Theoretische Ansätze zur Erklärung von Fehlzeiten in Unternehmen


Dossier / Travail, 2004

24 Pages, Note: 1,75


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Fehlzeiten in Unternehmen
2.1. Höhe und Entwicklung von Fehlzeiten
2.2. Krankheitsbedingte Fehlzeiten
2.3. Motivationsbedingte Fehlzeiten
2.4. Einflussfaktoren auf Fehlzeiten

3. Theoretische Ansätze und Modelle
3.1. Psychologische Modelle
3.1.1. Anwesenheitsmodell nach Steers & Rhodes
3.1.2. Streß- und Belastungsorientierte Ansätze
3.2. Ökonomische Theorien
3.2.1. Effizienzlohntheorie
3.2.2. Agenturtheoretischer Ansatz (Informations- asymmetrien)
3.2.3. Neoklassische Modell des Arbeitsangebotes
3.2.4. Kritik an ökonomischen Theorien

4. Fazit

5. Literatur

1. Einleitung

So gut wie jedes Unternehmen wird von der Höhe seines betrieblichen Krankenstandes beeinflußt. Eine hoher Grad an Fehlzeiten verursacht für ein Unternehmen nicht nur Kosten, sondern kann auch innerbetriebliche Konflikte im Kollegen-, Vorgesetzten- oder Organisationsleitungskreis hervorrufen. Ein daraus resultierendes schlechtes Betriebsklima wird neben geringerer Arbeitsproduktivität auch noch zu sinkender Arbeitsmotivation führen, was wiederum einen Beschäftigten dazu veranlassen könnte, statt zur Arbeit zu gehen im Hause zu bleiben und sich „krank“ zu melden. Betrachtet man die Entwicklung des Krankenstandes in Deutschland in den Jahren seit ca. 1990, erkennt man einen steten Rückgang der Zahlen[1], was sicher nicht nur damit zu begründen ist, daß die Bevölkerung seltener erkrankt oder von verbesserter medizinischer Versorgung profitiert. Insofern ist es interessant, die Gründe, die Individuen haben und Einflußfaktoren, die auf sie wirken, näher zu betrachten.

In dieser Arbeit soll zunächst der Begriff Fehlzeiten definiert und näher umschrieben und weitere mögliche Folgen in Betrieben bzw. für Betriebe aufgezeigt werden. Einem Überblick über die Ausprägung der Höhe und Entwicklung des Krankenstandes schließt sich die Unterscheidung zwischen krankheitsbedingten und motivationsbedingten Fehlzeiten an. Anschließend werden Faktoren genannt, die die Höhe von Fehlzeiten beeinflussen können. In dem Hauptteil meiner Arbeit sollen nun ausgewählte Theorien näher erläutert werden, um so verschiedene Gründe und Erklärungen für Fehlzeiten zu finden. Dabei soll das Anwesenheitsmodell nach Steers und Rhodes als Einstieg zum ersten Überblick der Einflußfaktoren hilfreich sein. Als weitere erklärungswürdige Theorie habe ich mich für streß- und belastungsorientierte Ansätze entschieden, weil diese mehr auf physische und psychische Belastungen von Beschäftigten eingehen. Im kommenden Abschnitt sollen ausgewählte ökonomische Theorien erläutert werden, deren Ansatzpunkte durchaus unterschiedlich sind: in der Effizienzlohntheorie ist die Höhe der Löhne entscheidend, in der agenturtheoretischen Denkweise die Informationsasymmetrien und im neoklassischen Modell des Arbeitsangebotes spielen Freizeit und

Konsumgüter ein wichtige Rolle. Daran folgen im Anschluß einige kritische Bemerkungen zu den ökonomischen Theorien. Als Abschluß meiner Arbeit ziehe ich ein Fazit.

Andere Ansätze aus dem psychologischen oder ökonomischen Bereich oder z.B. aus dem Gebiet der Soziologie werden aus Platzgründen in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Des weiteren möchte ich anfügen, daß sämtliche Bezeichnungen für Personen (Beschäftigter, Arbeitnehmer o.ä.) der Einfachheit halber in der männlichen Form geschrieben sind, wobei stets auch Frauen gemeint sein können.

2. Fehlzeiten in Unternehmen

Unter Fehlzeiten versteht man alle Zeiten, in denen ein Mitarbeiter fehlt, und auf die das Unternehmen einen Anspruch hat. Der Anspruch des Unternehmens ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag mit dem Mitarbeiter, durch den die Soll-Arbeitszeit bestimmt wird. Die Zeiten, die davon ausfallen, werden als Fehlzeiten bezeichnet.[2] Sie stellen Unternehmen vor hohe Kostenfaktoren, da beträchtliche Produktionsausfälle entstehen können und hohe Lohnfortzahlungen geleistet werden. Doch nicht nur finanzielle Belastungen kommen durch Fehlzeiten auf die Unternehmen zu. Andere Mitarbeiter müssen die anfallende Arbeit der erkrankten Kollegen übernehmen und eventuell Überstunden oder Mehrarbeit in Kauf nehmen. Besonders kleinere Unternehmen sind davon betroffen und bedürfen sogar der (befristeten) Einstellung neuer Mitarbeiter, um den Arbeitsausfall zu kompensieren. Neben Stress und Zusatzbelastungen sowie schlechterem Betriebsklima und sinkender Arbeitsmotivation durch die zu übernehmende Mehrarbeit kommt Planungs- und Organisationsaufwand auf die Unternehmen zu, um letztlich Qualitätsvorgaben sowie Lieferzeiten nicht zu vernachlässigen.[3]

2.1. Höhe und Entwicklung von Fehlzeiten

Krankheitsbedingte Fehlzeiten verursachen für deutsche Unternehmen beträchtliche Kosten. Der enorme Betrag von über 30 Milliarden Euro mußte im Jahr 2000 von den Unternehmen in Deutschland aufgebracht werden, um für die Lohnersatzleistungen aufzukommen. Diese setzen sich zusammen aus Entgeltfortzahlungen in Höhe von knapp 27 Milliarden Euro sowie dem ab der siebten Krankheitswoche zu zahlenden Krankengeld in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Der Betrag für das Krankengeld liegt eigentlich bei 7 Milliarden Euro, wird jedoch je zur Hälfte von der gesetzlichen Krankenversicherung sowie den Unternehmen getragen. Weiterhin verursachen Fehlzeiten Kosten durch Produktionsausfälle: diese beliefen sich im Jahr 2000 insgesamt auf umgerechnet ca. 47 Milliarden Euro.[4]

Die Entwicklung der Fehlzeiten ist in Deutschland seit 1990 sehr positiv. Es ist ein kontinuierlicher Rückgang der Fehlzeiten zu erkennen von 5,5 Prozent damals auf nur noch 3,6 Prozent im Jahr 2003. Auch in diesem Jahr wird regelmäßig vermeldet, daß die Zahl der Fehlzeiten von Monat zu Monat auf Rekordtiefstände fällt, und es ist zu erwarten, daß die Zahl noch weiter sinken und bis Jahresende deutlich unter 3 Prozent liegen wird. Im August 2004 erreichte der betriebliche Krankenstand mit 2,67 Prozent den niedrigsten Stand seit der Einführung der Lohnfortzahlung im Jahr 1970.[5] Für diese Entwicklung gibt es verschiedene Gründe: die Beschäftigtenzahl im Dienstleistungsbereich nimmt zu, im Gegensatz dazu sinkt der Anteil der Arbeitskräfte in Industrie und Bau, in dem der Krankenstand aufgrund größerer körperlicher Beanspruchung traditionell deutlich höher liegt. Daneben sorgt auch ein höherer Anteil von Frauen sowie Teilzeitarbeitskräften und natürlich eine verbesserte Gesundheits- und Unfallvorsorge am Arbeitsplatz für weniger Fehlzeiten. Der Hauptgrund für die positive Entwicklung des Krankenstandes in Deutschland ist jedoch die schwache konjunkturelle Lage. Die hohe Arbeitslosenzahl vergrößert bei allen Arbeitnehmern die Angst vor dem Verlust der Arbeitsstelle und der damit verbundenen drohenden Arbeitslosigkeit.[6] Durch Anwesenheit am Arbeitsplatz versucht demnach jeder Arbeitnehmer, seinem Arbeitgeber zu zeigen, wie wichtig er für das Unternehmen ist und sich so unentbehrlich zu machen. Dies läßt darauf schließen, daß die Gründe für Abwesenheit nicht nur krankheitsbedingt sind, sondern auch mit der Einstellung des einzelnen Beschäftigten zu tun haben, also motivationsbedingt sein können.

Im Anschluß an eine Abbildung, die den Zusammenhang zwischen dem Krankenstand und der Höhe der Arbeitslosigkeit verdeutlicht, gehe ich zunächst auf krankheits-, danach auf motivationsbedingte Fehlzeiten ein:

Abbildung 1: „Zusammenhang zwischen Beschäftigungslage, Überstunden und Krankenstand von Arbeitnehmern“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kohler, Hans, S.5

2.2. Krankheitsbedingte Fehlzeiten

Bei krankheitsbedingten Fehlzeiten handelt es sich um eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit des Arbeitnehmers. Dabei könnte er die nach dem Arbeitsvertrag geregelte Arbeit nur unter der Gefahr ausüben, seinen Gesundheitszustand zu verschlimmern. Eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall findet nur dann statt, wenn sich der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt bescheinigen läßt.[7] Wenn die Krankheit einer Heilbehandlung bedarf, spricht man von einer „echten“ Krankheit.[8] Hierbei ist nicht das subjektive Empfinden einer Person maßgebend, sondern vielmehr die objektive Einschätzung eines Arztes, welcher danach letztlich den Patienten krankschreibt oder nicht. Krankheitsbedingte Fehlzeiten zeichnen sich ferner dadurch aus, dass die Abwesenheiten der Mitarbeiter eher über einen längeren Zeitraum andauern, also tendenziell mehr als drei Tage. Zu krankheitsbedingten Fehlzeiten zählen neben den Krankheiten im eigentlichen Sinne auch Abwesenheitszeiten durch Unfälle am Arbeitsplatz. Diese machten im Jahr 2002 zwar nur rund 4,8 Prozent aller Krankmeldungen aus, dauerten aber im Durchschnitt knapp 15 Tage. Arbeitsunfälle verursachen aufgrund der Dauer des Krankenstandes oder häufig der Schwere der Unfallfolgen neben dem menschlichen Leid für Betroffene und Angehörige auch enorme Kosten. Im Jahr 2002 beliefen sich die Kosten der Unfallversicherungsträger auf rund 12,8 Milliarden Euro, von denen knapp 6 Milliarden Euro Rentenzahlungen für Versicherte oder Hinterbliebene fällig waren. Die ca. 816 Millionen Euro, die für die Maßnahmen zur Unfallverhütung (z.B. Erste Hilfe am Arbeitsplatz oder Ausbildung von Sicherheitspersonal) zu Buche stehen, sind aber allemal eine sinnvolle Investition. Die in den Jahren gestiegenen Ausgaben der Unternehmen für die Sicherheit am Arbeitsplatz bewirken einen deutlichen Rückgang der Unfallzahlen, wie die folgende Abbildung verdeutlichen soll.[9]

[...]


[1] Kohler, Hans: „Krankenstand – Ein beachtlicher Kostenfaktor mit fallender Tendenz“ in: Werkstattbericht des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, Ausgabe Nr.1 / 30.1.2002, siehe Tabelle S. 4

[2] Nieder, Peter:“Grundlagen der Reduzierung der Fehlzeiten“ in: Nieder,P.: Fehlzeiten wirksam reduzieren, Wiesbaden 1998, S.12

[3] Küsgens, I./ Vetter, C./ Yoldas, B.: „Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft“, in: Badura, B./ Litsch, M./ Vetter, C.: Fehlzeitenreport 2001, Berlin/Heidelberg 2002, S.257f

[4] Küsgens, I./ Vetter, C./ Yoldas, B., a.a.O., S.257f

[5] „Fehlzeiten: Weiterer historischer Tiefstand bei den Krankmeldungen“, in: Handwerk Magazin, 27.08.04

[6] „Krankenstand auf niedrigstem Stand seit Wiedervereinigung“, in: Geld-online, 29.12.2003

[7] vgl. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

[8] Fick, Diemut: „Der Krankenstand im Betrieb. Eine Analyse von Entwicklungen, Ursachen und Maßnahmen“, Konstanz 1993, S.12

[9] Hemmer, Edmund: Weniger Tote, in: Personal, Heft 07-08/2004, S.26f

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Theoretische Ansätze zur Erklärung von Fehlzeiten in Unternehmen
Université
Hamburg University of Ecomomy and Policy
Note
1,75
Auteur
Année
2004
Pages
24
N° de catalogue
V35079
ISBN (ebook)
9783638351140
ISBN (Livre)
9783638816038
Taille d'un fichier
865 KB
Langue
allemand
Mots clés
Theoretische, Ansätze, Erklärung, Fehlzeiten, Unternehmen
Citation du texte
Martin Hugel (Auteur), 2004, Theoretische Ansätze zur Erklärung von Fehlzeiten in Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35079

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