Die Thematik von Tristan und Isolde wird vom öffentlichen Publikum anders wahrgenommen, als es in der Forschung der Fall ist. Dieser Umstand zeigt sich besonders bei Filmen, da dabei der Stoff sowohl interpretiert, als auch gekürzt werden muss, um eine gebräuchliche Vorstellung zu gewährleisten. Dieser Schritt sagt bereits sehr viel über die Umstände der Herstellung aus, da sie durch die Auswahl der Szenen zeigt, wo der Schwerpunkt des Inszenierenden ist und was er dem Betrachter näherbringen möchte.
Heute wird die Geschichte von Tristan und Isolde gerne neben Romeo und Julia als Sinnbild einer wahren Liebe betrachtet, doch ist dies nicht eine moderne Zuschreibung, die nichts mit der Vorlage aus dem 12. Jahrhundert zu tun hat? Diese Anschauung ist jedoch nicht neu. Ehebruch und gesellschaftlicher Druck bleiben ausgeblendet sowie rechtliche Folgen ihrer Liebe.
Es stellt sich also die Frage nach der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung oder genauer nach der höfischen Gesellschaftsordnung. War Tristan und Isolde das Ideal der mittelalterlich höfischen Liebe oder ist diese Interpretation neuerer Herkunft? Nachdem eine allgemeine Deutung zur Tristan-Version von Gottfried von Strassburg im Forschungsstand vorgestellt wurde, könnte eine genauere Betrachtung der höfischen Gesellschaft etwas mehr Einblick zu dieser Fragestellung gewähren.
Deshalb werden die neuesten Tristan-Verfilmungen Grundlage dieser Untersuchung. Sie sollen im Quervergleich aufzeigen, welche Elemente nach heutigen Massstäben als wichtig anzusehen sind und einen Vergleich zur höfischen Vorlage zulassen. Die letzten Kapitel widmen sich der Umsetzung der Buchvorlage im Film sowie speziell dem Minnetrank und dem Ende. Dieser nicht von Gottfried verfasste Part der Geschichte wird jedoch bereits im Prolog angedeutet, weshalb die gesamte Geschichte einem prädestinierten Ende entgegengeht. Dies und der Minnetrank als fremdes Element werden genauer betrachtet, um auch hier szenisch nachvollziehen zu können, was für Änderungen vorgenommen wurden, weshalb und ob dies aus moderner Notwendigkeit geschehen musste.
Die Filme haben durch ihre bescheidenen Erfolge gezeigt, dass sie nicht dem Geschmack der Massen entsprechen. Aber ob dies an der Inszenierung oder der fremden Geschichte liegt, gilt es zu hinterfragen. Somit soll sich zeigen, ob Tristan und Isolde eine mittelalterliche Geschichte bleiben muss, die zur Uninszenierbarkeit verurteilt wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsstand
- Êre und triuwe als handlungsbeeinflussende Elemente
- Der Minnetrank und die Inszenierung des Endes
- Die Umsetzung von mittelalterlichen Motiven im Film
- Fazit…........
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung des höfischen Ideals in der Tristan-und-Isolde-Geschichte und analysiert, wie dieses Ideal im Medium Film umgesetzt und übertragen wird. Die Analyse konzentriert sich auf die filmische Umsetzung des Stoffes und vergleicht diese mit der Vorlage von Gottfried von Strassburg.
- Die Rezeption der Tristan-und-Isolde-Geschichte im öffentlichen Bewusstsein und in der Forschung
- Die Rolle von Êre und triuwe als Handlungsmotive
- Die Umsetzung von mittelalterlichen Motiven im Film, insbesondere der Minnetrank und das Ende
- Die Inszenierbarkeit der Tristan-und-Isolde-Geschichte im modernen Film
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die unterschiedliche Wahrnehmung der Tristan-und-Isolde-Thematik in der Forschung und im öffentlichen Bewusstsein, insbesondere im Kontext der filmischen Adaptionen. Sie stellt die Fragestellung nach der Übereinstimmung der Darstellung im Film mit der mittelalterlichen höfischen Gesellschaft und deren Ideal in den Vordergrund.
- Forschungsstand: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung der Tristan-und-Isolde-Forschung und konzentriert sich auf die Problematik der Diskrepanz zwischen Minne und Pflicht. Es zeigt auf, wie verschiedene Forscher*innen die Tristan-Geschichte in ihrer Gesamtkonzeption und mit Fokus auf einzelne Aspekte interpretierten und wie diese Debatte in der Filmwissenschaft wiederaufgenommen wird.
- Êre und triuwe als handlungsbeeinflussende Elemente: Dieses Kapitel analysiert die Rolle von Êre und triuwe als Handlungsmotive in der Tristan-und-Isolde-Geschichte. Es soll Einblicke in die mittelalterliche höfische Gesellschaft und deren Werteverständnis geben, um die Handlungen der Charaktere im Buch zu verstehen.
- Der Minnetrank und die Inszenierung des Endes: Dieses Kapitel befasst sich mit der Inszenierung des Minnetranks und des Endes der Tristan-und-Isolde-Geschichte in der filmischen Umsetzung. Es analysiert, welche Änderungen im Vergleich zur Vorlage vorgenommen wurden und welche Gründe dafür sprechen könnten.
- Die Umsetzung von mittelalterlichen Motiven im Film: Dieses Kapitel betrachtet die Umsetzung der mittelalterlichen Motiven aus der Tristan-und-Isolde-Geschichte in den verschiedenen Filmadaptionen. Es soll gezeigt werden, welche Elemente als wichtig angesehen werden und wie diese in den heutigen Kontext übertragen werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen höfische Gesellschaft, Êre und triuwe, Minnetrank, mittelalterliche Motive, Film und Inszenierung, Tristan und Isolde, Gottfried von Strassburg, Filmadaptionen und mittelalterliche Literatur.
- Quote paper
- Benjamin Kettner (Author), 2016, Das höfische Ideal in "Tristan und Isolde". Darstellung und Übertragung im Medium Film, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337097