Was du mir nennst, das vergesse ich.
Was du mir zeigst, das behalte ich.
Woran du mich teilhaben lässt, das begreife ich.
(Chinesisches Sprichwort)
Oft herrscht in der religionspädagogischen Praxis ein Verständnis vor, welches religiöses Lernen durch ein Reden über theologische Fragen und Inhalte gewährleistet sieht. Glaube und Religion werden zu einem objektiven Wirklichkeitsbereich, der durch Gespräch und Diskussion, durch Begriffsbildung und eine sprachliche Erarbeitung von Zusammenhängen, durch Ordnen, Vergleichen und Reflektieren erschlossen werden soll.
Stellen solchartige Lernprozesse die einzige Form des Lernens dar, so sieht sich gerade ein Religionsunterricht, dem es um eine Auseinandersetzung mit menschlichen Grunderfahrungen und der Vieldimensionalität menschlichen Lebens geht, der Gefahr ausgesetzt, dass ihm die Wirklichkeit zerrinnt, auf die er sich bezieht.
Schule hat es vordringlich mit einem Begreifen der Wirklichkeit zu tun, damit die Schülerinnen und Schüler lernen, in ihr angemessen zu handeln. Wie also kann Religionsunterricht gestaltet werden, damit er – um auf das obige Sprichwort zurückzukommen – seine Schülerinnen und Schüler an christlichem Glauben teilhaben und sie Religion begreifen lassen kann?
Handlungsorientierter Religionsunterricht soll in der vorliegenden Hausarbeit zum gleichnamigen Thema als ein möglicher Antwortversuch auf diese und sich daraus ergebende Fragen dargestellt werden.
Methodisch wird dabei eine Vorgehensweise angewendet, die vom Allgemeinen zum Differenzierten führen soll.
Um eine Grundlage für das Verständnis des Lesers zu schaffen, soll zu Beginn der Arbeit der Begriff des Handlungsorientierten Unterrichts aus einer allgemeindidaktischen Perspektive heraus betrachtet werden.
Dabei geht es zunächst darum, seine historischen Verankerungen bzw. An-fänge transparent zu machen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zum Begriff „Handlungsorientierter Unterricht“
2.1 Historische Wurzeln des handlungsorientierten Unterrichts
2.2 Merkmale und Ziele eines handlungsorientierten Unterrichts
2.3 Zur Notwendigkeit eines handlungsorientierten Unterrichts
3. Handlungsorientierung im Religionsunterricht
3.1 Einführung
3.2 Zur Bedeutung handlungsorientierter Elemente im Religionsunterricht
3.2.1 Ganzheitlichkeit
3.2.2 Handeln
3.2.3 Öffnung von Schule
3.2.4 Soziales Lernen
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Was du mir nennst, das vergesse ich.
Was du mir zeigst, das behalte ich.
Woran du mich teilhaben lässt, das begreife ich.
(Chinesisches Sprichwort)
Oft herrscht in der religionspädagogischen Praxis ein Verständnis vor, welches religiöses Lernen durch ein Reden über theologische Fragen und Inhalte gewährleistet sieht. Glaube und Religion werden zu einem objektiven Wirklichkeitsbereich, der durch Gespräch und Diskussion, durch Begriffsbildung und eine sprachliche Erarbeitung von Zusammenhängen, durch Ordnen, Vergleichen und Reflektieren erschlossen werden soll.
Stellen solchartige Lernprozesse die einzige Form des Lernens dar, so sieht sich gerade ein Religionsunterricht, dem es um eine Auseinandersetzung mit menschlichen Grunderfahrungen und der Vieldimensionalität menschlichen Lebens geht, der Gefahr ausgesetzt, dass ihm die Wirklichkeit zerrinnt, auf die er sich bezieht.
Schule hat es vordringlich mit einem Begreifen der Wirklichkeit zu tun, damit die Schülerinnen und Schüler lernen, in ihr angemessen zu handeln. Wie also kann Religionsunterricht gestaltet werden, damit er – um auf das obige Sprichwort zurückzukommen – seine Schülerinnen und Schüler an christlichem Glauben teilhaben und sie Religion begreifen lassen kann?
Handlungsorientierter Religionsunterricht soll in der vorliegenden Hausarbeit zum gleichnamigen Thema als ein möglicher Antwortversuch auf diese und sich daraus ergebende Fragen dargestellt werden.
Methodisch wird dabei eine Vorgehensweise angewendet, die vom Allgemeinen zum Differenzierten führen soll.
Um eine Grundlage für das Verständnis des Lesers zu schaffen, soll zu Beginn der Arbeit der Begriff des Handlungsorientierten Unterrichts aus einer allgemeindidaktischen Perspektive heraus betrachtet werden.
Dabei geht es zunächst darum, seine historischen Verankerungen bzw. Anfänge transparent zu machen.
Über eine sich anschließende Darlegung der wichtigsten Merkmale und Zielformulierungen soll daraufhin zu Begründungsversuchen für das Unterrichtsprinzip der Handlungsorientierung geführt werden.
Das folgende Kapitel beabsichtigt, die erarbeiteten Aspekte in den spezifischen Kontext des Religionsunterrichts zu übertragen.
Eine kurze Einführung in die Situation des gegenwärtigen Religionsunterrichts zeigt zunächst auf, an welchen Fragestellungen ein handlungsorientierter Religionsunterricht anzusetzen versucht; im weiteren Verlauf soll eingegangen werden auf die Bedeutung einiger zentraler Elemente eines Lernens in Handlungszusammenhängen für die Glaubensvermittlung.
In der Schlussbetrachtung schließlich geht es darum, durch eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Bedingungen, welche es für die Realisierbarkeit handlungsorientierter Zielformulierungen zu beachten gilt, Chancen, aber auch eventuelle Grenzen eines handlungsorientierten Religionsunterrichts aufzuzeigen.
2 Zum Begriff „Handlungsorientierter Unterricht“
2.1 Historische Wurzeln des handlungsorientierten Unterrichts
Der Begriff des handlungsorientierten Unterrichts, welcher verstärkt seit den 1980er Jahren in (fach)didaktischen Abhandlungen auftaucht, stellt keine Bezeichnung für ein theoretisch exakt definiertes Unterrichtsmodell dar. Vielmehr integriert handlungsorientiertes Lernen eine Vielzahl verschiedenster, in enger Verbindung zueinander stehender Unterrichtsmethoden und –praktiken, wozu unter anderem „Freiarbeit, offener Unterricht, entdeckender Unterricht, erfahrungsorientierter“[1] gezählt werden. Als gemeinsame Basis formulieren all diese Formen „die eigentätige, viele Sinne umfassende Auseinandersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes“.[2]
Historisch betrachtet findet die Forderung nach Handlungsorientierung einen Bezugsrahmen in der materialistischen Aneignungspsychologie, vor allem aber weisen Konzepte handlungsorientierten Unterrichts grundlegende Prinzipien der reformpädagogischen Tradition auf (vgl. J. Dewey., J. Kerschensteiner, M. Montessori, E. Key), welche in ihren Ideen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu „Unterricht und Erziehung vom Kinde aus“[3] aufgerufen hatte. Besondere Bedeutung erhielt außerdem das spielerische, kreative, selbstgesteuerte und ganzheitliche Lernen; die Schule selbst galt es nach reformpädagogischer Auffassung „zu einem Lernort zu entwickeln, in dem Leben in Verbindung zur außerschulischen Wirklichkeit möglich“[4] war.
Viele dieser Ansätze waren in modernen Konzepten handlungs- bzw. erfahrungsorientierten Unterrichts aufgegriffen, ergänzt und in Anpassung an die sich stets verändernden Sozialisationsbedingungen der Schülergenerationen weiterentwickelt.
2.2 Merkmale und Ziele eines handlungsorientierten Unterrichts
Handlungsorientierte Unterrichtskonzepte zeichnen sich durch die Gemeinsamkeit einiger charakteristische Merkmale aus, deren Einhaltung für ein Erreichen der Zielformulierungen unabdingbar ist; besondere Beachtung gilt dabei der Frage „wie die Schüler ihr Wissen und Können erwerben und verwenden“.[5]
Prinzipiell werden handlungsorientierte Lehr- und Lernformen als ganzheitlich bezüglich dreier Aspekte bezeichnet, wobei ergänzend erwähnt werden sollte, dass diese den Begriff der Ganzheitlichkeit als „wahrnehmen, denken, fühlen, handeln als dialektische Einheit“[6] definieren.
Personale Ganzheitlichkeit wird in diesem Zusammenhang verstanden als die Forderung, die Anregung des Schülers im Unterricht in Bezug auf Kognition und Wissensvermittlung zu ergänzen durch die Bereiche von Emotionalität und Handlungsaktivität; affektive, emotionale, kognitive und soziale Lerninhalte sollen sich gegenseitig ergänzen und anregen.
Inhaltliche Ganzheitlichkeit, als zweiter Aspekt, wiederum meint, dass Unterrichtsinhalte ausgewählt werden sollen „aufgrund der Probleme und Fragestellungen, die sich aus dem vereinbarten Handlungsprodukt ergeben“[7], „eher im ausprobieren denn als Anwendung theoretischer Vorgaben.“[8]
Methodische Ganzheitlichkeit schließlich lässt sich in der Unterrichtspraxis realisieren durch ganzheitliche Arbeitsformen wie Gruppen-, Partner- und Projektarbeiten, aber auch Rollen- und Planspiele, Arbeit mit Medien u.v.m..
Handeln wird verstanden als motiviertes, zielgerichtetes, geplantes, regelgeleitetes, kontrolliertes und bewusstes Verhalten und stellt als aktivtätige Auseinandersetzung der Schüler mit den Lerninhalten, d.h. mit der sie umgebenden Realität („Menschen, Sachen, Probleme und Zukunftsideen“[9] ), den zentralen Punkt handlungsorientierten Lernens dar.
Schüleraktivität –neben Ganzheitlichkeit ein wesentliches Kennzeichen- zeigt sich in handlungsorientiertem Unterricht darin, dass die Schüler selbstinitiiert und selbstverantwortlich erkunden, erproben und entdecken, aber auch planen erörtern und verwerfen sollen. Durch Selbsttätigkeit soll Selbständigkeit, durch aktives Handeln Handlungskompetenz erworben werden (vgl. learning by doing bei J. Dewey).
Dieses wiederum erfordert das Recht der Schüler, von Anfang an an der „Planung, Durchführung und Auswertung“[10] des Unterrichts mitzuwirken. Lässt sich dieses nicht uneingeschränkt realisieren, so gilt es aus Sicht des Lehrers zumindestens dem Anspruch der Schüler gerecht zu werden, über all diese Schritte aufgeklärt zu werden. Je weiter es dem Lehrer gelingt, sich aus diesen Bereichen zurückzuziehen und die Verantwortung auf die Schüler zu übertragen, umso leichter können die gewünschten Formen des offenen Unterrichts verwirklicht werden, welche sich „gegen den lehrerzentrierten Frontalunterricht, gegen die belehrende Vermittlung einseitig-kognitiven Wissens und gegen die rezeptiv-passive Schülersituation im herkömmlichen Unterricht“[11] richten sollen.
Im Hinblick auf die besondere Akzentuierung der Schülerorientierung in handlungsorientierten Unterrichtskonzepten sollte ergänzend darauf verwiesen werde, dass dieser Aspekt auch deutlich darin zum Tragen kommt, dass jene darum bemüht sind, die subjektiven, also individuell verschiedenen Schülerinteressen, -bedürfnisse und –erfahrungen als Ausgangs- und Anknüpfungspunkte für Unterrichtsinhalte ernst zu nehmen. Hierzu wiederum soll eine Öffnung der Schule beitragen, welche eine tendenzielle Aufhebung der Trennung von Leben und Schule unterstützt. Als „Öffnung nach innen“[12] bedeutet dies unter anderem die Förderung individueller Lernwege, eine Ausweitung fächerübergreifenden Unterrichts sowie eine ständige Weiterentwicklung des Schullebens, mit welchem sich die Schüler identifizieren können sollen.
Parallel dazu soll handlungsorientiertes Lernen eine „Öffnung der Schule nach außen“[13] implizieren, d.h. verstärkt die außerschulische Realität der Schüler in den Unterricht einbeziehen, um so „Erfahrungs- und Handlungsspielräume zu schaffen“[14], welche Schule und Leben so eng
miteinander verbinden. Allen Schülern soll grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sein, „die Schule verlassen zu können, um alles in Erfahrung zu bringen, was sie für ihr Vorhaben/Projekt wissen müssen“[15]. Zentrales Unterrichtsziel nämlich ist die Herstellung von Handlungsprodukten (s.o.), bei W. Jank und H. Meyer definiert als „veröffentlichungsfähige materielle und geistige Ergebnisse der Unterrichtsarbeit“[16], wozu jedoch „auch Vollzug und Ergebnis künstlerischen Gestaltens, sozialen Handelns und verantworteter Kommunikation zählen“[17]. Das „Handeln an einer Sache“[18] wird gemäß dem Prinzip der Ganzheitlichkeit ergänzt durch „das Handeln miteinander und das Handeln füreinander“[19].
Handlungsprodukte bieten den Schülern Gelegenheit zur Identifikation mit den eigenen Leistungen, gleichzeitig jedoch kann an ihnen „eine von den SchülerInnen selbst getragene Auswertung und Kritik der Unterrichtsarbeit“[20] eingeübt werden.
Inhaltlich und methodisch betrachtet wird handlungsorientierter Unterricht verstanden als eine Möglichkeit des Probehandelns, das die Schüler auf eine selbständige und verantwortungsbewusste Auseinandersetzung mit dem realen Leben vorbereiten soll. In sozialen Situationen soll handlungsorientiertes Lernen mit „den Verlaufsformen und Folgewirkungen der verschiedenen Typen des Handelns (ergebnisorientiertes Handeln, strategisches handeln, kommunikatives Handeln)“[21] vertraut machen.
Zusammenfassend lässt sich nach der bisherigen Betrachtung festhalten, dass der Begriff des handlungsorientierten Unterrichts eine methodisch äußerst vielfältige, subjekt- und produktorientierte Unterrichtsform darstellt, welche den Schülern ausgehend von materiellen, alle Sinne umfassenden Tätigkeiten in einer für ihn erfahrbaren und bedeutungsvollen Wirklichkeit sowie durch eine sich anschließende kritische Reflexion des eigenen Schaffens und Verhaltens, zu „Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz“[22] führen will.
[...]
[1] Gudjons, H., Was ist handlungsorientierter Unterricht? S.392.
[2] Ebd.
[3] Köck, P. Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, S.589
[4] Ebd.
[5] Köck, P., Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, S.283.
[6] Ebd.
[7] Jank, W., u.a., Didaktische Modelle, S. 354.
[8] Gudjons, H., Was ist handlungsorientierter Unterricht?, S.392.
[9] Schaub, H., Wörterbuch zur Pädagogik, S.
[10] Jank, W., u.a., Didaktische Modelle, S. 354.
[11] Schaub, H., Wörterbuch zur Pädagogik, S.
[12] Jank, W., u.a.; Didaktische Modelle; S. 354.
[13] Ebd.
[14] Kessler, E, u.a., Schulpädagogisches Repetitorium, S. 107.
[15] Jank, W. u.a., Didaktische Modelle, S.354.
[16] Ebd.
[17] Köck, P. /Ott, H., Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, S.284.
[18] Ebd.
[19] Ebd.
[20] Ebd.
[21] Ebd.
[22] Dreiner, E. u.a., Lebenswege, Religion in der Grundschule, S.11.
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