In vielfachen Diskursen wurde versucht, der Frage, was als normal oder pathologisch gilt und wo deren Grenzen liegen, mit einer allgemeingültigen Antwort zu begegnen. Diese Frage kann dennoch in verschiedenen Kontexten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. So kann zum Beispiel ein bestimmtes Verhalten, das innerhalb öffentlicher Institutionen wie der Schule als normal gilt, in einem anderen Kontext, etwa einer partnerschaftlichen Beziehung, durchaus fehl am Platz sein und als anormal gewertet werden; beispielsweise die höfliche Anrede „Sie“. In der vorliegenden Arbeit stütze ich mich auf die Theorie in der von dem französischen Philosophen Georges Canguilhem verfassten Schrift „Das Normale und das Pathologische“ aus dem Jahre 1943. Die hier aufgestellten Theorien über Normalität und Pathologie sollen als Arbeitsgrundlage dienen, um beispielhaft das Verhältnis von normal und pathologisch im Bereich der Psychiatrie aufzuzeigen.
Canguilhem nimmt eine Determination der Begriffe „normal“ und „pathologisch“ vor und darüber hinaus des „Anormalen“, sowie der Begriffe „Gesundheit“ und „Krankheit“, die ich im Folgenden darstellen möchte. Ich werde in dieser Schrift der Frage nachgehen, inwieweit sich die zuvor gelisteten Begriffsbestimmungen Canguilhems auf die Psychiatrie übertragen lassen: Was ist nach Canguilhem als „psychisch gesund“ bzw. „krank“ zu verstehen? Was heißt es, „psychisch normal“ zu sein? Abschließend werde ich eine persönliche Bewertung der Betrachtungsweise des Verhältnisses von „normal“ und „pathologisch“ in der Psychiatrie treffen und aufzeigen, welche weiterführenden Aspekte in der psychiatrischen Debatte von „normal“ und „pathologisch“ beachtet werden sollten, um eine umfassendere Sichtweise zu erhalten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Fragestellung – Grundlagen zum Begriff des Normalen und Pathologischen nach Canguilhem
- Physiologie = Gesundheit - Pathologie Krankheit
- Normalität und Anormalität
- Übertragung der Begriffe „normal“ und „pathologisch\" bzw. „gesund“ und „krank“ auf die Psychiatrie
- Das „psychisch Normale“, das Individuum und die Gesellschaft
- Was heißt,,psychisch krank\" bzw. „psychisch gesund\"?
- „Das Normale und das Pathologische“ in der Psychiatrie - Ein Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie sich die von Georges Canguilhem entwickelten Theorien über Normalität und Pathologie auf den Bereich der Psychiatrie übertragen lassen. Sie untersucht, wie Canguilhem die Begriffe „normal“ und „pathologisch“ sowie „Gesundheit“ und „Krankheit“ bestimmt und welche Bedeutung diese für die Definition von „psychisch normal“ und „psychisch krank“ haben.
- Canguilhems Definition von Normalität und Pathologie aus biologischer und medizinischer Sicht
- Übertragbarkeit dieser Definitionen auf die Psychiatrie
- Unterscheidung zwischen „psychisch normal“ und „psychisch krank“
- Bedeutung des Bewusstseins für den Krankheitsbegriff
- Kritik an quantitativen Definitionen von Krankheit und Gesundheit
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung und Fragestellung – Grundlagen zum Begriff des Normalen und Pathologischen nach Canguilhem Dieses Kapitel stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert die theoretischen Grundlagen aus Canguilhems Schrift „Das Normale und das Pathologische“. Es werden die zentralen Begriffe „Normalität“, „Pathologie“, „Gesundheit“ und „Krankheit“ aus Canguilhems Sichtweise eingeführt.
- Kapitel 1.1: Physiologie = Gesundheit - Pathologie Krankheit Dieses Kapitel analysiert Canguilhems Ansatz zur Unterscheidung zwischen Physiologie und Pathologie. Es wird deutlich, dass die Krankheit nicht als quantitative Abwandlung des physiologischen Zustandes, sondern als eigenständige Kategorie verstanden wird. Die Bedeutung des Bewusstseins für die Definition von Krankheit wird hervorgehoben.
- Kapitel 2: Übertragung der Begriffe „normal“ und „pathologisch\" bzw. „gesund“ und „krank“ auf die Psychiatrie In diesem Kapitel wird untersucht, ob und wie sich Canguilhems Definitionen auf die Psychiatrie übertragen lassen. Es wird diskutiert, wie die Begriffe „psychisch normal“ und „psychisch krank“ im Lichte von Canguilhems Theorie zu verstehen sind.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Begriffe Normalität, Pathologie, Gesundheit, Krankheit, Psychiatrie, psychisch normal, psychisch krank, Georges Canguilhem, Physiologie, Bewusstsein, individuelle Norm.
- Citation du texte
- Henriette Frädrich (Auteur), 2013, Canguilhems "Das Normale und das Pathologische". Anwendung auf die Psychiatrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337297