Bei aktuellen Debatten, etwa bei der Auseinandersetzung um die Reform des Sozialstaates oder den Abbau der staatlichen Bürokratie, stoßen wir stets auf die Frage nach dem Einfluss des Staates auf die Bürger. Welche Legitimität besitzt der Staat, um uns seine Gesetze und Regeln aufzuzwingen und wo sind seine Grenzen? Warum und zu welchem Zweck ordnet sich der Bürger einer solchen Autorität unter?
Auf die Frage nach der Staatsautorität und -legitimation, bietet Thomas Hobbes ein Modell, welches den Staat vertragstheoretisches legitimiert. In seinem Werk Leviathan geht er zunächst davon aus, dass sich die Menschen in einem Naturzustand befinden. Dieser Zustand wird durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages abgelöst; als oberste Machtinstanz sanktioniert nun der Leviathan gesellschaftliches Fehlverhalten und bietet den Akteuren Schutz vor egoistischem und rationalem Machtstreben anderer Bürger. Eine erhebliche Schwachstelle allerdings findet sich in der Vertragstheorie von Hobbes: Welche konkreten Motive veranlassen die Akteure des Naturzustandes ihr rationales und strategie- und zweckorientiertes Streben nach individueller Bedürfnisbefriedigung aufzugeben und wechselseitig auf das „ius in omnia et omnes“1 zu verzichten, um sich in einem Gesellschaftsvertrag zusammenzuschließen? Widerspricht dieses Handeln nicht deutlich Hobbes Charakteristik des Naturzustandes?
Im Rahmen dieser Arbeit soll zunächst der Naturzustand in Hinblick auf dessen Auflösung und anschließend die Phase der Konstituierung des Gesellschaftsvertrages detailliert untersucht werden: Welche Probleme treten bei der Konstituierung des Gesellschaftsvertrag auf und wie werden diese in der Wissenschaft reflektiert? Was veranlasst die Bürger im Naturzustand einen solchen Vertrag abzuschließen? In Orientierung an aktueller Forschungsliteratur stellt sich außerdem die Frage nach modernen Lösungsansätzen der politischen Philosophie. Das Spektrum der wissenschaftlichen Literatur im Bereich der Staatslegitimation und Vertragstheorien ist reichhaltig, weshalb die Literaturauswahl notwendigen Einschränkungen unterworfen ist, um durch die Konzentration auf ausgewählte Forschungsansätze eine detaillierte Analyse zu ermöglichen.
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Inhaltsverzeichnis
- Gliederung
- Einleitung
- Der Naturzustand als Ausgangspunkt
- Das Problem der Konstituierung
- Problemanalyse
- The prisoner's dilemma
- The free-rider problem
- Lösungsansätze
- Verstand als Vorraussetzung für einen Ausweg aus dem Naturzustand
- Die Konstituierung als dreistufiger Lernprozess
- Die Konstituierung als Ergebnis rationaler Vernunft
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Problem der Konstituierung des Gesellschaftsvertrages am Beispiel des Leviathan von Thomas Hobbes. Sie analysiert die Herausforderungen und Lösungsansätze für den Übergang vom Naturzustand in eine gesellschaftliche Ordnung, die auf einem Vertrag basiert.
- Der Naturzustand als Ausgangspunkt: Analyse des Kriegszustandes und der Frage nach der Existenz eines Rechtszustandes im Naturzustand
- Das Problem der Konstituierung: Untersuchung der Herausforderungen bei der Bildung des Gesellschaftsvertrages, wie z.B. dem Gefangenen-Dilemma und dem Trittbrettfahrer-Problem
- Verstand und Vernunft als Voraussetzungen für den Gesellschaftsvertrag: Untersuchung des Verhältnisses von menschlicher Vernunft, Bedürfnissen und strategischem Handeln im Naturzustand
- Moderne Lösungsansätze der politischen Philosophie: Analyse verschiedener Ansätze, um die Probleme der Konstituierung des Gesellschaftsvertrages zu lösen
- Die Rolle des Leviathan: Untersuchung des Leviathan als oberste Machtinstanz und seine Funktion bei der Durchsetzung von Regeln und Gesetzen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 3 beleuchtet den Naturzustand als Ausgangspunkt der Hobbesschen Staatslegitimation. Es wird der "Kriege aller gegen alle" als prägende Situation des Naturzustandes analysiert und die Frage nach der Existenz eines Rechtszustandes in dieser Situation diskutiert.
Kapitel 4 konzentriert sich auf das Problem der Konstituierung des Gesellschaftsvertrages. Hier werden die Herausforderungen im Übergang vom Naturzustand in eine gesellschaftliche Ordnung beleuchtet, insbesondere das Gefangenen-Dilemma und das Trittbrettfahrer-Problem.
Kapitel 5 präsentiert Lösungsansätze für die Problematik der Konstituierung. Der Text untersucht die Rolle des Verstandes als Voraussetzung für den Ausweg aus dem Naturzustand und analysiert verschiedene Modelle der Konstituierung, die auf Vernunft und strategischem Handeln basieren.
Schlüsselwörter
Naturzustand, Gesellschaftsvertrag, Leviathan, Thomas Hobbes, Kriegszustand, Vernunft, Rationalität, Bedürfnisbefriedigung, Gefangenen-Dilemma, Trittbrettfahrer-Problem, politische Philosophie, Staatslegitimation, Macht, Recht, Strategie, Vertragstheorie
- Citar trabajo
- Christian Dösinger (Autor), 2004, Das Problem der Konstituierung des Gesellschaftsvertrages am Beispiel des Leviathan von Thomas Hobbes, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33651