Naturerfahrungen in der Kindheit. Ein Outdoorprojekt zur Förderung der ganzheitlichen Gesundheit


Thèse de Master, 2012

110 Pages, Note: 1,1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstract

1 Einleitung

2 Die Gesundheit des Menschen
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Gesundheit
2.1.2 Kindheit
2.2 Krankheits- vs. Gesundheitsorientiertes Denken
2.3 Von der Krankheitsprävention zur Gesundheitsförderung
2.3.1 Prävention und Gesundheitsförderung in Österreich
2.3.2 Salutogenese-Modell nach Antonovsky
2.3.3 Entwicklung des Kohärenzgefühls
2.4 Faktoren der Gesundheit
2.4.1 Physische Faktoren
2.4.2 Psychische Faktoren
2.4.3 Soziale Faktoren

3 Erleben von Natur heute
3.1 Naturdefizit-Störung
3.2 Naturaktivitäten vs. Medien, Computer und Co

4 Erlebnispädagogik
4.1.1 Vertreter der Erlebnispädagogik
4.1.2 Leitideen der Erlebnispädagogik

5 Methodenübersicht

6 Outdoor-Projekt „ elements 4 kids Camp“
6.1 Rahmenbedingungen des „elements 4 kids Camp“
6.1.1 Zielgruppe
6.1.2 Ziel des Projektes
6.1.3 Veranstaltungsort
6.1.4 Ausschreibung
6.1.5 Qualitäts- und Sicherheitsstandards
6.1.6 Teilnehmer „elements 4 kids Camp“ 2010
6.1.7 Methodenauswahl

7 Evaluation des “elements 4 kids Camp”

8 Ergebnisse der Evaluation
8.1 Ergebnisse hinsichtlich der Gesundheitsfaktoren
8.1.1 Saubere intakte Natur
8.1.2 Bewegungsdauer pro Tag
8.1.3 Technik vs. Naturerfahrungen
8.1.4 Soziale Beziehungen
8.1.5 „Gesunder“ Stress
8.2 Ergebnisse Allgemein
8.3 Verbesserungspotentiale
8.3.1 Geocaching
8.3.2 Meditative Pause
8.3.3 Ernährung
8.3.4 Aufenthaltsdauer

Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang A

Anhang B

Anhang C

Anhang D

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Sterblichkeit seit 1980 nach Todesursachen und Geschlecht

Abb. 2: Kohärenzgefühl

Abb. 3: Obst- und Gemüsekonsum der 11-, 13-, 15- und 17-jährigen Schüler/innen, nach Alter und Geschlecht

Abb. 4: Konsum von Süßigkeiten und süßen Limonaden der 11-, 13- 15- und 17- jährigen Schüler/innen, nach Alter und Geschlecht

Abb. 5: Tage pro Woche, an denen 11-, 13-, 15- und 17-jährige Schüler/innen für mindestens 60 Minuten pro Tag körperlich aktiv sind, nach Alter und Geschlecht Spannbreite: 0-7 Tage

Abb. 6: Stunden pro Tag, an denen 11-, 13-, 15- und 17-jährige Schüler/innen sitzenden Freizeitaktivitäten nachgehen (Fernsehen, Computernutzung), nach Alter und Geschlecht Spannbreite: 0-21 Stunden

Abb. 7: Anteil der 11- bis 15-jährigen Schüler/innen in Österreich, die mehrmals wöchentlich oder täglich an mindestens einer psychosomatischen Beschwerde leiden in Bezug auf ihre Erfahrungen mit Bullying.

Abb. 8: Psychosoziale Familiensituation und Beschwerdelast der 11-, 13-, 15- und 17-jährigen Schüler/innen. Spannbreite: 0 (keine Beschwerden) – 100 (hohe Beschwerdelast)

Abb. 9: Gerätebesitz der Kinder

Abb. 10: Gerätebesitz der Kinder 2010

Abb. 11: Outdoor -Kochen

Abb. 12: Feuerbohren

Abb. 13: Seillabyrinth

Abb. 14: Tourenbewertung als Spaziergang oder Wanderung in Abhängigkeit von der Gehzeit (nach Profilstudien Wandern 2000, Differenz zu 100 % „Zwischending“)

Abb. 15: Talherberge Stegreith

Abb. 16: Altersverteilung der Teilnehmer

Abb. 17: Geschlechtsverteilung der Teilnehmer

Abb. 18: Kugelbahn bauen

Abb. 19: Blindes Waldlabyrinth

Abb. 20: Feuerskulptur

Abb. 21: Bewegungsdauer in Stunden pro Tag

Abb. 22: Aufenthaltsdauer in der Natur in Stunden pro Tag

Abb. 23: Schriftliche Reflexion eines Teilnehmers

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Symptome und Häufigkeiten der wesentlichen psychischen Krankheitsbilder im Kinder- und Jugendalter

Tab. 2: Spontane Naturassoziationen. Diverse Einzelstudien 1992-1996

Tab. 3: Naturaktivitäten im Vergleich

Tab. 4: Naturzuwendung nach Alter

Tab. 5: Besitz eigener Medien

Tab. 6: Methodenübersicht

Tab. 7: Aktivitäten beim „elements 4 kids Camp“

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

Diese Masterarbeit schreibe ich aufbauend auf die Diplomarbeit „Naturerfahrungen und ihre Wirkung auf die ganzheitliche Gesundheit des Menschen“, welche ich für den Lehrgang zum akademischen psychosozialen Gesundheitstrainer verfasst habe. In der vorangegangenen Arbeit wurde festgestellt, dass Naturerfahrungen einen wesentlichen Teil dazu beitragen, die ganzheitliche Gesundheit zu fördern. In dieser Masterthese wird dargestellt, wie es möglich ist, die ganzheitliche Gesundheit vom Kindesalter an bereits in die richtigen „Bahnen“ zu lenken, um bestmögliche Ergebnisse im Erwachsenenalter zu erreichen. Zur besseren Verständlichkeit und zum Zwecke der Vollständigkeit werden einige Bereiche aus der Diplomarbeit in diese Masterarbeit übernommen.

Im ersten Teil der Arbeit wird auf die Faktoren der Gesundheit eingegangen. Eine wesentliche Rolle spielt hier die Bildung von gesundheitsrelevanten Einflussfaktoren in der Kindheit und die Bildung des Kohärenzgefühls. Des Weiteren wird erläutert, wie Kinder heute die Natur erleben.

Im zweiten Teil der Arbeit werden Methoden zu verschiedenen Naturerfahrungen beschrieben. Daraus geht die Wirkung auf die unterschiedlichen Faktoren der ganzheitlichen Gesundheit hervor. Die unterschiedlichen Ansätze aus dem ersten Teil der Arbeit werden damit in praxisnaher Form dargestellt.

Der dritte Teil umfasst die Beschreibung eines selbst geplanten und durchgeführten Praxisbeispiels in Form eines Outdoorprojektes; dem „elements 4 kids Camp“. Dieses Projekt wird hinsichtlich der Gesundheitsfaktoren evaluiert.

Abschluss findet die Masterthese mit einer allgemeinen Zusammenfassung der erarbeiteten Erkenntnisse sowie einem Fazit des durchgeführten Projektes.

1 Einleitung

Setzt man sich mit der Gesundheit des Menschen auseinander, stellt man schnell die Weitläufigkeit dieser Materie fest. Die unterschiedlichen Faktoren, welche auf die Gesundheit des Menschen einwirken, verschiedenste Bereiche aus der Medizin aber auch deren alternative Methoden bis hin zur Verantwortlichkeit und Entstehung von Krankheit und Gesundheit sind Beispiele von Fragestellungen, mit denen man sich dabei konfrontiert sieht. Gesunde Lebensführung, natürliche Lebensweise, Naturschutz oder Gesundheitsförderung sind nur einige Schlagworte die in der heutigen Zeit in aller Munde sind. Als die Menschen (lat. Homo sapiens) vor etwa 10.000 Jahren sesshaft wurden und begannen, soziale Strukturen zu entwickeln, ging es weniger um Gesundheitsförderung, sondern eher um das Verbessern der materiellen sowie der sozialen Lebensbedingungen. Dies brachte einen verbesserten Lebensstandard, aber auch Nachteile wie Zivilisationskrankheiten mit sich.[1]

Heute leben wir in einer Zeit des Umdenkens. Der Markt bietet die unterschiedlichsten Angebote zur Unterstützung eines gesunden Lebensstils. Unternehmen gehen immer mehr in die Richtung der betrieblichen Gesundheitsförderung, neue Trendsportarten im Gesundheitsbereich scheinen regelmäßig bekannt gemacht zu werden, immer mehr Gesundheitsprojekte werden von Land, Bund und EU gefördert. Doch an dieser Stelle muss auf die zuvor angesprochene Verantwortlichkeit hingewiesen werden. Dabei stellt sich die Frage, ob die Menschen selbst noch die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit haben, oder ob diese an die Medizin, Politik oder andere Bereiche abgegeben, beziehungsweise abgenommen wurde. Geht man dieser Frage nach, so muss man sich unweigerlich mit der Entwicklung des Menschen und seinen Erfahrungen in der Kindheit auseinandersetzen. Verglichen mit der heutigen Zeit, verbrachten Kinder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch einen viel größeren Teil ihrer Freizeit in der Natur. Dort lebten sie ihre natürlichen Bedürfnisse wie Bewegung, Laufen, Spielen, Entdecken oder Forschen (im kindlichen Sinne) aus. Diese natürliche Umgebung scheint heute von einer virtuellen Welt abgelöst worden zu sein. Anstatt auf den selbst gebauten Pfeil und Bogen, wird heute auf elektronische Geräte Wert gelegt. Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Gesundheit hat, wurde bereits in wissenschaftlichen Studien verdeutlicht. Auch der Zusammenhang zwischen Naturerfahrungen und der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wurde bereits mehrfach publiziert. Im Letzteren liegt auch der Themenschwerpunkt dieser Arbeit welcher anhand eines Praxisprojektes im dritten Teil der Arbeit erläutert wird. Durch die Evaluation des Projektes soll festgestellt werden, welchen Einfluss die Aktivitäten auf die ganzheitliche Gesundheit der Teilnehmer hatten beziehungsweise für eine optimale Förderung der ganzheitlichen Gesundheit haben sollte.

2 Die Gesundheit des Menschen

Die Gesundheit des Menschen ist einer der wichtigsten gesellschaftlichen und persönlichen Faktoren des täglichen Lebens. Oft schenkt der Mensch erst dann der eigenen Gesundheit die nötige Aufmerksamkeit, wenn sie nicht mehr vollständig vorhanden ist, also wenn er krank ist. Aufgrund von Faktoren wie erzieherische Einflüsse oder die Abhängigkeit von den Eltern, kommt der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen besondere Aufmerksamkeit zu.

Das Thema Gesundheit ist abgesehen vom Empfinden des Menschen, auch zu einem nicht unbedeutenden Markt herangewachsen. Einerseits werden sogenannte Wellnesstempel gebaut, Lebensmittel aus biologischem Anbau genauso wie Nahrungsmittelergänzungen zum Verkauf angeboten und Fitnesseinrichtungen unterschiedlichster Art errichtet. Andererseits kann den Medien entnommen werden, dass die Kosten zur Bewältigung von Krankheiten immer mehr ansteigen. Diesen Umständen zufolge hat sich offensichtlich seit dem Beginn der menschlichen Zivilisation im Gesundheitssektor viel geändert. Ging es damals noch um das Überleben durch Jagen und Sammeln in der Natur, so ist die Gesundheit heute zu einem wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Thema geworden, welches aus unserer Gesellschaft nicht mehr weg zu denken ist.

2.1 Begriffsdefinitionen

2.1.1 Gesundheit

Um den Begriff der Gesundheit zu definieren, gibt es bereits unterschiedliche Versuche. Die Definition der WHO, welche bereits am 22. Juli 1946 formuliert wurde, ist die in der Wissenschaft am weitesten bekannte.

Diese Definition lautet:

„Health is a state of complete physical, mental an social well-being and not merely the absence of disease or infirmity.“[2]

„Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“[3]

Nimmt man diese Definition wörtlich, so ist Gesundheit etwas Starres. Etwas das vom Begriff der Krankheit getrennt betrachtet wird. Der Mensch ist also gesund oder krank. Erstaunlich an dieser Definition ist allerdings die Tatsache, dass bereits 1946 die körperlichen, geistigen und sozialen Aspekte gleichrangig behandelt wurden. Zu hinterfragen ist jedoch was unter dem Begriff des Wohlergehens, der sehr allgemein ist, verstanden wird. Aufgrund dieser Tatsache und moderneren Versuchen, den Begriff der Gesundheit zu definieren, gilt diese Definition teilweise als veraltet.

Betrachtet man im Folgenden, weiterentwickelte Definition von B. Badura, so erscheint der Begriff des Wohlergehens bereits spezifischer.

„Gesundheit ist […] eine Fähigkeit zur Problemlösung und Gefühlsregulierung, durch die ein positives seelisches und körperliches Befinden – insbesondere ein positives Selbstwertgefühl – und ein unterstützendes Netzwerk sozialer Beziehungen erhalten oder wieder hergestellt wird.“[4]

Diese Definition weist ebenfalls auf körperliche, geistige und soziale Faktoren hin, die zur Erhaltung der Gesundheit wesentlich sind.[5]

Nach Recherchen wurden weitere Definitionen von Gesundheit gefunden. Es kann gesagt werden, dass die moderne Definition der Gesundheit von einer Fähigkeit des Menschen ausgeht, Defizite bei den Aktivitäten des Lebens festzustellen und den dynamischen Prozess der Gesundheit steuern zu können. Wie diese Fähigkeit und somit auch die Gesundheit entstehen, wird im Folgenden beschrieben.

2.1.2 Kindheit

Unabhängig von der körperlichen Reife wird in dieser Arbeit oft von Kindern oder Jugendlichen gesprochen. Betrachtet man die einzelnen Lebensabschnitte eines jungen Menschen, so gibt es in unserer Kultur gewisse Gliederungen wie beispielsweise den Schulbeginn vor. Daher wurde auf die folgende, sinnvoll erscheinende, Phasengliederung zurückgegriffen.

- Säuglingsalter (Geburt bis zum 1. Lebensjahr)
- Kindesalter (1. bis 12. Lebensjahr)
- frühe Kindheit (1. bis 6. Lebensjahr)
- mittlere Kindheit (6. bis 10. Lebensjahr)
- späte Kindheit (10. bis 12 Lebensjahr)
- Jugendalter (12. bis 18.ff. Lebensjahr)
- Erwachsenenalter
- Alter[6]

2.2 Krankheits- vs. Gesundheitsorientiertes Denken

In den Begriffsdefinitionen zuvor erkennbar, ist die Gesundheit eines Menschen von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Der Zugang zur Gesundheit und zur Krankheit ist jedoch in unserer Gesellschaft eher krankheitsorientiert. Maßgeblich dafür verantwortlich ist das Denken und Handeln dem menschlichen Organismus gegenüber. Üblicherweise sind keine körperlichen oder seelischen Beschwerden zu erkennen. Der Körper gilt demnach als gesund. Ist dies nicht mehr der Fall, werden also körperliche oder seelische Beeinträchtigungen erkannt, fühlt sich der Mensch krank. Darauf folgend wird ärztliches Personal konsultiert um eine Diagnose stellen zu lassen, die zur Behandlung der Krankheit führt. Einerseits wird dadurch die Verantwortung für den eigenen Körper gewissermaßen in die Hände des Arztes gelegt, andererseits die Gesundheit auf die Abwesenheit von Krankheit reduziert. Bei Kindern muss dies aufgrund der Abhängigkeit von den Eltern differenziert betrachtet werden. Dabei spielen finanzielle Mittel, die Mobilität aber auch das Wissen um den richtigen Umgang mit dem eigenen Körper und der Gesundheit eine wesentliche Rolle. Mit dem Prozess der Sozialisation bis zum mittleren Jugendalter, also etwa ab dem Zeitpunkt wo beispielsweise das Rauchen oder das Trinken von Alkohol gesetzlich erlaubt ist, kommt den jungen Menschen immer mehr Verantwortung für ihre Gesundheit zu. Hier ist auf die zentrale Annahme der Sozialisationstheorie hingewiesen wie sie Hurrelmann beschreibt.

„Die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen wird in jedem Lebensabschnitt durch eine ‚produktive‘ Auseinandersetzung mit den äußeren, sozialen und physischen Umweltbedingungen und zugleich den inneren, psychischen und körperlichen Vorgaben beeinflusst.“[7]

Auch Begriffe aus dem Alltag deuten auf ein krankheitsorientiertes Denken hin. Bekanntlich spricht man auch von Krankenanstalten oder Krankenscheinen und nicht von „Gesundenanstalten“ und „Gesundenscheinen“. Dem gegenüber steht ein gesundheitsorientiertes Denken und Handeln, bei dem die Gesundheit nicht auf einen starren Zustand reduziert wird. Folglich gibt es Konstitutionen, die sich auf einem Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit bewegen, also dynamisch sind.

2.3 Von der Krankheitsprävention zur Gesundheitsförderung

Die seuchenartigen Infektionskrankheiten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden größtenteils durch verhältnis- und verhaltenspräventive Maßnahmen, wie zum Beispiel der Verbesserung der materiellen und der hygienischen Verhältnisse, bekämpft. Ebenfalls, aber nur in geringerem Maße, war die Einführung von Schutzimpfungen daran beteiligt. Nicht nur die Entwicklung einer fast doppelt so hohen Lebenserwartung, sondern auch die Veränderung der vorherrschenden Krankheiten beziehungsweise Todesursachen war die Folge.[8]

In der folgenden Abbildung sind die häufigsten Todesursachen Österreichs dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Sterblichkeit seit 1980 nach Todesursachen und Geschlecht[9]

Auffallend an dieser Darstellung ist die mit Abstand häufigste Todesursache der Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, gefolgt von Krebserkrankungen.

Mittlerweile haben viele große Studien Bewegungsmangel, Rauchen, falsche Ernährung und zu geringe Stressbewältigung als Hauptursachen für Krankheiten dieser Art bestätigt. Im Vergleich zu den Infektionskrankheiten des beginnenden 20. Jahrhunderts entstehen die Krankheiten der Gegenwart nicht mit akuten Symptomen, sondern entwickeln sich langsam. Die Verantwortung kann nicht nur im Verhalten des Einzelnen gesucht werden, sondern muss als Verantwortung der gesamten Gesellschaft gesehen werden.[10]

Um die in Kapitel 2.1.1 von der WHO beschriebenen Definition von Gesundheit, „Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“, umzusetzen, entwickelte sich aus den Diskussionen der Begriff „Gesundheitsförderung“. Dabei geht es um die Verbesserung der Lebensqualität und die Erhaltung der Gesundheit. Im Vergleich dazu ist die Krankheitsprävention auf die Vermeidung von Krankheiten ausgerichtet.[11]

Da sich sehr früh gesundheitsrelevante Einflussfaktoren bilden, ist die Gesundheitsförderung bereits im Kindesalter von großer Bedeutung. Verhaltensmuster im Umgang mit sich selbst und seiner Gesundheit spielen dabei eine Rolle und sollten daher von den Eltern positiv beeinflusst werden. Dies betrifft beispielsweise das Ernährungsverhalten oder die Körperhygiene. Einzelne Risikofaktoren oder Risikokonstellationen die bereits im Kindesalter auftreten, erhöhen die Wahrscheinlichkeit im Alter an Gesundheitsbeeinträchtigungen zu leiden. Um diesen psychischen, physischen und sozialen Risikofaktoren entgegenzuwirken beziehungsweise sie kontrollieren zu können, sind entsprechende persönliche Ressourcen nötig. Man spricht dabei von sozialen, personalen und familiären Ressourcen. Die präventive Gesundheitsförderung im Kindesalter kann in drei Stufen, (primäre, sekundäre und tertiäre Prävention) eingeteilt werden, die im Folgenden erläutert werden.[12]

Primäre Prävention

In der primären Prävention geht es darum, noch vor eintreten von Krankheitssymptomen diese zu verhindern und Krankheiten, die sich erst in späterem Alter entwickeln können, vorzubeugen. Dadurch kann beispielweise Krankheiten durch Nährstoffmangel, wie Blutarmut oder Karies, weitgehend entgegengewirkt werden. Durch die Förderung von motorischen Fähigkeiten, können Kinder eine entsprechende Körperbeherrschung erlangen, und so Verletzungen durch Unfälle vorbeugen. Andererseits gibt es aber auch Gesundheitsprobleme, die sich erst später entwickeln können. Dazu zählen etwa Übergewicht und Adipositas, welche bereits vor der Schwangerschaft, durch die Verringerung des Körpergewichts der Mutter, positiv beeinflusst werden können. Ausreichend Bewegung trägt ebenfalls einen Teil dazu bei. Dies sind Maßnahmen, die auch die Wahrscheinlichkeit, von Diabetes mellitus Typ 2 oder Herz- Kreislauferkrankungen reduzieren können. Ebenfalls ein wesentlicher Punkt in der primären Gesundheitsförderung scheint in der Pflege des familiären Umfeldes zu liegen. Dabei wirken sich familiärer Zusammenhalt, Akzeptanz, klare Regeln und Wertschätzung innerhalb der Familie, bei der Vorbeugung von Entwicklungs- und Verhaltensproblemen, wie etwa Depressionen oder Selbstwertproblemen, positiv aus.

Sekundäre Prävention

Die sekundäre Prävention zielt darauf ab, eventuelle Gesundheitsprobleme bereits frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Beginnend mit einer Blutabnahme bereits einige Tag nach der Geburt eines Kindes, können verschiedene Krankheitsbilder festgestellt werden. Dazu gehören beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion oder andere Stoffwechselerkrankungen. Über weitere Möglichkeiten zur Prävention sollten die Eltern informiert werden und in Abstimmung mit dem Kinderarzt durchgeführt werden. Auch das Erkennen von emotionalen Störungen oder Entwicklungsstörungen gehört zum Teil der sekundären Prävention. Dabei kann beispielweise auf Anzeichen von Depressionen, Angststörungen oder ADHS reagiert werden.

Tertiäre Prävention

Rehabilitative Maßnahmen bei chronischen Erkrankungen sind Teil der tertiären Prävention. Viele solcher Krankheiten können dadurch zwar nicht (vollständig) geheilt, jedoch die Symptome eindämmen. Dies betrifft beispielweise angeborene Fehlbildungen, Blind- oder Taubheit welche die Gesundheitsdynamik des gesamten Lebenslaufs beeinflussen.

2.3.1 Prävention und Gesundheitsförderung in Österreich

„Der Leistungsbereich Prävention und Gesundheitsförderung ist eine ‚Querschnittsmaterie‘ […] Traditionell waren die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen stark kurativ ausgerichtet, während die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Wesentlichen auf die sanitäre Aufsicht und Gutachtertätigkeit beschränkt bzw. mit einzelnen Präventionsprogrammen verknüpft waren.

Dem dadurch entstandenen Vakuum in Hinblick auf zeitgemäße Konzepte zur Gesundheitsförderung und zur Prävention wurde mit Hilfe einer Reihe von Gesetzesinitiativen begegnet“.[13]

Im Folgenden werden einige für Kinder und Jugendliche relevante Gesetzesinitiativen erläutert.[14]

Vorsorgeuntersuchungen, Beratung und Gesundheitspässe

Ziel ist eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung, beziehungsweise eine Früherkennung von Krankheiten. Dieses Angebot erstreckt sich über den gesamten Lebensverlauf der Menschen. Die Jugendlichenuntersuchung und die Gesundenuntersuchung zählen zu den Pflichtleistungen der sozialen Krankenversicherung. Durch die Einführung des Gesundheitspasses im Zuge der Gesundheitsreform 2004/2005 wurde das Vorsorgeangebot erweitert.

Mutter-Kind-Pass

Anfang der 70er Jahre eingeführt, dient der Mutter-Kind-Pass der gesundheitlichen Vorsorge von Schwangeren und Kleinkindern. Durchgeführt werden die kostenlosen Untersuchungen von Allgemeinmedizinern und Fachärzten.

Schulärztlicher Dienst und Gesundheitspass für Jugendliche

Hauptaufgabe des schulärztlichen Dienstes ist die Untersuchung der Schüler auf ihre gesundheitliche Eignung für den Unterricht. Dabei werden Seh- und Hörvermögen und die Leistungsfähigkeit für den Turnunterricht festgestellt.

Gesundheitsförderung

„Gesundheitsförderung wird auf der Ebene der Bundesländer und auf Ebene des Bundes vorgenommen. Die Gesundheitsförderung in den Ländern basiert im Wesentlichen auf öffentlichen Subventionen, die nach bestimmten Förderkriterien vergeben werden (die Kriterien sind in den Bundesländern unterschiedlich). Andererseits fußt sie auf Initiativen von Institutionen und Vereinen, die Gesundheitsförderungsprojekte initiieren und dafür um Subventionen ansuchen.“

Fonds Gesundes Österreich

„Die Aufgabenfelder des Fonds umfassten im Dreijahresprogramm 2003 – 2005 die Schwerpunkte Projektförderung, Unterstützung des Strukturaufbaus für Gesundheitsförderung, Investition in Fort- und Weiterbildung und Forcierung der Vernetzung der in der Gesundheitsförderung und Primärprävention Tätigen sowie Information, Aufklärung und begleitende öffentlichkeitswirksame Aktivitäten […] Die Finanzierung des Fonds Gesundes Österreich erfolgt über das Steueraufkommen. Jährlich stehen dem Fonds Mittel in der Höhe von 7,25 Mio. Euro zur Verfügung. Die Organe des Fonds Gesundes Österreich sind das Kuratorium (Aufgaben umfassen u. a. die Beschlussfassung der Förderanträge über 72 000 Euro und die inhaltliche Festlegung des Fonds), der Projektbeirat (fachliche Bewertung der Projektanträge und Beratung der Organe des Fonds über die Wirkungsbereiche und den Zweck des Fonds) und die Geschäftsstelle [...].[15]

„Gemeinsames Ziel der beiden Interventionsformen ‚Krankheitsprävention‘ und ‚Gesundheitsförderung‘ ist, einen sowohl individuellen als auch kollektiven Gesundheitsgewinn zu erzielen – einmal durch das Zurückdrängen von Risiken für Krankheiten, zum anderen durch die Förderung von gesundheitlichen Ressourcen. Dabei beruft sich die Krankheitsprävention auf die Dynamik der Entstehung von Krankheit, die Gesundheitsförderung auf die Dynamik der Entstehung von Gesundheit.“[16]

A. Antonovsky entwickelte dazu ein Gesundheitsmodell welches im folgenden Kapitel erläutert wird.

2.3.2 Salutogenese-Modell nach Antonovsky

Der oben beschriebenen Pathogenese, also dem krankheitsorientierten Denken, stellte der israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky die Salutogenese gegenüber.

Eine 1970 durchgeführte Untersuchung an Frauen, die den Schrecken eines Konzentrationslagers überlebt hatten, war für Antonovsky der Anlass dazu. Dieser Untersuchung zufolge, waren 29 Prozent der untersuchten Gruppe in einem psychisch und physisch guten Gesundheitszustand. Dies ist eine erstaunlich hohe Zahl, wenn man die unvorstellbaren Grausamkeiten dieser Zeit bedenkt.[17]

Während sich die Pathogenese mit der Entstehung und den daran beteiligten Faktoren der Krankheit beschäftigt, geht die Salutogenese der Frage des Ursprungs der Gesundheit nach. Dabei wird der Zustand eines Menschen in Form eines Gesundheits-Krankheits-Kontinuums klassifiziert. Die starre Einteilung in gesund oder krank fällt dabei weg. Wesentlich dabei ist die Betrachtung des Menschen als Ganzes, anstatt sich allein auf die Ursache der Krankheit zu konzentrieren. Das bedeutet, man konzentriert sich auf die Faktoren die dafür verantwortlich sind, um die Position auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum beizubehalten oder in die Richtung Gesundheitspol zu steuern. Dabei werden Stressoren als allgegenwärtig betrachtet anstatt zu versuchen diese zu reduzieren.[18]

Als Stressoren werden alle inneren und äußeren Anforderungen bezeichnet, die auf den Organismus einwirken. Sie können sowohl positiv als auch negativ sein. Dabei gelten erfreulich, nützlich und behaglich angelegte Reize als positiv. Unangenehme, betrübliche oder belastende Reize werden negativ bewertet.

Zur Veranschaulichung des Salutogenese-Modells folgt ein Beispiel:

Es werden bei einer Person Verspannungen im Nackenbereich diagnostiziert. Aus pathogentischer Sichtweise ist der Schmerz das Leitsymptom. Darauf folgend werden die Verspannungen zum Beispiel mit Massagen aufgelöst um den Patienten vom Schmerz zu befreien. Es wird dabei das Krankheitssymptom behandelt.

In der Salutogenese werden die Verspannungen als Zeichen des Körpers gesehen, die „aufzeigen“, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung ist. Geht man dem Auslöser der Verspannungen nach, könnte man auf negativ einwirkende Reize – beispielsweise Zeitdruck am Arbeitsplatz – stoßen. Damit ist jedoch noch immer nicht die tatsächliche Ursache der Verspannungsschmerzen gefunden. Die Ursache des Zeitdruckes und somit der Verspannungen könnte bei diesem Patienten möglicherweise in fehlendem Zeitmanagement liegen. Erweitert man die Massagetherapie um die Wissensvermittlung zum Thema Zeitmanagement, werden sich nicht nur die Verspannungen lösen, sondern möglicherweise wird auch die allgemeine Lebensqualität verbessert, also eine Bewegung in Richtung Gesundheitspol.

Zentraler Aspekt der Salutogenese ist das Kohärenzgefühl, welches Antonovsky als „[…] Maß ausdrückt, in dem man ein durchdringendes, andauerndes aber dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, daß[sic!] die eigene interne und externe Umwelt vorhersehbar ist und daß[sic!] es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, daß[sic!] sich die Dinge so entwickeln werden, wie vernünftigerweise erwartet werden kann.“[19]

Hierbei geht es im Allgemeinen um die Grundeinstellung zum eigenen Leben, die durch die gemachten Lebenserfahrungen beeinflusst wird.

2.3.3 Entwicklung des Kohärenzgefühls

Antonovsky beschreibt das Kohärenzgefühl mit der sogenannten „Fluss-Metapher“. Demnach stellt der Fluss, philosophisch betrachtet, den Strom des Lebens dar. Der Lauf des Lebens stellt dabei keinen sicheren Spaziergang entlang des Ufers dar, sondern ist durch Stromschnellen, Verschmutzungen und Gabelungen gekennzeichnet. Anstatt sich nach den Ursachen von Armut, Umweltverschmutzung und Arbeitslosigkeit zu fragen, beschäftigt sich Antonovsky damit, wie man unter den gegebenen Umweltbedingungen ein guter Schwimmer in diesem Fluss wird. Dazu trägt das Kohärenzgefühl einen wesentlichen Anteil bei. Aus medizinkritischer Sichtweise würde, um bei der Fluss-Metapher zu bleiben, der Ertrinkende aus dem Fluss gerissen, ohne dabei den Ursachen auf den Grund zu gehen, warum der Mensch eigentlich in den Fluss gefallen ist. Oder ohne nachzusehen, was flussaufwärts oder bei der nächsten Gabelung passiert. Das Kohärenzgefühl bildet sich vor allem im Kindes- und Jugendalter. Dabei bilden konsistente Erfahrungen die Basis für die Komponente der Verstehbarkeit, eine gute Belastungsbalance die für die Handhabbarkeit und die Partizipation an der Gestaltung des Handlungsergebnisses die für die Bedeutsamkeit. Bei Letzterem geht es vor allem um die Partizipation an Entscheidungsprozessen, welche die eigenen Erfahrungen betreffen. Wesentlich scheint dabei, dass sich der Mensch mit den ihm gestellten Aufgaben identifizieren, und Verantwortung für das eigene Tun übernehmen kann, beziehungsweise sich über das Ergebnis seiner Handlungen bewusst ist. So unterschiedlich die Kulturen sind, so unterschiedlich kann auch der Weg zur Bildung eines starken Kohärenzgefühls sein. Das bedeutet, dass durch unterschiedliche Kulturen ein gleich starkes Kohärenzgefühl gebildet werden kann. Die Lebenserfahrungen müssen daher sehr verallgemeinert betrachtet werden.[20]

Das Kohärenzgefühl teilt Antonovsky in drei zusammenhängende Komponenten die im Folgenden beschrieben werden.[21]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kohärenzgefühl

Verstehbarkeit

Das Gefühl der Verstehbarkeit verleiht einem Menschen die Fähigkeit, innere und äußere Reize die auf ihn eintreffen, zuordnen und verstehen zu können. Dabei geht es gewissermaßen auch darum, sich unvorhersehbare Reize erklären zu können und die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen. Bereits Säuglinge lernen durch natürliches Experimentieren, dass Menschen zwar aus ihren Augen verschwinden können, sie sich jedoch darauf verlassen können, dass sie wieder auftauchen. Mit dem Sammeln dieser Erfahrungen, lernt das Kind sich auf die Konsistenz der physikalischen und sozialen Welt zu verlassen. Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung, dass diese Realität der Konsistenz nicht zwingend da ist, sondern erst auf diesen Erfahrungen aufgebaut werden kann.

Handhabbarkeit

Dass man davon überzeugt ist, das eigene Leben in der Hand zu haben beschreibt die zweite Komponente des Kohärenzgefühls. Jemand der sein Leben mit einem hohen Ausmaß an Handhabbarkeit erlebt, ist sich seiner eigenen Ressourcen, mit denen er die Anforderungen des Lebens meistern kann, bewusst. Ebenso glaubt er dabei an die Ressourcen von ihm nahe stehenden Menschen denen er vertrauen kann. Wenn ein Kind etwas tun will, spricht Antonovsky von vier verschiedenen Reaktionsmustern mit denen wir dem Kind begegnen können. Ignorieren, ablehnen, lenken oder bestätigen. Fällt der überwiegende Teil der Reaktionen negativ aus, also werden die Wünsche der Kinder oft abgelehnt oder ignoriert, so lernt das Kind, dass seine eigenen Bedürfnisse Überlastung schaffen oder in Bestrafung enden. Es wird also denken, nichts richtig machen zu können. Fallen jedoch die Reaktionen der Eltern in einem ausgeglichenen Verhältnis aus, wird das Kind ein ausgeprägtes Gefühl der Handhabbarkeit empfinden. Nicht nur der elterliche Umgang mit den Bedürfnissen des Kindes ist von Bedeutung. Auch ein ausgeprägtes Kohärenzgefühl der Eltern ist an der positiven Entwicklung des Kohärenzgefühls des Kindes beteiligt.

Bedeutsamkeit

Bei der dritten Komponente des Kohärenzgefühls, der Bedeutsam- oder Sinnhaftigkeit, geht es um den Glauben an die Sinnhaftigkeit des Lebens. Dies ist jene motivationale Komponente bei dem ein Mensch zumindest in einigen Aufgaben des Lebens einen Sinn sieht und bereit ist, Energie in sie zu investieren. Jemand mit einem ausgeprägten Gefühl für Sinnhaftigkeit wird auch unangenehme Herausforderungen annehmen und seine ihm möglichen Ressourcen nutzen um diese zu bewältigen. Auch dann, wenn Eltern offensichtlich die physiologischen Bedürfnisse ihres Kindes zu stillen versuchen, muss der Affekt des Kindes nicht unweigerlich ein positiver sein. Ob die Annahme, dass die Familie den Säugling sozialisiert auch in umgekehrter Folge zutrifft, kann nicht genau geklärt werden. Jedoch besteht kein Zweifel daran, dass ein Kind die Eltern unter Handlungsdruck setzt und so deren Verhalten beeinflusst. Dies zeigt, dass bereits im Säuglingsalter eine Beteiligung an Entscheidungsprozessen besteht und dies auch für das Erleben der Bedeutsamkeit einen wesentlichen Punkt darstellt.

2.4 Faktoren der Gesundheit

„Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Umwelt, die ein höchstmögliches Maß an Gesundheit und Wohlbefinden ermöglicht.“[22]

Zu einer positiven Entwicklung, beziehungsweise zur Erhaltung der Gesundheit des Menschen, tragen unterschiedliche Faktoren bei. Der Mensch kann nur bei sauberer und ausgeglichener Umwelt seine Gesundheit und sein Wohlbefinden erhalten, beziehungsweise fördern. Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung, die Gesundheit mit ihren physischen, psychischen und sozialen Aspekten vor wirtschaftliche Entscheidungen zu stellen.[23]

Die folgenden Unterpunkte der physischen, psychischen und sozialen Faktoren von Gesundheit, beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Skriptum „Psychosoziale Gesundheit“ aus dem Lehrgang PSGT 13 BB H der body&health academy.[24]

2.4.1 Physische Faktoren

Ausreichend Schlaf, Entspannung, Erholung und Ruhe

Zur Erhaltung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit ist ausreichend Schlaf ein unverzichtbarer Faktor. Die Schlafdauer ist bei jedem Menschen individuell. Bei Säuglingen beträgt die Schlafdauer täglich bis zu 16 Stunden. Während der nächsten Jahre, im Kleinkindalter, verkürzt sich die Schlafdauer, während diese in der Pubertät wieder ansteigt. Mit dem 16. Lebensjahr sollte die persönliche Schlafdauer gefunden sein. Vom Geschlecht unabhängig, haben die meisten älteren Menschen eine Schlafdauer von etwa 7 Stunden täglich. Schlaf ist nicht nur die bloße Abwesenheit von Wachheit. Mit Hilfe von digitaler Elektronik und mit Methoden der Elektrophysiologie wurden zwei unterschiedliche Regulationsmuster des zentralen Nervensystems festgestellt, die im Volksmund als Schlaf bezeichnet werden. Diese beiden Stadien werden als REM-Schlaf (ein Schlafstadium) und NREM-Schlaf (vier Schlafstadien) bezeichnet und wechseln während des dauernden Schlafes in einem etwa 90 Minuten dauerndem Zyklus. Die Veränderung des Muskeltonus und der Regulationssysteme des Organismus sind dabei von den Schlafstadien abhängig. Atmung, Kreislauf und Verdauung sind dabei wesentliche Funktionen des autonomen Nervensystems die sich dabei anpassen. Da viele Funktionen mit dem Tag-Nacht-Rhythmus im Zusammenhang stehen, ist die Nachtphase die für die Erholungsprozesse am besten geeignetste Phase des Schlafes. Die Folgen eines gestörten, beziehungsweise nicht erholsamen Schlafverhaltens, sind Befindungsstörungen, Leistungseinschränkungen und Krankheit. Es muss jedoch betont werden, dass die Ursachen für einen gestörten Schlaf sehr unterschiedlich sind. Diese reichen von Umwelteinflüssen und persönlichen Verhaltensfaktoren bis zu intrinsischen Störungen aus dem Organismus, die genetisch bedingt sein können.[25]

Ausgewogene, vitaminreiche, spurenelementreiche Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung liefert nicht nur Energie durch - Kohlehydrate, Proteine und Fette, sondern auch wesentliche Bestandteile wie Mineralstoffe und Vitamine. Damit kann unsere Leistungsfähigkeit und der Ablauf der Stoffwechselprozesse aufrechterhalten werden. Auch für den Aufbau von Zellen sowie für die Erhaltung des Immunsystems ist eine ausreichende Aufnahme von Mineralstoffen und Vitaminen von großer Bedeutung. Vor allem pflanzliche Nahrung wie Obst, Gemüse und Getreide enthalten viele dieser Nährstoffe und werden für eine gesunde Ernährung empfohlen. Auch die psychosoziale Komponente spielt in der Ernährung eine Rolle. Die Möglichkeiten reichen hier von reinem „Genussessen“ bis hin zum gesundheitsschädigenden Fasten mit Suchterscheinungen wie etwa Anorexia nervosa (Magersucht), Bulimia nervosa (Bulimie) oder Alkoholismus. Ernährung kann also nicht nur als Versorgung mit den Nährstoffen gesehen werden, sondern auch als Symptom oder mitbedingte Ursache einer Krankheit. Knochenbrüche aufgrund von zu geringer Knochendichte (Osteoporose) oder Unfälle aufgrund von Alkoholkonsum sind hierfür als Beispiele zu nennen. Die Ernährung spielt neben den genetischen Faktoren, zu wenig körperlicher Aktivität und einem veränderten Östrogenspiegel, bei der Bildung von Osteoporose eine wichtige Rolle. Eine übermäßige, also über dem Bedarf liegende Nahrungsmittelzufuhr, kann die Ursache für Übergewicht darstellen. Dies führt oft zu Folgekrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Bluthochdruck (Hypertonie).[26]

Das Ludwig Boltzmann Institut hat im Auftrag der WHO eine Studie über die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülern und Schülerinnen durchgeführt. Die folgenden Grafiken aus der „Health-Behaviour in School-aged Children“ (HBSC) Studie stellen das Ernährungsverhalten bezogen auf Obst, Gemüse, Süßigkeiten und süße Limonaden dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Obst- und Gemüsekonsum der 11-, 13-, 15- und 17-jährigen Schüler/innen, nach Alter und Geschlecht[27]

„Mehr als die Hälfte (57,6%) der Schülerinnen und Schüler konsumiert weder Obst noch Gemüse täglich, wobei dieser Anteil bei Burschen (64,6%) höher liegt als bei Mädchen (50,9%). Der Obst- und Gemüsekonsum nimmt außerdem mit dem Alter weiter ab. Im Alter von 17 Jahren zeigt sich bei den Burschen jedoch wieder eine leichte Verbesserung, bei den Mädchen nicht. In allen Altersgruppen liegt der Anteil der Mädchen, die täglich Obst und/oder Gemüse konsumieren, über jenem der Burschen. Besonders groß ist der Unterschied bei Kindern und Jugendlichen, die sowohl Obst als auch Gemüse täglich essen. Bedenkt man die Empfehlungen von „five a day“, ist dieses Ergebnis sehr schlecht.“[28]

[...]


[1] Vgl. Hellbrück/Fischer, 1999, S. 24f.

[2] WHO: Constitution of the World Health Organsiation (22.07.1946), Online im WWW unter URL: http://www.searo.who.int/LinkFiles/About_SEARO_const.pdf. [Stand 07.01.2012]

[3] Schweizerische Eidgenossenschaft: 0.810.1 Übersetzung der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation (25.06.2009), Online im WWW unter URL: http://www.admin.ch/ch/d/sr/i8/0.810.1.de.pdf. [Stand: 07.01.2012].

[4] Badura/Ritter/Scherf, 1999, S. 24.

[5] Siehe dazu Kapitel 2.4.

[6] Gudjons, 2008, S. 113.

[7] Hurrelmann, 2007, S. 7.

[8] Vgl. Kaluza, 2011, S. 4.

[9] Statistik Austria, 2011, S. 40.

[10] Vgl. Kaluza, 2011, S. 5.

[11] Vgl. Hurrelmann/Klotz/Haisch, 2010, S. 13.

[12] Vgl. Hurrelmann/Klotz/Haisch, 2010, S. 59ff.

[13] Hofmacher/Rack, 2006, S.120.

[14] Die nachstehenden Ausführungen basieren – sofern nicht anders angeführt – auf Hofmacher, Rack. Vgl.: Hofmacher/Rack, 2006, S.120ff.

[15] Hofmacher/Rack, 2006, S.125f.

[16] Hurrelmann/Klotz/Haisch, 2010, S. 14.

[17] Vgl. Antonovsky/Franke, 1997, S. 15.

[18] Vgl. Antonovsky/Franke, 1997, S. 29f.

[19] Antonovsky/Franke, 1997, S. 16.

[20] Vgl. Antonovsky/Franke, 1997, S. 91ff.

[21] Vgl. Antonovsky/Franke, 1997, S. 95ff.

[22] WHO: Europäische Charta zu Umwelt und Gesundheit, 1989, Online im WWW unter URL: http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0003/114087/ICP_RUD_113_ger.pdf. [Stand: 07.01.2012].

[23] Vgl. WHO: Europäische Charta zu Umwelt und Gesundheit, 1989, Online im WWW unter URL: http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0003/114087/ICP_RUD_113_ger.pdf. [Stand: 07.01.2012].

[24] Vgl. body&health academy. Psychosoziale Gesundheit, S. 5f.

[25] Vgl. Penzel/Peter H. /Peter J. H., 2005, S. 157ff.

[26] Vgl. Mensink / u. a., 2002, S. 9f.

[27] Ramelow / u. a., 2011, S. 41.

[28] Ramelow / u. a., 2011, S. 40.

Fin de l'extrait de 110 pages

Résumé des informations

Titre
Naturerfahrungen in der Kindheit. Ein Outdoorprojekt zur Förderung der ganzheitlichen Gesundheit
Université
Body & Health Academy
Cours
MBA Gesundheit- und Sozialmanagement
Note
1,1
Auteur
Année
2012
Pages
110
N° de catalogue
V351979
ISBN (ebook)
9783668385511
ISBN (Livre)
9783668385528
Taille d'un fichier
4206 KB
Langue
allemand
Mots clés
idealtypisches, szenario, naturerfahrungen, kindheit, förderung, gesundheit, outdoorprojektes
Citation du texte
Markus Bachleitner (Auteur), 2012, Naturerfahrungen in der Kindheit. Ein Outdoorprojekt zur Förderung der ganzheitlichen Gesundheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351979

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