Postgraduelle Praktika und ihre Bedeutung für das betriebliche (Kennen-)Lernen und die berufliche Kompetenzentwicklung


Dossier / Travail, 2016

23 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Lebenslanges Lernen
2.2 Lernformen

3. Praktika
3.1 Definition
3.2 Formen (Freiwillige und Pflichtpraktika)
3.3 Mögliche Gründe und Funktionen

4. Berufliche Kompetenzentwicklung
4.1 Der Kompetenzbegriff
4.2 Überlegungen zur Entwicklung von Kompetenzen
4.3 Unterstützenswerte Kompetenzen

5. Betriebliches (Kennen-)Lernen
5.1 Lern- und kompetenzförderliche Arbeit
5.2 Chancen und Risiken

6. Fazit/Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Kompetenz und Performanz

Abbildung 2 Übersicht Kompetenz/Qualifikation/Wissen

Abbildung 3 Übersicht der Kompetenzdimensionen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Kriterien lern- und kompetenzförderlicher Arbeit Aufgrund der vereinfachten Lesbarkeit wird auf die explizite Nennung der weiblichen Formen in dieser Hausarbeit verzichtet.

1. Einleitung

Praktika finden bereits in schulischen Lehrplänen Berücksichtigung, da sie Schülern einen ersten realen Einblick in das spätere Berufsleben ermöglichen. Darüber hinaus haben sich Praktika aber auch einen festen Platz in den Studienordnungen sowohl als Studienvoraussetzung wie auch als Praxisbestandteil der Studiengänge gesichert. Während diese curricularen Praktika verpflichtend sind und klare berufspädagogische Ziele verfolgen, geht der Trend bei den freiwilligen Praktika – vor allem beim Übergang vom Studium in den Beruf – in eine andere Richtung. Studierende, die keine berufliche Anstellung direkt nach ihrem Hochschulabschluss finden können, nutzen freiwillige Praktika u. a. um die Zeit ihrer Nichtbeschäftigung zu überbrücken. Sie erhoffen sich dadurch nicht mehr nur die ursprünglich angedachte Praxiserfahrung inkl. der notwendigen Kompetenzaneignung für ihren späteren Beruf sammeln zu können, sondern spekulierenu. a. auchauf hilfreiche Kontaktknüpfung bzw. bessere Möglichkeiten für eine Anschlussbeschäftigung. Doch die Wirklichkeit sieht meist anders aus. Nach Böhning, Helbig und Heyser sind für Betriebe postgraduelle Praktikanten hauptsächlich unersetzliche Hilfskräfte, da siekostengünstig aber mit hohem Leistungseinsatz zum Betriebsergebnis beitragen und so den Betriebsablauf sicherstellen (vgl. Böhning et al., 2006, S. 17). Von Fördermaßnahmen seitens des Betriebes, um u. a. die berufliche Kompetenzentwicklung der Praktikanten zu unterstützen, wird hier nicht gesprochen. Die vorliegende Hausarbeit wird sich vor diesem Hintergrund mit der Thematik ‚Praktika‘ befassen und der Forschungsfrage nachgehen: „Welche Rolle spielen postgraduelle Praktika – in Bezug auf die berufliche Kompetenzentwicklung sowie für das (Kennen-)Lernen betrieblicher Praxis?“ Hierzu wird in den folgenden Kapiteln zunächst der theoretische Bezugsrahmen erläutert, wobei die Verbindung zum ‚Lebenslangen Lernen‘ und zu einzelnen Lernformen aufgezeigt wird. Dem angeschlossen wird ein Überblick über den Begriff ‚Praktikum‘ inkl. verschiedener Formen, gefolgt von möglichen Gründen und Funktionen – vor allem für Studenten. Die berufliche Kompetenzentwicklung soll anschließend näher betrachtet und in Bezug zum Praktikum untersucht werden. Ein besonderes Augenmerk gilt hierbei den Überlegungen zur Kompetenzentwicklung sowie im speziellenMaße den förderungswürdigen Kompetenzen, welche während eines Praktikums erworben werden können.Das vorletzte Kapitel ist dem betrieblichen (Kennen-)Lernen gewidmet. Hier werden u. a. Chancen und Risiken für Praktikanten zum Zweck des Vergleichs angeführt. Im Fazit werden abschließend alle aufgezeigten Ergebnisse zusammengefasst und der Forschungsfrage gegenübergestellt, wodurch diese beantwortet und ein Ausblick gegeben werden soll.

2. Theoretischer Bezugsrahmen

2.1Lebenslanges Lernen

Ganz der Redewendung nach „Man lernt nie aus“wird‚Lebenslanges Lernen‘verstanden als konstruktives Verarbeiten von Informationen und Erfahrungen hin zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen, welche die gesamte Lebensspanne umfassen (vgl. BLK, 2004, S. 13). Der Begriff ‚Lifelong Learning‘ – übersetzt Lebenslanges Lernen – fand dabei seine Prägung zu Beginn der 1970er Jahre in den bildungspolitischen Diskussionen der OECD, der UNESCO sowie des Europarates (vgl. Hof, 2009, S. 33) und hat sich gegenüber verwandten Begriffen, wie etwa ‚Lifelong Education‘ – übersetzt Lebenslange Bildung – in der internationalen Fachdiskussion durchgesetzt. Dennoch lässt sich der Begriff des Lebenslangen Lernens nicht einheitlich definieren, da er sowohl ein bildungspolitisches Konzept betitelt, als auch die beobachtbaren Lernprozesse über eine Lebensspanne hinweg bezeichnet. Begründet werden kann dies durch die differentenvorherrschenden Ansätze bzw. Bildungssysteme. Aus europäischer Sicht umfasst jedochdas Lebenslange Lernen formales, nicht-formales und informelles Lernen innerhalb eines menschlichen Lebenszyklusses, welches „der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen, bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt“ (Europäische Kommission, 2001, S. 9). Diese im Jahr 2001 festgehaltene Definition der EU (vgl. ebd.) hat bis heuteGültigkeit. Somit zeigt sich, dass Lebenslanges Lernenhier generell als ein fortwährender Prozess verstanden wird, in dem neben institutionalisierten Bildungsformen auch informelle sowie individuelle Lernprozesse einbezogen werden (vgl. Hof, 2009, S. 31).Dies bezieht postgraduelle Praktika mit ein, denn mit der Ausweitung des Lernverständnisses findet Lernen an den unterschiedlichsten Orten und in den verschiedensten Formen statt. Gatzke bringt die dadurch entstehende Verpflichtungfür Unternehmen – welche u. a. auch Praktika anbieten – auf den Punkt, wenn er konstatiert: „Da die berufliche Weiterbildung noch immer den größten Teil im LLL [‚Lebenslangen Lernen‘] Erwachsener darstellt, stehen insbesondere auch die Unternehmen in der Verantwortung. Sie müssen Weiterbildungsmaßnahmen stärker als notwendige Zukunftsinvestition sehen […]“ (2007, S. 28).

2.2Lernformen

Während unter dem bereits erwähnten ‚formalem Lernen‘ ein Lernen verstanden wird, das „in Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen statt[findet] und […] zu anerkannten Abschlüssen und Qualifikationen [führt]“ (Europäische Kommission, 2000, S. 9) und ‚nicht-formales Lernen‘ eine Form des Lernens darstellt, welche „außerhalb der Hauptsysteme der allgemeinen und beruflichen Bildung statt[findet] und […] nicht unbedingt zum Erwerb eines formalen Abschlusses [führt]“ (ebd.), gilt ‚informelles Lernen‘ als „eine natürliche Begleiterscheinung des täglichen Lebens“ (ebd.) und bezeichnet dementsprechend ein Selbstlernen, welches „sich in unmittelbaren Lebens- und Erfahrungszusammenhängen außerhalb des formalen Bildungswesens entwickelt. Eine Verortung wird daher mit den Kategorien Alltag, Arbeitsplatz, Familienkreis oder Freizeit vorgenommen. Es ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise nicht zur Zertifizierung“ (Kuhlenkamp, 2010, S. 140). Auf dieser Grundlage lassen sich Praktika in allen drei Lernformen – obgleich auch unterschiedlich stark vertreten – wiederfinden. Sie sind z. B. als verpflichtender Bestandteil von Studiengängen Teil des formalen Lernens oder zählen u. a. als postgraduelle Praktika eher zu den nicht-formalen Lernformen. Aber allen Praktika-Formen ist gemein, dass sie informelles Lernen beinhalten. Nach Dehnbostel stellen betriebliche Praktika dabei ein arbeitsbezogenes Lernkonzept dar, „bei dem Arbeits- und Betriebserfahrungen in schulische, berufliche und akademische Bildungsgänge oder Qualifizierungsmaßnahmen eingebunden werden“ (2003, S. 12).

3.Praktika

3.1 Definition

Im 16. Jh. wurden erstmals Personen als Praktikanten bezeichnet, wobei die Bedeutung erheblich von der heutigen abweicht. Damals betitelte man Menschen mit diesem Begriff, welche unsaubere Praktiken betrieben (vgl. Schnelle, 2010, S. 17). Diese Begriffsbedeutung wandelte sich erst im 17. Jh., wonach ein Praktikant ein Praktikum absolvierte, um sich praktisch ausbilden zu lassen (vgl. ebd.).Laut Rebien und Spitznagel ist jedoch noch oft unklar, worauf sich der Begriff Praktikum genau bezieht. „Das Spektrum reicht von der ‚Schnupperlehre‘ […] bis zu Pflichtpraktika von Hochschülern und den Berufseinstieg von Trainees und Volontären“ (2007, S. 1). Eine einheitliche Definition der Beschäftigungsform ‚Praktikum‘ gibt es somit nicht (vgl. Schopf et al., 2009, S. 5), jedoch wird heutzutage darunter meist eine befristete Tätigkeit innerhalb einer Organisation verstanden, die vorrangig der Verknüpfung sowie Vertiefung theoretischer Kenntnisse und praktischer Anwendung dient. Formal jedoch stellen Praktika keine Erwerbsverhältnisse dar, denn sie zählen zu den Ausbildungsverhältnissen (vgl. Fuchs, 2008, S. 19).Nach deutscher Rechtsauffassung sind Praktikanten also keine Arbeitnehmer. Dennoch kommt es vor, dass ein als Praktikum tituliertes Arbeitsverhältnis faktisch einen Anstellungsvertrag darstellt.Demzufolge finden Praktika Berücksichtigung im Berufsbildungsgesetz, um „berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung […] handelt […]“ (BBiG, § 26).„In diesem Verständnis dienen Praktika einer wichtigen Orientierungsleistung für den Einstieg in das Berufsleben“ (Böhning et al., 2006, S. 6). Sind Praktika dabei in den Lehrplänen von (Hoch-)Schulen verankert und somit verpflichtend, gilt es für alle Parteien, konkrete Anforderungen bzw. Bedingungen zu erfüllen. Seit Beginn des 21. Jh. ist jedoch eine Zunahme freiwilliger Praktika (u. a. zur beruflichen (Einstiegs-)Orientierung) erkennbar. Daher wird im Allgemeinen zwischen Pflicht- und freiwilligen Praktika unterschieden.

3.2 Formen (Freiwillige und Pflichtpraktika)

Alle Praktika, die im Rahmen schulischer bzw. universitärer Lehrpläne Bestandteil einer Ausbildung sind, werden als Pflichtpraktika bezeichnet. Sie sind durch (Hoch-)Schulen organisiert und vorgeschrieben. Beginnend in der Sekundarstufe I haben Schüler durch Praktika die Möglichkeit, erste praxisbezogene Einblicke ins Berufsleben zu bekommen. Im Rahmen des Besuchs der Fachoberschule finden häufig schulbegleitende Praktika statt und auch in einigen Studiengängen (bspw. Design) sind Praktika Zulassungsvoraussetzung. In Praxissemestern während des (Fern-)Studiums sind sie ebenfalls verankert. Nach der universitären Ausbildung sind Praktika in Form von Referendariaten (beim Lehramt- oder Jurastudium) oder – wie in der Berufspraxis üblich – als Volontariate (in der Journalistik) angesiedelt. Ausgehend von der HISBUS-Befragung haben über die Hälfte der befragten Studenten innerhalb eines Jahres ein Praktikum absolviert, von denen ca. 3/4 Pflichtpraktika waren (vgl. Krawietz et al., 2006, S. 1). Dagegen gelten Praktika, die unabhängig von Lehrplänen absolviert werden, als freiwillige Praktika. Diese machen rund 1/4 der Praktika von Studenten aus (ebd.), weshalb ihre Bedeutung erst nach Studienabschluss zunimmt. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales haben im Jahr 2008 ca. 1/5 aller Studien-/Ausbildungsabgänger im Durchschnitt zwei Praktika absolviert, wobei die Studie für die letzten untersuchten Jahre eine Bedeutungszunahme von freiwilligen Praktika für den Berufseinstieg aufzeigt (vgl. Fuchs, 2008, S. 20). Eine weitere empirische Studie der DGB-Jugend kommt zu einem abweichenden Ergebnis, indes rund 40% der Studienabgänger ein postgraduelles Praktikum zur beruflichen Orientierung sowieWeiterqualifikation (also zum betrieblichen (Kennen-)Lernen) oder zur Vermeidung von Phasen der Nichtbeschäftigung durchführen, wobei ca. 1/3 der Praktikanten über das Praktikum einen Einstieg in das Beschäftigungssystem gefunden haben (vgl. Grühn & Hecht, 2007, S. 6). Da jedoch nur wenige repräsentative und zudem stark abweichende Untersuchungen existieren, sollten diese statistischen Daten entsprechend vorsichtig gewertet und lediglich zur Verdeutlichung von Tendenzen herangezogen werden.

3.3 Mögliche Gründe und Funktionen

Der vorrangige pädagogische Aspekt bei einem Praktikum ist aus Sicht der Bildungseinrichtungen das Verknüpfen von theoretischem Wissen mit Praxiserfahrungen. Praktikanten sollen also erste Einblicke in ihre (zukünftigen) Tätigkeitsbereiche erhalten und den (Wunsch-)Beruf mit all seinen praktischen Aufgaben kennenlernen. Entsprechend formuliert Scarlatti zwei der am häufigst genannten Ziele aus Praktikumsordnungen wie folgt:„Verknüpfung von Theorie und Praxis“ sowie „Einblick in berufliche Tätigkeiten“ (2009, S. 7),wobeider Erwerb von beruflicher Handlungskompetenz (vgl. Kapitel 4)und betrieblicher Sozialisation (vgl. Kapitel 5) im Zentrum der Betrachtung steht.Pfaffenberger sieht dabei Handlungskompetenz „als Schlüssel zum Theorie-Praxis-Problem“ (2001, S. 104). Bührmann betont weiterhin, dass Berufspraktika am besten die Besonderheiten der beruflichen Praxis vermitteln können (vgl. 2008, S. 184).Im Hinblick auf die bereits angesprochene berufliche Sozialisation weist er explizit darauf hin, dass beim Übergang vom Studium in den Berufdie Berufseinsteiger – u. a. in postgraduellen Praktika –mit neuen und unbekannten Regeln von Betrieben bzw. Institutionen konfrontiert werden (vgl. ebd., S. 178). Unter dem Begriff ‚Systemkompetenz‘ subsumiert er hier die zu erwerbende Handlungskompetenz sowie die (betriebliche) Sozialisation (ebd.). Dabei definiertHeinzdie berufliche Sozialisation als„Lern- und Entwicklungsprozess von Fertigkeiten, Kenntnissen, Motiven, Wertorientierungen und sozialen Kompetenzen bzw. Deutungsmustern, die von Erwerbstätigen bei der Arbeitstätigkeit und im Berufsverlauf eingesetzt werden“ (1995, S. 41).Hierbei berücksichtigt er auch Prozesse wie Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen – also auch Praktika. Heinz betont später, dassdie berufliche Sozialisation durch die Zunahme flexibler und (meist) unsicherer Beschäftigungen wie Praktika „an Bedeutung für den individuellen Lebenslauf gewinnt“ (2005, S. 321).Praktika stellen somit die Verknüpfung des Hochschulwissens mit dem Alltagswissen in Betrieben dar und fördern gleichzeitig Handlungskompetenz und die berufliche Sozialisation. Scarletti fasst dies wie folgt zusammen: „Das Praktikum ist […] ein eigenständiger Erfahrungsraum. […] Das Praktikum dient dem Kennenlernen von beruflichem Handeln […]. Das Praktikum vermittelt […] die für das Berufsfeld nötigen Kompetenzen bzw. Anforderungen und macht für die berufliche Praxis handlungsfähig […]“ (2009, S. 16 f.). Eine nicht repräsentative Studie der DGB-Jugend betont hierbei jedoch, „dass der Lerneffekt (von Praktika) mit wachsender Berufserfahrung deutlich nachlässt“ (Böhning et al., 2006, S. 17).Postgraduelle Praktika werden demnach nicht mehr vorrangig zur beruflichen Orientierung oder Qualifizierung absolviert, sondern vielmehr zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit bzw. Lebenslauflücken. Die Motivation der Praktikanten ist dagegen zweigeteilt. Pflichtpraktika werden absolviert, weil sie zur Studienordnung gehören und nur durch sie ein erfolgreicher Abschluss möglich ist. Freiwillige postgraduelle Praktika jedoch werden laut Briedis und Minks aus zwei Gründen durchgeführt – dem Wunsch nach Praxiserfahrung/Qualifizierung sowie der Hoffnung auf anschließende Übernahme (vgl. 2007, S. 5). Nach einer empirischen Untersuchung im Jahr 2007 stützen zudem über 60% der Studenten die Aussage, dass freiwillige/postgraduelle Praktika eine gute Möglichkeit der beruflichen Orientierung darstellen (vgl. Grühn & Hecht, S. 21), selbst wenn sie „nicht den (eigenen) Lehr- und Lernanforderungen entsprechen“ (ebd., S. 19). Eine weitere Studie im Jahr 2006 kommt zu dem Schluss, dass „Praktika offenbar vor allem als zeitliche Überbrückung und Arbeitsvermittlung (eingesetzt werden)“ (Böhning et al., S. 12). Dies lässt vermuten, dass freiwillige/postgraduelle Praktika in der heutigen Zeit kaum noch von pädagogischem Wert sind. Schopf et al. beschäftigen sich demgegenüber mit den Gründen der Unternehmen, Praktika anzubieten. Sie unterstützen hierdurch Qualifizierungs- und Sozialisationsprozesse, welche sich auch auf die betriebliche Personalauswahl auswirken können (vgl. 2009, S. 16). Nicht zu vernachlässigen ist aber auch der klare betriebswirtschaftlichen Vorteil, denn Praktikanten sind für Unternehmen meist leistungswillige und zugleich kostengünstige Arbeitskräfte ohne längere Verpflichtungen. In einem Artikel macht Stolz zudem am eigenen Beispiel darauf aufmerksam, dass die steigende Anzahl an arbeitssuchenden Akademikern die Zunahme an Praktikumsstellen fördert und somit Praktikantenfür viel weniger Gehalt die notwendige professionelle Arbeit ausüben (vgl. 2005).Objektiv vorangestellt sei jedoch, dass diese These nicht anhand von Studien bekräftigt werden kann. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Einarbeitungs- bzw. Betreuungsaufwand für Praktikanten im Verhältnis zu der doch eher kurzen Praktikumsdauer deutlich höher ist als bei anzulernenden Fachkräften. Heute herrscht zudem eher akuter Fachkräftemangel. Dennoch sind nach Briedis und Minks ca. 20% der befragten Praktikanten der Meinung, „während des Praktikums [von den Unternehmen]lediglich ausgenutzt worden zu sein“ (2007, S. 6).

4. Berufliche Kompetenzentwicklung

4.1 Der Kompetenzbegriff

Um den bereits o. g. Kompetenzbegriff einordnen zu können, ist das Verständnis seinerGenese entscheidend, denn dieser hat sich im Zeitverlauf unserer Gesellschaft stark gewandelt. Vor Beginn der modernen Kompetenzforschungen wurde er im Sinne von ‚Zuständigkeit‘ verwendet (vgl. Erpenbeck& Sauter, 2007, S. 63). In der derzeitigen bildungswissenschaftlichen Diskussion hat der Kompetenzbegriff jedoch weitgehend die Begriffe ‚Bildung‘ und ‚(Schlüssel-)Qualifikation‘ abgelöst (vgl. Schiersmann, 2007, S.50).Somit lässt sich ein vorherrschender Paradigmenwechsel erkennen, eine kompetenzorientierte Wende in der beruflichen Weiterbildung (vgl. ebd., S. 51). Für die Durchsetzung des Kompetenzbegriffs nennt Schiersmann drei Gründe: Die zunehmend fehlende Standardisierbarkeit von beruflichen Handlungssituationen, die wachsende Nichtreproduzierbarkeit von Tätigkeiten (begleitet von gleichzeitiger Unsicherheit) sowie die steigende Brüchigkeit von Erwerbsbiografien (vgl. ebd.).Dehnbostel begründet die Durchsetzung des Kompetenzbegriffs dagegen mit der neuen Orientierung auf das Lernen im Arbeitsprozess (vgl. 2008). In diesem Kontext fügt sich derKompetenzbegriff sehr gut ein, da er maßgeblich auf eine umfassende Handlungskompetenz abzielt, welche im Laufe der Zeit verstärkt an Bedeutung gewinnt.

[...]

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Postgraduelle Praktika und ihre Bedeutung für das betriebliche (Kennen-)Lernen und die berufliche Kompetenzentwicklung
Université
University of Hagen  (KSW)
Cours
Betriebliches Lernen und berufliche Kompetenzentwicklung
Note
1,7
Auteur
Année
2016
Pages
23
N° de catalogue
V338293
ISBN (ebook)
9783668279612
ISBN (Livre)
9783668279629
Taille d'un fichier
617 KB
Langue
allemand
Mots clés
Betriebliches Lernen und berufliche Kompetenzentwicklung, Modul 3D
Citation du texte
Monique Geisler (Auteur), 2016, Postgraduelle Praktika und ihre Bedeutung für das betriebliche (Kennen-)Lernen und die berufliche Kompetenzentwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338293

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