Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung

Feedbackkultur an beruflichen Schulen in Hamburg


Masterarbeit, 2015

84 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Intention
1.2 Vorgehensweise

2 Qualitätsmanagement und -sicherung an Berufsschulen
2.1 Begrifflichkeit und Definition
2.2 Systeme des Qualitätsmanagements
2.2.1 Die Norm DIN EN ISO 9000 ff
2.2.2 Total Quality Management (TQM)
2.2.3 Das EFQM-MODELL
2.2.4 Weitere Qualitätsmanagementmodelle
2.3 Aufgaben des Qualitätsmanagements an Hamburger Schulen
2.4 Unterrichtsqualität und Schülerzufriedenheit
2.5 Maßnahmen zur Unterstützung der Lehrkräfte

3 Schülerfeedback
3.1 Begrifflichkeit und Definition
3.2 Bedeutung des Schülerfeedbacks
3.2.1 Bedeutung des Feedbacks für die Lernenden
3.2.2 Bedeutung des Feedbacks für die Lehrenden
3.3 Methoden des Schülerfeedbacks
3.4 Regelungen zum Schülerfeedback an Hamburger Berufsschulen
3.5 Probleme mit Schülerfeedback aus der Perspektive der Lehrkräfte
3.5.1 Die Fehlende Ausbildung der Lehrkräfte
3.5.2 Die Angst vor Überwachung
3.5.3 Ergebnisverfälschende Einflussfaktoren
3.5.4 Die starke Belastung der Lehrkräfte
3.5.5 Die fehlende Einheitlichkeit

4 Empirischer Teil
4.1 Untersuchungsdesign
4.1.1 Ziel der Untersuchung
4.1.2 Untersuchungsfeld
4.1.3 Untersuchungsmethode
4.2 Dokumentation und Auswertung
4.2.1 Aufbereitung des Interviewmaterials
4.2.2 Auswertungsverfahren
4.2.2 Gütekriterien
4.3 Interpretation der Ergebnisse
4.3.1 Bedeutung des Schülerfeedbacks für Lernende und Lehrende
4.3.2 Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung
4.3.3 Gelebte Feedbackkultur an beruflichen Schulen in Hamburg
4.3.4 Unterstützungsmaßnahmen für die Lehrkräfte
4.3.5 Probleme mit dem Schülerfeedback und ihre Lösungen
4.4 Fazit

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang 1: Interviewleitfaden

Anhang 2: Kategoriensystem

Abstract

Die vorliegende Masterarbeit widmet sich dem Thema „Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung - Feedbackkultur an beruflichen Schulen in Hamburg“. Die Arbeit soll Aufschluss darüber geben, ob Schülerfeedback einen notwendigen Bestandteil des Qualitätsmanagements an beruflichen Schulen in Hamburg darstellt. Es soll herausgefunden werden, welchen Mehrwert es für die Lehrenden und Lernenden an den beruflichen Schulen hat. Außerdem wird auf Probleme der Lehrkräfte im Umgang mit Schülerfeedback eingegangen und es werden Lösungsansätze für deren Überwindung gesucht. Am Anfang der Arbeit wird das Themengebiet unter Einbezug von theoretischer Fachliteratur und aktuellen Veröffentlichungen beleuchtet. Im Anschluss erfolgt eine empirische Auseinandersetzung mit der Fragestellung in Form von ausgewerteten Experteninterviews. Die Auswertung erfolgt nach Mayring durch die qualitative Inhaltsanalyse unter Inanspruchnahme der computergestützten Software Maxqda.

The following master exam attends to the topic “Schülerfeedbackals Instrument der Qualitätssicherung - FeedbackkulturanberuflichenSchulen in Hamburg”. This exam is supposed to give information, whether feedback from students is a necessary part of quality management at schools in Hamburg or not. It is to be found out, which kind of additional value the feedback has for the teachers and students. Additionally the work responds to problems concerning the proper handling with feedback of students and tries to find solutions for the overcoming of named problems. The beginning of the exam takes a look at the topic under consideration of theoretical literature and current publications. An empirical analysis considering the evaluated professional interviews follows. The analysis is based on “Mayring” through the qualitative analysis of content executed with the computer based software “Maxqda”.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: TQM-Modell (Kamiske, 2013, S. 3)

Abbildung 2: EFQM-Modell (Kotter, 2005, S. 11)

Abbildung 3: Input-Prozess-Output-Modell (Beyer, Marcinkiewicz &
Schönekerl, 2011, S. 25)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Interviewpartner (eigene Darstellung)

1 Einleitung

1.1 Intention

Diese Arbeit soll Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung an beruflichen Schulen betrachten.

In der Schule gilt es als selbstverständlich, dass die Lehrkräfte die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler[1] bewerten. Das Erscheinen der ersten PISA-Ergebnisse und die darauf folgende sogenannte „empirische Wende“ haben jedoch dafür gesorgt, dass auch die Leistungen von Schulen bewertet werden(vgl. Rabe, 2012, S. 6; Reese, 2013, S. 11). Es wird nun ein wesentlich größerer Fokus auf die Intensivierung des Qualitätsmanagements (QM) in Zusammenhang mit gutem Unterricht gelegt (vgl. Reese, 2013, S. 11). Auch und gerade die beruflichen Schulen können sich dieser Entwicklung nicht entziehen.

Wirft man einen Blick auf die freie Wirtschaft, so fällt auf, dass so gut wie jedes Wirtschaftsunternehmen ein QMhat und in den meisten Dienstleistungsbetrieben die Bewertung der Qualität der geleisteten Arbeit durch die Kunden an der Tagesordnung ist. Berufliche Schulen sind in diesem Sinne auch Dienstleister, der Unterricht stellt das Kerngeschäft der Schulen dar, und damit verbunden ist auch die pädagogische Arbeit der Lehrkräfte (vgl. Reese, 2013, S. 10). Im Vergleich zu wirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen ist die Kundenzufriedenheit jedoch nicht im selben Ausmaß Bezugspunkt für eine Qualitätsbestimmung in beruflichen Schulen, da der gewohnte Kundenbegriff der Komplexität der pädagogischen Arbeit zu wenig Rechnung trägt (vgl. Berufliche Schule für Spedition, Logistik & Verkehr, 2014). So sind Schüler nicht nur Konsumenten, sondern auch Co-Produzenten und letztendlich auch Produkte des schulischen Leistungserstellungsprozesses. Darüber hinaus formulieren nicht nur Schüler Ansprüche an die beruflichen Schulen, sondern auch die dualen Ausbildungspartner, die Eltern, die Schulbehörde oder andere Kooperationspartner (vgl. Berufliche Schule für Spedition, Logistik & Verkehr, 2014). Diese Arbeit widmet sich jedoch ausschließlich den Ansprüchen, die Schüler an ihre Lehrer haben. Es soll daher untersucht werden, ob Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung geeignet ist.

Die Schule als Dienstleistungsorganisation wird sich der Diskussion um die Qualitätssicherung nicht entziehen können. Die Qualität der Schulen ist zu allererst im Unterricht festzustellen und die Qualitätssicherung der Schulen muss sich daher besonders auf diesen Bereich fokussieren(vgl. Herrmann & Höfer, 1999, S. 7). Um die Qualität der Berufsschulen und insbesondere die Unterrichtsqualität zu erhöhen, bietet es sich also an, von seinen Kunden, den Schülern, ein Feedback einzuholen. Viele Lehrkräfte fühlen sich dadurch jedoch unter Druck gesetzt. Begrifflichkeiten wie Qualitätssicherung, Führung, Steuerung sowie Zielvereinbarungen führen bei Lehrkräften häufig zu Widerständen, ohne dass klar ist, welche Gründe für diesen Widerstand vorliegen. Oftmals wird versucht, mit einem fehlerhaften Verständnis von „pädagogischer Freiheit“, zielgerichteten, ergebnisorientierten und rechenschaftspflichtigen Aufgaben, wie die Lehrer sie an der Schule zu leisten haben, aus dem Weg zu gehen (vgl. Berger, 2013, S. 48). Diese Arbeit erhebt deshalb den Anspruch, die Probleme der Lehrkräfte mit dem Schülerfeedback zu beleuchten und Lösungsmöglichkeiten hierfür aufzuzeigen.

Obschon das Spektrum an wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Qualitätssicherung und -entwicklung an Schulen weit gefächert ist, stellt die fundierte Darstellung des Schülerfeedbacks als Instrument der Qualitätssicherung an beruflichen Schulen in Hamburg und die damit einhergehenden Chancen und Risiken für Schüler und Lehrkräfte einen noch zu leistenden Beitrag in dieser Diskussion dar. Diese Arbeit stellt deshalb die Frage: Ist Schülerfeedback ein notwendiger Bestandteil der Qualitätssicherung an beruflichen Schulen in Hamburg?

1.2 Vorgehensweise

Um die Frage zu klären, ob Schülerfeedback ein notwendiger Bestandteil der Qualitätssicherung an beruflichen Schulen in Hamburg ist, muss zunächst geklärt werden, was sich hinter dem Begriff der Qualitätssicherung verbirgt. Aus diesem Grund widmet sich das Kapitel 2 dieser Arbeit dem Qualitätsmanagement und der Qualitätssicherung an beruflichen Schulen in Hamburg. Es werden zunächst in Abschnitt 2.1 die grundlegenden Begrifflichkeiten wie Qualitätsmanagement und -sicherung erläutert und auf die Schul- und Unterrichtsqualität bezogen. Darauf aufbauend werden in Abschnitt 2.2 die wichtigsten Qualitätsmanagementsysteme vorgestellt, die in den beruflichen Schulen in Hamburg zur Qualitätssicherung beitragen sollen. In Abschnitt 2.3 wird dann konkret auf die Aufgaben des QM der beruflichen Schulen in Hamburg eingegangen. Einer der größten Schwerpunkte des QM an beruflichen Schulen liegt auf der Sicherung der Unterrichtsqualität und der Schülerzufriedenheit, weshalb sich in Abschnitt 2.4 alles um diese Themen dreht. In Abschnitt 2.5 werden anschließend die Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen beleuchtet, welche die Lehrkräfte zur Unterstützung im Umgang mit Qualitätssicherungsinstrumenten und insbesondere mit dem Schülerfeedback erhalten.

Nachdem alle relevanten Aspekte der Qualitätssicherung an beruflichen Schulen in Hamburg beleuchtet wurden, beschäftigt sich Kapitel 3 dieser Arbeit schwerpunktmäßig mit dem Schülerfeedback als Instrument eben dieser Qualitätssicherung. Auch hier wird in Abschnitt 3.1 zuerst eine Begriffsklärung vorgenommen, bevor in Abschnitt 3.2 die Bedeutung des Schülerfeedbacks einerseits für die Lernenden und andererseits für die Lehrenden dargestellt wird. Abschnitt 3.3 soll dann einen kleinen Überblick über verschiedene Feedbackmethoden geben, wobei hier anzumerken ist, dass das Repertoire an Möglichkeiten nahezu grenzenlos ist und daher nur die wichtigsten und gängigsten Methoden in dieser Arbeit vorgestellt werden können. Es stellt sich nunmehr die Frage, wie der Umgang mit dem Schülerfeedback an den Hamburger Berufsschulen geregelt ist. Mit dieser Thematik beschäftigt sich Abschnitt 3.4. Aus Regeln und Vorschriften entstehen aber immer auch Wiederstände. Auf diesen Aspekt wird im darauffolgenden Abschnitt 3.5 eingegangen. Hier geht es um die Probleme, welche die Lehrkräfte beim Umgang mit Schülerfeedback haben. Neben einer fehlenden Ausbildung spielt hier die Angst vor der Überwachung eine große Rolle. Auch die Verfälschung der Ergebnisse durch verschiedenste Einflussfaktoren führen zu Problemen. Hinzu kommen die starke Belastung der Lehrkräfte sowie der Aspekt, dass es kein einheitliches Feedbacksystem an den Schulen gibt.

Für all diese Probleme und für die anfangs gestellte Forschungsfrage, ob Schülerfeedback ein notwendiges Instrument der Qualitätssicherung sei, soll das folgende Kapitel 4 eine Antwort bieten. Es handelt sich hier um den empirischen Teil dieser Arbeit. In Abschnitt 4.1 wird zunächst das Untersuchungsdesign beschrieben, worunter die Ziele der Untersuchung, das Untersuchungsfeld und die Untersuchungsmethode fallen. Abschnitt 4.2 gibt darauf aufbauend Auskunft über die Art und Weise, wie die gesammelten Daten dokumentiert und ausgewertet wurden und macht Angaben dazu, ob und warum die Untersuchung den Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität genügt. In Abschnitt 4.3 werden die aus der Untersuchung gewonnenen Ergebnisse schließlich interpretiert und ein Fazit gezogen, welches die Fragestellung dieser Arbeit beantwortet und eine Handlungsempfehlung für die beruflichen Schulen in Hamburg bereithält. Zum Ende dieser Arbeit findet in Kapitel 5 eine Schlussbetrachtung statt.

2 Qualitätsmanagement und -sicherung an Berufsschulen

2.1 Begrifflichkeit und Definition

Es wird an dieser Stelle die Frage beantwortet, was Qualitätsmanagement und -sicherung und was Schul- und Unterrichtsqualität beinhalten. Bevor der Begriff des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung definiert werden kann, muss erst einmal geklärt werden, was unter dem Qualitätsbegriff zu verstehen ist.

Qualität im alltäglichen Gebrauch wird meist mit Schlagwörtern wie Leistung und Nachhaltigkeit assoziiert. Abgeleitet vom lateinischen Wortstamm „qualis“, welcher „wie beschaffen“ bedeutet, ist er grundsätzlich wertneutral, heute aber meist positiv als Synonym für „gute Qualität“ besetzt(vgl. Vorest AG, 2011;Zech, 2015, S. 1). Diese Konnotation zeigt eine starke gesellschaftliche Komponente. Trotzdem bleibt in der modernen Gesellschaft wie im Berufsbildungssystem der Begriff Qualität nicht eindeutig definierbar, nicht zuletzt aufgrund der ursprünglichen Wertneutralität. Möchte man nun der Qualität eine zusammenfassende Bedeutung geben, entspricht sie der Güte aller Eigenschaften eines Objekts, Systems oder Prozesses(vgl. Vorest AG, 2011).

Nun soll der Qualitätsbegriff mit dem des Managements zusammengebracht werden, um QM definieren zu können. Das aus der englischen Sprache übernommene Wort „managen“ (deutsch: handhaben) umfasst Aktivitäten wie Planung, Durchführung, Organisation und Realisierung diverserer Prozesse. Die offizielle Aufnahme in die deutsche Sprache und in Wörterbücher, wie unter anderem den Duden, zeigt den hohen Stellenwert, welchen die Gesellschaft dem Managen beimisst. Mit Blick auf die oben genannte Definition der Qualität geht es beim QM demnach um das Management der Güte eines Objekts, Systems oder Prozesses.

Nach Zech (2015, S. 1) ergibt sich hier die Problematik aufgrund der Konnotationen des Managements wie „Kompetenz, Effizienz und Qualität“, wobei der Qualitätsbegriff nicht klar klassifiziert ist. Eine hohe Erwartungshaltung vonseiten der Gesellschaft wird demnach mit QM impliziert. Zugunsten einer wertfreien Definition soll dieser hohe Anspruch vorerst vernachlässigt, beziehungsweise die Bedeutung auf Folgendes festgelegt werden: QM entspricht „systematisch gesteuerte[m] Wandel“(Scheile & Tränkmann, 2008a, S. 6). Demnach stellt die Qualitätssicherung ein auf Dauer gestelltes System dar, dass diesen „systematisch gesteuerte[n] Wandel“ erhalten soll (vgl. Ditton, 2002, S. 1).

Die Institution Schule befindet sich heutzutage inmitten verschiedener Wandlungsprozesse. Diverse Änderungen wie dem erhöhten Anspruch an den Bildungs- und Erziehungsauftrag, in familiären Strukturen oder den schulischen Rahmenbedingungen verlangen Reaktionen. Somit steht die Institution vor der Herausforderung, schnelle und flexible Maßnahmen zu finden, mit denen professionell interveniert, im besten Fall jedoch die Wandlungsprozesse bereits gesteuert werden können.

Qualität bedeutet im schulischen Rahmen, orientiert an Vorest AG (2011), die Güte aller Eigenschaften eines Systems. Das System Schule betreffen viele Eigenschaften, weshalb die Güte von Unterricht, inner- und außerschulischen Kooperationen und die individuelle Entwicklung von Schülern und Lehrkräften geprüft werden muss (vgl. Scheile & Tränkmann, 2008a, S. 6).

Weiterhin kann Schulqualität aus den verschiedensten Perspektiven definiert werden. Da sich diese Arbeit insbesondere mit dem Schülerfeedback zur Unterrichtsqualität auseinandersetzt, wird hier sozusagen die „Nutzerperspektive“ eingenommen. Denn Schüler sind die Nutzer von Dienstleistungen, die die Lehrkräfte ihnen gegenüber erbringen (vgl. Reese, 2013, S. 15).

Mit dem Fokus auf berufliche Schulen soll das QM hier kurz gesondert skizziert werden. Es zielt vorrangig darauf ab, dass alle professionellen Akteure in der Schule, Lehrer und auch anderes pädagogisches Personal sich der Qualität der schulischen Arbeit vergewissern und die Ergebnisse hieraus dazu nutzen, um die pädagogische Arbeit zu verbessern (vgl. Hader-Popp, Huber& Schneider, 2014, S. 15). Das QM umfasst also einerseits qualitätssichernde Maßnahmen, wie beispielsweise die Evaluation des Unterrichts, als auch andererseits Maßnahmen der Qualitätsentwicklung, wie beispielsweise die anschließende Optimierung dieses Unterrichts (vgl. Hader-Popp, Huber& Schneider, 2014, S. 15).

Zur Sicherung der Schulqualität, welche die Unterrichtsqualität mit einschließt, bieten sich verschiedene Systeme für das QM an. Die wichtigsten unter ihnen werden im folgenden Abschnitt erläutert.

2.2 Systeme des Qualitätsmanagements

2.2.1 Die Norm DIN EN ISO 9000 ff.

Auf den vorherigen Seiten wurde die Problematik einer umfassenden Definition sowohl von Qualität als auch ihres Managements deutlich. Um dieser nun gerecht zu werden, ist eine Norm, eine „fixe, unveränderlich definierte technische Größe“ (Zech, 2015, S. 7), unumgänglich.

Erstmals 1987 veröffentlicht, handelt es sich bei DIN EN ISO 9000 ff. um eine Normfamilie, welche die Grundlage für Qualitätsmanagementsysteme und die zentralen Begriffe des QM beschreibt (vgl. Reese, 2013, S. 20). Sie definiert lediglich Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme und verzichtet auf inhaltliche Vorgaben oder Ergebnisüberprüfungen (vgl. Reese, 2013, S. 20). Ihre drei Einzelnormen (DIN EN ISO 9001 : 2008, 9000 : 2005, 9004 : 2009) bestehen aus den definierten Anforderungen an ein QM, grundlegenden Erläuterungen zum QM und Leitlinien für Organisationen für nachhaltigen Erfolg.

Ziel ist es, das QM mithilfe der Normierung an den herrschenden Organisationskontext, in diesem Fall der Institution Schule, optimal anzupassen und umzusetzen. Wichtig dabei ist die „ständige Verbesserung von Prozessen, die auf der Grundlage objektiver Messungen stattfinden soll“(Zech, 2015, S. 9).

Die acht Grundsätze des QM (ISO 9000 : 2005) beinhalten Kundenorientierung, Führung, Einbeziehung der Person, einen prozessorientierten Ansatz, einen systemorientierten Managementansatz, ständige Verbesserung, einen sachbezogenen Ansatz zur Entscheidungsfindung und die Lieferantenbeziehung zum gegenseitigen Nutzen. Eine vollständige Erläuterung jedes Grundsatzes ist im Rahmen dieser Arbeit zu weitläufig. Jedoch ist festzuhalten, dass diese Norm, obwohl sehr wirtschaftlich definiert, auch an das System Schule anzupassen ist. Lediglich die Kundenorientierung sollte eher als Schülerorientierung verstanden werden.

Positiv an der Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ff. ist die Prozessorientierung, auf die seit der Revision im Jahre 2000 der Fokus im QM liegen soll. Trotzdem birgt diese Normierung die Gefahr, dass das QM zu einem rein „technokratischen Akt“ verkommt, was gerade bei Mitarbeitern im Bildungsbereich zu einer Ablehnung gegen jegliches QM führen kann (vgl. Reese, 2013, S. 21). Qualitätsinitiativen können nur dann erfolgreich sein, wenn sie zur Firmenkultur passen und alle Betroffenen mit einbeziehen (vgl. Reese, 2013, S. 21). Der Total-Quality-Management-Ansatz berücksichtigt diese Faktoren und wird im folgenden Absatz näher erläutert.

2.2.2 Total Quality Management (TQM)

Der Begriff des TQM, dessen Modell Mitte der 80er Jahren erstmals entwickelt wurde, kann mit „umfassendes Qualitätsmanagement“(Kamiske, 2013, S. 1)übersetzt werden. Sein Schwerpunkt ist die Integration aller Mitglieder einer Organisation in die Qualitätsentwicklung und entspricht damit der Definition der DIN EN ISO 9000 ff. unter dem Punkt „Aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zur Leitung und Lenkung einer Organisation unter Teilnahme aller ihrer Mitglieder“(Kamiske, 2013, S. 1).

In der folgenden Abbildung werden die Säulen des TQM beschrieben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: TQM-Modell (Kamiske, 2013, S. 3).

Das T für „Total“ schließt alle Mitarbeiter ein und löst sich vom isolierten Funktionsbereich, indem es auch den Kunden integriert (vgl. Kamiske, 2013, S. 2). Das Q für „Quality“ steht für die Qualität aller Funktionsbereiche und führt somit zur automatischen Qualität des Produkts. „Management und Führungsqualität“ werden durch das M repräsentiert. Mit hoher Qualität im Management können auch Team- und Lernfähigkeit gefördert werden. Im Fokus des TQM steht die Qualität auf jeder Ebene – alle Maßnahmen, die vorgenommen werden, haben die Optimierung dieser zum Ziel (vgl. Kamiske, 2013, S. 7).

Mittlerweile haben zahlreiche Unternehmen mit der Einführung des TQM angefangen. Da beim TQM nicht nur Personen aus der Führungsebene, sondern auch Mitarbeiter sowie Kunden und Partner an den Qualitätsmanagementprozessen beteiligt sind, kann es leichter auf andere Kontexte angewandt werden (vgl. Reese, 2013, S. 21). Auf die berufliche Schule übertragen heißt dies, dass neben Lehrkräften, Schulleitung und anderen pädagogischen Mitarbeitern auch die Schüler berücksichtigt werden müssen (vgl. Reese, 2013, S. 21).

Wie der Ansatz des TQM praktisch umgesetzt werden kann, wird im folgenden Abschnitt anhand des EFQM-Modells gezeigt.

2.2.3 Das EFQM-MODELL

Das 1989 von verschiedenen Wirtschaftsunternehmen entwickelte Modell der European Foundationof Quality Management for Business Excellence (EFQM) stellt eine praktische Umsetzung des TQM-Ansatzes dar (vgl. Reese, 2013, S. 25). Es soll einen Kriterienrahmen für die ganzheitliche Bewertung von Unternehmen und Organisationen herstellen, der auf jedes System mit dem Ziel der Qualitätssicherung angewandt werden kann (vgl. Zech, 2015, S. 14). So kann das Modell auch für Schulen, beispielsweise im Orientierungsrahmen Schulqualität, geltend gemacht werden.

Anders als das DIN EN ISO 9000 ff. stellt das EFQM-Modell kein Zertifizierungsmodell dar, sondern einen „Ansatz zur Selbstbewertung, auf dessen Basis besondere, exzellente Leistungen durch einen Preis ausgezeichnet werden, damit andere Organisationen (…) davon lernen können“ (Zech, 2015, S. 14). Demnach verfolgt es eine ganzheitliche Qualitätsentwicklung.

Das EFQM-Modell skizziert „Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen dem Handeln der Organisation und den daraus resultierenden Ergebnissen“ (Zech, 2015, S. 17). Es benennt neun Kriterien, welche wiederum in 32 Teilkriterien genauer differenziert werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: EFQM-Modell(Kotter, 2005, S. 11).

Die fünf sogenannten Befähigerkriterien erfassen Leistungsvoraussetzungen, die vier Ergebniskriterien beziehen sich auf Leistungserfolge. Beide Oberkriterien stehen in Wechselbeziehung zueinander, da die Befähiger Ergebnisse erzielen, die wiederum für Qualitätsverbesserung und -sicherung nutzbar gemacht werden (vgl. Zech, 2015, S. 18). So entsteht ein Qualitätskreislauf.

Eine detaillierte Darstellung der 32 Teilkriterien würde über den Rahmen und den Fokus dieser Arbeit hinausgehen. Stattdessen soll eine Übertragung auf die Institution Schule erfolgen.

Im Leitfaden „Unsere Schule auf dem Weg in die Zukunft. Schulentwicklung nach dem EFQM-Modell“ von Kotter (2005) werden die Kriterien konkret auf das Schulwesen bezogen und neben Schritten zur Selbstbewertung Tipps zur Erstellung von Fragebögen gegeben. Ein stark formalisierter Qualitätsrahmen bietet dabei die Basis. Da das gesamte System mit seinen komplexen Qualitätsprozessen in den Blick genommen werden soll, werden sowohl der gegenwärtige Istzustand berücksichtigt als auch anschließend Verbesserungsmaßnahmen geplant und umgesetzt. Daran schließt sich die Überprüfung der Methoden und ihrer Wirksamkeit an und möglicherweise die Zertifizierung. Größte Verantwortung liegt dabei bei der Schulleitung, die den gesamten Prozess kontrollieren muss. Weiterhin gibt es sogenannte „Kriterienteams“, welche die Selbstbewertung durchführen, und Lehrkräfte, die die Qualitätsprojekte anleiten (vgl. Scheile & Tränkmann, 2008b, S. 9). Externe, professionelle Teamer führen die handelnden Personen der Schule in das Modell ein und stehen zur Beratung zur Verfügung. Trotz der klar definierten Kriterien gibt das EFQM-Modell keine inhaltlichen Vorgaben. Ein Gesamteindruck über die Prozesse der Schule wird herausgearbeitet, indem der Istzustand mit einem imaginierten Best-Zustand verglichen wird und Maßnahmen zur Verbesserung aufbereitet werden. Optimale Umsetzung bietet das Modell, wenn die Schule es geschafft hat, durch Selbstevaluation ihr individuelles Entwicklungspotenzial und exzellente Bereiche herauszuarbeiten (vgl. Scheile & Tränkmann, 2008b, S. 32).

2.2.4 Weitere Qualitätsmanagementmodelle

Qualität durch Entwicklung und Evaluation (Q2E)

Ähnlich zum EFQM versteht auch das Q2E Qualität als ganzheitlichen Begriff und sich selbst als Lern- und Feedbacksystem. Ausschließlich für die Schule entwickelt, findet es in beruflichen Schulen seine Anwendung. Dabei wird ein Qualitätsrahmen vorgeschlagen, der inhaltlich von der jeweiligen Schule gefüllt wird (vgl. Scheile & Tränkmann, 2008b, S. 20). So steht „der Unterricht als pädagogischer Kernprozess im Mittelpunkt der Qualitätsentwicklung“ (Lehmann, 2008, S. 36). Durch das Ziel des ganzheitlichen QM trägt das Q2E zu einer „kontinuierlichen Qualitätsverbesserung“ bei und stützt sich dabei auf vier Pfeiler: eine starke Schulleitung, die persönliche Entwicklung der Lehrkräfte dank Individualfeedback, die Schule selbst anhand innerer Evaluation sowie externe Evaluation(vgl. Lehmann, 2008, S. 36).Q2E wird von vielen beruflichen Schulen in Hamburg genutzt.

Lernerorientierte Qualitätstestierung für Schulen (LQS)

Abgeleitet vom LQ, der Lernerorientierten Qualitätstestierung, welche ursprünglich für den Weiterbildungsbereich (LQW) entwickelt wurde, findet sich das Modell mittlerweile auch in Schulen (LQS) und Kindertagesstätten (LQK) wieder. Im Vordergrund des Lernkonzepts LQ stehen der Lernende und sein Lernprozess (vgl. Bülow-Schramm, 2006, S. 36). Somit verfolgt die LQS ähnliche Ansprüche wie das TQM und EFQM. Die LQS ist ergebnisorientiert, denn nicht die Qualität des QM soll beurteilt werden, sondern das erfolgreiche Lernen der Schüler(vgl. Bülow-Schramm, 2006, S. 36). Demnach steht die Kontextgestaltung einer Lernsituation für die Lernenden an erster Stelle und verknüpft so „Qualitäts- und Organisationsentwicklung“ (Bülow-Schramm, 2006, S. 37). Diese erfolgt anhand einer Selbstevaluation in zwölf Qualitätsbereichen, darunter Lehr- und Lernprozesse, Infrastruktur, Führung und externe Kooperationen.

Qualitätszentrierte Schulentwicklung (QZE)

Das übergreifende Konzept der QZE legt im schulischen QM keine konkreten Schwerpunkte. Stattdessen sollen geltende schulische Prozesse aufgegriffen und in einen nachhaltigen Prozess transformiert werden (vgl. Scheile & Tränkmann, 2008b, S. 10). Es berücksichtigt damit alle herrschenden Schritte des QM gleichermaßen und gliedert sich in drei Bereiche der Schulentwicklung: Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung. Für die Durchführung werden Materialien wie Checklisten und Fragebögen verwendet, jedoch keine Inhalte vorgegeben. Somit ist die QZE ein beschreibendes System, das sich je nach Schule und Schulform angleicht und einen eigenen „länderspezifischen Qualitätsrahmen“ (Scheile & Tränkmann, 2008b, S. 11) herausarbeiten will. Dieser soll später zur Erarbeitung eines Qualitätsleitbildes dienen. Demnach laufen zwar Einführung, Durchführung und Protokollierung unter Leitung eines Qualitätsentwicklungsteams ab, inhaltliche Ansprüche und Standards werden jedoch vom internen Schulpersonal in Zusammenarbeit mit Schülern, Eltern und Betrieben abgestimmt.

Selbstevaluation in Schulen (SEIS)

Das standardisierte Instrumentarium zur Selbstevaluation von Schulen ist, anders als die anderen skizzierten Modelle, kein QM-System. Es legt den Fokus auf den Istzustand der Qualitätsentwicklung, greift jedoch nicht sofort in den langfristigen Prozess zur Qualitätssicherung und -optimierung ein (vgl. Scheile & Tränkmann, 2008b, S. 38). Die Resultate sollen einer systematischen Evaluation dienen, welche die Kompetenzen und Schwächen der jeweiligen Schule heraus arbeitet.

Nachdem SEIS im Jahre 2008 wissenschaftlich überarbeitet wurde, haben es mittlerweile 3.800 Schulen deutschlandweit genutzt. Da es sich um ein reines Selbstevaluationsinstrument handelt, kann es auch international angewendet werden. Quantitative Daten werden durch standardisierte Befragungsmethoden erhoben und durch Evaluationsberichte ausgewertet. Diese bilden eine Grundlage, um weitere Schulentwicklungsmaßnahmen zu erarbeiten.

2.3 Aufgaben des Qualitätsmanagements an Hamburger Schulen

Die Qualitätssicherung und -entwicklung an Schulen steht im engen Zusammenhang mit dem Einsetzen des reforminduzierten Qualitätsbooms Mitte der neunziger Jahre. Die Qualitätssicherung an Schulen unterliegt seit dem einem ständigen Veränderungsprozess, welcher von einer inputorientierten hin zu einer prozess- und ergebnisorientierten Steuerung geführt hat (vgl. Müller-Neuendorf & Obermaier, 2010, S. 10). Eine erweiterte Eigenständigkeit und Qualitätsverantwortung der Schulen und die damit einhergehende Einführung von Selbst- und Fremdevaluation sind aus diesem Veränderungsprozess entstanden und machen ein strukturiertes QM zu einem unverzichtbaren Instrument für den Aufbau von Qualität an Schulen (vgl. Müller-Neuendorf & Obermaier, 2010, S. 10).

Das QM der beruflichen Schulen besteht zumeist aus einer Gruppe von Lehrkräften (sog. Steuergruppen), die sich mit den unterschiedlichsten Handlungsfeldern befasst. Diese Handlungsfelder umfassen den Unterricht und die Erziehung durch die verantwortlichen Lehrkräfte, das Personal, zu welchem nicht nur die Lehrer, sondern auch die Schulleitung sowie das nicht unterrichtende Personal gehören, die Kooperation innerhalb der Schule und nach außen, die professionelle Beratung durch schulische Akteure, also der Aufbau einer Beratungskultur in der die Akteure sowohl Beratungssuchende als auch Berater sein können sowie die Organisation von Schule und Unterricht (vgl. Hader-Popp, Huber & Schneider, 2014, S. 11 ff.).

Das interne QM der Schulen entwickelt Schulprogramme, welche Werte, auf denen ihre schulische Arbeit basiert, nach außen transportieren sollen. Diese Schulprogramme beinhalten verbindliche Ziele, die in gewissen Abständen auch überprüft werden(vgl. Schratz & Westfall-Greiter, 2010, S. 21). Es soll somit eine Grundlage für qualitativ hochwertige Arbeit, also beispielsweise eine gemeinsame Philosophie über Unterricht geschaffen werden. Dies ist nur in enger Zusammenarbeit aller Schulpartner wie den Lehrern, Betrieben, Schülern und Eltern möglich (vgl. Schratz & Westfall-Greiter, 2010, S. 21).

Die Ziele des internen QM an beruflichen Schulen in Hamburg sind im Orientierungsrahmen Schulqualität formuliert und in individuellen Ziel-Leistungs-Vereinbarungen (ZLV) mit der Schulaufsichtfestgelegt (vgl. Reese, 2013, S. 10). Der Orientierungsrahmen Schulqualität orientiert sich am EFQM-Modell und bildet den Bezugspunkt für die Arbeit der Schulinspektion. Diese war auch maßgeblich an dessen Entwicklung beteiligt.

In einem mehrschrittigen Prozess wurde der 2006 verabschiedete erste Orientierungsrahmen unter Einbezug zahlreicher behördlicher und schulischer Akteure komplett überarbeitet (vgl. Bernt & Diedrich, 2014, S. 61). Mit der Einführung der überarbeiteten Version des Orientierungsrahmens Schulqualität wurde ein größerer Schwerpunkt der schulbehördlichen Bemühungen auf den Bereich der Unterrichtsqualität gelegt (vgl. Bernt & Diedrich, 2014, S. 61). Das Schülerfeedback hat in diesem Zuge einen deutlich höheren Stellenwert eingenommen.

Zweifelsohne ist die optimale pädagogische Förderung der Berufsschüler das Grundanliegen aller an den beruflichen Schulen in Hamburg beteiligten Personen und die optimale Förderung der Lernenden gilt gleichermaßen als unstrittiges Referenzmaß gelungener Bildungsbemühungen (vgl. Müller-Neuendorf & Obermaier, 2010, S. 11). Einer der größten Schwerpunkte des QM an beruflichen Schulen in Hamburg liegt dementsprechend auf der Verbesserung der Unterrichtsqualität und damit einhergehend auch der Schülerzufriedenheit. Diese Aspekte werden im folgenden Abschnitt genauer beleuchtet.

2.4 Unterrichtsqualität und Schülerzufriedenheit

Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten die verschiedenen Qualitätsmanagementmodelle erläutert und die konkreten Aufgaben des QM an Hamburger Schulen beschrieben wurden, wird das Thema der Qualitätssicherung und Entwicklung nun auf die Unterrichtsqualität und Schülerzufriedenheit übertragen. Hierbei ist festzuhalten, dass guter Unterricht nur einen Bestandteil der Qualitätssicherung darstellt (vgl. Dedering & Tillmann, 2012, S. 46). Andere Bestandteile, die eine gute Schule ausmachen, sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.

Die Unterrichtsqualität und die Schülerzufriedenheit hängen eng miteinander zusammen und die Schulen sind gewillt, sich auf diesem Gebiet kontinuierlich zu verbessern. Doch „Qualitätsentwicklung ohne Evaluation ist nicht möglich“ (Reese, 2013, S. 43). Das bedeutet, dass das Schülerfeedback ein mögliches Instrument darstellt, um die Unterrichtsqualität zu messen und kontinuierlich zu verbessern.

Dathe (2014, S. 9 ff.) stellt sieben Kriterien zur Beurteilung von Unterrichtsqualität auf. Sie lauten:

1. Pädagogische Grundhaltung: Hiermit ist die Annahme der Lehrerrolle gemeint.Ein authentisches Verhalten der Lehrkräfte im Unterricht ist wichtig, um die Sympathie der Schüler zu gewinnen und ihnen das Gefühl zu vermitteln „echt“ zu sein. Ebenso wichtig ist aber auch die Akzeptanz des Lehrers durch die Schüler, welche oftmals hart erarbeitet werden muss. Im Kontext des unterrichtlichen Handelns spielt die Empathie der Lehrenden ebenfalls eine große Rolle. Sie müssen sich in die Gefühlswelt und Altersbesonderheiten der Schüler unter schulischen und außerschulischen Bedingungen hineinversetzen und daraus Erkenntnisse für das eigene Verhalten ableiten können. Gleichzeitig sollte eine gewisse erzieherische Konsequenz dazu führen, dass Regeln im Rahmen der Lehrer-Schüler- und der Schüler-Schüler-Interaktion eingehalten werden, um eine positive Lernatmosphäre zu schaffen.
2. Lernklima: Für ein optimales Lernklima ist eine gute Klassenführung unerlässlich. Die Schüler müssen sich im Klaren sein, dass der Lehrer alle ihre Aktivitäten wahrnimmt, ohne gleich darauf zu reagieren oder zu intervenieren. Gleichzeitig ist es die Aufgabe der Lehrkraft, die Lernmotivation und das Selbstvertrauen der Schüler zu fördern.Des Weiteren sollte der Lehrer für eine offene, vertrauensvolle und kooperative Lernkultur Sorge tragen. Hierfür ist es wichtig, ein angemessenes Feedback-Verhalten gegenüber den Schülern an den Tag zu legen, indem beispielsweise Schülerbeiträge angemessen gewürdigt und Fehler nicht sanktioniert werden. Nur so entsteht eine gute Rückmelde- und Fehlerkultur. Auch Meyer (2004, S. 47 ff.), der in seinem Buch zehn Merkmale guten Unterrichts definiert hat, misst dem Lernklima eine besondere Bedeutung für die Unterrichtsqualität zu.
3. Kommunikatives Verhalten: Schon Watzlawick (2007, S. 50 ff.) sagte, dass es für den Menschen unmöglich sei, nicht zu kommunizieren. Wir kommunizieren zum einen mit unserer Sprache und Stimme. Für die Lehrkräfte bedeutet dies, dass sie Sprache und Stimme einsetzen und variieren müssen, um beispielsweise eine Gewichtung von Unterrichtseinheiten vorzunehmen oder bei Störungen zu intervenieren. Zum anderen kommunizieren wir mit unserer Mimik, Gestik und Körpersprache. Lehrer sollten diese also passend zur Unterrichtssituation und gezielt zur Unterstützung der Sprache einsetzen.Hinzu kommt das Raumverhalten, mit dem die Lehrkräfte ihr kommunikatives Verhalten dadurch untermalen können, dass sie beispielsweise ihren Standort in der Klasse wechseln.
4. Didaktische Fundierung: Hier geht es darum, strukturierte und transparente Lehr- Lernprozesse zu gestalten, damit das Lernangebot erfolgreich genutzt werden kann. Die Transparenz des didaktischen Begründungszusammenhangs ist dabei von exorbitanter Bedeutung, denn die Schüler müssen sich jeder Zeit darüber im Klaren sein, warum sie an bestimmten Inhalten arbeiten. Auch die Sinnhaftigkeit der Unterrichtsphasen bezüglich des didaktischen Schwerpunkts sollte sich den Schülern erschließen. Hinzu kommt, dass immer eine Zielgerichtetheit des Lernprozesses erkennbar sein sollte, damit den Schülern klar ist, was von ihnen erwartet wird.
5. Strukturierung des Unterrichts: Als Lehrer sollte man immer einem „roten Faden“ folgen. Das heißt, dass der Unterricht in logisch aufeinander aufbauende Phasen untergliedert sein sollte. Es heißt aber auch, dass die Phasenübergänge nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Allgemein sollte eine Transparenz der Struktur für die Lernenden bestehen. Die Unterrichtsorganisation sollte sehr gewissenhaft vorgenommen werden, um die Unterrichtsprozesse zu optimieren.Ein wichtiger Punkt, der dabei häufig unterschätzt wird, ist die Lernumgebung, welche sich motivationsfördernd auf die Schüler auswirkt, wenn sie liebevoll gestaltet ist.
6. Initiierung von Lernprozessen: Die Initiierung von Lernprozessen gehört zum Hauptgeschäft der Lehrkräfte. Eine entscheidende Rolle hierbei spielt die methodische Qualität. Es bleibt zu beachten, dass es keine guten oder schlechten Methoden gibt, sondern dass eine Methode sich erst im Zusammenspiel mit den Zielen, Inhalten und Medien bewähren kann.Die echte Lernzeit ist ein weiteres Kriterium, welches von den Lehrkräften nicht unterschätzt werden darf. Nur effektiv genutzte Zeit ist auch „echte“ Lernzeit. Im Zuge der immer größer werdenden Heterogenität der Schüler spielt auch die Differenzierung eine wichtige Rolle.Da nicht jeder Lernweg für jeden Schüler geeignet ist, müssen die Lehrer sich überlegen, inwieweit ihr Konzept erfolgversprechend für den jeweiligen Schüler ist. Selbstverständlich spielen sowohl die Qualität der Aufgabenstellung und der Aufträge eine ebenfalls nicht unerhebliche Rolle zur Initiierung von Lernprozessen als auch die Impulse, die vom Lehrer ausgehen. Zu guter Letzt gehört eine gewisse situative Flexibilität zu den überlebenswichtigen Eigenschaften von Lehrkräften.
7. Fachliche Qualität: In diesem letzten Kriterium geht es darum, dass die f achliche Sicherheit der Lehrkräfte von großer Bedeutung für den Unterrichtserfolg ist. Die Lehrenden müssen beispielsweise dafür sorgen, dass eine Einordnung in fachliche Zusammenhänge bei den Schülern stattfindet. Das bedeutet, dass die Lehrkräfte Aufgaben so gestalten müssen, dass das zu erwerbende Wissen mit dem bisherigen Handlungswissen verknüpft werden muss. Das funktioniert logischer Weise nur bei hoher fachlicher Kompetenz der Lehrer. Des Weiteren muss eine Anwendbarkeit und Erweiterbarkeit des Lerngegenstandes für die Schüler möglich gemacht werden.

An dieser Stelle muss gesagt werden, dass diese Kriterien nur eine mögliche Antwort auf die Frage, was guten Unterricht ausmacht, sind. Denn trotz über 30 Jahren Unterrichtsforschung gibt es noch kein Patentrezept für guten Unterricht (vgl. Bauer, Bohn, Kemna & Logemann, 2010, S. 13). Genau deshalb sollten die Lehrkräfte sich die Meinung ihrer Schüler einholen, um deren Zufriedenheit sicherzustellen. Denn es ist davon auszugehen, dass die Schülerzufriedenheit zu einem großen Teil auf der Unterrichtsqualität beruht, was die Schlussfolgerung nach sich zieht, dass eine hohe Unterrichtsqualität zu einer hohen Schülerzufriedenheit führt. Das Schülerfeedback kann und sollte daher als ein Instrument des QM genutzt werden, um die Unterrichtsqualität zu evaluieren. Nach dem Auswerten der Ergebnissesollte dementsprechend eine Optimierung des Unterrichts und damit eine Erhöhung der Unterrichtsqualität stattfinden. Dies würde wiederum zu einer erhöhten Schülerzufriedenheit führen. Doch wie die Qualität des eigenen Unterrichts richtig evaluiert werden kann, ist vielen Lehrkräften noch nicht klar. Es stellt sich also die Frage, ob und inwieweit Möglichkeiten bestehen, geeignete Verfahren zur Feedbackeinholung und dessen Auswertung kennenzulernen. Diese möglichen Maßnahmen zur Unterstützung der Lehrkräfte werden im folgenden Abschnitt behandelt.

2.5 Maßnahmen zur Unterstützung der Lehrkräfte

Beim Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung wird der Kern aller schulischen Aktivität, der Unterricht, evaluiert (vgl. Herrmann & Höfer, 1999, S. 7). Verantwortlich für schulische Qualitätssicherung sind demnach vornehmlich die Lehrer (vgl. Herrmann & Höfer, 1999, S. 7). Diese benötigen bei ihrer qualitätssichernden Arbeit allerdings dringend Unterstützung (vgl. Herrmann & Höfer, 1999, S. 7). Die berufsbildenden Schulen werden durch das Hamburger Institut für Berufliche Bildung(HIBB) beim Aufbau ihres QM unterstützt(vgl. HIBB, 2013). Hierzu werden beispielsweise Q2E-Berater im Rahmen eines Zertifikatsstudiums ausgebildet, um die Steuergruppen der Schulen mit QM-Expertenwissen zu versorgen. Des Weiteren werden die Schulleitungen zu den Grundlagen von Qualitätsentwicklung geschult(vgl. HIBB, 2013).Indem Onlineportal für das Wissensmanagement für Berufliche Schulen (WiBeS) steht eine Austausch- und Informationsplattform zur Verfügung und es werden Netzwerktreffen mit Vorträgen externer Referenten zum Beispiel zum Thema Schülerfeedback oder auch zu Widerständen im Kollegium angeboten. Im HIBB stehen außerdem Berater zur Qualitätsentwicklung zur Verfügung (vgl. HIBB, 2013).

Um die Lehrkräfte optimal beim Thema QM und insbesondere der richtigen Durchführung, Auswertung und Umsetzung von Schülerfeedback zu unterstützen, arbeitet das HIBB mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung (LI) bei der Planung bedarfsorientierter Fortbildungsangebote zusammen (vgl. HIBB, 2013).

Das LI unterstützt die berufsbildenden Schulen bei ihrer Qualitätssicherung durch Fortbildungen und individuelle Beratung (vgl. LI, 2014a). Die Einführung und Verstetigung einer Feedbackkultur, die das Schülerfeedback als einen wichtigen Bestandteil hat, steht hierbei besonders im Fokus (vgl. LI, 2014a). Zu diesem Themenbereich werden schulspezifische Fortbildungsseminare angeboten, deren Inhalte mit den Teilnehmern der jeweiligen Schule individuell vereinbart werden können (vgl. LI, 2014a).In diesen Seminaren lernen die Teilnehmer die Grundsätze verschiedener Feedback-Verfahren kennen, erproben diese unter Beachtung vereinbarter Regeln und reflektieren ihre Erfahrungen. Außerdem klären sie Rahmenbedingungen für ein Schülerfeedback und planen dessen Umsetzung. Des Weiteren werden persönliche Anliegen der Teilnehmer bezüglich des Feedbacks besprochen und simulierte Feedbackgespräche durchgeführt. Im Anschluss an die Seminare sind die Teilnehmenden aufgefordert ihre Erfahrungen in der jeweiligen Schule umzusetzen (vgl. LI, 2014b). Dieses Angebot der Fortbildung und der individuellen Beratung können zum einen die Mitglieder der Qualitätsgruppen der beruflichen Schulen, zum anderen aber auch Einzelpersonen in Anspruch nehmen (vgl. LI, 2014a).

Es bleibt die Frage offen, inwieweit die zur Verfügung stehenden Unterstützungsmaßnahmen durch die Lehrkräfte in Anspruch genommen werden.

3 Schülerfeedback

3.1 Begrifflichkeit und Definition

Orientiert an den Axiomen von Watzlawick ist es „unmöglich, nicht zu kommunizieren“(Watzlawick, Bavelas & Jackson, 2007, S. 50 ff.). Eine Kommunikation ist demnach permanent gegeben und wird dann zu Feedback, wenn sie in einem Beziehungskontext stattfindet (vgl. Looss, 2013, S. 16). Dabei soll Feedback kein Beurteilungsinstrument darstellen, sondern der Entwicklung der jeweiligen Situation dienen (vgl. Bastian, Combe& Langer, 2005, S. 15). Die Entwicklung, und damit das Ziel des Feedbacks umschließt Reflexion, Leistungssteigerung und Professionalisierung des eigenen und des gemeinsamen Könnens(vgl. Schinzilarz, 2011, S. 18). Um das zu erreichen, sollte Feedback an Regeln gekoppelt werden: Im Kontext von äußeren Gesprächsregeln, die auf dem zwischenmenschlichen Umgang wie Respekt, Toleranz und Zuhören basieren, sollte Feedback inhaltlich ressourcen- und lösungsorientiert sein (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 19).Wichtig ist, dass jedes Feedback keine Pflicht, sondern ein Angebot für das Gegenüber darstellt; dementsprechend sollte es formuliert werden.

Von einer Feedbackkultur wird gesprochen, wenn Feedback in laufenden Prozessen angewandt wird, um neue Ideen umzusetzen, regelmäßig stattfindet und Kontrollcharakter hat (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 18). Sie wird in Institutionen als konkrete Rückmeldung auf verschiedenen Ebenen genutzt, vom kollegialen Feedback hin zum Zielgruppenfeedback.

Bezogen auf die Institution Schule kann Feedback von der Schulleitung an die Lehrenden, von Lehrern an ihre Kollegen, von den Lehrkräften an die Lernenden, von den Schülern an ihre Mitschüler, aber auch von den Lernenden an ihre Lehrkräfte gegeben werden (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 40). Unter Schülerfeedback im Sinne dieser Arbeit wird die Rückmeldung, die sich die Lehrperson von ihren Schülern einholt, verstanden. Die Lehrperson bittet um Schülerfeedback, wenn sie erfahren möchte, wie ihr Handeln und Verhalten von ihren Schülern wahrgenommen, verstanden und erlebt wird. Schülerfeedback soll eine konstruktive Unterrichtskritik sein und stellt somit eine Art „Lehrerzeugnis“ dar (vgl. Wolf, 1996, S. 175). Die Hauptaufgabe der Lehrkräfte ist es demnach, sich mit den Auswirkungen des eigenen professionellen Handelns zu beschäftigen und diese Handlungen entsprechend zu optimieren (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 41). Dabei bringt das Feedback aber nicht nur die Position der unzufriedenen, sich vernachlässigenden Schülern zum Ausspruch, sondern kann sowohl konstruktiv als auch positiv formuliert werden, sodass der Anspruch des Unterrichts- und Schulentwicklungsinstruments wiederhergestellt ist (vgl. Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 15). Bei den Schülern der beruflichen Schulen handelt es sich schließlich nicht um kleine Kinder, sondern um junge Erwachsene. Diese haben zum Teil schon produktiv im Betrieb gearbeitet, kennen Alltagssorgen und haben Erfahrungen mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Mitschülern und Lehrern gemacht (vgl. Wolf, 1996, S. 176).

Für das Ziel, eine fundierte und nachhaltige Schulqualitätsentwicklung sicherzustellen, ist das Instrument des Schülerfeedbacks besonders wichtig (vgl. Berger, 2013, S. 45). Es wurde bereits festgestellt, dass QM systematisch gesteuertem Wandel entsprechen kann. Diese Definition wird durch die Möglichkeit des Schülerfeedbacks gewährleistet. Der Orientierungsrahmen zur Schulqualität weist auf den hohen Nutzen desgleichen hin (vgl. Helmke, 2009, S. 232). Mit Blick auf Unterrichts- und Schuloptimierung sollte es als Feedbackkultur regelmäßig stattfinden, um Unzufriedenheit zu beseitigen und positive Aspekte zu bewahren. Durch Regelmäßigkeit kann Nachhaltigkeit angestrebt werden, welche wiederum dazu dient, das Management der Güte des Systems messbar zu machen.

Weiterhin werden Parallelen zu verschiedenen QM-Modellen wie dem TQM oder EFQM sichtbar, bei denen die Integration aller Handelnden eines Kontextes zur Entwicklung und Qualitätssicherung gegeben sein soll. So stellt auch das Schülerfeedback als Feedbackkultur den Lernenden in den Mittelpunkt, der aktiv Einfluss auf seinen Lehr- und Lernkontext ausüben kann. Da die Kommunikation in der Schule stark im Kontext der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden steht, ist die Beziehungsgestaltung mit dem Instrument des Schülerfeedbacks besonders wichtig. Auf die konkrete Bedeutung des Schülerfeedbacks, sowohl für den Lehrer als auch für den Schüler, wird nun eingegangen.

3.2 Bedeutung des Schülerfeedbacks

3.2.1 Bedeutung des Feedbacks für die Lernenden

Sollte Schülerfeedback als gängige Methode im Schulalltag zur Bewertung von Schul- und Unterrichtsqualität herangezogen werden, wird dies Konsequenzen verschiedener Richtungen haben. So steht nicht nur die Lehrperson im Mittelpunkt des Feedbacks, die ihren Unterricht und möglicherweise sich selbst in Diskussion setzen muss. Auch für den Schüler hat der Ausdruck von Feedback gleichermaßen inhaltliche als auch emotionale Aspekte.

Die Lernenden werden durch Schülerfeedback als Beteiligte in die Qualitätssicherung der Schulen integriert (vgl. Berger, Granzer& Waack, 2013, S. 77). Der regelmäßige Einbezug der Lernenden ist ein präsenter Teil der Schülerorientierung, da diese sich wahr- und ernstgenommen fühlen(vgl. Helmke, 2009, S. 232). Dies kann positive Folgen hinsichtlich der Selbstwahrnehmung haben, begünstigt dann, wenn die Mitschüler ähnliche Eindrücke formulieren.

In seiner Studie „Visible Learning“ unterteilt Hattie (2012, S. 13) die von ihm untersuchten lernrelevanten Faktoren in die Gruppen „Lernende“, „Lehrperson“, „Schule“, „Elternhaus“, „Curricula“ sowie „Unterricht“. Unterzieht man diese Faktoren einer näheren Betrachtung, so stellt sich eindeutig heraus, dass die größte Effektstärke der Lehrperson zukommt (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 32). Was die Lehrkraft also tut, wie sie sich den Lernenden gegenüber verhält und wie sie Lehr-Lern-Prozesse organisiert, ist von entscheidender Bedeutung, da ihr Handeln das Lernen befördern, aber auch behindern kann (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 32).Das Feedback, welches die Schüler über ihr Lernen als Botschaft an die Lehrkräfte geben, ist demnach elementar, um die Wirksamkeit des Lernens zu steigern (vgl. Berger, 2013, S. 47).

Gerade die überfachlichen und pädagogischen Anforderungen an die Lehrkräfte sind in den letzten Jahren aufgrund einer immer geringer werdenden erzieherischen Unterstützung durch das Elternhaus, des allgemeinen Werteverfalls, eines erhöhten unreflektierten Medienkonsums sowie einer Zunahme an Schülern mit Migrationshintergrund stark gestiegen (vgl. Müller, 2011, S. 14). Schüler profitieren also von der Möglichkeit, ihren Lehrern ein Feedback zu geben, da sie so die Möglichkeit haben, die Bildungsqualität zu erhöhen (vgl. Reese, 2013, S. 8). Von großer Bedeutung ist dabei jedoch, dass die erhobenen Daten der Rückmeldung verbalisiert werden, um einen weiteren Austausch zu ermöglichen. Nur so können Konsequenzen für Unterricht und Handelnde gezogen und neue Impulse umgesetzt werden(vgl. Helmke, 2009, S. 232). Dies führt dazu, dass sichVerbesserungen des Unterrichts konkret an den Schülern orientieren (vgl. Berger, Granzer& Waack, 2013, S. 77).

3.2.2 Bedeutung des Feedbacks für die Lehrenden

Die empirische Schulforschung belegt, dass die Wahrnehmung des Unterrichts auf Schüler- und Lehrerseite sehr weit differiert. Bei Angaben zum Unterricht aus unterschiedlichen Perspektiven, unter anderem auch neutraler Beobachter, waren sämtliche Daten übereinstimmend, mit Ausnahme derer der Lehrkraft selbst (vgl. Helmke, 2003, S. 156). Da diese Ergebnisse häufiger aufkamen, musste eine Methode für die Lehrkraft gefunden werden, sich über die Wirksamkeit des eigenen Unterrichts bewusst zu werden. Das Schülerfeedback als konstruktive Rückmeldung kann helfen, Unterrichtsdurchführung aus unterschiedlichen Positionen zu verstehen und damit zu einer ganzheitlichen Planung desgleichen beizutragen.

Die Beobachtungsgabe und Urteilskraft sowie die Vorstellungen von einem „guten Lehrer“ seitens der Schüler können den Lehrkräften von großem Nutzen sein. Dieser Nutzen ergibt sich einerseits für die Verbesserung der Unterrichtsqualität, andererseits aber auch für das eigene persönliche Auftreten (vgl. Wolf, 1996, S. 176).

Die Lehrkräfte erhalten mit dem Feedback, das ihnen die Schüler geben, zum einen ein gesichertes Wissen über die Wirksamkeit der von ihnen eingesetzten pädagogischen Maßnahmen und sind dadurch in der Lage, rationale Entscheidungen bezüglich der weiteren Gestaltung ihres Unterrichts zu treffen. Zum anderen erweitern sie ihr Wissen über die eigene Situation, gewinnen neue Einsichten und erhalten so mehr Handlungssicherheit und Orientierung. Es geht hierbei um die Bereitschaft der Lehrenden, sich mit der eigenen Rolle als Lehrkraft auseinanderzusetzen und Chancen zur Verbesserung der Lehrertätigkeit zu erkennen (vgl. Berger, Granzer & Waack, 2013, S. 77). Denn Lehrkräfte, die viel über die Wirkung ihres eigenen Handelns wissen, können Situationen und Probleme besser verstehen und somit zielgerichteterund wirkungsvoller handeln (vgl. Peek, 2009, S. 142). Außerdem können die lehrenden Personen durch das Einholen von Schülerfeedback sich selbst und auch anderen, wie beispielsweise der Schulleitung oder der Schulinspektion, Rechenschaft über das Gelingen ihrer Arbeit oder die Einhaltung eigener oder fremder Standards ablegen (vgl. Peek, 2009, S. 142).

Weiterhin ist Feedback ein wichtiger Teil der Gesundheitsprävention. In einer Feedbackkultur, in der nicht nur Kritik geübt, sondern auch Kompetenzen erkannt werden, fühlen sich alle Betroffenen wahrgenommen und geschätzt. Dies verringert bei Lehrern auch das Risiko des Burn-outs (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 18).

Abschließend für beide aktiven Parteien ist zu sagen, dass eine Feedbackkultur den Umgang mit Schwächen normalisiert und ihnen somit eine starke Gewichtung nimmt. Werden neben den Schwächen vor allem auch Stärken der jeweiligen Personen verbalisiert, können eine Qualitäts- und Leistungssteigerung erfahren werden (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 18).

3.3 Methoden des Schülerfeedbacks

Hinter jedem Schülerfeedback sollte eine Strategie stecken, die unterschiedliche Aspekte beinhaltet. Da ist zum einen der Aspekt des Zeitpunkts und der Frequenz des Feedbacks. Dieses ist besonders wirksam, wenn es umgehend oder nur leicht verzögert stattfindet, da es so von der Lehrperson besonders gut eingeordnet, verarbeitet und angewendet werden kann (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 34). Zum anderen sind die Anzahl und der Umfang der angesprochenen Punkte im Feedback zu beachten. Eine Konzentration auf wesentliche Aspekte ist wichtig, um fokussiert mit den Hinweisen arbeiten zu können und sich dadurch weiterzuentwickeln (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 35). Von großer Bedeutung für die Aussagekraft des Schülerfeedbacks ist die Form der Einholung. Hier steht den Lehrenden eine Fülle an Möglichkeiten zur Verfügung, von denen aber nicht alle geeignet erscheinen. Außerdem muss betont werden, dass die Methoden und ihr Einsatz je nach Schulart in ihrer Wirksamkeit variieren. Im Rahmen dieser Arbeit soll der Fokus auf den Methoden der beruflichen Schule liegen, die sich dadurch von anderen Schulformen unterscheidet, dass die Lernenden meist erwachsen sind. Kommunikation verläuft demnach auf einer anderen Ebene als beispielsweise in der Grundschule, Lerntagebücher sind weniger nützlich als Fragebögen, Abschlussgespräche oder die sogenannte „Zielscheibe“. Weiterhin ist auch die Förderung der Teamfähigkeit eine Absicht der Lehrkräfte, weshalb Schülerfeedback hier eingeholt wird (vgl. Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 70). Eine Auswahl unterschiedlicher Methoden des Schülerfeedbacks wird im Folgenden ausführlich erläutert.

Mündliches Feedback

„Gespräche sind das Herzstück aller dialogbasierten Feedback-Verfahren“ (Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 108). Sie sind einfach handhabbar und spontan einsetzbar. Trotzdem sollte einem Gespräch eine gewisse Planung vorausgehen. Ohne Kommunikationsregeln können Gespräche schnell verletzend werden, der inhaltliche Fokus gerät in den Hintergrund. Des Weiteren hat dieses Verfahren den Nachteil, dass die Evaluation des Unterrichts nicht anonym stattfindet und daher bei den Schülern auf weniger Akzeptanz stößt. Es ist damit zu rechnen, dass nur die besonders mutigen Schüler bereit sind, vor der Klasse ihre ehrliche Meinung zu vertreten. Dies liegt zum einen daran, dass bei einem Großteil der Schüler die Angst besteht, dass bei negativer Kritik ihre Noten schlechter werden und zum anderen daran, dass sie bei positiven Bemerkungen bei ihren Mitschülern nicht als „Streber“ angesehen werden möchten (vgl. Wolf, 1996, S. 178). Um diesen Risiken vorzubeugen, sollte im Vorhinein mindestens ein Moderator festgelegt werden, der auf das Einhalten der Regeln sowie eine „feedback-förderliche Haltung“ (Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 110) jedes Teilnehmers achtet und am Ende das Gespräch abrundet. Außerdem sollte jedes Gespräch dokumentiert werden (vgl. Bastian, Combe& Langer, 2005, S. 111).

Schriftliches Feedback

Im Vergleich zu einem Gruppengespräch benötigt ein schriftliches Feedback mehr Vorarbeit.Trotzdem ist es aufgrund verschiedener Verfahren flexibel und unkompliziert einsetzbar. Gängig sind Fragebögen, die zu Beginn, prozessbegleitend oder abschließend ausgefüllt werden. Anders als beim mündlichen Feedback hat das schriftliche den Vorteil der Anonymität, womit die Färbung durch soziale Erwünschtheit abgeschwächt wird. Obwohl die Antworten anonym bleiben, sollte ihre Auswertung im Klassengespräch geschehen, um offene Fragen klären zu können (vgl. Bastian, Combe, & Langer, 2005, S. 114). Neben Fragebögen eignet sich auch der Einsatz von Karten, beispielsweise für die Kopfstandmethode. Hier werden Fragen sowohl über den potenziell missgünstigsten Zustand aufgeworfen als auch darüber, welche Präventionsmaßnahmen eingesetzt werden können. Jeder Schüler schreibt seine Antworten auf Karten, die am Ende gemeinsam ausgewertet und besprochen werden. Themenschwerpunkte und ähnliche Absichten werden hierbei sichtbar. Diese helfen Lehrkraft und Schülern, am Ende positive Zielformulierungen zu schaffen.

Evaluationszielscheibe

Oft werden mündliche und schriftliche Methoden auch kombiniert verwendet, beispielsweise in der Hinsicht, dass die Auswertung eines Fragebogens Anlass zu einem Gruppengespräch gibt. Ähnlich ist es mit der Evaluationszielscheibe. Sie wird als Informationsträger eingesetzt, um die Zielsetzung der Lehrkraft den jeweiligen Schüler mitzuteilen. Die Schüler erhalten jeweils eine der Zielscheiben, die mit Markierungen zur Beurteilung vorgefertigt sind. In einer Abstufung von etwa fünf Schritten kann der Schüler markieren, inwieweit die Aussage das Ziel verfehlt oder aber „ins Schwarze“ getroffen hat. Die Auswertung der Zielscheiben kann Anlass zur Gruppenkommunikation sein, in die auch die Lehrkraft integriert wird. Weiterhin kann die Methode so variiert werden, dass statt einzelner Zielscheiben eine Klassenzielscheibe an die Tafel gezeichnet wird. Die Schüler teilen durch Meldung ihren Standpunkt mit. So sind am Ende dieses Feedbacks Markierungen aller Schüler auf der Zielscheibe und sowohl positive Verhältnisse als auch Kritikpunkte sofort sichtbar (vgl. Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 138). Wichtig ist, dass bei der Auswertung alle „Punkte“ wahrgenommen und besprochen werden. Vor allem der Austausch über abweichende Aussagen kann produktiv sein (vgl. Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 138).

Videofeedback

Der weite Grad der Wahrnehmung von Unterricht wurde bereits angesprochen. Umso bedeutsamer ist eine Methode, die eine Unterrichtseinheit objektiviert und aus dem Kontext herausnimmt, um sie reflektieren zu können. Ein videogestütztes Feedback erleichtert die Rekonstruktion aus verschiedenen Perspektiven und eine handlungsentlastende Kommunikation (vgl. Trautmann, 2010, S. 13). Im Vergleich zu anderen Verfahren aktiviert diese gleichzeitig kognitiv und emotional alle Teilnehmer und schärft dabei die Selbstwahrnehmung (vgl. Trautmann, 2010, S. 14). Voraussetzung bei der Durchführung ist die ausnahmslose Einwilligung aller Betroffenen und die Vereinbarung, das Material nur für pädagogische Zwecke zu benutzen. Des Weiteren ist eine videogestützte Rückmeldung nur dann zielführend, wenn der videografierte Unterricht als medialer Fokus gesehen wird, der die Basis eines sozialen Austauschs darstellt(vgl. Gärtner, 2007, S. 73). Ein konstruktives Gespräch wird leichter erreicht, wenn es im Vorfeld strukturiert wird und die Schüler Aufgabenstellungen bekommen, auf die sie achten sollen. Natürlich kann dies auch mit Methoden des schriftlichen Feedbacks kombiniert werden, je nachdem, ob eine Anonymität erwünscht ist.

Es gibt unzählige Methoden des Schülerfeedbacks, die je nach Rahmenbedingungen entsprechend variiert oder kombiniert werden können. Die Rahmenbedingungen ergeben sich dabei nicht nur aufgrund der Schulform, sondern auch durch die jeweilige Lernphase. Ein Fragebogen muss anders aufgebaut sein, wenn er zu Beginn einer Lerneinheit ausgeteilt wird oder am Ende. In einem Evaluationsgespräch bedarf es anderer Schwerpunkte, wenn es am Ende einer Unterrichtseinheit geführt wird, oder einer konkreten Absicht, beispielsweise der Förderung von Gruppenarbeit.

Besonders bei der Differenzierung dieser Lernphasen wird die Prozessorientierung deutlich. Auffällig ist weiterhin die gemeinsame Kommunikation über erhobene Daten. Denn nur so kann der Feedbackzirkel erhalten werden: Indem Lehrer und Schüler frühzeitig Zielvorstellungen formulieren, können diese fortwährend durch Feedbackmethoden überprüft werden. Durch die gemeinsame Auswertung können Verbesserungsvorschläge umgesetzt werden, was wiederum zu einem anderen Zeitpunkt kontrolliert und evaluiert werden kann. Neue Ziele werden erarbeitet und formuliert, sodass durch diesen stetigen Verbesserungsprozess die Qualität des Unterrichts gesteigert werden kann.

3.4 Regelungen zum Schülerfeedback an Hamburger Berufsschulen

In den letzten Jahrzehnten haben berufliche Schulen in Hamburg immer mehr an Autonomie dazugewonnen. Eine Reihe von Entscheidungsrechten wurde von höheren Ebenen des Schulsystems in die Einzelschulen verlagert (vgl. Altrichter & Rürup, 2010, S. 114). Mit der verstärkten Autonomie verstärkt sich auch die Verantwortung der Schulen als pädagogische Handlungseinheit zwischen den Makrostrukturen des Staates mit seinen Bildungsplänen, Rechtsstrukturen und Ressourcen und den lokalen Handlungsbedingungen wie der Schülerschaft, den Betrieben und anderen lokalen Umständen (vgl. Beyer, Marcinkiewicz& Schönekerl, 2011, S. 16).

Laut der OECD ist das Hauptziel der Einführung von mehr Autonomie im Bildungswesen eine verbesserte Qualität und Effektivität der Schulbildung (vgl. Altrichter & Rürup, 2010, S. 115). Der Pisa-Schock im Jahr 2001 verstärkte die Autonomiediskussion an den Schulen noch weiter und die Schulen bekamen weitere Gestaltungsspielräume zugestanden, mussten fortan für ihr Tun aber auch Rechenschaft ablegen (vgl. Beyer, Marcinkiewicz & Schönekerl, 2011, S. 17). Die höhere Selbstständigkeit der Schulen sollte also, durch eine stärkere Einbeziehung der Lehrkräfte, zu einer besseren Qualität im Bereich der Lehre führen.Diese Qualität sollte aber auch regelmäßig überprüft werden, denn diese Gestaltungsspielräume verlangen Inspektionssysteme, die eine verlässliche Messung der Arbeitsqualität der Schulen erlaubt (vgl. Altrichter & Rürup, 2010, S. 19).

[...]


[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit von hier an ausschließlich die männliche Form verwendet, welche die weibliche Form stets mit einschließt.

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung
Untertitel
Feedbackkultur an beruflichen Schulen in Hamburg
Hochschule
Universität Hamburg  (IBW (Berufs- und Wirtschaftspädagogik))
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
84
Katalognummer
V337657
ISBN (eBook)
9783668269231
ISBN (Buch)
9783668269248
Dateigröße
788 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schülerfeedback, instrument, qualitätssicherung, feedbackkultur, schulen, hamburg
Arbeit zitieren
Ronja Schmidt-Prestin (Autor:in), 2015, Schülerfeedback als Instrument der Qualitätssicherung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337657

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