angel geben (Feeney et al. 1999: 136,140; Mason; Stark 2004: 238). Die Investoren werden skeptisch und lehnen die Investition häufig ab, wenn das Start-up finanzielle Mittel sucht um Schulden zu begleichen, ein unzureichender Prozentsatz an Geschäftsanteilen angeboten wird oder die Unternehmensbewertung zu hoch angesetzt worden ist (Mason; Harrison 1996: 44). In der Rangfolge der Investmentkriterien nach Sudek liegt das Kriterium „potentielle Exitmöglichkeit“ auf Rang vier, gefolgt von dem Punkt „potentielle Einkommensquelle“. Außerdem sind der Return on Investment, kurz ROI, und die Gewinnmarge wichtige Kriterien für Business Angels (Sudek 2006: 98). Der ROI wird wie folgt berechnet:

Abbildung 1: ROI

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Weber 1998: 200

Der Großteil der Business Angels erwartet einen ROI zwischen 20 und 30 Prozent (Feeney et al. 1999: 133).

3.8 Erfahrung

Das Auswahlkriterium Erfahrung bezieht sich auf die Erfahrungen des Gründers bzw. des Gründerteams. Business Angels legen Wert auf Branchenerfahrung, Managementfähigkeit sowie Teamerfahrung und –fähigkeit (Maxwell et al. 2009: 217).

Die Entrepreneure müssen sowohl ihre individuellen Fähigkeiten, als auch ihre nicht vorhandenen oder unzureichenden Kompetenzen kennen und sich bewusst sein, welche Fähigkeiten in ihrem Team fehlen oder ungenügend sind. Ein Team, das Leidenschaft und Engagement zeigt und in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet hat, weckt das Interesse eines Investors. Im besten Fall hat das Gründerteam schon ein Produkt vermarktet und ein Unternehmen erfolgreich auf dem Markt etabliert, welches von einer großen Firma aufgekauft worden ist. Business Angels mögen Teams, die gemeinsam harte Zeiten überwunden und ihre Ziele dennoch nicht aus den Augen verloren haben. Mit der harten Zeit ist z.B. das klischeehafte Arbeiten in einer kleinen Garage gemeint um Kosten zu sparen (Sudek 2006: 95f). Führungspotenzial ist eines der wichtigsten Auswahlfaktoren für Business Angels. Auch „Verkäuferqualitäten“, Fähigkeiten im organisatorischen und administrativen Bereich, sowie in der Finanzbuchhaltung und Branchenerfahrung sind von Bedeutung (Landström 1998: 326). Diese Fähigkeiten erreichen die Gründer nur durch Erfahrungen, die sie im Laufe ihres Lebens gesammelt haben. Haar et al. machen auch klar, dass die Entrepreneure in der Vergangenheit ihre Managementfähigkeiten unter Beweis gestellt haben sollten. 64,6% der befragten Business Angels geben in ihrer Studie als wichtigstes Auswahlkriterium an, dass der Gründer deutlich seine Fähigkeit zur Unternehmensführung zeigt. Es wird erklärt, dass der „track record“ ein weiteres wichtiges Kriterium bezogen auf die Erfahrung des Gründers oder der Gründer ist (Haar et al. 1988: 21). Ein track record ist eine Referenzliste, die den Business Angel über die zuvor gegründeten Unternehmen durch den oder die kapitalsuchenden Gründer informiert. Außerdem kann der track record angeben, wie erfolgreich diese Unternehmen waren (Gründerszene 25.11.2015).

In einer Untersuchung von Mason und Harrison gelten fehlende Geschäftserfahrung und Lücken im Managementteam häufig als Ausschlusskriterium für Investoren (Mason; Harrison 1996: 44). Später behaupten Mason und Stark, dass nicht jede Lücke direkt zum Ausschlusskriterium wird. Da Business Angels eine schützende Hand über die Start-ups halten und diesen beratend zur Seite stehen, können sie mit ihren Erfahrungen und Know-how die Lücke in den Fähigkeiten der Gründer schließen (Mason; Stark 2004: 232).

3.9 Interessenkonvergenz

In der Literatur über Business Angels und ihre Entscheidungskriterien wird betont, dass nicht nur die harten Faktoren zum Produkt, zum Markt und zum Finanzierungsmodell ausschlaggebend sind, sondern auch weiche Faktoren, u.a. die Interessenkonvergenz zwischen dem Business Angel und dem Gründer oder dem Gründerteam.

Die meisten Business Angels sind Spezialisten in einem Fachbereich und können wegen ihres spezifischen Hintergrundes besonders Start-ups unterstützen, die sich im gleichen Bereich bewegen (Brettel 2005: 234). Frühere Investmenterfahrungen und individuelle Präferenzen des Investors spielen eine Rolle bei der Auswahl eines geeigneten Start-ups (Landström 1988: 322). Das Zustandekommen einer Investition hängt folglich nicht nur von den persönlichen Merkmalen der Gründer, sondern auch von denen der Business Angels ab.

Die „Chemie“ zwischen Investor und Start-up muss stimmen und ein Investor verringert sein finanzielles Risiko, wenn er in ein für ihn bekanntes Geschäftsmodell investiert. Ein Business Angel aus der Untersuchung von Mason und Stark gibt an, dass das Risiko auch gesenkt wird, wenn er ein besonderes Interesse an dem Produkt hat. Investoren wollen in Unternehmen investieren, die für sie aufregend und nicht langweilig sind sowie Emotionen in ihnen wecken (Mason; Stark 2004: 232,240). Demzufolge fließen neben der speziellen beruflichen Erfahrung auch Interessen aus der Freizeit oder aus Hobbys in die Entscheidung ein. Interessenkonvergenz sichert den Gründern und Investoren nützlichen Erfahrungsaustausch und gewährt konstruktive Kritik (Wichardt-Laub 1994: 99).

3.10 Persönlichkeit und Sympathie

Dieses weiche Auswahlkriterium bezieht sich nicht die Qualitäten einer Person, die sie durch ihren beruflichen Werdegang erlangt hat, sondern auf Werte in der Persönlichkeit, die nichts mit dem Geschäftsmodell zu tun haben.

Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Integrität, Vision und Belehrbarkeit sind wichtige Werte. Ein Gründer muss belehrbar sein, gerne die Hilfe und Ratschläge anderer annehmen und offen für Veränderungen sein. Als Entrepreneur sollte man Engagement und Enthusiasmus besitzen, für seine Geschäftsidee leben und seine ganze Kraft dafür verwenden. Realismus ist ein zusätzliches Kriterium, denn wenn einem Investor „das Blaue vom Himmel“ versprochen wird und dahinter nur „heiße Luft“ steckt, wird bei dem Investor Skepsis hervorgerufen. Unrealistische Vorstellungen und Utopie sind Ausschlusskriterien für Business Angels (Feeney et al. 1999, Sudek 2006: 98), genau wie Beratungsresistenz, Uneinsichtigkeit und Zweifel am Engagement der Gründer (Mason; Harrison 1996: 44).

Sympathie gegenüber den Gründern ist eine emotionale Bewertung durch den Business Angel. Hier fallen Werte wie Begeisterung, Hochschätzung, Mitgefühl, Neugier, Überzeugung und Zuneigung ins Gewicht. Da der Mensch Reize zu 80% auf Gefühlsebene und zu 20% auf sachlicher Ebene wahrnimmt, erinnert er sich stärker und länger an die Gefühlselemente, weil sie „unter die Haut gehen“ (Wichardt-Laub 1994: 12f). Daher dürfen weiche und emotionale Auswahlkriterien bei der Entscheidung eines Business Angels nicht vernachlässigt werden.

4. Methodik

Seit Beginn der 1970er Jahre analysieren Universitäten in Deutschland Fernsehsendungen um Erkenntnisse daraus zu gewinnen (Hickethier 2007: 2,27).

Da vermutet wird, dass sich die Protagonisten in TV Sendungen anders verhalten als im realen Leben, sind Wissenschaftler dieser Vermutung nachgegangen und haben herausgefunden, dass die Aussagen der Protagonisten in TV Sendungen als zuverlässig gelten, wenn sich die Menschen in der Sendung in Situationen befinden, die Konsequenzen für ihr reales Leben haben (Maxwell et al. 2009: 218f). Dies ist in der Sendung „Die Höhle der Löwen“ der Fall, da Gründer die reelle Chance auf ein Investment durch einen Business Angel bekommen.

Für diese Untersuchung wurden die ersten sechs Folgen der zweiten Staffel der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“, die editiert und auf die Sendedauer zugeschnitten worden sind, genutzt.

Zuerst wurde das Erkenntnisinteresse konkretisiert. Es interessiert, ob die Business Angels in der Sendung die Auswahlkriterien anwenden, die bereits theoretisch belegt worden sind und welche dieser Auswahlkriterien besonders wichtig sind. Um Daten zu sammeln folgte die Anschauung des Materials. Da es heutzutage möglich ist, Kopien der TV Sendung online auf dem PC anzusehen, ist man nicht mehr an Ausstrahlungszeiten des Formats im TV und an Videorekorder gebunden um Kopien zu erstellen. Die RTL interactive GmbH bietet den Dienst VOX NOW an um die Folgen der Sendung „Die Höhle der Löwen“ online zu betrachten. Bei der Anschauung der einzelnen Folgen über VOX NOW wurden Checklisten ausgefüllt. Eine Checkliste führt die Start-ups mit Firmennamen auf, die sich bei den Investoren vorgestellt haben um Kapital zu erhalten, deren Kapitalbedarf, wie viel Prozent ihrer Geschäftsanteile sie im Gegenzug anbieten und sie stellt dar, ob die zehn Auswahlfaktoren, die in Abschnitt drei erläutert worden sind, für die jeweiligen Start-ups zutreffen. Falls ein Auswahlkriterium zutrifft, wurde in der Checkliste ein Haken gesetzt, falls nicht ein Kreuz und falls die Investoren im Gespräch mit den Gründern nicht auf das Kriterium eingegangen sind, bleibt das Feld leer, es wird also weder ein Haken, noch ein Kreuz gesetzt. Bei den Kriterien Interessenkonvergenz und Persönlichkeit u. Sympathie wurde die Liste in die fünf Business Angels unterteilt, da jeder Business Angel andere Interessen und emotionale Bewertungen bezüglich der Gründer hat. Daher kann es sein, dass Interessenkonvergenz oder Persönlichkeit u. Sympathie bei dem einen Investor aufgrund seiner persönlichen Interessen und emotionalen Werte zutrifft und bei dem anderen Investor nicht. Die Checkliste zeigt abschließend, welcher Business Angel wie viel Euro investiert hat und wie viele Geschäftsanteile er dafür erhält. Falls Nebenbedingungen vereinbart worden sind, eine Investition durch die Gründer abgelehnt oder durch die Investoren zurückgezogen worden ist, wird dies auch in der Liste kenntlich gemacht. Die Checklisten für die sechs Folgen der TV Sendung sind im Anhang einsehbar. Nach der Anschauung des Materials, was teilweise wiederholt worden ist um Erkenntnisse zu überprüfen und der Erstellung der Checkliste sind konkrete Fragestellungen entwickelt worden:

- Welche Auswahlkriterien werden häufig durch die Business Angels angewendet und welche eher selten?
- Welche Auswahlkriterien sind in erfolgreichen Pitches wichtig für die Business Angels und welche eher unwichtig?
- Wieso ziehen die Business Angels ihr Investitionsangebot noch in der Sendung zurück?

Anschließend ist das Material eingegrenzt worden, d.h. es wurde bestimmt, auf welche Präsentationen der Geschäftsideen durch die Jungunternehmer (Pitches) aus der TV Sendung in der Analyse genauer eingegangen wird. Die Auswahl ist auf Pitches von Start-ups gefallen, die eine Investition erhalten haben, ein Investitionsangebot abgelehnt haben oder auf Pitches von Start-ups, denen das Angebot zur Investition noch in der TV Sendung durch den Business Angel zurückgezogen worden ist (Mikos 2003: 74-81).

Mit Hilfe des Dienstes von VOX NOW sind die relevanten Pitches aus dem Format „Die Höhle der Löwen“ vollständig oder teilweise transkribiert worden. Die sich im Anhang befindende Transkription ist eine „Versprachlichung“ der Sendung, durch die ein tieferes Verstehen und analytisches Einsehen gewährleistet werden soll. Um die Mehrdeutigkeit der Aussagen und die Emotionen der Business Angels in der TV Sendung zu verdeutlichen ist außersprachliche Kommunikation wie ein zustimmendes Nicken in der Transkription erfasst worden (Hickethier 2007: 26f, Mikos 2003: 81). Die nachfolgende Analyse der Auswahlkriterien von Business Angels greift die drei konkreten Fragestellungen auf.

5. „Die Höhle der Löwen“

5.1 Das Prinzip der Sendung und Vorstellung der „Löwen“

Das deutsche TV Programm hat sich in den letzten Jahren verändert und es lässt sich eine „Intimisierung medialer Kommunikation feststellen“, denn häufig werden Privatgespräche in TV Sendungen geführt (Fromm 1999: 19), so auch in „Die Höhle der Löwen“. Aktuell sind Sendungen über Entrepreneurship im Trend (Deery 2015: 19). In Großbritannien hat es schon 13 Staffeln des Formats „Dragons‘ Den“ gegeben, welches das gleiche Konzept verfolgt wie „Die Höhle der Löwen“ (BBC 03.12.2015).

Die zweite Staffel der Sendung „Die Höhle der Löwen“ wurde in Deutschland vom 18.08.2015 bis zum 27.10.2015 auf dem Sender VOX in elf Folgen ausgestrahlt (fernsehserien 01.12.2015). In der Sendung stellen Gründer in einem Pitch ihre Geschäftsideen vor. Ein Pitch ist für junge kapitalsuchende Unternehmen eine Möglichkeit ein Investment durch Business Angels zu erhalten. Es ist die erste Kontaktaufnahme zwischen den beiden Parteien, d.h. die Investoren hatten noch keine Einsicht in Businesspläne. In der Regel dauert ein Pitch zwischen 15 und 30 Minuten. Es gibt aber auch „rocket pitches“, die eine Minute bis fünf Minuten dauern. Gründer wollen die Investoren in ihrem Pitch redensartlich „vom Hocker hauen“, damit diese in ihr junges Unternehmen investieren (Clark 2008: 257f). Das Pitch des Unternehmens Heimatgut, auf das in der Analyse genauer eingegangen wird, dauert beispielsweise ca. 14 Minuten (T1).

Bevor sich die Entrepreneure bei den Investoren vorstellen wird ein kurzer Film über sie und ihr Unternehmen eingeblendet (z.B. Folge 2, 0:03:26-0:04:30). Zu Beginn eines Pitches nennen die Gründer ihre Namen, den des Unternehmens und ihr Angebot, d.h. wie viel Kapital sie benötigen und wie viele Geschäftsanteile sie dafür an einen Investor abgeben möchten (z.B. T1: 1-5) Dann wird das Unternehmen und das Produkt bzw. die Dienstleistung vorgestellt (z.B. T1: 5-23) und anschließend beginnen die Business Angels, die in der Sendung die „Löwen“ genannt werden, Fragen zum Produkt, zum Markt, zum Finanzierungsmodell usw. zu stellen (z.B. T1: 48ff). Wenn eine Investition für den Business Angel nicht in Betracht kommt, sagt er dies deutlich und hält sich danach meistens zurück (z.B. T2: 104-111). Ist der Investor interessiert macht er den Gründern ein Angebot (z.B. T1: 118f). Danach können die Gründer sich kurz beraten (z.B. T1: 156). Um den TV Zuschauern einen Überblick zu geben, wird das Angebot durch einen Investor zusammengefasst (z.B. T1: 158-162). Im Anschluss nehmen die Gründer das Angebot entweder an, lehnen es ab oder es kommt zu einer Verhandlung über das Angebot.

Der Moderator Amiaz Habtu (VOXa 02.12.2015) führt durch die Sendung, um eine narrative Struktur herzustellen (Mikos 2003: 46). Er interviewt die Gründer vor und nach dem Pitch.

Außerdem gibt es einige Rückblenden von Pitches aus der ersten Staffel und kurze Filme darüber, wie sich die Start-ups in einem Jahr weiterentwickelt haben (z.B. Folge 2, 0:57:38-1:02:28).

Die Business Angels, die in der Sendung in Start-ups investieren sind Vural Öger, Judith Williams, Frank Thelen, Lencke Steiner und Jochen Schweizer.

Vural Öger hat eine Firmengruppe im Tourismusbereich aufgebaut, die u.a. einen Reiseveranstalter, einen Flugveranstalter und eine Hotelkette einschließt. Diese Firmengruppe hat sich auf Reisen in die Türkei spezialisiert. Ihm ist ein Exit gelungen indem er eine Firma an die Thomas Cook AG verkauft hat. Zudem ist er politisch tätig und engagiert sich für die deutsch-türkischen Beziehungen (VOXb 03.12.2015).

Judith Williams hat eine Karriere als Sängerin gestartet, nachdem sie Gesang und Ballett studiert hat. Im Jahr 1999 ist sie Verkaufsmoderatorin bei einem Teleshoppingsender geworden. Seit 2007 vertreibt sie ihre eigenen Kosmetikprodukte erfolgreich über das Teleshopping. Heute gibt es die „Judith-Williams-Marken-Welt“ mit ca. 100 Mitarbeitern, die neben mehr als 800 Kosmetikprodukten Mode, Schmuck und Parfum vertreibt. Judith Williams bietet ihre Produkte in Deutschland, Russland, Italien und Großbritannien im Teleshopping an (VOXc 03.12.2015).

Frank Thelen ist ein Frühphasen-Investor, der mit Produkten aus seinen Gründungen bereits über 100 Millionen Kunden in vielen Ländern gewonnen hat. Da er im Jahr 2000 fast insolvent gewesen ist, sind ihm die Schwierigkeiten des Unternehmertums bekannt. In den Jahren 2014 und 2015 konnte er Beteiligungen an Daimler und Microsoft verkaufen (VOXd 03.12.2015).

Lencke Steiner ist eine der jüngsten Unternehmerinnen in Deutschland. Seit ihrem 24. Lebensjahr leitet sie zusammen mit ihrem Vater ein Verpackungsunternehmen in Bremen. Sie ist Aufsichtsratsmitglied einer weiteren Firma, Konzern-Beiratsmitglied der Deutschen Bahn AG, Bundesvorsitzende eines Wirtschaftsverbands, Fraktionsvorsitzende der FDP in der Bremerischen Bürgerschaft und Bundesvorstandsmitglied der Partei (VOXe 03.12.2015).

Jochen Schweizer ist ein ehemaliger Stuntman, der das nach ihm benannte Unternehmen „Jochen Schweizer“ gegründet hat. Das Unternehmen vertreibt Geschenkboxen für Erlebnisse, u.a. für Bungeejumping, und ist damit mittlerweile Marktführer in Deutschland. Die Produkte sind nicht nur im Onlineshop erhältlich, sondern auch in 40 eigenen Shops und bei mehr als 7500 Vertriebspartnern. Mittlerweile beschäftigt seine Unternehmensgruppe über 500 Mitarbeiter. Im Jahr 2014 hatten ca. 800.000 Menschen Erlebnisse mit der Marke „Jochen Schweizer“ (VOXf 03.12.2015). Er ist beispielsweise Eigentümer von 21 Unternehmen und hält Beteiligungen an weiteren 50 Unternehmen (T9).

5.2 Analyse der Auswahlkriterien der Löwen in „Die Höhle der Löwen“

5.2.1 Angewendete Auswahlkriterien

In den ersten sechs Folgen der Staffel haben sich 34 Start-ups mit einem Pitch vorgestellt. An 18 Start-ups bestand kein Interesse seitens der Business Angels.

Abbildung 2: Interesse der Business Angels an einer Investition

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach VOX NOW 2015

Demnach waren die Business Angels an 16 jungen Unternehmen interessiert. Dreimal haben sie ihr Investitionsangebot zurückgezogen, zweimal haben die Gründer das Angebot abgeleht und elf „Deals“ sind zustande gekommen, d.h. die Gründer haben das Investitionsangebot angenommen. Letzteres war bei 32,35% der gesamten Pitches der Fall.

Abbildung 3: Zustandekommen eines Deal bei vorliegenden Investitionsangeboten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach VOX NOW 2015

In der TV Sendung wurden die Auswahlkriterien Produktstatus, Marktpotenzial, Kundenbindung und Interessenkonvergenz häufig von den Business Angels angewendet. In 91,18% der Pitches wurde auf den Produktstatus eingegangen. Auf das Kriterium Schutzfähigkeit wurde selten eingegangen, in nur 17,65% der Pitches war dies der Fall. Die Punkte Interessenkonvergenz und Persönlichkeit u. Sympathie zählen als angewendet, wenn sich mindestens ein Business Angel aus dem TV Format darauf bezieht. Die Abbildung 4 wurde anhand der Checklisten angefertigt und zeigt die prozentualen Häufigkeiten der angewendeten Auswahlkriterien in den 34 Pitches. Hier kommt es nicht darauf an, ob ein Kriterium erfüllt ist oder nicht, sondern nur, ob auf das Kriterium im Pitch eingegangen wurde.

Abbildung 4: Häufigkeiten der angewendeten Auswahlkriterien in allen Pitches

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach VOX NOW 2015

Es lassen sich drei Gruppen bilden. Auf Produktstatus, Marktpotenzial, Kundenbindung und Interessenkonvergenz beziehen sich die Business Angels häufig, deshalb sind die Kriterien in der Abbildung grün dargestellt. Akzeptanz der Kunden, Persönlichkeit und Sympathie, Finanzierungsmodell, Erfahrung und Weg zum Markt sind mehrfach von Bedeutung und werden blau gekennzeichnet. Das Kriterium Schutzfähigkeit ist das einzige, auf das in der TV Sendung selten eingegangen wird, es ist in der Abbildung grau dargestellt.

5.2.2 Auswahlkriterien bei erfolgreichen Pitches

Die Gründer haben in ihren Pitches Erfolg, wenn die Business Angels aus der TV Sendung „Die Höhle der Löwen“ an einer Investition interessiert sind. Auch wenn die Gründer die Investition ablehnen, gilt ihr Pitch als erfolgreich. Wenn das Investitionsangebot durch den Business Angel oder das Investorenteam noch in den Verhandlungen über Geschäftsanteile oder Nebenbedingungen zurückgezogen wird, ist das Pitch nicht erfolgreich gewesen. Demnach hatten 13 der 34 Start-ups in den analysierten Pitches Erfolg.

Das Start-up Heimatgut bietet Snacks aus luftgetrocknetem Wirsing in vier verschiedenen Geschmacksrichtungen an, z.B. gibt es die Sorten Cheesy Paprika oder Sourcream and Onion. Die Wirsingsnacks sind vergleichbar mit Kartoffelchips, werden jedoch nicht in Fett frittiert und beinhalten Mineralstoffe und Vitamin C (T1: 1-23). Um der steigenden Nachfrage der Kunden gerecht zu werden sucht das Start-up Kapital für neue Produktionsmaschinen (T1:20-22,95-98).

Das Produkt bietet Vorteile für den Kunden, weil es gesund, kalorienarm und reichhaltig an Vitaminen und Mineralien ist. Die Wirsingchips knüpfen an den aktuellen Megatrend der Neo-Ökologie an. Sie sind vegan, ohne Konservierungsstoffe und ohne Geschmacksverstärker (T1: 7,15f,92). Bei der veganen Ernährung wird auf alle tierischen Lebensmittel verzichtet. Aus ethischen, religiösen oder ökologischen Gründen sind Veganer gegen das Töten von Tieren und gegen die Massentierhaltung. Der Veganismus kann als Trend bezeichnet werden (Gatternig; Widhalm 2013: 23). Jochen Schweizer bestätigt, dass das Produkt ein Trend werden kann (T1: 41). Daher ist das Auswahlkriterium Akzeptanz der Kunden erfüllt. Nach einer Kostprobe durch die Investoren sind die Wirsingchips als gut bewertet worden. Judith Williams sagt, dass die Chips die besten Wirsingchips sind, die sie je gegessen hat. Lencke Steiner, die das Substitutionsgut Kartoffelchips liebt, ist ebenfalls überzeugt von dem Produkt, denn es schmeckt ihr sehr gut. Die Investoren sind sich einig, dass das junge Unternehmen ein gutes Produkt anbietet (T1: 40,43-46,130,132-137), deshalb ist auch das Kriterium Produktstatus für die Business Angels bestätigt. Die Gründer geben an, dass ihr Produkt bei den Kunden so gut ankommt, dass sie die Nachfrage nach den Wirsingchips nicht decken können. Durch erste Kunden konnte im Jahr 2014 ein Umsatz von 150.000 Euro erwirtschaftet werden. Das Produkt befriedigt den Bedarf der Kunden nach gesunder Ernährung bzw. nach gesunden Snacks (T1: 2-4,12f,27,83,86f). Folglich ist Kundenbindung gegeben. Das Start-up hat den Markteintritt bereits erfolgreich gemeistert. Das Kriterium „Weg zum Markt“ ist erfüllt, da das Produkt schon in über 600 Supermärken, u.a. in REWE und EDEKA Filialen, vertreten ist und weitere Anfragen von Supermärkten vorliegen. Außerdem gibt es Exportanfragen und es interessieren sich Reformhäuser, Fitnessstudios und Ernährungsberater für das Produkt und möchten Vertriebspartner werden (T1: 19-21,72-81,100-105). Auf das Auswahlkriterium Marktpotenzial wurde in dem Pitch nicht direkt eingegangen. Dennoch kann von einem großen Markt ausgegangen werden, weil das Produkt schon in 600 Supermärkten vertrieben wird und weil Exportanfragen vorliegen. Vural Öger schließt aus einer Investition, dass das Absatzvolumen größer wird, d.h. er geht von einem großen Markt aus. Auch die Gründer reden von einem hohen Potenzial, das sie mit dem Produkt haben (T1: 19-21,100f,185,204f). Daher kann auf der Checkliste ein Haken für das Kriterium Marktpotenzial gesetzt werden. Es gibt keine Stellungnahme zu der Frage, ob das Start-up Wettbewerber hat. Mit einer Gewinnspanne von 42 Prozent ist die Profitabilität des Produktes gewährleistet und somit das Kriterium zum Finanzierungsmodell erfüllt (T1: 67-69). Interessenkonvergenz liegt vor, weil Judith Williams sagt, dass sie sich mit Rohkost auskennt. Sie ist emotional auf einer Wellenlänge mit den Gründern, denn es ist ein Traum von ihr, gesunde Snacks zu vertreiben. Für Jochen Schweizer ist gesunde Ernährung ein Grund für ein Investitionsangebot. Er sagt, dass er nicht weiß, ob er mit dem Produkt Erträge machen kann, aber die gesunde Ernährung ist ihm die Investition wert (T1: 42-46,113-118,216-218). Das Auswahlkriterium Persönlichkeit u. Sympathie ist für Jochen Schweizer erfüllt, denn er findet die Gründer „cool“ (T1: 206). Auf die Auswahlkriterien Schutzfähigkeit und Erfahrung wird in dem Pitch nicht eingegangen. Alle häufig angewendeten Auswahlkriterien waren erfüllt.

Die fünf Investoren sind interessiert an einer Investition (T1:118-122,127,144-146,206-211). Vural Öger, Judith Williams und Frank Thelen schlagen vor ein Investorenteam zu bilden, in dem jeder Investor sein Know-how einbringen kann. Vural Öger könnte mit Kontakten in die Türkei Obst und Gemüse einkaufen, Frank Thelen wäre für das E-Commerce zuständig und Judith Williams sieht sich als Verkaufsstrategin für das Unternehmen Heimatgut (T1:119-122). Da das Investorenteam mehr Geschäftsanteile im Tausch gegen das benötigte Kapital haben möchte, als das Gründerteam bereit ist ihnen zu geben, macht Jochen Schweizer den Gründern ein Angebot, welches sie annehmen (T1: 192-194,206-214).

Das Modelabel von Fleorke vertreibt handgefertigte Accessoires für Herren wie z.B. Fliegen, Ansteckblumen, Einstecktücher, Manschettenknöpfe, Krawatten, Gürtel, Uhren und Kämme (T4: 1-24). Der Gründer des Unternehmens würde gerne an den Geschäftsbeziehungen und an dem guten Image der Business Angels teilhaben. Er hofft, dass die Produkte seines Modelabels dadurch leichter an Großhändler zu bringen sind (T4: 64-66). Es werden keine Angaben darüber gemacht, ob und in welche materiellen Gegenstände er das benötigte Kapital investieren würde.

Da die Accessoires das Outfit eines Mannes individualisieren können (T4: 5-10), wird der Megatrend der Individualisierung durch das Start-up von Floerke aufgegriffen (Gatterer 2012: 27). Vural Öger verdeutlicht das Problem, welches das Start-up zu lösen versucht. Er erklärt, dass es in Herrenausstattungsgeschäften zwar schöne Anzüge, jedoch häufig keine oder langweilige Einstecktücher oder Fliegen passend dazu gibt (T4: 132-135). Durch das Aufgreifen eines Megatrends und das Generieren einer Problemlösung für Kunden, kann das Kriterium Akzeptanz der Kunden als erfüllt gewertet werden. Die Produkte des Unternehmens werden von den Business Angels als „wirklich sehr schick“ und „klasse“ bezeichnet (T4: 32,75,106), deshalb ist auch das Auswahlkriterium Produktstatus gegeben. Da durch erste Kunden in den Jahren 2013 und 2014 Umsätze erwirtschaftet worden sind (T4: 42-47) und der Bedarf der Kunden nach Stil und gutem Aussehen durch moderne Outfits gedeckt wird, ist das Kriterium Kundenbindung ebenfalls erfüllt. Von Floerke hat seine Produkte bis jetzt hauptsächlich in Deutschland verkauft und der Gründer findet, dass der Markt wachsen kann indem die Produkte in ganz Europa angeboten werden (T4: 50-54). Vural Öger erwähnt, dass das Start-up eine Marktlücke entdeckt hat (T4: 132), d.h. Wettbewerber haben diesen Markt noch nicht erschlossen. Das Kriterium Marktpotenzial ist für die Investoren erfüllt. Dem ist auch so bei dem Auswahlfaktor Finanzierungsmodell, weil das Unternehmen von Fleorke hohe Gewinnmargen von ca. 90 Prozent im Endkundenverkauf und 70 Prozent im Verkauf über den Großhandel aufweisen kann. Jochen Schweizer nennt das „ein sehr gesundes Verhältnis von Einkaufs- zu Verkaufspreis“. Judith Williams findet die Preise von 49 Euro für Krawatten und Fliegen oder 29 Euro für Einstecktücher realistisch (T4: 68-72, 88-97). Interessenkonvergenz liegt bei Vural Öger und Judith Williams vor, denn Vural Öger kleidet sich gerne stilvoll u.a. mit Krawatten oder Einstecktüchern und ist ein potentieller Kunde des jungen Unternehmens, weil die Produkte auch für ihn eine Problemlösung darstellen. Als Investor würde Vural Öger gerne bei dem Entwerfen von Kollektionen mitwirken (T4: 30-32, 132-136,146). Judith Williams teilt mit: „Ich kenne Accessoires in- und auswendig“ (T4: 166).

Vural Öger, Judith Williams und Frank Thelen möchten ein Investorenteam bilden und erläutern ihre Kompetenzen. Vural Öger kann sich mit den Produkten identifizieren und kennt sich mit der Produktion von Herrenaccessoires aus, Frank Thelen sieht sich als Marketingspezialist und Judith Williams hat Kenntnisse in der Produktentwicklung, vor allem bei Accessoires (T4: 138-140,146-148,158-160,167f). Als Frank Thelen bemerkt, dass die anderen Investoren Lencke Steiner und Jochen Schweizer auch an einem Deal mit dem Gründer des Unternehmens von Floerke interessiert sind, stellt er dem Gründer ein Ultimatum. Frank Thelen sagt, dass er gerne augenblicklich eine Zu- oder Absage des Entrepreneurs hätte. Daraufhin nimmt der Gründer das Angebot des Investorenteams rund um Frank Thelen an, Lencke Steiner und Jochen Schweizer kommen nicht dazu ihm ein Angebot zu unterbreiten. Lencke Steiner sagt zu Jochen Schweizer: „Die haben uns den Deal geklaut“ (T4: 177-184).

In dem Pitch sind, genauso wie in dem Pitch des Start-ups Heimatgut, u.a. die vier häufig angewendeten Auswahlkriterien Produktstatus, Kundenbindung, Marktpotenzial und Interessenkonvergenz erfüllt. Die Business Angels sind nicht auf die Kriterien Schutzfähigkeit, Weg zum Markt, Erfahrung und Persönlichkeit u. Sympathie eingegangen.

Little Lunch, ein weiteres Start-up, das in „Die Höhle der Löwen“ nach einer Investition sucht, hat in Zusammenarbeit mit einem Sterne-Koch verschiedene vegane Suppen im Glas entwickelt, die keine künstlichen Inhaltsstoffe und Konservierungsstoffe beinhalten, aber trotzdem bis zu zwei Jahren haltbar sind. Diese Suppen können sich die Kunden in einer „persönlichen Suppenbox selbst zusammenstellen“. Die Suppenboxen werden in Büros oder zu den Kunden nach Hause gesendet und die Little Lunch Suppen können auch mancherorts im Einzelhandel erworben werden. Die Kunden haben die Möglichkeit im Internet ein Abonnement für die Suppenboxen abzuschließen (T5: 1-21,115f). Zum Zeitpunkt des Pitches möchten die Gründer ihr Sortiment um eine Bio-Gulaschsuppe, eine Bio-Hühnersuppe und Bio-Vollkorncroutons erweitern und die Suppen zusätzlich in bis zu 3,5 kg schweren Aluminiumbeuteln vertreiben. Als Kunden für die Aluminiumbeutel sehen die Gründer Krankenhäuser, Fluggesellschaften, Raststätten und Cafés. Für diese Weiterentwicklungen wird Kapital in Höhe von 60.000 Euro benötigt. Im Gegenzug werden Geschäftsanteile in Höhe von acht Prozent an dem Unternehmen Little Lunch angeboten (T5: 5f,18-20,123-130). Außerdem suchen die Gründer Unterstützung der Business Angels im Bereich Marketing und Vertrieb (T5: 169-174).

[...]

Fin de l'extrait de 108 pages

Résumé des informations

Titre
Die Auswahlkriterien von Business Angels. Analyse der Sendung "Die Höhle der Löwen"
Université
University of Siegen
Note
1,7
Auteur
Année
2015
Pages
108
N° de catalogue
V333878
ISBN (ebook)
9783668238862
ISBN (Livre)
9783668238879
Taille d'un fichier
1459 KB
Langue
allemand
Mots clés
Auswahlkriterien, Business Angels, Gründungsfinanzierung, Die Höhle der Löwen, Entrepreneurship, Gründung, Startups, Venture Capital, Innovation, KMU, Jochen Schwizer, Judith Williams, Vural Öger, Frank Thelen, Lencke Steiner, Investoren, Investorenteam
Citation du texte
Saskia Friederichs (Auteur), 2015, Die Auswahlkriterien von Business Angels. Analyse der Sendung "Die Höhle der Löwen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/333878

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