Schwere Schicksalsschläge werden von Mädchen aus aller Welt berichtet. Dieser Ausschnitt einer Lebensgeschichte soll exemplarisch die Problemsituation von Zwangsverheirateten oder davon bedrohten Mädchen und jungen Frauen näher bringen.
Zunächst möchte ich meine Beweggründe für die Auswahl des Themas „Zwangsverheiratung in Deutschland“ nennen. Im Rahmen meines Praktikums im siebten Semester bin ich mit dem Thema der Zwangsverheiratung konfrontiert worden. Eine 11-jährige Besucherin der Mädcheneinrichtung MaDonna Mädchenkult.Ur e.V., in der ich als Praktikantin arbeitete, erzählte mir die Geschichte ihrer Mutter. Diese wurde mit 13 Jahren mit einem ihr unbekannten und viel älteren Mann, den ihre Familie für sie auswählte, verheiratet. Diese Frau ist heute so alt wie ich, sie hat fünf Kinder und das sechste Kind ist unterwegs. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich persönlich mit dem Problem der Zwangsverheiratung konfrontiert worden bin.
Aus den Medien und von Bekannten hatte ich schon über Verheiratungen von Mädchen und jungen Frauen gehört, jedoch kannte ich keine dieser Frauen persönlich. Durch den persönlichen Kontakt zu der Mutter fühlte ich mich emotional betroffen. Mich verwunderte die Selbstverständlichkeit, mit der dieses junge Mädchen über die Geschichte ihrer Mutter sprach.
Mir gingen viele Fragen durch den Kopf: Wie kann es möglich sein, dass Frauen noch gegen ihren Willen verheiratet werden und somit eine lebenswichtige Entscheidung für ihr Leben von Dritten getroffen wird? Was bewegt die Eltern zu solch einem Schritt? Und wie kann unsere Gesellschaft diese Ungerechtigkeit zulassen? Wie kann die Situation geändert werden?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Einführung in das Thema der Zwangsverheiratung
- 2.1 Datenlage zur Zwangsverheiratung
- 2.2 Zwangsverheiratung: ein Verstoß gegen Menschenrechte
- 2.3 Abgrenzung von Zwangsverheiratungen und arrangierten Ehen
- 2.4 Folgen von Zwangsverheiratung
- 3. Die Motivation der Eltern
- 3.1 Die Bedeutung der Partnerwahl
- 3.2 Zwangsverheiratung als Disziplinierung oder zum Schutz
- 3.3 Verwandtschaftliche und gesellschaftspolitische Hintergründe
- 3.4 Zwangsverheiratung als Einwanderungsmöglichkeit für Familienmitglieder
- 3.5 Zwischenergebnis
- 4. Auslösende Faktoren für eine Zwangsverheiratung
- 4.1 Der Einfluss der ökonomischen Situation in der Familie
- 4.2 Gestörte Eltern-Kind-Beziehung
- 4.3 Zwischenergebnis
- 5. Die Bedeutung des Ehrbegriffs in der türkischen Gesellschaft
- 5.1 Der Wert Ehre (namus)
- 5.1.1 Die Ehre des Mannes
- 5.1.2 Die Ehre der Frau
- 5.2 Der Wert Achtung (saygi)
- 5.3 Der Wert Ansehen, Würde (seref)
- 5.4 Die Bedeutung der Familie und Ehe
- 5.5 Die islamische Eheschließung
- 5.6 Zwischenergebnis
- 5.1 Der Wert Ehre (namus)
- 6. Lebenssituation türkischer Mädchen
- 6.1 Die Sozialisation der in Deutschland lebenden türkischen Mädchen
- 6.2 Fehlende Jugendphase
- 6.3 Zerissenheitsgefühl der Mädchen
- 6.4 Die Chance auf eine positive Persönlichkeitsentwicklung
- 6.5 Die Bedeutung und die Erziehung der Kinder
- 6.6 Zwischenergebnis
- 7. Die rechtliche Situation zum Opferschutz
- 7.1 Zwangsverheiratung im Zivilrecht
- 7.2 Zwangsverheiratung im Strafrecht
- 7.3 Problematik und Reformbedarf im Zivil- und Strafrecht
- 7.3.1 Zwangsheirat-Bekämpfungsgesetz
- 7.3.2 Beweislast
- 7.3.3 Antragsberechtigung
- 7.3.4 Antragsfrist
- 7.3.5 Unterhaltsrecht
- 7.4 Aufenthaltsrechtlicher Aspekt der Zwangsheirat und die Problematik
- 7.4.1 Aufenthaltsrecht bei einer Heiratsverschleppung
- 7.4.2 Aufenthaltssituation der Importbräute
- 7.4.3 Aufenthaltssituation bei einer Zwangsverheiratung zum Zwecke eines „Einwanderungstickets“
- 7.5 Schutzmaßnahmen der Jugendhilfe bei einer Zwangsverheiratung
- 7.5.1 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
- 7.5.2 Hilfe zur Erziehung
- 7.5.3 Inobhutnahme
- 7.6 Notwendige Änderungen in der Jugendhilfe
- 7.7 Zwischenergebnis
- 8. Präventionsmaßnahmen und Interventionsarbeit
- 8.1 Fortbildungsmaßnahmen
- 8.2 Die Notwendigkeit der interinstitutionellen Kooperation
- 8.3 Der Bedarf an niedrigschwelligen Angeboten
- 8.4 Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit
- 8.5 Aufklärung und Thematisierung in und durch muslimische Organisationen
- 8.6 Pädagogische Aufklärungsarbeit an Schulen und in Jugendeinrichtungen
- 8.6.1 Die Bedeutung der pädagogischen Aufklärungsarbeit
- 8.6.2 Die Sensibilisierung der Pädagogen
- 8.7 Deutsch- und Integrationskurse
- 8.8 Zwischenergebnis
- 9. Sozialpädagogische Unterstützung bei geplanter und erfolgter Zwangsverheiratung
- 9.1 Projektvorstellung Papatya
- 9.2 Einblick in die Problemlage der Mädchen
- 9.3 Voraussetzung: Interkulturelle Sensibilität
- 9.4 Interventionsmöglichkeiten und Betreuungsverlauf
- 9.5 Die Suche nach einer innerfamiliären Lösung
- 9.6 Ambivalenz der Mädchen
- 9.7 Wo bleiben die Mädchen?
- 9.8 Das Leben in der Anonymität
- 9.9 Zwischenergebnis
- 10. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit dem komplexen Thema der Zwangsverheiratung in Deutschland, insbesondere unter türkischstämmigen Mädchen. Ziel der Arbeit ist es, die Problematik aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und einen Einblick in die Ursachen, Folgen und Interventionsmöglichkeiten zu geben.
- Soziokulturelle Hintergründe von Zwangsverheiratung
- Rechtliche Rahmenbedingungen und Schutzmöglichkeiten für betroffene Mädchen
- Präventionsmaßnahmen und Interventionsarbeit im Kontext von Zwangsverheiratung
- Sozialpädagogische Unterstützungsmöglichkeiten für betroffene Mädchen und ihre Familien
- Die Rolle von Ehre und Familienstrukturen in der türkischen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der Zwangsverheiratung in Deutschland vor und erläutert die Relevanz des Themas.
- Kapitel 2: Einführung in das Thema der Zwangsverheiratung: Dieses Kapitel liefert grundlegende Informationen zur Zwangsverheiratung, beleuchtet die Datenlage und die menschenrechtlichen Aspekte.
- Kapitel 3: Die Motivation der Eltern: Hier werden die Gründe für die Entscheidung der Eltern, ihre Töchter zwangszuverheiraten, analysiert.
- Kapitel 4: Auslösende Faktoren für eine Zwangsverheiratung: In diesem Kapitel werden die Faktoren untersucht, die eine Zwangsverheiratung begünstigen können.
- Kapitel 5: Die Bedeutung des Ehrbegriffs in der türkischen Gesellschaft: Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle von Ehre und Familienstrukturen in der türkischen Gesellschaft und deren Einfluss auf die Partnerwahl.
- Kapitel 6: Lebenssituation türkischer Mädchen: Dieses Kapitel beschreibt die Sozialisation türkischer Mädchen in Deutschland und die Herausforderungen, denen sie im Kontext von Zwangsverheiratung gegenüberstehen.
- Kapitel 7: Die rechtliche Situation zum Opferschutz: Dieses Kapitel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und Schutzmöglichkeiten für betroffene Mädchen.
- Kapitel 8: Präventionsmaßnahmen und Interventionsarbeit: Dieses Kapitel stellt verschiedene Präventions- und Interventionsmaßnahmen vor, die zur Bekämpfung von Zwangsverheiratung beitragen können.
- Kapitel 9: Sozialpädagogische Unterstützung bei geplanter und erfolgter Zwangsverheiratung: Dieses Kapitel beschreibt die sozialpädagogische Unterstützung, die betroffenen Mädchen und ihren Familien angeboten werden kann.
Schlüsselwörter
Zwangsverheiratung, türkischstämmige Mädchen, Deutschland, Menschenrechte, Familienstrukturen, Ehre, Kultur, Sozialisation, Recht, Prävention, Intervention, Sozialpädagogik, Interkulturelle Kompetenz, Integration.
- Quote paper
- Ola El-Khatib (Author), 2009, Zwangsverheiratung in Deutschland. Ein Einblick in die Problematik bei türkischstämmigen Mädchen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338862