Kontrolle von Großkonzernen wie Monsanto in der Lebensmittelherstellung


Dossier / Travail, 2016

21 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Monsanto – Firmenportrait
2.1 Geschichte Monsantos
2.2 Monsanto – Selbstdarstellung

3. Kontrollfaktoren
3.1 Kontrolle durch Saatgut und Patente
3.2 Kontrolle durch Fusionen und Übernahmen
3.3 Kontrolle durch Lobbyarbeit

4. Mögliche Folgen für Mensch und Umwelt

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Globaler Saatgutmarkt

Abbildung 2: Seed Industry Structure 1996-2013

1. Einleitung

Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit dem Chemiekonzern Monsanto und möchte erörtern mit welchen Mitteln Monsanto zum größten Saatgutproduzenten der Welt aufsteigen konnte. Welcher Instrumente bedient sich der Konzern um seine Marktführung weiter auszubauen und seine Kontrolle im globalen Lebensmittelsektor zu manifestieren? Und welche Folgen hat die Firmenpolitik und -aktivität für Mensch und Umwelt?

Dazu wird im 2. Kapitel zunächst die Geschichte und der Aufstieg von Monsanto beschrieben und im Anschluss die öffentliche Selbstdarstellung von Monsanto aufgezeigt. Wie sehen die öffentlich kommunizierten Ziele von Monsanto aus und wofür setzt sich der Konzern ein?

Im nächsten Kapitel (Kapitel 3) werden verschiedene Faktoren beschrieben mit denen Monsanto seine Marktstellung erkämpfte bzw. diese verteidigt und ausbaut. Dazu werden in dieser Arbeit Saatgut und Patente (3.1), Fusionen und Übernahmen (3.2) und Lobbyarbeit am europäischen Beispiel (3.3) beschrieben.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den möglichen Folgen der Firmenpolitik und des Handelns von Monsanto für Mensch und Umwelt und zeigt auf welche Konsequenzen für Bauern, Gesundheit der Menschheit, biologische Vielfalt und Saatgutpreise entstehen.

2. Monsanto – Firmenportrait

2.1 Geschichte Monsantos

Im Jahr 1901 wird Monsanto von John Francis Queen, einem Autodidakten auf dem Gebiet der Chemie, gegründet. Die mit einem Kredit von 5000 USD gegründete Firma, die zu Ehren seiner Frau Olga Mendez Monsanto benannt worden war, produziert zuerst den ersten erfundenen Süßstoff Sacharin und verkauft diesen exklusiv an The Coca-Cola Company. Später verkauft Monsanto auch Vanille und Koffein an Coca-Cola. Der Schwerpunkt der Produktion wurde bald auf Aspirin verlagert, dessen größter Hersteller Monsanto bis in die 80er Jahre bleibt. Im Jahr 1918 übernimmt Monsanto das erste Mal eine andere Firma, eine Schwefelsäure produzierende Firma aus Illinois. Monsanto beginnt immer mehr mit der Herstellung von industriellen Grunderzeugnissen und benennt sich um: Monsanto Chemical Company. Nach mehreren weiteren Firmenübernahmen (Chemieunternehmen aus USA und Australien) folgt 1929 der gang an die New Yorker Börse. In den 40er Jahren ist Monsanto bereits einer der größten Hersteller von Kunststoffen, Kunstfasern, Kautschuk, Polystyrol und Phosphaten. Zeitgleich baut der Konzern sein Monopol auf PCBs (Polychlorierte Biphenyle) aus, indem er von einem Patent Gebrauch macht, das ihm den Verkauf von Lizenzen weltweit erlaubt[1].

1940 begann der Konzern den landwirtschaftlichen Bereich aufzubauen und entwickelte sich zum Spezialisten für Agrarchemie und genverändertes Saatgut. Dabei entwickelte Monsanto z.B. Kulturpflanzen mit Resistenzen gegen die eigenen Herbizide (RoundUp) und Schädlinge. In den 60er und 70er Jahren war Monsanto ein wichtiger Lieferant des als Kampfstoff geltenden Herbizids Agent Orange.

Seit den 80er Jahren hat Monsanto viele Patente auf gentechnische Methoden und Gene erworben und baute in diesem Bereich seine Marktstellung aus. Seit 1999 kaufte der Konzern für mehr als 13 Milliarden USD überall auf der Welt Saatgutfirmen auf[2].

Heute beherrscht Monsanto 90 % des Marktes für Gentech-Saatgut und ist größter Saatguthersteller weltweit. Durch die Übernahme von Seminis, dem weltgrößten Produzenten von Gemüsesaatgut im Jahr 2005 für 1,4 Milliarden USD, wurde Monsanto auf einen Schlag auch größer Gemüsesaatguthersteller weltweit[3].

2.2 Monsanto – Selbstdarstellung

Monsanto arbeitet in über 160 Ländern weltweit und verkauft 2500 verschiedene Gemüsesorten. Der Konzern beschäftigt 21.183 Menschen und bedient 1,5 Millionen Kunden weltweit. Der Konzern hat einen eigenen Wertekodex erstellt, welcher regeln soll wie der Konzern geschäftlich auftritt. Zu diesen Werten gehören Integrität, Dialog, Transparenz, Austausch, Respekt, Verantwortliches Auftreten zur Erreichung der Ziele sowie die Schaffung von attraktiven Arbeitsplätzen.

Monsanto möchte aufgrund der stark wachsenden Weltbevölkerung Wege finden um diese weiterhin ernähren zu können. Da die Ressourcen (Böden und Wasser) nicht vergrößert werden können, arbeitet Monsanto daran die Ernteerträge ihrer Pflanzen durch eine Kombination aus moderner Pflanzenzucht, Biotechnologie und besserer Praktiken im Management der landwirtschaftlichen Betriebe bis 2030 zu verdoppeln. Dies soll unter gleichzeitiger Einsparung eines Drittels der dafür erforderlichen Ressourcen (Landflächen, Wasser, Energie) verwirklicht werden und dient dem Ziel den Landwirten weltweit zu deutlichen Ertrags- und Produktivitätssteigerungen zu verhelfen. Denn mit jedem Landwirt dem es gelingt sich aus der Armut zu befreien, kann vielen anderen Menschen auf der Welt geholfen werden.

Folgende Produktkategorien bietet das Unternehmen auf dem Markt an:

1. Saatgut

Monsanto vertreibt das ertragsstärkste konventionelle sowie biotechnologisch erzeugte Saatgut das auf dem Markt erhältlich ist.

2. Biotechnologie

Monsanto verfügt über hoch innovative Pflanzenmerkmale und –technologien. Diese ermöglichen nahrhaftere, produktivere und robustere Pflanzen.

3. Pflanzenschutz

Das Unternehmen verfügt über ein großes Portfolio an hochwirksamen, sicheren und effektiven Pflanzenschutzlösungen. Dazu zählt z.B. das weltweit in der Landwirtschaft verwendete Totalherbizid RoundUp.

Monsanto setzt sich für eine nachhaltige Landwirtschaft ein. Hierzu stellt das Unternehmen den Landwirten weltweit bessere landwirtschaftliche Werkzeuge und das nötige Know-How zur Verfügung. Auch für Menschenrechte weltweit setzt sich Monsanto ein und orientiert sich dabei an der ‚Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte’ sowie der ‚Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit’. Im Jahr 2009 schloss sich das Unternehmen dem ‚United Nations Global Compact’ an, welche als die weltweit größte Initiative für gesellschaftliches Engagement und Nachhaltigkeit von Unternehmen betrachtet werden kann[4].

3. Kontrollfaktoren

Im Folgenden soll beschrieben werden mit welchen Mitteln Monsanto Kontrolle im globalen Lebensmittelbereich ausübt und wie die vom Konzern genutzten Mechanismen instrumentalisiert werden.

3.1 Kontrolle durch Saatgut und Patente

„Wer das Saatgut kontrolliert, kontrolliert das Recht auf Nahrungsmittel, die Ernährungssouveränität und die politische Souveränität der Menschen[5] “.

Die Konzerne versuchen immer mehr Einfluss auf die gesetzlichen Regelungen bezüglich Handel, Nutzung und Vermehrung von Saatgut zu nehmen. Dies zeigt sich u.a. daran, dass die Saatgutgesetze trotz großer landestypischer Unterschiede immer einheitlicher und zugleich aggressiver und restriktiver werden. Gesetze die anfangs dazu dienten Bauern vor qualitativ minderwertigen Saatgut zu schützen, verhelfen den Saatgutkonzernen inzwischen zu immer mehr Macht. Sie stellen z.B. sicher, dass Bauern Saatgut bei den Konzernen kaufen müssen anstatt es eigenmächtig zu vermehren[6]. Zudem hin erlauben Patentgesetze Monsanto, Landwirte vertraglich zu binden. Die Ernte gehört dem Bauern nicht mehr allein, sondern das Patentgesetz sichert Monsanto Lizenzrechte. Ignoriert ein Bauer die Vereinbarungen, so kann er laut Vertrag von Monsanto für die von ihm begangene Patentrechtsverletzung haftbar gemacht werden. Monsanto unterhält hierfür eine Abteilung mit 75 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 10 Millionen USD, die sich lediglich um Patentrechtsverletzungen der vertraglich an Monsanto gebundenen Bauern kümmert[7].

Als gutes Beispiel dienen die indischen Baumwollbauern: Die von Monsanto an die Bauern verkauften Sorten sind nicht nur teurer als die traditionellen Sorten, die Bauern werden auch gezwungen jährlich neues Saatgut zu kaufen. Um sich das neue Saatgut leisten zu können, müssen die Bauern Kredite aufnehmen, welche sie dann häufig nicht mehr bedienen können. Der Konzern wirbt zwar mit gentechnisch veränderter Baumwolle könne man höhere Erträge erzielen und würde gleichzeitig weniger Pestizide benötigen, doch diese Versprechen haben sich für viele Bauern als Bumerang erwiesen. In einer im Mai 2006 veröffentlichen Studie wurde nachgewiesen, dass die Selbstmordraten unter Bauern, in Gebieten in denen die gentechnisch modifizierte Baumwolle von Monsanto angepflanzt wird, signifikant höher sind. Es besteht sehr wahrscheinlich ein Zusammenhang zwischen dem Anbau der Baumwolle von Monsanto auf der einen Seite, sowie steigenden Produktionskosten, ausfallenden Erträgen und den erhöhten Selbstmordraten unter Bauern auf der anderen Seite. Im Jahr 2006 ging die Umweltaktivistin Vandena Shiva davon aus, dass sich in den vergangenen fünf Jahren landesweit vermutlich 40.000 Bauern das Leben genommen haben[8].

Doch wie funktionieren Patente überhaupt? Patente werden oft als Rückgrat des technischen Fortschritts eingestuft, da sie dem/der ErfinderIn Sicherheit vor Nachahmung bzw. ‚geistigen Diebstahl’ gewähren. Die wichtigste Voraussetzung für die Erteilung eines Patents ist, dass eine Erfindung und nicht lediglich eine Entdeckung vorliegt. Diese Erfindung muss vollständig beschreibbar und nachbaubar sein. Der/die PateninhaberIn erhält das ausschließliche Recht zur Verwertung des Patentgegenstandes für die nächsten 15-20 Jahre. Er/Sie kann einem/einer Anderen die Nutzung ganz untersagen oder Lizenzgebühren für die Nutzung fordern. Das Patentsystem ist seinem Wesen nach für tote Materie konzipiert, nicht aber für Lebewesen. Diese zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass sie nicht erfunden, nicht vollkommen beschrieben und nicht nachgebaut werden können. Außerdem können sich Pflanzen und Tiere fortpflanzen im Gegensatz zu Maschinen oder Chemikalien[9]. Jedoch wurde 1998 unter dem Druck der Industrie die EU-Richtlinie 98/44 ‚Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen’ vom Europäischen Parlament und den Mitgliedsstaaten der EU verabschiedet. In dieser wird ausdrücklich die Patentierung von Entdeckungen genehmigt, wenn dabei technische Hilfsmittel zum Einsatz kommen[10]. „Biologisches Material, dass mithilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, kann auch dann Gegenstand einer Erfindung sein, wenn es in der Natur schon vorhanden war[11] “ heißt es in Artikel 5.2 der EU-Patentrichtlinie. Und weiter: „Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, sind patentierbar, wenn die Anwendung der Erfindung technisch nicht auf eine Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist[12] “.

Viele Patente im Lebensmittelbereich umfassen alle Stufen der Produktion bis zur Herstellung von Lebensmitteln. Ein Beispiel hierfür ist das Patent auf die Züchtung von Sonnenblumen (EP 1185161), das bis zur Herstellung des Öls aus den Sonnenblumensamen reicht. Das Patent EP 1069819 auf Brokkoli umfasst Pflanzen, Saatgut und deren essbare Teile. Kleinste technische Änderungen genügen um die Reichweite der Patente schier ins Endlose zu treiben. So kann durch züchterische Bearbeitung von Pflanzen dem Patentinhaber auch das Recht verliehen werden über die Preise für Lebensmittel mitzubestimmen[13].

3.2 Kontrolle durch Fusionen und Übernahmen

Wenn es nur wenige marktbeherrschende Konzerne gibt, so können diese diese die Preise für Saatgut und andere Produktionsmittel (bspw. Herbizide) diktieren. Gab es in den 60er Jahren noch viele kleine Familienbetriebe im Saatgutbereich, so wird heute der Markt von wenigen global agierenden Konzernen beherrscht. Die stark zunehmende Unternehmenskonzentration findet hierbei wohlgemerkt nicht nur horizontal statt, sondern immer stärker vertikal. Dies bedeutet, dass insbesondere Chemiekonzerne (wie Monsanto) sich in verschiedene Bereiche entlang der Saatgut-Wertschöpfungskette einkaufen. Die gigantischen Konzerne halten somit global die Fäden in ihren Händen, von der Forschung und Entwicklung über die Züchtung und Saatgutproduktion bis zum Verkauf. Monsanto hat in nur 12 Jahren (1996-2008) mehr als 50 Firmen aufgekauft[14]. Im August 2015 wäre es beinah zur Übernahme des Schweizer Chemiekonzerns Syngenta gekommen. Syngenta ist der drittgrößte Konzern auf dem Saatgutmarkt und der größte Pestizidhersteller weltweit[15]. Hätte die Übernahme stattgefunden, wäre die Monopolstellung von Monsanto wesentlich gestärkt worden. Für die Übernahme wäre der Konzern bereit gewesen eine Summe von 47 Milliarden USD zu zahlen., ohne jemals Einblick in die Geschäftsbücher von Syngenta bekommen zu haben[16]. Dies zeigt wie lukrativ dieses Geschäft gewesen wäre und welche Gewinne sich Monsanto von diesem Deal erhofft hatte.

Die Übernahme anderer Firmen hat aber auch andere Gründe: Die Tochter- und Gemeinschaftsunternehmen haben oft eigenständige Namen, wodurch die Zusammenhänge zwischen den Unternehmen zunächst verdeckt bleiben und somit oft für den Verbraucher nicht ohne vorherige Recherche ersichtlich sind. So wird zum Beispiel in Deutschland die Tomate ‚Amati’ über den beliebten Gartenversand Vöttschke vertrieben und von Seminis gezüchtet. Seminis ist seit 2005 eine Tochterfirma von Monsanto. Der Konzern verkauft also in Deutschland Saatgut über Tochterfirmen, weil er vom deutschen Verbraucher kritisch betrachtet wird und somit viele Verbraucher kein Saatgut von Monsanto verwenden möchten[17].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Globaler Saatgutmarkt[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Seed Industrie Structure[19] (Grafik groß s.Anhang 1)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der globale Saatgutmarkt ein sehr lukratives Geschäft darstellt. Zwischen 2005 und 2012 ist er um 76 % auf 44 Milliarden USD gewachsen. Je nach Quelle kontrollieren mittlerweile neun gigantische Konzerne 61-72 % des globalen kommerziellen Saatgutmarktes. Alleine die drei größten Konzerne (Monsanto, DuPont Pioneer und Syngenta) haben dabei einen Anteil von 44-53 % des gesamten Marktes für Saatgut[20] (Vgl. Abbildung 1).

3.3 Kontrolle durch Lobbyarbeit

Im Jahr 2012 sorgte eine Studie eines Teams von Wissenschaftlern aus Caen für Aufsehen in der EU. Das Team um Gilles-Eric Séralini hatte herausgefunden, dass eine von Monsanto entwickelte Gen-Maissorte im Langzeitversuch erheblich häufig aggressiven Krebs bei Ratten auslöste. Die EU hatte den Mais zugelassen. Die Zulassung für den Mais beruhte auf einer wissenschaftlichen Studie, welche lediglich die Ergebnisse von 90 Tagen berücksichtigte. Pikanterweise wurde die Studie, mit der die EU-Entscheidung wissenschaftlich belegt worden war, im Auftrag des Entwicklers Monsanto erstellt.

Nachdem die Studie bekannt geworden war, bestritt die EU-Kommission, dass die vorliegende Studie wissenschaftlich sei. Kurze Zeit später erschien die Studie jedoch in einem angesehenen wissenschaftlichen Journal. Wer jetzt glaubte, die EU würde ihrer Verantwortung gerecht werden und wenigstens eine eigene Langzeitstudie in Auftrag geben, sah sich allerdings getäuscht. Anstatt dessen ließ die EU die Kritiker wissen, dass sie keinen Grund sehen würde die Zulassung des Gen-Mais von Monsanto zu widerrufen. Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) teilte mit, dass es wegen der Fehler in der Studie keinen Anlass gebe, das Monsanto Produkt in Frage zu stellen und diskreditierte stattdessen die Forschung von Séraldini und seinem Team[21].

Der Wissenschaftspublizist William F. Engdahl ist davon überzeugt, dass die EU stark unter dem Einfluss Monsantos stehe und nichts auf die alarmierenden Forschungsergebnisse zu antworten hatte als diese zu diskreditieren und zu hoffen, dass die Medien die Schlagzeilen der EU übernehmen und die Sache damit für abgeschlossen erklären[22].

Doch wie funktioniert Lobbyarbeit überhaupt und wie nimmt Monsanto Einfluss auf politische Entscheidungen um die eigenen Ziele verfolgen zu können? Dies soll im Folgenden am europäischen Beispiel beschrieben werden:

In der EU gilt seit 2004 ein einheitliches Verfahren zur Zulassung und Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln. Diese können nur zugelassen werden, wenn sie zuvor eine strenge Sicherheitsbewertung durchlaufen haben. Die Verfahren zur Zulassung und Bewertung sind in der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 festgehalten. Für die Risikobewertung ist die EFSA zuständig, die als wissenschaftliche Grundlage eine Empfehlung für die Entscheidungsträger formuliert[23]. Für die Zulassung sind die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten in ihrer Funktion als Risikomanager zuständig. Die Rolle der EFSA beschränkt sich ausschließlich auf wissenschaftliche Beratung. Die Bewertungen der GVO werden in einem Gremium vorgenommen, welches sich aus unabhängigen wissenschaftlichen Sachverständigen zusammensetzt. Die Mitglieder dieses Gremiums müssen vor jeder Sitzung angeben ob sie in Bezug auf die vorgesehenen Tagesordnungspunkte in potenzielle Interessenkonflikte verstrickt sind. Die Bewertungen der EFSA beruhen auf von den Antragstellern vorgelegten wissenschaftlichen Dossiers und weiteren einschlägigen wissenschaftlichen Informationen[24].

Und genau hier setzt ein Teil des Lobbyings von Monsanto an. Expertise und Informationen stellen eine zentrale Ressource dar. Hinsichtlich des erläuterten Zulassungsverfahrens gewinnen vor allem technische Expertise aber auch weitere Informationen über rechtliche, umweltbezogene und sozioökonomische Kriterien an Bedeutung. Je überzeugender und wertvoller die Informationen und je konstruktiver die Mitarbeit in Interessengruppen bezüglich des Zulassungsverfahrens desto häufiger werden die Kontaktmöglichkeiten zu wichtigen Entscheidungsträgern und umso erfolgreicher demzufolge das Lobbying. Um Interessen überhaupt artikulieren zu können, muss der Zugang zu Entscheidungsträgern geebnet werden. Dies geschient über konventionelle Maßnahmen wie Informationsbeschaffung und -input in den Politik- bzw. Entscheidungsprozess[25].

Die Hersteller von Saatgut und Pflanzenschutzartikeln sind in Europa in Netzwerken organisiert. Dazu gehört unter anderem EuropaBio. Ihnen kommt die bedeutende Aufgabe zu, die Politik mit Informationen zu unterstützen und zu beraten, die das Gesamtinteresse der Branche widerspiegeln, sowie umgekehrt ihre Mitglieder mit Informationen zu versorgen und als Moderator innerhalb der Branche zu wirken. Interessenvertreter wie EuropaBio nehmen Einfluss bevor es überhaupt zur Formulierung von Gesetzesvorschlägen durch die Kommission kommt[26]. Befragte Kommissionsbeamte gaben an, offen und zugänglich für verschiedene Interessengruppen zu sein, auch weil sie auf die Informationen der Interessengruppen angewiesen seien. Für EuropaBio stellen Positionspapiere, wissenschaftliche Studien sowie die Arbeit in Ausschüssen und Gremien die wichtigsten Instrumente dar. Dies ist deckungsgleich mit den Aussagen der Kommissionsbeamten zu den Bedürfnissen der Kommission, die genau diese Instrumente als wichtigste Informationsquellen betrachtet. Die Zusammenarbeit zwischen EuropaBio und Entscheidungsträgern wird als rein formell und sachlich beschrieben. Dennoch sind hochrangige Vertreter der EU-Institutionen nicht selten zu Gast auf Veranstaltungen von EuropaBio oder auch bei inoffiziellen Treffen wie beispielsweise dem ‚Brussels Day’ von EuropaBio. Zudem hin arbeitet EuropaBio in verschiedenen Technologieplattformen und Arbeitsgruppen mit, welche von der Kommission organisiert werden[27].

Hier wird deutlich wie EuropaBio als Sprachrohr der Biotechnologiebranche die wirtschaftliche Macht und Expertise seiner Mitglieder bündelt, Zugang zur Kommission und auf hoher politischer Ebene hat und damit die Interessen von Konzernen wie Monsanto in die politische Entscheidungsebene einbringt.

4. Mögliche Folgen für Mensch und Umwelt

Welche Folgen für Mensch und Umwelt können entstehen, wenn ein Konzern wie Monsanto eine dermaßen starke Rolle auf dem Weltmarkt einnimmt. Was für Gefahren resultieren daraus für Bauern, Ökosysteme, die Gesundheit der Menschheit und die Entwicklung von Innovationen?

[...]


[1] Vgl. Robin, 2009: 23.

[2] Vgl. Chemie.de.

[3] Vgl. EvB (a), 2014: 10.

[4] Vgl. Monsanto.com.

[5] Vgl. LVC, 2013: 1 zit. n. Banzhaf, 2016: 85.

[6] Vgl. Banzhaf, 2016: 101ff.

[7] Vgl. Greenpeace, 2005: 2.

[8] Vgl. Petersen, 2007: 1.

[9] Vgl. Koechlin, 2001: 12.

[10] Vgl. no patents on seeds, 2014: 11.

[11] Europäisches Patentamt, 2015.

[12] Ebd., 2015.

[13] Vgl. no patents on seeds, 2011:9.

[14] Vgl. Banzhaf, 2016: 85f.

[15] Vgl. EvB (a), 2014: 10ff.

[16] Vgl. Fröndhoff, 2015.

[17] Vgl. Banzhaf, 2016: 88.

[18] Quelle: http://www.weltagrarbericht.de/typo3temp/pics/fb6764fcd8.png

[19] Howard, 2013.

[20] Vgl. Banzhaf, 2016: 88.

[21] Vgl. Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 2013.

[22] Vgl. Globalresearch, 2012.

[23] Vgl. Veit, 2012: 291.

[24] Vgl. EFSA, 2013.

[25] Vgl. Veit, 2012: 294.

[26] Vgl. Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 2013.

[27] Vgl. Veit, 2012: 300 f.

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Kontrolle von Großkonzernen wie Monsanto in der Lebensmittelherstellung
Université
University of Hamburg  (Institut für Soziologie)
Cours
Ernährungssoziologie: ökologische, gesundheitliche und ethische Fragestellungen
Note
2,0
Auteur
Année
2016
Pages
21
N° de catalogue
V353969
ISBN (ebook)
9783668402461
ISBN (Livre)
9783668402478
Taille d'un fichier
1632 KB
Langue
allemand
Mots clés
Monsanto, Kontrolle, Lebensmittelherstellung, Gen-Food, Lobbyismus, Saatgut, Patente
Citation du texte
Björn Arne Schnurr (Auteur), 2016, Kontrolle von Großkonzernen wie Monsanto in der Lebensmittelherstellung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353969

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