Das Zeitkonzept im Deutschen und Chinesischen aus der Perspektive der kognitiven Metapherntheorie. Ein Vergleich


Seminararbeit, 2016

30 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zeit ist Raum
2.1 Kognitive Metapherntheorie
2.2 Konzeptuelle Metapher ZEIT IST RAUM

3.Analyse von ZEIT IST RAUM Metapher
3.1 TIME PASSING IS MOTION entlang Horizontale Achse
3.1.1 TIME MOVING METAPHER
3.1.2 EGO MOVING METAPHER
3.2 Dualität der konzeptuellen Zeitmetaphern

4. Analyse eines deutsch-chinesischen Wörterbuchs

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach der kognitiven Metapherntheorie wird Metapher nicht mehr als rein rhetorisches Stilmittel angesehen, sondern gilt als Konzeptualisierung der menschlichen Erfahrungen. Eine Metapher ist die Bedeutungsübertragung aus einem erfahrbaren Ursprungsbereich auf einen schwer erfassbaren Zielbereich, die auf physikalischen Erfahrungen basiert. Zeit ist so ein abstrakter Erfahrungsbereich, der kaum fassbar und fast nur über andere, konkretere Erfahrungsbereiche begreifbar und beschreibbar ist (vgl. Radden 1997: 427). Am häufigsten versprachlicht man Zeit durch räumliche Metapher (vgl. Boroditsky 2000: 4).

Nach Lakoff/ Johnson schaffen unsere physikalischen Erfahrungen eine Basis für die konzeptionelle Metapher. Es ist anzumerken, dass körperliche Erfahrungen kulturell bedingt sind. Wir erfahren die Welt unter dem Einfluss von Kultur und die körperliche Erfahrung trägt unsere Kultur und wirkt auf die Konzeptualisierung ein. Es kommt zum Ergebnis, dass Fremdsprachenlernende beim Ausdruck eines abstrakten Konzepts den muttersprachlichen Ursprungsbereich verwenden, der sich von dem Ursprungsbereich der Fremdsprache unterscheidet. Solche Fehler werden von Danesi (2008: 232f.) als „conceptual error“ definiert und bilden die meisten Transferfehler beim Fremdsprachlernen. Deshalb ist es wichtig, die Ausdrücke der konzeptuellen Metaphern im Deutschen und in der Muttersprache zu analysieren.

Die konzeptuelle Metaphertheorie ist nützlich für das Verständnis einer Sprache. Sie ist sehr hilfreich für das Auswendiglernen, die Beherrschung und die Erweiterung des Wortschatzes. Deshalb spielt kognitive Metapher eine bedeutende Rolle im Wöterbuch für die Deutschlernenden. Die Arbeit zielt darauf ab, das traditionelle Wörterbuch aus der kognitiven Perspektive zu verbessern. In der vorliegenden Arbeit wird anhand von dem Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache (Deutsch-Chinesisch) untersucht, wie man das deutsch-chinesische Wöterbuch mit der Metaphertheorie optimieren kann.

Zeit ist ein äußerst abstrakter Erfahrungsbereich und fast nur über andere, konkretere Erfahrungsbereiche begreifbar und beschreibbar. Dabei bilden die räumlichen Zeitmetaphern den größten und wichtigsten Teil unseres Verstehens und auch unserer Ausdrücke der Zeit. Weil Raum im Gegensatz zu Zeit direkt erfassbar und begreifbar ist. Wie oben erwähnt, wird Zeit als Raum konzeptualisiert und diese Konzeptualisierung bildet die wichtigste Metapher zum Verständnis der Zeit. Allerdings stellt sich diese Konzeptualisierung in unterschiedlichen Sprachen in verschiedenen Modellen dar. Nach Lakoff ist die allgemiene Zeitmetapher im Deutschen und im Chinesischen TIME PASSING IS MOTION. Aber die Ausdrücke unter dieser Zeitmetapher im Deutschen und Chinesischen enthalten viele Ähnlichekeiten und Unterschiede. Deshalb werde ich in der vorliegenden Arbeit zuerst die räumliche Zeitmetaphern im Deutschen und Chinesischen analysieren, vor allem auf der horizontalen Zeitlinie. Dann werden anhand von dem Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache (Deutsch-Chinesisch) einige Vorschläge zur Verbesserung des deutsch-chinesischen Wörterbuchs aus der Perspektive der kognitiven Metapherntheorie gegeben.

2. Zeit ist Raum

2.1 Kognitive Metapherntheorie

Im Alltagsverständnis ist die Metapher für die meisten Menschen ein rhetorisches Stilmittel. Die Metapher wird als ein rein sprachliches Phänomen angesehen. Im Gegensatz dazu betrachtet die kognitiven Linguistik Metapher nicht nur als literarisches Stilmittel und „sprachliche Besonderheiten mit Ausnahmestatus“, sondern viel mehr „als Ausdrucksvariante unserer Sprache, mit denen wir insbesondere das schwer Fassbare, schwer Beschreibbare unserer Geistes-, Gefühls- und Erlebenswelt konzeptuell greifbar machen und benennen …“ (Schwarz 2008: 66). Laut Lakoff/ Johnson (2011: 14) wird der Metapher als integraler Bestandteil der Alltagssprache eine grundlegende Bedeutung für menschliche Denkprozesse zugeschrieben. Ihrer Meinung nach werden Wahrnehmung, Denken und Handeln durch konzeptuelle Metaphern beeinflusst. Denn als eine besondere Form gilt die Metapher als Konzeptualisierung der menschlichen Erfahrungen und während des Metaphorisierungsprozesses werden Kenntnisse und Erfahrungen verarbeitet.

Im Vordergrund dieser Theorie steht der Prozess der Ähnlichkeitskonstruktion. Lakoff/ Johnson gehen davon aus, dass konzeptionelle Metaphern aus einer systematischen Verbindung zwischen zwei Domänen entstehen, wodurch die Bedeutung aus einer Quelldomäne auf eine Zieldomäne übertragen wird. (Weininger 2013: 23).Unsere Erkenntnisse von der Quelldomäne basieren auf der physikalischen Erfahrungen. Nach Lakoff/ Johnson schaffen unsere physikalischen Erfahrungen eine Basis für die konzeptionelle Metapher. Es lässt sich zudem nicht ignorieren, dass Köpererfahrungen kulturell bedingt sind. Deswegen führen unterschiedliche kulturelle Umgebungen zu differenzierten Interaktionen (vgl. Johnson 1992: 347). Dadurch entsteht die kulturspezifische konzeptuelle Metapher.

2.2 Konzeptuelle Metapher ZEIT IST RAUM

Zeit ist ein äußerst abstrakter Erfahrungsbereich. Obwohl der Begriff der Zeit alltäglich bekannt ist, ist er kaum fassbar. Unsere unmittelbare Erfahrung von Zeit ist mit Ereignissen verbunden. Zeitereignisse können persönlich erfahren oder kulturell vorgegeben sein. Allerdings ist die Zeit fast nur über andere, konkretere Erfahrungsbereiche begreifbar und beschreibbar (vgl. Radden 1997: 427). Dabei bilden die räumlichen Zeitmetaphern den größten und wichtigsten Teil unseres Verstehens und auch unserer Ausdrücke der Zeit. (vgl. Boroditsky 2000: 4) Weil Raum im Gegensatz zu Zeit direkt erfassbar und begreifbar ist:

In our visual systems, we have detectors for motion and detectors for objects/locations. We do not have detectors for time (whatever that could mean). Thus, it makes good biological sense that time should be understood in terms of things and motion. (Lakoff 1993: 218)

Um sich dem Verständnis des Phänomens Zeit zu nähern, muss zunächst untersucht werden, wie Zeit konzeptualisiert wird. Lakoff und Johnson (Lakoff 1990, Lakoff 1993, Lakoff /Johnson 1999) analysieren die allgemeine Struktur der konzeptuellen Metapher ZEIT IST RAUM im Englischen wie folgt:

Ontology: Time is understood in terms of things (i.e., entities and locations) and motion.

Background condition: The present time is at the same location as a canonical observer.

Mapping: Times are things.

The passing of time is motion.

Future times are in front of the observer; past times are behind the observer.

One thing is moving, the other is stationary; the stationary entity is the deictic center.

Entailment: Since motion is continuous and one-dimensional, the passage of time is continuous and one-dimensional (Lakoff 1993: 216f.).

3.Analyse von ZEIT IST RAUM Metapher

Wie oben erwähnt, wird Zeit als Raum konzeptualisiert und diese Konzeptualisierung bildet die wichtigste Metapher zum Verständnis der Zeit. Allerdings stellt sich diese Konzeptualisierung in unterschiedlichen Sprachen in verschiedenen Modellen dar. Die grundlegenden Modelle wie Zeit als eine gerade Linie, Zeit als ein Vollkreis und Zeit als eine Spirale (Akhundov 1986, Farmer 1990, Gould 1987, Murthy 1991, Ray 1991) werden als metaphorische Grundlage für das räumlich Zeitverständnis gesehen. Davon wird das lineare Modell sowohl im Deutschen (vgl. Radden, 2003) als auch im Chinesischen (vgl. Boroditsky, 2001) benutzt. Nach diesem linearen Modell beschreibt man die Zeit mit eindimensionalen und gerichteten Termini wie „vorn/hinten“, „oben/unten“, „vorwärts und rückwärts“ statt multidimensionalen Termini z.B. flach/tief, schmal/breit, oder links/rechts (vgl. Gentner, Imai 1992, Clark 1973). Deshalb wird Zeit als eine eindimensionale, gerichtete Entität betrachtet, die sich von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft bewegt, oder umgekehrt. Unter dem linearen Modell wird die Zeit in zwei Achsen unterteilt: horizontal (vorn/hinten) und vertikal (oben/unten). Laut Lakoff und Johnson (1999) werden Zeitmetapher mit einer „vorn“-„hinten“ Orientierung viel öfter benutzt. Sowohl im Deutschen als auch im Chinesischen spielen die Zeitmetaphern entlang Horizontale Achse eine wichtige Rolle. In der vorliegenden Arbeit möchte ich die Zeitmetapher auf der horizontalen Achse näher untersuchen.

3.1 TIME PASSING IS MOTION entlang Horizontale Achse

Nach Lakoff (1993) enthält die allgemeine Zeitmetapher TIME PASSING IS MOTION zwei Untertypen: TIME MOVING METAPHER und EGO MOVING METAPHER. In dem folgenden Teil werden diese zwei Typen erläutert.

3.1.1 TIME MOVING METAPHER

Das kognitive Modell TIME MOVING METAPHER wurde auch von Lakoff (1993) als TIME PASSING IS MOTION OF AN OBJECT, von Lakoff/Johnson (1980) als TIME IS A MOVING OBJECT, von Clark (1973) und Lakoff/Johnson (1999) als MOVING TIME METAPHER beschrieben.

In einem TIME MOVING METAPHER ist der Betrachter an einem Ort fixiert und die Zeit bewegt sich. Die Gengenwart entspricht dem Ort, in dem der Betrachter steht. Es ist zu beachten, dass die Zukunft vor dem Betrachter und dagegen die Vergangenheit hinter ihm liegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 The time moving Metapher

In TIME MOVING METAPHER bewegen sich die Zeitpunkte von der Zukunft in die Vergangenheit, nämlich von vorn nach hinten. Außerdem stehen die Zeitpunkte mit der Vorderseite in Richtung der Bewegung.

Dieses Schema bietet die Basis für die metaphorische Projektion. Die Elemente und Struktur von dem räumlichen Schema werden in die Zieldomäne der Zeit projiziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Lakoff/ Johnson 1999: 142)

Mit der Projektion können wir die Zeit als Bewegung besser verstehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus lässt sich erkennen, dass unsere Kenntnisse aus der räumlichen Quelldomäne in die zeitliche Zieldomäne Domäne übertragen wird. Wenn wir zwei Objekte A und B aus der räumlichen Domäne nehmen, steht eines vor dem anderen. Daraus erhalten wir die Korrespondenz in TIME MOVING METAPHER. Wenn A hinter B liegt, liegt A in der Zukunft in Bezug auf B (später). Wenn dagegen A vor B liegt, liegt A in der Vergangenheit in Bezug auf B (früher). Beispiele dafür sind „vorgestern“ und „übermorgen“. Auf diese Weise wird das Bewegungsschema des Objekts von der Quelldomäne Raum in die Struktur der Zieldomäne - der Lauf der Zeit- übertragen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Das Zeitkonzept im Deutschen und Chinesischen aus der Perspektive der kognitiven Metapherntheorie. Ein Vergleich
Note
1,3
Jahr
2016
Seiten
30
Katalognummer
V351796
ISBN (eBook)
9783668381827
ISBN (Buch)
9783668381834
Dateigröße
622 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zeitkonzept, deutschen, chinesischen, perspektive, metapherntheorie, vergleich
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Das Zeitkonzept im Deutschen und Chinesischen aus der Perspektive der kognitiven Metapherntheorie. Ein Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351796

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