Unternehmensinsolvenzen bringen es oft mit sich, dass Gläubiger, obgleich sie die von ihnen geschuldete Leistung erbracht haben, die Gegenleistung des Insolvenzschuldners nicht oder nur noch zu einem Bruchteil als Quote erhalten. Zusätzlich gibt die InsO dem Insolvenzverwalter in bestimmten Situationen die Verpflichtung auf, im Wege der Insolvenzanfechtung in bereits abgeschlossene Rechtshandlungen nachträglich rückabwickelnd einzugreifen und das aus der Insolvenzmasse abgeflossene zu dieser zurück zu fordern.
Seit einigen Jahren sind auch Lohnzahlungen an Arbeitnehmer stärker in den anfechtungsrechtlichen Fokus gelangt. Der Arbeitnehmer findet sich nun unverhofft in der Rolle des Anfechtungsgegners wieder, zumal er womöglich sogar partiellen Lohnverzicht geübt oder dem Arbeitgeber Zahlungserleichterungen gewährt haben mag. Insofern verwundert es nicht, dass verschiedene Lohnanfechtungsversuche in Rechtslehre, Politik und Presse deutlichen Widerhall hervorgerufen haben und auch mehrfach Gegenstand obergerichtlicher Entscheidungen waren.
Verändert man die vorliegende Thematik um den Parameter, dass es sich nicht um den Arbeitslohn nicht-leitender Angestellter, sondern um die Vergütung von Mitgliedern von Gesellschaftsorganen, wie etwa AG-Vorstandsmitgliedern, handelt, ändert sich die Perspektive: Vorstandsmitglieder bestimmen die Geschicke der Gesellschaft wesentlich mit, befinden sich regelmäßig in einer anderen Gehaltsklasse als nicht-leitende Angestellte und haben als „Insider“ Zugang zu mehr die wirtschaftliche Lage des Unternehmens betreffenden Informationen. Dennoch ist die Anfechtbarkeit von Vergütungszahlungen an Vorstandsmitglieder einer AG, anders als die Vergütungshöhe, bisher kaum thematisiert worden.
Der Verfasser konzentriert sich darauf, diese Lücke zu füllen und untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Insolvenzanfechtung von Vergütungszahlungen an Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften möglich ist.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Teil: Einleitung
- A. Problemstellung
- B. Ziele der Arbeit
- C. Gang der Untersuchung
- 2. Teil: Grundzüge der Insolvenzanfechtung
- A. Sinn und Zweck der Insolvenzanfechtung
- B. Regelungssystematik und definitorische Grundlagen
- C. Allgemeine Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung, § 129 InsO
- I. Rechtshandlung, § 129 InsO
- II. Gläubigerbenachteiligung, § 129 InsO
- D. Besondere Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung, §§ 130 ff. InsO
- I. Anfechtungsgründe
- 1. Kongruente Deckung, § 130 Inso
- 2. Inkongruente Deckung, § 131 InsO
- 3. Verschleuderungsanfechtung, § 132 InsO
- 4. Vorsatzanfechtung, § 133 InsO
- 5. Schenkungsanfechtung, § 134 InsO
- II. Bargeschäftsprivileg, § 142 Inso
- E. Rechtsfolgen
- F. Grundzüge des Verhältnisses der Anfechtungstatbestände
- G. Gerichtliche Geltendmachung
- H. Aktuelle Entwicklungen
- 3. Teil: Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen an Arbeitnehmer
- A. Rechtsweg
- I. Problemstellung
- II. Ansicht des Fünften Senats des BAG
- III. Ansicht des IX. Zivilsenats des BGH
- IV. Entscheidung des GmS-OGB
- V. Konsequenzen
- B. Allgemeine Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung, § 129 InsO
- C. Bargeschäftsprivileg, § 142 InsO
- I. Allgemeines
- II. Unmittelbarkeit
- III. Ergebnis
- D. Anfechtungsgründe
- I. Kongruente Deckung, § 130 InsO
- 1. Anwendbarkeit
- 2. Objektive Voraussetzungen
- 3. Subjektive Voraussetzungen
- a) Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit, § 130 Abs. 1 InsO
- b) Kenntnis von Umständen, § 130 Abs. 2 InsO
- c) Beweiserleichterungen, § 130 Abs. 3 InsO
- II. Inkongruente Deckung, § 131 InsO
- III. Verschleuderungsanfechtung, § 132 InsO
- IV. Vorsatzanfechtung, § 133 InsO
- 1. Allgemeines
- 2. Rechtsprechung des BAG zu § 133 Abs. 1 InsO
- 3. Entgeltlicher Vertrag, § 133 Abs. 2 InsO
- 4. Ergebnis
- V. Schenkungsanfechtung, § 134 InsO
- E. Rechtsfolge
- F. Ergebnis
- G. Präsumtive Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderungen
- 4. Teil: Insolvenzanfechtung von Vorstandsvergütungen
- A. Problemaufriss
- B. Rechtsweg
- C. Allgemeine Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung
- D. Bargeschäftsprivileg, § 142 InsO
- E. Anfechtungsgründe
- I. Deckungsanfechtung, §§ 130, 131 InsO
- 1. Einwirkung des § 87 Abs. 2 AktG
- a) Tatbestand des § 87 Abs. 2 AktG
- aa) Verschlechterung der Lage der Gesellschaft
- bb) Unbilligkeit
- cc) Ermessensausübung
- dd) Ausübung des Gestaltungsrechts
- ee) Rechtsfolgen
- b) Konsequenzen für die Deckungsanfechtung
- 2. Objektive Voraussetzungen
- 3. Subjektive Voraussetzungen
- 4. Ergebnis
- II. Verschleuderungsanfechtung, § 132 InsO
- III. Vorsatzanfechtung, § 133 Abs. 1 InsO
- 1. Rechtsprechung zu § 31 Nr. 1 KO
- 2. Rechtsprechung des BGH zu § 133 InsO
- 3. Gegenansichten in der Literatur
- 4. Stellungnahme
- a) Indizwirkung der Vorsatzform
- b) Korrelation zwischen Deckungs- und Vorsatzanfechtung
- c) Voraussetzungen des Benachteiligungsvorsatzes
- 5. Ergebnis
- IV. Entgeltlicher Vertrag, § 133 Abs. 2 InsO
- V. Schenkungsanfechtung, § 134 InsO
- F. Anfechtung der Unterlassung der Anpassung, § 129 Abs. 2 InsO
- I. Gleichstellung der Unterlassung
- II. Deckungsanfechtung, §§ 130, 131 InsO
- III. Verschleuderungsanfechtung, § 132 Abs. 2 InsO
- 1. Gesetzlicher Tatbestand
- 2. Korrektive Wirkung des Ermessensspielraums
- 3. Ergebnis
- IV. Schenkungsanfechtung, § 134 InsO
- G. Ergebnis
- H. Präsumtive Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderungen
- 5. Teil: Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Insolvenzanfechtung von Vorstandsvergütungen. Ziel ist es, die rechtlichen Grundlagen und die spezifischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Anfechtung von Vorstandsvergütungen im Insolvenzverfahren zu untersuchen. Dabei werden sowohl die allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung als auch die besonderen Aspekte der Anfechtung von Vorstandsvergütungen beleuchtet. Insbesondere sollen die Auswirkungen des § 87 Abs. 2 AktG auf die Deckungsanfechtung sowie die Anwendung der Vorsatzanfechtung auf Vorstandsvergütungen erörtert werden.
- Insolvenzanfechtung von Vorstandsvergütungen
- Anwendbarkeit des § 87 Abs. 2 AktG auf die Insolvenzanfechtung
- Vorsatzanfechtung von Vorstandsvergütungen
- Deckungsanfechtung
- Verschleuderungsanfechtung
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Der erste Teil der Arbeit widmet sich der Einleitung und führt in die Problemstellung ein. Es werden die Ziele der Arbeit und der Gang der Untersuchung dargelegt.
Der zweite Teil beleuchtet die allgemeinen Grundlagen der Insolvenzanfechtung. Dabei werden Sinn und Zweck der Anfechtung, die Regelungssystematik und die definitorischen Grundlagen sowie die allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach § 129 InsO näher erläutert.
Im dritten Teil wird die Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen an Arbeitnehmer behandelt. Es werden die unterschiedlichen Rechtsauffassungen und die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Bundesgerichtshofs (BGH) dargestellt. Darüber hinaus werden die allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung und die Anwendung des Bargeschäftsprivilegs auf Lohnzahlungen analysiert.
Der vierte Teil beschäftigt sich mit der Insolvenzanfechtung von Vorstandsvergütungen. Es werden die rechtlichen Grundlagen und die Besonderheiten der Anfechtung von Vorstandsvergütungen im Insolvenzverfahren erörtert. Im Mittelpunkt stehen die Auswirkungen des § 87 Abs. 2 AktG auf die Deckungsanfechtung sowie die Anwendung der Vorsatzanfechtung auf Vorstandsvergütungen.
Schlüsselwörter (Keywords)
Insolvenzanfechtung, Vorstandsvergütung, § 87 Abs. 2 AktG, Deckungsanfechtung, Vorsatzanfechtung, Verschleuderungsanfechtung, Bargeschäftsprivileg, Insolvenzrecht, Gesellschaftsrecht
- Citation du texte
- Dr. Mirko Werler (Auteur), 2016, Insolvenzanfechtung von Vorstandsvergütungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355126