Die Entwicklung der politischen Kommunikation im 21. Jahrhundert


Term Paper (Advanced seminar), 2015

27 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1 Politik
2.2 Kommunikation
2.3 Politische Kommunikation
2.4 Parteienkommunikation

3. Veränderte Kommunikationsanforderungen
3.1 Gesellschaftlicher Wandel
3.2 Medienwandel
3.3 Folgen für die Parteienkommunikation

4. Modernisierung der politischen Kommunikation
4.1 Professionalisierung
4.2 Personalisierung
4.3 Medialisierung
4.4 Beispiel: Regierungskommunikation via Social Media
4.5 Risiken der „digitalen“ Politikvermittlung

5. Fazit und Ausblick

6. Literaturverzeichnis
6.1 Monographien und Sammelwerke
6.2 Onlinequellen

1. Einleitung

Das Internet hat die politische Kommunikation in den letzten zwei Jahrzehnten revolutioniert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist es erstmals möglich das durch sinkende Mitgliederzahlen, Überalterung und Stammwählerabwanderung entstandene Kommunikationsproblem zwischen Parteien und Wählern zu lösen. Das Internet ermöglicht es, den Nutzer gleichsam zum Sender und Empfänger von Informationen zu machen. Dieses enorme Potential haben die politischen Akteure erkannt und versuchen nun zunehmend, soziale Netzwerke für ihre Zwecke zu nutzen. Doch welche Auswirkungen hat dies auf die politische Kommunikation? Können Bürger in Zukunft online an Politik aktiv teilhaben? Werden sie gehört oder ignoriert? Kann ein echter Dialog stattfinden? Diese spannenden Fragen können - so viel sei vorab schon gesagt - im Rahmen dieser Arbeit nicht alle beantwortet werden, eine Beschäftigung mit ihnen lohnt sich allerdings.

Im Rahmen des Hauptseminars „Politische Parteien in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert“ beschäftigen wir uns mit Themen wie dem Sozialistengesetz, der KPD, der Gründungsphase der CDU oder dem NPD-Verbotsverfahren 2013. Mich interessierte aber von Anfang besonders die Zukunft. Wie wird unsere Demokratie im Zuge von Social Media, Facebook und Twitter morgen aussehen? Und wie in 10 Jahren? Da im September 2013 im Anschluss an unser Seminar eine Bundestagswahl anstand, entschied ich mich zunächst dafür, über die Rolle des Internets im Wahlkampf 2013 zu referieren. Nutzen die Parteien das Internet? Wenn ja wie? Wird das Internet sogar entscheidend für den Ausgang der Bundestagswahl sein? Welche Möglichkeiten bieten die sozialen Netzwerke den Parteien? Dies waren die Fragen, die mich beschäftigten. Im Zuge der weiteren Recherchearbeit stellte ich jedoch fest, dass komplexere Überlegungen nötig waren und ging einen Schritt zurück. Was ist überhaupt politische Kommunikation? Welchen Einfluss haben die neuen Medien auf die Parteienkommunikation? Wie haben sich die Kommunikationsanforderungen an die Politiker verändert? Und was sind die Gründe dafür? Diese Fragen bilden nun die Basis dieser Arbeit. Daran anschließend wird versucht, die Kennzeichen der Modernisierung der politischen Kommunikation zu beleuchten und das konkrete Beispiel erläutert, wie die Bundesregierung mit der deutschen Bevölkerung kommuniziert. Schließlich werden Risiken einer digitalen Politikvermittlung genannt und ein Ausblick auf die Zukunft der Demokratie gegeben.

Als wichtigster Autor zur politischen Kommunikationsforschung in Deutschland sei ULRICH SARCINELLI genannt, der nicht zuletzt mit seinem Standardwerk „Politische Kommunikation in Deutschland“ einen wesentlichen Anteil daran hat, dass die politische Kommunikationsforschung heute einen hohen Stellenwert innerhalb der deutschen Politikwissenschaft einnimmt. Zusätzlich half mir das Werk „Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft“ von PATRICK DONGES und OTFRIED JARREN die Prozesse der Mediengesellschaft zu verstehen. Ein weiteres aktuelles Werk befasst sich mit digitaler Politikvermittlung und den Chancen und Risiken, die sich daraus ergeben.1

2. Begriffsbestimmungen

Die politische Kommunikationsforschung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten zu einem bedeutenden Forschungszweig innerhalb der deutschen Politikwissenschaft entwickelt.2 Es ist jedoch bis heute schwierig, eine in weiten Teilen der Wissenschaft akzeptierte Definition von politischer Kommunikation zu geben. Schon die Begriffe „Politik“ und „Kommunikation“ können aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden und daher unterschiedlich definiert werden. Außerdem werden „Politik“ und „Kommunikation“ von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Politikwissenschaft, der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft oder der Soziologie unter verschiedenen theoretischen Ansätzen untersucht.

Da sich unsere modernen Gesellschaften zu Mediengesellschaften entwickeln, in denen Massenmedien immer mehr zur Voraussetzung gesellschaftlicher und politischer Kommunikation werden, tritt nun zusätzlich unweigerlich der Begriff „Medien“ auf den Plan.

2.1 Politik

Als Politik kann sehr allgemein jegliche Einflussnahme, Gestaltung und Durchsetzung von Forderungen und Zielen in privaten oder öffentlichen Bereichen bezeichnet werden.3 Allerdings steht jeder Versuch den Begriff Politik zu definieren vor dem grundsätzlichen Dilemma, dass die Markierung einer Grenze zwischen „Politik“ und „Nicht Politik“ selbst eine politische Frage ist.4 Es gibt sowohl normative Politikbegriffe (Politik als „Kampf um die rechte Ordnung“, „Freiheit“ oder „Frieden“ als Ziel von Politik etc.), als auch deskriptive, die Politik als einen ständigen Prozess betrachten, in dem gesellschaftliche Konflikte durch gemeinschaftliche Entscheidungen gelöst werden.5 Politik kann aber auch aus der Sichtweise einer Staatsregierung interpretiert werden (Gouvernementalität) oder aus einer liberalen Perspektive, die eher die Machtbeschränkung durch Demokratisierung, Partizipation oder Gleichheit thematisiert. Es gibt auch Definitionen, die von Konflikten als Ausgangspunkt von politischem Handeln ausgehen.

Abbildung 1: Politikbegriffe nach von Alemann6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2 Kommunikation

Der Begriff der Kommunikation wird ebenso wie Politik in den verschiedenen wissenschaftlichen Fächern unterschiedlich definiert. Kommunikation bezeichnet sowohl einen Prozess, Person A teilt Person B etwas mit, als auch das Ergebnis eines Prozesses, wenn z.B. von gelungener Kommunikation gesprochen wird. Kommunikation wird einerseits als einseitige Übertragung von Informationen oder Botschaften verstanden und andererseits als wechselseitig aufeinander bezogener Vermittlungsprozess, bei dem sich die Akteure (z.B. Person A und B) über etwas verständigen.7 Nach diesem Verständnis ist Kommunikation also eine Interaktion zwischen den beteiligten Akteuren. Man kann somit ein Transportmodell und ein Interaktionsmodell unterscheiden. Beim Transportmodell hat Kommunikation lediglich eine inhaltliche Ebene, also Botschaft oder Information, beim Interaktionsmodell zusätzlich auch eine Beziehungsebene, also z.B. die Beziehung zwischen A und B. Dabei ist wichtig, dass das Gelingen von Interaktion immer von Voraussetzungen abhängig und nicht selbstverständlich ist.8 Wenn B die Sprache oder Zeichen, die A aussendet, nicht versteht, kann keine Interaktion stattfinden. Somit müssen A und B eine gemeinsame Vorstellung davon haben, worum es in einer konkreten Interaktion geht.

2.3 Politische Kommunikation

Die Bedeutung von politischer Kommunikation ist zum einen abhängig von den aufgezeigten Verständnissen der Begriffe Politik und Kommunikation und zum anderen von der konkreten historischen Situation in der politische Kommunikation formuliert wird. Politische Kommunikation hat immer auch mit der Durchsetzung einer bestimmten Weltsicht, mit Herrschaft und Macht zu tun. Somit ist politische Kommunikation ebenso stets von öffentlichem Interesse.9 Schon in den ersten bürgerlichen Gesellschaften der griechischen Poleis gab es eine enge Verbindung von Kommunikation und Politik. Die Präsenz in der politischen Öffentlichkeit auf der Agora machte es notwendig, in offener Rede über Auseinandersetzungen zu überzeugen, also die Zuhörer durch persönliche Autorität und Rhetorik für sich oder seine Meinung zu gewinnen. Dieses Beispiel zeigt, dass eine Trennung von Politik und Kommunikation erschwert wird und oft auch gar nicht sinnvoll erscheint.10

Bei den wissenschaftlichen Definitionen von politischer Kommunikation ist zudem von Bedeutung, aus welcher Perspektive man sie betrachtet: Aus der Perspektive der Politik, der Medien und/oder der Rezipienten. Die folgenden Beispiele machen dies deutlich:11

„Politikwissenschaftliche Kommunikationsforschung fragt nach den Voraussetzungen, Inhalten und Folgen von prinzipiell frei zugänglicher Kommunikation über alle Angelegenheiten von öffentlichem Belang“ (Marcinkowski 2001).

Politische Kommunikation ist „symbolische Interaktion im Zusammenhang bindender Entscheidungen und in Form unterschiedlicher Grade von Öffentlichkeit mit ihren jeweiligen Medien“ (Vowe 2003).

Political Communication as „purposeful communication about politics“: „1. All forms of communication undertaken by politicians and other political actors for the purpose of achieving specific objectives. 2. Communication addressed to these actors by non-politicians such as voters and newspapers columnists. 3. Communication about these actors and their activities, as contained in news reports, editorials, and other forms of media discussion of politics” (McNair 2003).

„Die Erforschung politischer Kommunikation orientiert sich zumeist an einer der beiden Grundfragen: 1. Auf welche Weise beeinflusst oder bedingt die gesellschaftliche Kommunikation Strukturen und Prozesse der Politik? 2. Auf welche Weise bestimmt oder bedingt Politik die gesellschaftliche Kommunikation?“ (Schulz 2003).

Politische Kommunikation ist die selbstbeobachtende Operation, mit Hilfe derer ein politisches System sich aus einer Umwelt ausdifferenziert“ (Japp/Kusche 2004).

„The field of political communication [...] encompasses the construction, sending, receiving, and processing of messages that potenzially have a significant direct or indirect impact on politics. The message senders or message receivers may be politicians, journalists, members of interest groups, or private, unorganized citizens. The key element is that the message has a significant political effect on the thinking, beliefs, and behaviors of individuals, groups, institutions, and whole societies and the environments in which they exist” (Graber/Smith 2005: 479).

Bei der Betrachtung dieser Definitionen fällt auf, dass teilweise eine Trennung zwischen der politischen Kommunikation und dem politischen Raum vorgenommen wird. SARCINELLI12 unterteilt in die Ebenen der Politikherstellung und der Politikdarstellung. Zur Ebene der Politikherstellung gehört für ihn die parlamentarische Nichtöffentlichkeit, zu der er vertrauliche und geheime Fraktions- und Ausschusssitzungen zählt. Zur Ebene der Politikdarstellung zählt der Autor die Medienöffentlichkeit, in der sich außerparlamentarische Ereignisse abspielen.

Die Ebenen der Politikherstellung und der -darstellung überlappen sich allerdings. Live-Übertragungen von Plenumsdebatten aus dem Bundestag gehören sowohl zur Ebene der Politikherstellung als auch zur Politikdarstellung. Dieses Beispiel zeigt, dass wenn man Politik als die sozialen Interaktionen, die auf die Auswahl, Durchführung und Durchsetzung gemeinschaftlich bindender Entscheidungen ausgerichtet sind, definiert, so sind Politik und politische Kommunikation untrennbar miteinander verbunden.13 Politische Kommunikation ist somit der zentrale Mechanismus bei der Formulierung und Artikulation von politischen Interessen, sowie der Durchsetzung und Legitimierung politischer Entscheidungen.14 Es gibt viele Institutionen und Einzelpersonen, die politische Kommunikation betreiben.

[...]


1 Mike Friedrichsen, Roland A. Kohn (Hrsg.) Digitale Politikvermittlung. Chancen und Risiken interaktiver Medien, Wiesbaden 2015.

2 Edwin Czerwick: Ulrich Sarcinelli und die Anfänge der Politischen Kommunikationsforschung in Deutschland - Versuch einer Würdigung in: Edwin Czerwick (Hrsg.) Politische Kommunikation in der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2013. S.10.

3 s.v. „Politik“ In: Klaus Schubert/Martina Klein: Das Politiklexikon. Bonn 2011. Vgl.: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/18019/politik (14.04.2015).

4 Patrick Donges, Otfried Jarren: Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Wiesbaden 2011. S.16.

5 Vgl.: Ebd.

6 Ulrich von Alemann: Das Politische an der Politik - Oder: Wider das Verschwinden des Politischen. In: Karl Hinrichs, Herbert Kitschelt, Helmut Wiesenthal (Hrsg.): Kontingenz und Krise. Institutionenpolitik in kapitalistischen und postsozialistischen Gesellschaften. Claus Offe zu seinem 60. Geburtstag. Frankfurt 2000, S.103-117.

7 Patrick Donges, Otfried Jarren: Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Wiesbaden 2011. S.18.

8 Vgl.: Ebd.

9 Ulrich Sarcinelli: Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. Wiebaden 2011, S. 17.

10 Vgl.: Ebd. S.18.

11 Die genannten Definitionen von politischer Kommunikation aus unterschiedlicher Autorensicht sind abgedruckt bei Patrick Donges, Otfried Jarren: Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Wiesbaden 2011. S.18f.

12 Ulrich Sarcinelli: Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. Wiesbaden 2011, S. 269ff.

13 Patrick Donges, Otfried Jarren: Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Wiesbaden 2011, S.21.

14 Ebd.

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Die Entwicklung der politischen Kommunikation im 21. Jahrhundert
College
University of Cologne
Grade
1,7
Author
Year
2015
Pages
27
Catalog Number
V336897
ISBN (eBook)
9783656984757
ISBN (Book)
9783656984764
File size
662 KB
Language
German
Keywords
entwicklung, kommunikation, jahrhundert
Quote paper
Andreas Ratz (Author), 2015, Die Entwicklung der politischen Kommunikation im 21. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336897

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