Crowdfunding in Österreich. Crowdinvesting als Anlageinstrument

Eine Analyse unter Berücksichtigung veränderter Rahmenbedingungen durch das Alternativfinanzierungsgesetz


Thèse de Bachelor, 2016

62 Pages, Note: 1,00


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitendes Kapitel
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Forschungsfragen
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Grundlagen des Crowdfunding
2.1 Die Macht der Crowd
2.2 Die Entstehung des Crowdfundings
2.3 Exkurs: Crowdsourcing
2.4 Ablauf einer Crowdfunding-Kampagne
2.4.1 Phase 1: Die Bewerbung
2.4.2 Phase 2: Die Vorbereitung der Kampagne
2.4.3 Phase 3: Die Crowdfunding-Kampagne
2.4.4 Phase 4: Der Abschluss der Kampagne
2.5 Funktionsweisen im Crowdfunding
2.5.1 Donation-based Crowdfunding
2.5.2 Reward-based Crowdfunding
2.5.3 Lending-based Crowdfunding
2.5.4 Equity-based Crowdfunding

3. Crowdfunding in Österreich
3.1 Ausgangssituation vor dem Alternativfinanzierungsgesetz
3.2 Crowdfunding-Plattformen in Österreich
3.3 Exkurs: Crowdfunding im Ausland
3.4 Das Alternativfinanzierungsgesetz und dessen Rechtsgrundlagen
3.4.1 Anwendungsbereich gemäß AltFG
3.4.2 Beschränkungen gemäß AltFG
3.4.3 Informationspflichten gemäß AltFG
3.4.4 Pflicht zur Prüfung der Informationspflichten gemäß AltFG
3.4.5 Verpflichtungen zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gemäß AltFG
3.4.6 Anforderungen an Betreiber von Internetplattformen gemäß AltFG
3.4.7 Strafbestimmungen gemäß AltFG
3.4.8 Weiterführende Gesetzesänderungen anlässlich des AltFG
3.5 Beurteilung des AltFG
3.6 Das AltFG im länderübergreifenden Vergleich

4. Crowdinvesting als Anlageinstrument
4.1 Motive für den Einsatz als Anlageinstrument
4.2 Steuerliche Behandlung aus Investorensicht
4.2.1 Substanzgenussrecht
4.2.2 Nachrangige Darlehen
4.3 Beurteilung der Eignung als Anlageinstrument
4.4 Best-Practice Beispiel: Kaahée

5. Crowdinvesting als Finanzierungsinstrument
5.1 Motive für den Einsatz als Finanzierungsinstrument
5.2 Bilanzielle Behandlung aus Unternehmenssicht
5.2.1 Substanzgenussrecht
5.2.2 Nachrangige Darlehen
5.3 Beurteilung der Eignung als Finanzierungsinstrument
5.4 Best-Practice Beispiel: InvesTOR

6. Resümee und generelle Handlungsempfehlungen im Crowdfunding

Literaturverzeichnis

Anhang

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Crowdfunding zur Schließung der Early-Stage-Gaps

Darstellung 2: Der zweiseitige Crowdfunding-Markt

Darstellung 3: Idealtypischer Ablauf des Crowdfundings über einen Intermediär

Darstellung 4: Crowdfunding-Arten nach Unsicherheit und Komplexität

Darstellung 5: OeNB Statistik Neukreditvergabe 2009-2016

Darstellung 6: Auflistung nationaler Crowdfunding-Plattformen mit Stand 04.04.2016

Darstellung 7: Gesamtvolumen Crowdinvesting Deutschland von 2011 bis 2015/Q1

Darstellung 8: Gesamtvolumen Crowdfunding weltweit von 2011 bis 2014

Darstellung 9: Definition KMU

Darstellung 10: Wertgrenzen im Anwendungsbereich des AltFG

Darstellung 11: Steuerliche Behandlung sozietärer Genussrechte bei AnlegerInnen

Darstellung 12: Steuerliche Behandlung nachrangiger Darlehen bei AnlegerInnen

Darstellung 13: SWOT-Analyse aus Investorensicht

Darstellung 14: SWOT-Analyse aus Unternehmenssicht

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Widmung

Leider lässt sich wahre Dankbarkeit mit Worten nur schwer ausdrücken…

…jedoch liegt keine Schuld dringender als Danke zu sagen.

Auf diesem Weg gilt mein ehrlicher Dank all den Menschen, die mich während meines berufsbegleitenden Studiums auf unterschiedlichste Weise stets verständnisvoll unterstützt, ermutigt und gefordert haben.

… meiner Familie

… meinen engsten Freunden und Studienbegleitern

… meinen Arbeitskollegen

… meinem Chef

… meinen Lektoren

Vielen herzlichen Dank

Kurzreferat

Crowdfunding in Österreich

Eine Analyse unter Berücksichtigung veränderter Rahmenbedingungen durch das Alternativfinanzierungsgesetz

Crowdfunding bzw. Crowdinvesting wird seit geraumer Zeit als weitere mögliche Finanzierungsform für GründerInnen, Start-ups und KMU’s betrachtet, aber auch AnlegerInnen finden zunehmend Gefallen an innovativen Veranlagungsformen. Das Alternativfinanzierungsgesetz bietet dafür den notwendigen rechtlichen Rahmen in Österreich. Diese Bachelorthesis untersucht die gängigen Crowdfunding-Modelle in Bezug auf die Gesetzesnovelle. Basierend auf einer kritischen Betrachtung nationaler und internationaler Gesetzgebungen betreffend alternativen Finanzierungsformen, werden die gängigsten Crowdfunding-Modelle betrachtet, um folglich Motive, rechtliche und steuerliche Aspekte des Crowdfunding zu identifizieren. Diese Thesis schließt aus den aktuellen Entwicklungen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zwar notwendig erscheinen, jedoch dies nicht zwangsläufig zu nachhaltigem Erfolg des Crowdfunding führen kann. Eine weitere Harmonisierung in Europa diesbezüglich scheint unumgänglich. Des Weiteren müssen InvestorInnen weitere Anreize geboten werden, um auch die breite Masse für diese innovative Anlage- bzw. Finanzierungsform zu gewinnen.

Schlüsselwörter: Crowdfunding, Crowdinvesting, Alternativfinanzierungsgesetz, AltFG, Crowdfunding-Plattform, Gründer, Start-up, KMU, Early-Stage-Gap

Abstract

Crowdfunding in Austria

An Analysis on Changing Conditions Through the Alternative-Financing-Act

Crowdfunding or Crowdinvesting has been considered as another possible form of financing entrepreneurs, start-ups and SMEs, but also investors are increasingly pleased by innovative investment solutions. Therefor the Alternative-Financing-Act provides the necessary legal framework in Austria. This bachelor thesis examines the popular crowdfunding models based on a critical review of national and international legislation regarding alternative forms of financing. The crowdfunding models are considered consequently to identify the motives, legal- and tax-aspects. Furthermore, this thesis excludes the recent developments and that the regulatory framework is considered necessary although it won’t lead automatically to sustainable success of crowdfunding. Consequently, further harmonization in Europe seems inevitable. In addition, more incentives for investors will be needed to attract the broad masses for this innovative investment and financing form.

Keywords: Crowdfunding, Crowdinvesting, Alternative-Financing-Act, AltFG, Crowdfunding Platform, Founder, Start-up, SMEs, Early-Stage-Gap

1. Einleitendes Kapitel

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung

In den vergangenen Jahren konnte sich Schwarmfinanzierung, das sogenannte Crowdfunding, als zusätzliche Alternative zu traditionellen Finanzierungs-/Anlagearten durchaus etablieren. Negativschlagzeilen, wie die des Waldviertler Schuhproduzenten Heinrich „Heini“ Staudinger, sorgten allerdings gerade in Österreich für große Unsicherheit in diesem Bereich.

Seit dem 01. August 2015 ist das Alternativfinanzierungsgesetz (AtlFG) in Kraft, sodass Österreich erstmals klare rechtliche Grundlagen erhält. Dieser rechtliche Rahmen soll Investitionen in Crowdfunding-Projekte erleichtern, aber auch gleichzeitig AnlegerInnen schützen. Der Beschluss eines „Crowdfunding-Gesetzes“ ist ein erster Schritt, der es den handelnden Personen und Institutionen ermöglicht in einem rechtssicheren Raum zu agieren. Kernproblem dieser Thematik wird nun die wirkungsvolle Umsetzung des AltFG in Österreich sein. Die weitgehenden Folgen dieser Gesetzesnovelle für Unternehmen, Investierende in Anbetracht auf rechtliche, steuerliche oder auch bilanzielle Aspekte müssen nun in der Realwirtschaft eruiert werden.

Der Vorteil für Klein- und Mittelunternehmen (KMU) und vor allen Dingen Start-ups und GründerInnen liegt auf der Hand - die Schaffung weiterer Finanzierungsmöglichkeiten in der Frühphase der Unternehmensgründung. Die neuen gesetzlichen Regulierungen schaffen allerdings auch neue Informationsstandards, welche eingehalten werden müssen. Probleme können dabei ebenfalls bei länderübergreifenden Geschäften entstehen, da die rechtliche Situation in der Europäischen Union (EU) noch nicht harmonisiert wurde.

1.2 Forschungsfragen

In nachfolgender Arbeit liegt das Hauptaugenmerk im Crowdfunding und deren unterschiedlichen Ausprägungen, wobei der Einfluss des AltFG in Österreich dabei den aktuellen und rechtlichen Rahmen vorgibt. Dabei soll beantwortet werden, welche Auswirkungen diese spezielle Gesetzesnovelle auf Unternehmen, deren InvestorInnen oder auch Vermittler (u.a. Crowdfunding-Plattformen) hat. Welche rechtlichen, steuerlichen und bilanziellen Aspekte müssen dabei berücksichtigt werden und wie verhält sich das AltFG im länderübergreifenden Vergleich?

1.3 Aufbau der Arbeit

Im Zuge dieser Bachelorarbeit soll ein schematischer Überblick der unterschiedlichen Ausprägungen von Crowdfunding eruiert werden. Im speziellen jene Varianten, die bereits in Österreich vorhanden sind bzw. durch das AltFG rechtlich eingeschränkt werden. Weiter soll das 2015 beschlossene AltFG und dessen Auswirkungen kritisch und auch länderübergreifend grob beleuchtet werden. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Folgen für die handelnden Parteien (Kapitalsuchende, KapitalgeberInnen und Vermittler) gelegt werden. Diese Arbeit soll demnach detaillierten Aufschluss über die rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte und Motive von Crowdfunding in Österreich geben. Abschließend sollen die zukünftigen Chancen, bezugnehmend auf das AltFG bzw. dessen etwaige Aussicht auf Harmonisierung mit zukünftigem europäischem Recht, beleuchtet werden. Infolgedessen sollen auch mögliche Handlungsempfehlungen für Kapitalsuchende bzw. -geberInnen aus dieser Arbeit ersichtlich und verwertbar sein.

„We are about to experience the grandest expression

of human creativity and economic growth

ever seen in the history of human civilization…

Crowdfunding is human will expressed in pure form.

A person with a vision becomes a dream funded on a mission.

It is the explosive combination of democracy and free market capitalism…

It allows new ideas to get funded and to be free market tested

at a lower cost, with less complexity, in less time than ever before.

Experimentation has now become possible for millions

that were previously excluded

from having any chance for their idea to be tried.”

Howard J. Leonhardt

(Inventor & Entrepreneur)

2. Grundlagen des Crowdfunding

2.1 Die Macht der Crowd

Der englische Begriff „Crowd“ lässt sich als „die breite Masse“, „Menschenmenge“, „Publikum“, „Horde“ oder auch „Gedränge“ ins Deutsche übersetzen. In diesem Zusammenhang ist allerdings der deutsche Ausdruck „Schwarm“ vermutlich der zutreffendste.

Unter „Crowdfunding“ (Schwarmfinanzierung) versteht man somit den Vorgang, dass eine Vielzahl Freiwilliger (die Crowd) als Quelle zur Finanzierung eines Unternehmens, eines bestimmten Projektes oder lediglich einer Idee dienen. (Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 13- 14)

In der zahlreichen Literatur finden sich sehr ähnliche Auslegungen von Crowdfunding - eine allgemein akzeptierte Version findet sich allerdings nicht. Eine sehr häufig zitierte Definition in der Fachliteratur ist jene von Belleflamme, Lambert und Schwienbacher:

“Crowdfunding involves an open call, mostly through the Internet, for the provision of financial resources either in form of donation or in exchange for the future product or some form of reward to support initiatives for specific purpose.“ (Belleflamme/Lambert/Schwienbacher 2014, S. 589)

Die Europäische Kommission hat in ihrer Mitteilung “Freisetzung des Potenzials von Crowdfunding in der Europäischen Union” vom 27.03.2014 dazu festgehalten, dass unter dem Begriff Crowdfunding im Allgemeinen ein öffentlicher Aufruf (meist über das Internet) bezeichnet wird, mit dem Zweck Finanzierungsbeiträge in Form relativ kleiner Beträge von vielen KapitalgeberInnen für ein bestimmtes Projekt einzusammeln. Wobei sich der Begriff „Crowdfunding“ lediglich auf den angewendeten Finanzierungskanal bezieht. (Europäische Kommission 2014, S. 2)

Dieses Verständnis deckt sich ebenfalls mit der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde (SEC), welche sich vermutlich als erste offizielle Aufsichtsbehörde mit dieser Thematik beschäftig und auseinandergesetzt hat.

2.2 Die Entstehung des Crowdfundings

Die Idee von Crowdfunding ist somit weder neu noch überaus komplex - eine Vielzahl einzelner Personen (die Crowd) geben relativ geringe Beträge, um damit eine Idee, ein Projekt oder ein Unternehmen zu unterstützen, welches sich dadurch finanzieren kann.

Die Anfänge im Crowdfunding liegen demnach auch schon Jahrzehnte zurück - eines der bekanntesten Beispiele aus der Geschichte ist die Kampagne um die „Lady Liberty“ - der Freiheitsstatue im Jahr 1885. Als Geschenk Frankreichs an die USA konnte diese zunächst nicht aufgebaut werden, da schlichtweg ein geeigneter Sockel bzw. Fundament fehlte. Nach einem Aufruf von Joseph Pulitzer, damaliger Herausgeber der Zeitung „The New York World“ konnte der fehlende Betrag mit der Spende von mehr als 160.000 Menschen nach fünf Monaten aufgebracht werden und die „Lady Liberty“ konnte schlussendlich errichtet werden. (BBC News 2013)

Zu einem Revival im Crowdfunding führte gerade in der jüngeren Geschichte die Musik- und Filmindustrie. Durch dieses System konnten gesamte Musikalben oder Filme produziert und finanziert werden. Diese mediale Breitenwirkung verhalf Crowdfunding zu neuer und ungeahnter Popularität. ArtistShare, 2003 gegründet, war die erste Internet-Crowdfunding- Plattform. Bei der ersten Kampagne konnten InvestorInnen die Produktion eines Jazz Albums mit einem Betrag von 9,95 USD unterstützen und nach Erscheinen dieses online herunterladen. Bei Spenden iHv 250 USD oder mehr, wurde man zuzüglich als SpenderIn namentlich im Album-Booklet erwähnt. Durch den unerwarteten Erfolg von ArtistShare folgten zahlreiche diesem Beispiel. Plattformen wie z.B. Indiegogo (2008) oder Kickstarter (2009) schossen aus der Erde und ergänzten indes die bestehende Bandbreite um soziale sowie erfolgsorientierte Projekte. Mit Stand Juli 2015 zählte Österreich acht unterschiedliche Crowdfunding- und Crowdinvesting-Plattformen, wobei im deutschsprachigen Raum (inkl. Deutschland und Schweiz) bereits 96 bestehende Plattformen gezählt wurden. (Pöltner/Horak 2016, S. 1-14)

Unternehmensfinanzierungen durch bzw. über die Crowd werden seit dieser Zeit wissenschaftlich intensiv diskutiert bzw. erforscht. Die Chancen für Crowdfunding werden vor allen Dingen in der Möglichkeit gesehen, durch Crowdfunding die sogenannte „Early- Stage-Gab“ (Finanzierungslücke in der Frühphase von Unternehmensgründungen bzw. Start-Ups) zu verringern oder komplett zu schließen. Die folgende Darstellung zeigt, dass Finanzierungen durch „Venture Capital“ (Wagnis- oder Risikokapital) bzw. Banken (durch Kredite) erst in späteren Phasen der Unternehmensentwicklung zur Verfügung stehen. In der Frühphase muss meist auf die finanziellen Mittel der GründerInnen, deren Familie und Freunden bzw. falls möglich, auf sogenannte „Business Angels“ (PrivatinvestorInnen, welche Risikokapital in Start-Ups investieren) zurückgegriffen werden. Sollten diese Mittel allerdings nicht ausreichen, entsteht eine Finanzierungslücke, welche sich gerade durch die Finanzmarktkrise 2007 noch mehr zugespitzt hat. (Moritz/Block 2014, S. 58)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 1: Crowdfunding zur Schließung der Early-Stage-Gaps Quelle: Moritz/Block 2014, S. 59

2.3 Exkurs: Crowdsourcing

Viel älter als Crowdfunding ist allerdings das Prinzip des Crowdsourcing. Dies lässt sich mit dem deutschen Schlagwort Schwarmintelligenz beschreiben, was so viel bedeutet, dass unter Umständen, einer Gruppe von Menschen besondere Intelligenz zugesprochen wird, welche unter bestimmten Faktoren auch klüger als das klügste Mitglied dieser Gruppe ist. Dabei muss die Gruppe an sich nicht zwangsläufig von einer intelligenten Person geführt werden, noch müssen die Gruppenmitglieder besonders speziell informiert sein oder gar rational entscheiden. Die Gruppe kann unter Umständen im Kollektiv dennoch intelligente Entscheidungen treffen. Ohne die beschriebene Schwarmintelligenz wären Seiten wie Wikipedia, Wissenschaften an sich oder die Börse undenkbar. Noch einfacher lässt sich dieses Prinzip am Beispiel der TV-Sendung „Wer wird Millionär?“ beschreiben. Neben verschiedenen Jokern, haben die KandidatInnen u.a. auch die Möglichkeit, das Publikum zu befragen. Beim Publikumsjoker haben sämtliche Studiogäste die Gelegenheit, durch eine anonyme Abstimmung die für richtig empfundene Antwort auszuwählen und mitzuteilen. Die KanditatInnen vertrauen demnach im Regelfall dem Gesamtergebnis und der Antwort mit den meisten Stimmen. Somit wird dem Publikum, sprich der Crowd, eine gewisse Intelligenz zugesprochen. (Pöltner/Horak 2016, S. 2)

Im Unternehmenskontext lässt sich Crowdsourcing wie folgt definieren:

„Crowdsourcing takes place when a profit oriented firm outsources specific tasks essential for the making or sale of its products to the general public (the crowd) in the form of an open call over the Internet, with the intention of animation individuals to make a contribution to the firm’s production process for free or for significantly less than that contribution is worth to the firm.” (Kleemann/Voß/Rieder 2008, S. 6)

Demnach wird die Crowd, anders als beim Crowdfunding, nicht nur für das Finanzieren einer Idee herangezogen, sondern vielmehr als zusätzliche Quelle für weitere Ressourcen genutzt. (Moritz/Block 2014, S. 60)

2.4 Ablauf einer Crowdfunding-Kampagne

Der Crowdfunding-Markt kann zweifelsfrei als Beispiel für einen klassischen zweiseitigen Markt betrachtet werden, indem zwei Gruppen - VerkäuferIn (money side) und KäuferIn (subsidy side) - in einem Netzwerk zusammengebracht werden. Die beiden Gruppen beeinflussen sich gegenseitig sowohl positiv als auch negativ in ihrem Nachfrageverhalten. Voraussetzung für ein erfolgreiches Zusammenwirken liegt dabei in der Reduktion bestehender Informationsasymmetrien und dem Aufbau von Vertrauen zwischen den handelnden Akteuren. Faktoren wie „adverse Selektion“ (Negativauslese oder Gegenauslese) sowie „Moral Hazard“ (moralische Versuchung oder Rationalitätsfalle) - welche Auswirkung auf die Transaktionskosten haben könnten - sind dabei zu vermeiden. Crowdfunding-Plattformen bieten die für den Austausch notwendige Infrastruktur und legen Regeln fest, sodass die Transaktion zwischen den handelnden Akteuren vereinfacht bzw. geregelt werden kann. Diese können aus unterschiedlichen Formen, wie z.B. physischen Produkten mit direktem Zahlungsaustausch oder schlicht einfachen Serviceleistungen bestehen. Der dabei erzielte Netzwerkeffekt kann zu einer Steigerung des Skalenertrags führen, welchen die Gruppen bereit sind finanziell zu vergüten. Die subsidy side profitiert demnach von einem sehr umfangreichen Angebot, während die money side einen breiten Zugang zu der benötigten Zielgruppe erhält. Der Erfolg einer Crowdfunding-Plattform basiert demnach zu großen Teilen von der Benutzeranzahl und, ob deren Nachfrage befriedigt werden kann. Die Herausforderung besteht folglich darin - ähnlich wie an der Börse - den optimalen Preis zu ermitteln und festzulegen, den beide Parteien bereit sind für den Zugang zu bezahlen. (Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 14-15)

Die Crowdfunding-Plattform (als Intermediär) hat die entscheidende Rolle, InvestorInnen (die Crowd) und Projektinitiatoren zusammen zu bringen. Typischerweise geschieht dies über eine internetbasierte Plattform, sodass standardisierte Prozesse die Kommunikation bzw. den Informationsaustausch sowie Abwicklung sicherstellen können. (Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 15)

Auf das Crowdfunding-Modell umgewälzt lassen sich folgende drei Rollen identifizieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 2: Der zweiseitige Crowdfunding-Markt

Quelle: In Anlehnung an: Eisenmann/Parker/Van Alstyne 2006

Zunächst der Initiator (Fundraiser oder auch money side), welcher eine Idee oder Projekt finanzieren lassen möchte. Ziel ist dabei, die Idee aus fremden Quellen zu finanzieren, da womöglich die eigenen Mittel unzureichend sind. Aus diesem Grund wird die Idee bzw. das Projekt vorgestellt, in der Hoffnung auf ausreichend finanzielle Unterstützung. (Schramm/Carstens 2014, S. 6)

Der Initiator braucht dazu die Crowd (Investor oder auch subsidy side), also eine große Gruppe von Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen bereit sind, diese Idee oder dieses bestimmte Projekt finanziell zu unterstützen. Die Crowd stellt demnach das Kapital bereit, unabhängig davon ob sie die Entscheidung auf Grundlage ideeller, finanzieller oder moralischer Aspekte fällt. (Schramm/Carstens 2014, S. 6)

Die beiden Beteiligten treffen am Marktplatz (Crowdfunding-Plattform fungiert als Intermediär) aufeinander. Die Idee (Angebot) und an der Idee Interessierte (Nachfrage) werden zusammengeführt und notwendige Transaktionen vollbracht. Die Initiatoren haben die Möglichkeit, die eigene Idee vorzustellen und die Crowd hat eine breite Basis, um ihr Kapital zu verteilen. (Schramm/Carstens 2014, S. 6)

Die Plattformbetreiber übernehmen allerdings nicht nur die Rolle des Vermittlers, sondern vielmehr die Funktion eines Treuhänders, welcher Gelder entgegennimmt und diese in Gewahrsam hält, bis die Zeichnungsfrist abgelaufen ist bzw. die Mindestinvestitionsschwelle erreicht wurde. (Saria/Stocker 2015, S. 166)

In der nachfolgenden Darstellung wird der Ablauf eines Crowdfunding-Projektes graphisch skizziert dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 3: Idealtypischer Ablauf des Crowdfundings über einen Intermediär Quelle: Moritz/Block 2014, S. 63

Eine Crowdfunding-Kampagne läuft nach Pöltner und Horak allgemein in mindestens vier unterschiedlichen Phasen ab:

2.4.1 Phase 1: Die Bewerbung

Phase 1 beschreibt den Prozess zwischen Projekteinreichung bis zur Auftragserteilung zur Kampagnenumsetzung der Crowdfunding-Plattform. Vor der eigentlichen Bewerbung sollten sich UnternehmerInnen folgendes fragen:

- Ist das Produkt bzw. die Dienstleistung interessant für die breite Masse, oder sogar neuartig und innovativ?
- Ist der Nutzen des Produktes oder der Dienstleistung leicht verständlich?
- Ist das Geschäftsmodell wirtschaftlich interessant?
- Gibt es einen Machbarkeitsnachweis (Proof-of-Concept)?
- Wurde für das Projekt bereits eine Kapitalgesellschaft gegründet bzw. wann lässt sich dies durchführen?
- Ist der Finanzierungsbedarf für eine Crowdfunding-Kampagne geeignet?
- Sind ausreichend Ressourcen für die erfolgreiche Umsetzung vorhanden (Team, Zeit, Budget, etc.)?

Können diese Fragen ausnahmslos mit Ja beantwortet werden, sollte der Projekteinreichung fast nichts mehr im Weg stehen. Auf den gängigsten Crowdfunding- Plattformen finden sich dazu ohnehin ausreichend Information bzw. Beschreibungen. Im darauffolgenden Screening-Prozess werden die zusätzlichen Unterlagen wie z.B. Businessplan und Finanzdaten zunächst vorab durchleuchtet. Inhalte wie das Geschäftsmodell, USP (Alleinstellungsmerkmal), Beschreibung der Geschäftsführung, Markt- und Absatzkanäle, Ist-Situation und Proof-of-Concept, Vertriebsziele sowie Ist- Finanzierung sollten dabei nicht fehlen. Die Frage, welche Informationen mit der Öffentlichkeit geteilt werden sollen, muss selbstverständlich jedes Unternehmen für sich entscheiden. Es müssen jedoch in jeden Fall genügend Informationen sein, sodass potentielle InvestorInnen eine ausreichende Grundlage zur Investitionsentscheidung finden. In einem finalen Schritt sollten die Eckdaten für die Kampagne bekannt sein. Darunter fallen die Fundingschwelle (der Mindestbetrag), das Fundinglimit (der Maximalbetrag), der Fundingzeitraum und natürlich welche Gegenleistung CrowdinvestorInnen für die Investition zu erwarten haben. Aufgrund der Prospektpflicht ist das Fundinglimit, welches die Finanzierungsobergrenze markiert, beschränkt und variiert von Land zu Land. Genaue Informationen dazu finden sich im Kapitel zum AltFG wieder. (Pöltner/Horak 2016, S. 7-8)

2.4.2 Phase 2: Die Vorbereitung der Kampagne

Nachdem die Crowdfunding-Plattform den Auftrag zum Start erhalten hat, beginnen auf beiden Seiten die Vorbereitungen:

- Erstellung der Texte auf der Plattform
- Erstellung visueller Materialien (Bild, Video, usw.) um das Projekt sowie das Team vorzustellen
- Planung der Dramaturgie (Storytelling) - wann soll was kommuniziert werden
- Planung begleitender Marketing-Kommunikation, um eine möglichst hohe Reichweite zu erreichen (Veranstaltungen, Werbematerialien, Social-Media-Auftritt, etc.)
- Aktivierung eines eigenen Netzwerkes (Freunde, Familien- und Bekanntenkreis)

Je aufwendiger die Kampagne im Vorfeld geplant und vorbereitet wurde, desto wahrscheinlicher ist es, das Fundinglimit während des angesetzten Zeitrahmens zu erreichen. (Pöltner/Horak 2016, S. 8-9)

2.4.3 Phase 3: Die Crowdfunding-Kampagne

Die Crowdinvesting-Kampagne reicht zeitlich von der Freischaltung des Projektes bis hin zum geplanten und festgelegten Kampagnenende. Sollte die Funding-Schwelle indes bis zu diesem Zeitpunkt nicht erreicht worden sein, werden bis dahin geleistete Einlagen vollumfänglich an die Kapitalgeber zurückgegeben. Das Unternehmen geht zumindest finanziell betrachtet, leer aus. Die Kampagne kann demnach nur erfolgreich abgeschlossen werden, wenn die Funding-Schwelle erreicht wurde - erst dann erhält das Unternehmen das eingesammelte Kapital von der Plattform. Diese sollte demnach mit Bedacht und realistisch definiert werden. Sollte das Funding-Limit vor Ablauf der Frist erreicht worden sein, endet die Crowdfunding-Kampagne frühzeitig. Der Erfolg liegt also nicht nur an der Bekanntheit der Plattform, sondern vielmehr in der Hand des Unternehmens an sich und wie erfolgreich die Umsetzung der geplanten Aktivitäten durchgeführt wurde. (Pöltner/Horak 2016, S. 9)

2.4.4 Phase 4: Der Abschluss der Kampagne

Wie bereits beschrieben, wird das eingesammelte Kapital, respektive der Betrag, erst dann an das Unternehmen weitergeleitet, wenn die vorab definierte Funding-Schwelle erreicht wurde. Im Anschluss kann das Unternehmen das Kapital für den im Voraus definierten Einsatz verwenden. Das Unternehmen verpflichtet sich, nach Beendigung der Crowdfunding-Kampagne ihren Informationspflichten (z.B. Jahresabschlüsse, usw.) an die KapitalgeberInnen weiter nachzukommen. Dies geschieht direkt oder über die Plattform. Inwieweit die InvestorInnen nicht nur als Kapitalgeber, sondern vielmehr Markenbotschafter bzw. loyale Kunden gesehen werden, liegt ebenfalls beim Unternehmen. Dieser Aspekt sollte allerdings fixer Bestandteil jeder Crowdfunding-Kampagne sein und in jedem Fall berücksichtig werden. (Pöltner/Horak 2016, S. 9-10)

2.5 Funktionsweisen im Crowdfunding

In Abhängigkeit der Gegenleistung für die verrichtete Finanzierung wird zwischen Crowdfunding ohne finanzielle Gegenleistung (non financial returns) und Crowdfunding mit finanzieller Gegenleistung (financial returns) definiert. (Sixt 2014, S. 57)

Die Branchen-Website crowdsourcing.org beschreibt in ihrem Crowdfunding Industry Report aus dem Jahre 2012 dabei vier Arten des Crowdfunding. Die Unterscheidung basiert dabei hauptsächlich auf der Art der Gegenleistung für die InvestorInnen. Zusätzlich lässt sich eine Unterscheidung durch den Grad der Unsicherheit bzw. Komplexität der Investmententscheidung definieren, wie in folgender Darstellung veranschaulicht: (Schramm/Carstens 2014, S. 6-7)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 4: Crowdfunding-Arten nach Unsicherheit und Komplexität Quelle: Schramm/Carstens 2014, S. 8

Die Ausprägungsformen des Crowdfundings lassen sich demnach weiter nach vier verschiedenen Finanzierungsmodellen unterscheiden: das Spenden-, das Belohnungs-, das Darlehens- und das Eigenkapital-Modell. (Moritz; Block 2014, S. 61)

2.5.1 Donation-based Crowdfunding

Beim spendenbasierenden Crowdfunding, dem sogenannten Donation-based Crowdfunding, gewähren die InvestorInnen, welche als „SpenderInnen“ auftreten, dem Unternehmen bzw. der Organisation eine finanzielle Unterstützung, ohne sich für diese eine Gegenleistung zu erwarten, welche auch nur annährend dem Wert der geleisteten Spende entsprechen würde. (Sixt 2014, S. 57)

Der Erfolg der Crowdfunding-Kampagne wird dabei stärker in den Vordergrund gestellt, sodass monetäre Aspekte in den Hintergrund rutschen. Wesentlich sind dabei die Wahrung einer transparenten Mittelverwendung und die regelmäßige Kommunikation zu den CrowdinvestorInnen bzw. vielmehr den SpenderInnen. Mithilfe dieses CrowdfundingModells konnten bereits zahlreiche humanitäre oder wissenschaftliche Projekte erfolgreich mitfinanziert werden. (Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 18)

2.5.2 Reward-based Crowdfunding

Das reward- bzw. belohnungsbasierende Crowdfunding-Modell beschreibt die Gegenleistung durch materielle Dinge für die finanzielle Unterstützung. Darunter fallen auch Crowdfunding-Kampagnen, bei denen die Crowd eine Anzahlung für das Produkt leistet (sogenannte Presales). Teilweise kann allerdings der materielle Wert der Gegenleistung wesentlich geringer ausfallen, als die geleistete finanzielle Unterstützung. Wobei auch eine ideelle Gegenleistung, wie bereits erwähnt z.B. die persönliche Erwähnung in einem CD- Booklet darunter fällt, finanziell jedoch vermutlich nicht beziffert werden kann. (Sixt 2014, S. 57)

CrowdinvestorInnen erhalten dadurch die Möglichkeiten, einen Beitrag zur Projektumsetzung zu leisten, als auch die Möglichkeit materiell bzw. ideell entschädigt zu werden. Für die Projekt-Initiatoren ist es indes unerlässlich, den optimalen Trade-off (Kosten-Nutzen-Abwägung) zwischen den entstandenen Finanzierungskosten und der „Verschiebung“ des erwarteten Cash-Flows aus der zukünftigen Umsetzung zu finden. (Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 19)

2.5.3 Lending-based Crowdfunding

Das Lending- bzw. darlehensbezogene Crowdfunding bezieht sich auf eine Art Kreditgewährung unter Ausschaltung der üblichen Finanzdienstleistungsunternehmen, wie vorwiegend Banken. Die KreditgeberInnen erwarten sich im Gegenzug für die finanzielle Unterstützung (Kreditgewährung) einen angemessenen Zinsertrag, der idealerweise über den aktuellen - von Banken gewährten - Habenzinssätzen liegt und für den Kreditnehmer unterhalb der zu zahlenden Sollzinssätzen bzw. Überziehungszinssätzen der Banken liegt. Momentan entwickeln sich auch hybride Modelle (Mischmodelle) auf diversen Crowdfunding-Plattformen, welche neben dem Reward-based Crowdfunding (materielle Gegenleistung) auch zusätzlich einen finanziellen Erlösanteil des Produkt- bzw. Dienstleistungsverkaufs anbieten. (Sixt 2014, S. 57-58)

Das Lending-based Crowdfunding-Modell kann in Österreich dagegen auch weiterhin ausschließlich von beaufsichtigten Banken bzw. Kreditinstituten abgewickelt oder vermittelt werden. Dies stellt ferner ein konzessionspflichtiges Einlagengeschäft mit unbedingtem Rückzahlungsanspruch (z.B. fixe Verzinsung ohne Nachrangklausel) nach dem österreichischen Bankwesengesetz (BWG) dar. (Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 20-21)

2.5.4 Equity-based Crowdfunding

Beim Equity-based Crowdfunding oder auch Eigenkapital-Modell spricht man bei der erhaltenen Gegenleistung von einer direkten Beteiligung am Eigenkapital bzw. finanziellen Erfolg des Unternehmens. Die InvestorInnen erwarten sich ganz klar einen finanziellen Ertrag bzw. Mehrwert aus der geleisteten Investition. Für diese Art von Crowdfunding wird der Begriff des Crowdinvestings häufig verwendet. (Sixt 2014, S 57)

Darunter fällt ebenso die Finanzierung mit Hybridkapital, die sogenannte Mezzanin- Finanzierung, welche die Position zwischen stimmberechtigten Eigenkapital und dem erstrangigen Fremdkapital bezieht. Diese sogenannte Mezzanin-Finanzierung enthält sowohl Grundeigenschaften der Eigen- als auch Fremdfinanzierung von außen. (Gabler Wirtschaftslexikon o.J.)

Die Grundidee ist dabei, dass die Möglichkeit besteht, sich anhand relativ kleiner Beträge an einem Unternehmen bzw. deren zukünftigen Gewinnen zu beteiligen, jedoch dafür bereit ist auch ein entsprechendes Risiko in Kauf zu nehmen und zu akzeptieren. Wie geschildert, handelt es sich dabei meist um Anteile in Form von Mezzanin-Kapital, welches vorrangig einer echten Unternehmensbeteiligung oder eines Gesellschafterdarlehens gesehen werden kann, jedoch nachrangig gegenüber allen weiteren Verbindlichkeiten (z.B. Bankkrediten oder Lieferantenkrediten). Diese Komplexität bedarf neuer regulativer Rahmenbedingungen, welche einheitliche Informations- und Transparenzstandards, Veröffentlichungspflichten sowie Anlegerschutzanforderungen festlegen.

(Kaufmann/Seper/Zenz 2016, S. 21)

3. Crowdfunding in Österreich

3.1 Ausgangssituation vor dem Alternativfinanzierungsgesetz

Die Investmentlandschaft in Österreich wurde seit 2009 sehr stark durch die Auswirkungen der US-Immobilienkrise geprägt, welche 2008 ihren Höhepunkt durch die Zahlungsunfähigkeit der Investmentbank Lehman Brothers erreicht hat. Zirker beschreibt im Geleitwort zum Fachbuch „Controlling und Basel III in der Unternehmenspraxis. Strategien zur Bewältigung erhöhter Bonitätsanforderungen.“, dass die schleichende Entwicklung zur Subprime-Krise in den USA bereits ihre Anfänge mit der Krise davor und damit im Zuge der New-Economy Spekulationsblase bereits im Jahr 2000 hatte. Die US- amerikanische Notenbank (FED) versuchte durch niedrige Zinssätze ein schnelles volkswirtschaftliches Wachstum herbei zu führen - die Hypothekenbanken weiteten infolgedessen die Kreditvergabe massiv aus und vernachlässigten zunehmend die Bonitätsprüfung der KreditnehmerInnen. Mit der kontinuierlichen Anhebung der Leitzinssätze in den Folgejahren wurden die zumeist variabel verzinsten Kredite notleidend. (Hoffmann/Schmolz 2014, Geleitwort)

Die nach Europa schwappende Finanzkrise führte zu einem sehr großen Misstrauen an den weltweiten Finanzmärkten. Dies machte es für Unternehmen indes noch schwieriger frisches Kapital über konventionelle Kanäle aufzunehmen. Insbesondere im deutschsprachigen Raum, sowie generell in Kontinentaleuropa und in United Kingdom (UK), führte dies zu merkbaren Rückgängen der vergebenen Kreditvolumina. Gerade die Tatsache, dass ohnehin im deutschsprachigen Raum alternative Finanzierungsformen wie das Venture-Capital (VC) oder die Business-Angel-Kultur mehr oder weniger ohne Bedeutung waren, führte zu einem verstärkten Kapitalmangel auf der Unternehmensebene bzw. wurde die Early-Stage-Gap gerade bei Unternehmensneugründungen bzw. Start-ups weiter vergrößert. (Schramm/Carsens 2014, S. 1-2)

Eine Umfrage des World Economic Forum (WEF) unterstreicht diese Tatsache, indem sie die Verfügbarkeit von Bankkrediten und Venture-Capital untersucht hat. Die Ergebnisse zeigen, dass im deutschsprachigen Raum vergleichbar zu den USA, China und nordischen Ländern Europas schlechtere Finanzierungsbedingungen vorgeherrscht haben, sodass gerade dieser Mangel nach Frühfinanzierungskapital zu einer berechtigten Nischenbildung der Crowdfunding-Bewegung geführt hat. (World Economic Forum 2014)

Die Finanzmarktkrise hat jedoch ebenso verdeutlicht, dass ein zusätzliches Eingreifen des Staates durch weitere Finanzmarktregulierungen unerlässlich scheint. Die damals akzeptierten Eigenkapitalquoten der Kreditinstitute wurden staatlich und gesellschaftlich hinterfragt, da dies zweifelsohne zu einer zusätzlichen Verschärfung im Zuge der Finanzmarktkrise geführt hat und etliche Banken in Schieflage geraten sind. Eine weitere Verschärfung der Basel II Regulatoren in Richtung einer Modernisierung durch Basel III sollte die dringend notwendigen Rahmenbedingungen im Finanzsektor garantieren. Diese sollten das strategische als auch operative Denken und Handeln der Kreditinstitute beeinflussen. Diese geänderten Rahmenbedingungen führen zweifelsfrei zu einem Paradigmenwechsel im gesamten Sektor, welcher die Bankenbranche zu starken Veränderungen der strategischen Ausrichtung zwingt. (Sarialtin 2015, S. 54)

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Résumé des informations

Titre
Crowdfunding in Österreich. Crowdinvesting als Anlageinstrument
Sous-titre
Eine Analyse unter Berücksichtigung veränderter Rahmenbedingungen durch das Alternativfinanzierungsgesetz
Université
University of Applied Sciences Vorarlberg
Note
1,00
Auteur
Année
2016
Pages
62
N° de catalogue
V341456
ISBN (ebook)
9783668312821
ISBN (Livre)
9783668312838
Taille d'un fichier
1725 KB
Langue
allemand
Mots clés
Crowdfunding, Crowdinvesting, Alternativfinanzierungsgesetz, AltFG, Crowdfunding-Plattform, Gründer, Start-up, KMU, Early-Stage-Gap
Citation du texte
Sanel Muranovic (Auteur), 2016, Crowdfunding in Österreich. Crowdinvesting als Anlageinstrument, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341456

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