Podcasts zur Förderung selbstgesteuerten Lernens im Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Unterricht

Entwicklung eines Modellprojekts zur Potenzialanalyse


Thèse de Master, 2013

72 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Begriffserklärungen
1.1 Podcasts
1.2 Selbstgesteuertes Lernen/Lernerautonomie
1.3 Projektunterricht

2 Selbstgesteuertes Lernen im Fremdsprachenunterricht
2.1 Relevanz des selbstgesteuerten Lernens im Fremdsprachenunterricht
2.2 Prinzipien des selbstgesteuerten fremdsprachlichen Unterrichts
2.3 Übertragung der Selbstverantwortung des Lernens

3 Podcasts und selbstgesteuertes Lernen im DaF/Z-Unterricht
3.1 Podcasts und die alltägliche Sprachanwendung
3.2 Verbesserung der Sprachfertigkeiten durch Podcasts
3.3 Podcasts im Projektunterricht

4 Beispielkonzept zur Umsetzung eines Podcast-Projekts
4.1 Die Lerngruppe und ihr Vorwissen: Ergebnisse der Befragung
4.2 Entwurf des Projektes
4.2.1 Die Vorphase
4.2.2 Themenfindung
4.2.3 Projektplanung und Aufgabenverteilung
4.2.4 Projektdurchführung
4.2.5 Evaluation
4.3 Begründung des Unterrichtskonzepts

Fazit

Bibliographie

Linkverzeichnis

Anhang

Fragebogen

Selbsteinschätzungsbogen

Einleitung

Steigendes Interesse an der weit verbreiteten Nutzung digitaler Medien lässt heutzutage fragen, welchen Platz diese Entwicklung neuer Technologien beim Fremdsprachenlernen einnimmt. Die Welt verändert sich in unserem Jahrhundert sehr rasch und der Informationsverkehr im Internet spielt dabei eine große Rolle. Insbesondere durch das Internet werden die öffentlich verfügbaren Informationen immer vielfältiger. Unterschiedlichste Informationen können jederzeit erreicht und für das Lernen genutzt werden. Dass die Informationen so schnell und immer zur Verfügung stehen, bringt mit sich, dass lebenslanges Lernen in der sich schnell verändernden Welt im Zusammenhang mit der persönlichen Entwicklung wichtig ist. Das Prinzip „lebenslanges Lernen“ gilt auch für das Fremdsprachenlernen, da die Mehrsprachigkeit heute als eine sehr wichtige Qualifikation gesehen wird. Zudem spielt auch die Steigerung der internationalen Mobilität der Menschen eine zentrale Rolle. Die Erwartungen an die Sprachlernenden sind deutlich gestiegen, sie sollen neue Erkenntnisse über die Sprache entwickeln und über aktuelle Themen kommunizieren können.

Diese Entwicklung ist auch im universitären Bereich festzustellen, da das Studium von den Studierenden, die aus verschiedenen Ländern kommen, sprachliche und organisatorische Kompetenzen erfordert. Die Sprache ist das wichtigste Element beim Schreiben, beim Hören in Seminaren, beim Sprechen und natürlich auch beim Lesen. Darüber hinaus benötigen die internationalen Studierenden diese Kompetenzen auch im alltags- und im beruflichen Leben.

Im Gegensatz zu dem Schul- und Universitätssystem in Deutschland werden in vielen anderen Ländern der Welt die Demokratie und die Entscheidungsfreiheit der Studierenden für ihr eigenes Lernen im Rahmen der Lehre an Schulen oder an Universitäten nicht entwickelt oder gefördert. Aus diesem Grund können sich erhebliche Schwierigkeiten bzw. Unsicherheiten für die internationalen Studierenden ergeben, da die Studierenden nicht wissen, wie sie selbstständig mit den sprachlich anspruchsvollen wissenschaftlichen Arbeiten und den unbekannten Studienregelungen zu Recht kommen können. Deshalb wird in deutschen Studienkollegs vor allem Wert darauf gelegt, dass die Lernenden ihre Fähigkeiten des Verstehens und des Produzierens von Sprache, auch in den wissenschaftlichen Bereichen verbessern. Jedoch wird die Bewusstmachung der eigenen Lernprozesse dabei leider nicht berücksichtigt. Die Lehrenden sollten daher die Bedingungen der internationalen Studierenden sensibler wahrnehmen, deren Einfluss stärker berücksichtigen und die vorhandenen und gewöhnlichen Methoden und Lerninhalte entsprechend verändern. Sie sollten verstehen, dass die Lernenden ganz verschiedene Lernerfahrungen aus ihren Ländern mitbringen. In diesem Sinne sollte der Lehrende die Lernenden im Studienkolleg näher kennenlernen. Außerdem soll er bezüglich der anzuwendenden Lernverfahren offen sein und unterschiedliche Möglichkeiten anbieten. Mit anderen Worten sollen die Bereiche des Fremdsprachenunterrichts für die Lernenden transparent sein. Zum Beispiel sollen die Lernziele den Lernenden bewusst gemacht werden. Die von einer übergeordneten Instanz aufgestellten Lehrpläne sollten von den Lehrenden so frei ausgestaltet werden können, dass es im Studienkolleg mit internationalen Studierenden möglich ist, deren verschiedenen persönlichen Hintergründe und Lernerfahrungen zu berücksichtigen.

Um eine mögliche Lösung zu den oben beschriebenen Problemen zu finden, befasst sich die vorliegende Arbeit mit der autonomiefördernden Funktion einer Projektarbeit mit Podcasts für DaF/Z Lernende des Studienkollegs an der Universität Kassel. Das Ziel ist es zu erkunden, wie ein geeignetes Podcast-Projekt für diese Lerngruppe konzipiert werden kann. Daher lautet die übergeordnete Forschungsfrage der Masterarbeit:

„Auf welche Weise können Podcast-Projekte zur Förderung des selbstgesteuerten Lernens im DaF/Z-Unterricht beitragen?“

Im Internet finden sich zahlreiche Beispiele für Podcasts, die den Nutzern eine Möglichkeit bieten, eine oder mehrere Sprachen zu lernen. Die Nutzung digitaler und durch das Internet gestützter Medien leistet nicht nur einen Beitrag für das Lernen selbst, sondern auch für die selbstverantwortliche und kooperative Arbeit im fremdsprachlichen Unterricht. Auch im DaF/Z Unterricht können Lernende Podcasts einsetzen, um in bewusster Auseinandersetzung mit diesen ihren Lernprozess selbst zu gestalten.

Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert und folgenderweise aufgebaut:

Im ersten Kapitel werden die wichtigsten thematischen Begriffe wie Podcasts, selbstgesteuertes Lernen und Projektunterricht definiert und deren Relevanz für die Arbeit aufgezeigt.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Notwendigkeit der Veränderung des traditionellen Fremdsprachenunterrichts. Zunächst wird die historische Entwicklung des selbstgesteuerten Lernens dargestellt und dessen Relevanz in Bezug auf seine Bezugswissenschaften erörtert. Hierbei erfolgt eine Kritik an den in instruktivistischen Ansätzen, die im Mittelpunkt des traditionellen fremdsprachlichen Unterrichts stehen. In einem weiteren Abschnitt wird die Begründung angeführt, warum das selbstgesteuerte Lernen im DaF/Z-Unterricht des Studienkollegs eingesetzt werden soll. Danach werden die zentralen Prinzipien des traditionellen Fremdsprachenunterrichts in Frage gestellt und anhand von Kriterien des selbstgesteuerten Fremdsprachenunterrichts alternative Ansätze aufgezeigt. Im nächsten Schritt wird die praktische Anwendung des selbstgesteuerten Lernens und die damit einhergehenden Veränderungen für die Lehrer- und Lernerrolle sowie für die metakognitiven Aktivitäten der Lernenden diskutiert. Hierbei werden auch mögliche Probleme thematisiert, die in verschiedenen Bereichen des Unterrichts auftauchen können und in der Literatur gefundene Lösungen vorgeschlagen.

Im dritten Kapitel werden die positiven Auswirkungen der Podcasts auf das selbstgesteuerte Lernen erörtert. Zunächst werden die Podcasts in Bezug auf ihren Beitrag für die alltägliche Sprachanwendung anhand von Beispielen aus dem Internet dargestellt. Danach wird der Frage nachgegangen, inwiefern Podcasts geeignete Lernmittel sind, um die verschiedenen Sprachfertigkeiten zu üben. Hierbei wird betont, dass die Sprachfertigkeiten nicht voneinander getrennt, sondern in Kombination geübt werden sollen Im nächsten Schritt erfolgt eine Veranschaulichung der Vorteile der Podcasts in der Projektarbeit in Bezug auf ihre kommunikative und kooperative Funktion. Nachfolgend werden Projektbeispiele, die von verschiedenen Lerngruppen als Endprodukte hergestellt und im Internet hochgeladen wurden, beschrieben und diskutiert.

Das vierte Kapitel beginnt mit einem Entwurf eines Podcast- Projektes, das für eine ausgewählte Lerngruppe im Studienkolleg der Universität Kassel konzipiert wurde. Um das Projekt möglichst zielgenau auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Teilnehmer anpassen zu können, erfolgte im Vorfeld eine schriftliche Befragung zu ihren Vorkenntnissen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Befragung wird zunächst die Lerngruppe des Studienkollegs beschrieben. Die Ergebnisse der Befragung geben die Vorerfahrungen der Lernenden zum Fremdsprachenlernen wieder, die sie in unterschiedlichen Bereichen im Fremdsprachenunterricht gesammelt haben. Im nächsten Schritt wird das Podcast-Projekt entworfen, das sich in fünf Phasen unterteilt. Die erste Phase beschäftigt sich mit Vorübungen, deren Ziel die Vorbereitung der Lernenden auf die selbstgesteuerten Lernformen und auf die Arbeit mit Podcasts ist. Hierzu werden unterschiedliche Übungen vorgestellt, die metakognitive Aktivitäten und Aufgaben mithilfe von alltagssprachlichen Podcasts zur Förderung der Sprachfertigkeiten enthalten. Die nächste Phase widmet sich den Arbeitsblättern, die in allen Phasen des Unterrichts - von der Themenfindung bis zur Evaluation - als Hilfestellungen zur Verfügung stehen. Abschließend erfolgt eine Begründung des Unterrichtskonzepts, welche die theoretischen Grundlagen des selbstgesteuerten Lernens und die Lernerfahrungen der Lernenden als Basis verbindet und darauf aufbauend praktische Umsetzungsstrategien vorschlägt. Hier wird der ganze Prozess des Podcast-Projekts in Bezug auf seine Effektivität für die Lernenden im Studienkolleg der Universität Kassel interpretiert und begründet.

Die Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und die Antwort auf die Fragestellung bilden das Fazit dieser Arbeit.

1 Begriffserklärungen

1.1 Podcasts

Anfang des 21. Jahrhunderts hat sich eine neue mediale Ausdrucksweise entwickelt, mit der Menschen eine Gelegenheit ergriffen, ihre individuellen Welten und Interessen im Internet zu veröffentlichen. Diese Reihe von Medienbeiträgen hieß Podcasting. Das Wort Podcasting setzt sich zusammen aus dem am meisten verbreiteten MP3-Player Apple iPod und dem englischen Begriff Broadcasting (vgl. Betterman 2004: 1). Es bezeichnet eine Serie von Audio- oder Videosequenzen zu einem bestimmten Thema, die man im Internet ansehen, oder anhören oder auch anbieten kann. Die Dateien liegen meistens im MP3- oder MP4-Format vor. Sie können entweder manuell heruntergeladen oder mithilfe eines RSS-Feeds (Really Simple Syndication) automatisch bezogen werden. RSS-Feeds ermöglichen eine Vorschau auf abonnierte Podcasts. Sie stellen dem Abnehmer Überschriften oder Textanfänge übersichtlich zur Verfügung, um die gewünschten Beiträge bevorzugen zu können (vgl. Kluckhohn 2009: 7).

Podcasting hat im Fremdsprachenunterricht einen Platz als ein nützliches Medium eingenommen. Im Internet bieten unterschiedliche Produzenten zum Sprachlernen Podcasts an: „Diese unterscheiden sich nicht nur nach ihrer sprachlichen Herkunft, sondern für die Qualität ihrer Produkte wesentlicher in ihrer Professionalität bzw. in ihrer Produktionsmotivation“ (Mitschian 2010: 38). Bei der Herstellung professioneller Podcasts wird speziell darauf geachtet, wie die Lernenden damit umgehen. Es finden sich authentische, adaptierte und methodisierte Podcasts, die zumeist von Deutsch-Muttersprachlern aufgenommen werden und gelegentlich Übungen zu den entsprechenden Lerninhalten anbieten (vgl. Mitschian 2010: 37). Die verschiedenen Arten der Podcasts lassen sich wie folgt definieren:

„Zur Strukturierung bietet sich weiterhin die Differenzierung nach authentischen und nach didaktisierten, also adaptierten oder methodisierten Lernmedien an. Adaptiert bedeutet in diesem Kontext, dass das sprachliche Ausgangsmaterial für den Zweck des Lernens einer Fremdsprache produziert oder zumindest verändert wurde, wobei schon Verkürzungen, vereinzelte Vereinfachungen oder die Ausstattung mit erklärenden Zusätzen für die Einstufung als adaptiertes Lernmedium ausreicht. Als methodisiert gilt Lernmaterial immer dann, wenn mehr oder weniger verbindlich angegeben wird, wie Lernende damit umzugehen haben, wenn es also mit bestimmten Lernverfahren oder Lehrmethoden verknüpft wird. Wie üblich existieren in den Übergangsbereichen dieser Gruppierung Grauzonen, die jedoch eine generelle Einteilung und damit Strukturierung nicht verhindern.“ (Mitschian 2010: 37)

Diese Kategorisierung hilft in dem Sinne zu der Entscheidung, wie im fremdsprachlichen Unterricht mit den verschiedenen Podcasts umgegangen werden soll. In dieser Arbeit wird Podcasting in seiner speziellen Funktion als Lernmittel im selbstgesteuerten Lernprozess behandelt.

1.2 Selbstgesteuertes Lernen/Lernerautonomie

In der Literatur sind alternative Wörter zum selbstgesteuerten Lernen zu finden, wie „selbstorganisiertes Lernen“, „selbstbestimmtes Lernen“ und „Lernerautonomie“. Das Wort „Selbststeuerung“ stammt aus dem Englischen „self-direction“ und deren Definition ist als „[…] als mehrdimensionalem und vielfältigem Begriff der Definition von Lernerautonomie in der Fremdsprachenforschung sehr ähnlich“ (Tassinari 2010: 49). Darüber hinaus werden selbstgesteuertes Lernen und autonomes Lernen im alltäglichen Sprachgebrauch und in der Literatur meistens synonym verwendet (vgl. Schmitt 2005: 2).

In den 1960 er-Jahren wurde selbstgesteuertes Lernen mit einem technizistischen Verständnis assoziiert, nämlich in dem Sinne, dass die Lernenden mit vorher bestimmten und stark strukturierten Materialien Sprachen lernten (vgl. Wolff 2003: 322). Mit anderen Worten bedeutete selbstgesteuertes Lernen die selbstständige Auseinandersetzung der Lernenden mit Lernmaterialien, die unabhängig von der Lehrperson verwendet wurden. Holec (vgl. 1981: 3) definierte ebenso Lernerautonomie als die Fähigkeit, dass der Lernende verantwortlich für die Gestaltung seiner Lernziele, Lerninhalte und Lerntechniken ist, und er seine eigenen Lernprozesse und Lernergebnisse selbst bewerten kann.

Neben der Selbstverantwortung des Lernens stellt die Entwicklung des Bewusstseins über seinen Prozess auch einen relevanten Bestandteil bei der Lernerautonomie dar. Wolff (1994: 555) weist in seiner Definition sowohl auf inhaltliches als auch auf metakognitives Wissen der Lernenden hin: „Lernerautonomie ist ein Entwicklungsprozess, in dem sich Wissen über den Lerngegenstand und über den Prozess nebeneinander und aufeinander bezogen entwickelt.“ Diese Definition deutet darauf hin, wie relevant die Miteinbeziehung der Lernschritte und der Reflexion zu den eigenen Lernprozessen für selbstgesteuertes Lernen ist.

In dieser Arbeit werden die beiden Begriffe des selbstgesteuerten Lernens und der Lernerautonomie synonym verwendet und die Ansätze von Holec und Wolff als Ausgangspunkt genommen. In diesen Ansätzen werden Prozessorientierung und metakognitive Steuerung des Lernens thematisiert. Diese bilden wichtige Komponenten im Zusammenhang mit dem Projektunterricht, da es im Projektunterricht um selbsterstellte Podcasts geht und es wichtig ist zu wissen, wie sich die Lernenden mit selbstgesteuerten Lernformen auseinandersetzen.

1.3 Projektunterricht

Der Begriff Projektunterricht lässt sich als methodisches Konzept bezeichnen, in dem die verschiedenen Phasen - anders als im traditionellen Unterricht - von den Lernenden selbst gesteuert werden: „Die Projektbewegung kam in den 60-er Jahren im Zuge der Theorie-Praxis-Diskussion durch die Studentenbewegungen in den Vordergrund“ (Konrad/Silke 2011: 126). Im Fremdsprachenunterricht hat Projektarbeit auch ihren Platz gefunden. „Für das Lehren und Lernen fremder Sprachen gewinnt der Projektunterricht im Zusammenhang der kommunikativen Wende der frühen 80er- Jahre an Bedeutung“ (Legutke 2003: 260). Im Laufe der Zeit hat sich der Begriff weiterentwickelt und entfaltet:

„Projektunterricht ist eine prozess- und produktorientierte, offene Unterrichtsform, die im Gegensatz zum Frontalunterricht versucht, ganzheitliche, selbstbestimmte, wissensvernetzte und handlungsorientierte Ansätze zu verfolgen und umzusetzen und die Kreativität der Lernenden abzurufen und zu entwickeln“ (Pennauer 2010: 264).

In dieser Arbeit wird der Projektunterricht erörtert, da die Eigenschaften des Projektunterrichts Ähnlichkeiten und Verknüpfungsmöglichkeiten mit den Prinzipien des selbstgesteuerten Lernens und mit der Arbeit mit Podcasts aufweisen.

2 Selbstgesteuertes Lernen im Fremdsprachenunterricht

Die ersten Vorstellungen der Selbstständigkeit von Lernenden tauchten schon im siebzehnten Jahrhundert bei Johann Amos Comenius auf, der vornehmlich auf die wechselnde Rolle der Lernenden und Lehrenden hinwies: „Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler aber dennoch mehr lernen[…]“ (Dietrich, 1998: 49). Es ging darum zwangsfreies Lernen in Schulen anzubieten. In der heutigen Zeit stellt selbstgesteuertes Lernen in der Reformpädagogik, nämlich in der Waldorf-, Montessori- und Freinetpädagogik selbstgesteuertes Lernen einen wichtigen Bestandteil dar. In diesen didaktischen Konzepten spielen das Übernehmen der Verantwortung des Lernens und die Entwicklung der Fähigkeit zur Demokratie in Schulen und in der Gesellschaft eine zentrale Rolle. Obwohl Lernerautonomie eher als pädagogisches statt fremdsprachliches Konzept aufgefasst wird, sollte man berücksichtigen, dass sie in der Theorie und Praxis der Fremdsprachendidaktik wesentlich weiter entwickelt wurde (vgl. Wolff 2002: 7). In Deutschland wurde Lernerautonomie bis in die letzten 1980-er Jahre kaum rezipiert, wobei sie in Dänemark, Finnland, Irland und den Niederlanden als wichtig wahrgenommen und theoretisch und praktisch unterstützt wurde (vgl. Wolff 2002: 8). Die Fragen, warum selbstgesteuertes Lernen wichtig ist und wie die Lernverantwortung übergeben wird, bilden den nächsten Schritt ab.

2.1 Relevanz des selbstgesteuerten Lernens im Fremdsprachenunterricht

Die Fremdsprachendidaktik wurde von ihren Bezugswissenschaften wie Linguistik, Psychologie und Pädagogik beeinflusst. Diese Disziplinen führten zu neuen fremdsprachendidaktischen Modellen, die jedes Mal verändert wurden, wie die Grammatik-Übersetzungsmethode, die direkte Methode oder die kommunikative Didaktik. Im Gegensatz zu dieser Entwicklung, d.h. von einer neuen Theorie, zu einer neuen Praxis, wird Fremdsprachenunterricht in den letzten zwanzig Jahren von einer Bewegung beeinflusst, die zunächst in der Unterrichtspraxis begann und ihre pädagogische Absicherung durch Disziplinen findet (vgl. Wolff 2002: 7). Dieses Verfahren zeigt, dass die Anwendung von selbstgesteuerten Lernformen aus einem Bedürfnis nach neueren Methoden entstanden ist, weil die Vorhandenen schwache Ergebnisse hatten: „Die Idee, im Fremdsprachenunterricht stärker auf den selbstständigen Lerner zu setzen, entstand aus der Unzufriedenheit vieler Lehrender vor allem in den skandinavischen Ländern mit den methodischen Ansätzen des traditionellen Unterrichts“ (Wolff 2007: 11). Im traditionellen Unterricht werden die Lernenden als passive Empfänger behandelt, während der Lehrende in der führenden Rolle ist, die Lernprozesse der Lernenden zu planen, zu kontrollieren und zu bewerten. Daraus resultierend erfordert das Lernen aus traditioneller Sicht keine Selbstverantwortung und auch keine Reflektion über die eigenen Lernprozesse. Die Lerninhalte werden von den Lehrenden vermittelt und es wird erwartet, dass alle Lernenden in gleicher Weise die Informationen aufnehmen. Darüber hinaus wird das Lerntempo im lehrerorientierten Unterricht an einem angenommenen Durchschnitt ausgerichtet. Da hierbei die individuellen Lernprozesse außer Betracht gelassen werden, führt dies bei einigen Lernenden zu im Tempo verzerrten Lernprozessen bzw. zu Lernstörungen (vgl. Konrad/Traub 2011:19). Mit anderen Worten: Obwohl jedes Individuum ein anderes Lerntempo hat, wird im traditionellen Unterricht von den Lernenden erwartet, dass alle innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne die von der Lehrperson bestimmten Lernformen verwenden und erfolgreich lernen. Realistisch beobachtet, ist es jedoch keine effektive Annäherung, weil hier die Unterschiede der Lernenden nicht berücksichtigt werden. In einem selbstgesteuerten Unterricht dagegen werden verschiedene Lernformen angeboten, weil jedes Individuum andere Fähigkeiten, Kenntnisse oder Interessen besitzen kann.

Nach der kognitiven Psychologie, die eine der theoretischen Grundlage des autonomen Lernens ist, lernt jeder Lernende anders, weil die Informationen aus der Umwelt von jedem Individuum anders wahrgenommen und konstruiert werden: „Bei der Verarbeitung der Lerninhalte, knüpft jeder Lernende an sein eigenes subjektives Wissen an; er kann deshalb auch nur solche Lerninhalte verarbeiten, die er zu seinem bisherigen Wissen in Verbindung setzen kann“(Wolff 2010: 323). Wenn das Lernen subjektiv ist und das bereits gespeicherte Wissen der Lernenden beim Lernen von neuen Informationen eine essentielle Rolle spielt, dann ist das Anbieten der autonomen Lernformen, bzw. der Lernstrategien im Fremdsprachenunterricht unverzichtbar. In Bezug auf die Erkenntnis, dass „die Informationen aus der Umwelt nicht abbildhaft in den menschlichen Geist eingehen“ (Wolff 2010: 324) gehen konstruktivistische Ansätze davon aus, dass das Lernen nur dann erfolgreich ist, wenn es ein aktiver Prozess ist und von den Lernenden selbst kontrolliert wird. Die Lerninhalte können nur durch aktive Konstruktion des Wissens gelernt werden. Das Lernen wird nur erfolgen und erfolgreich, wenn die Lernenden in ihre Lernprozesse einbezogen werden.

In den Neurowissenschaften wird das Lernen auch als ein autonomer Prozess beobachtet. Die Theorie geht davon aus, dass das Lernen dadurch entsteht, dass verschiedene Arten von Informationen an unterschiedlichen Orten des Gehirns verarbeitet werden. Dieses Geschehen wird mit konnektionistischen Modellen erklärt, die das Lernen als selbstorganisierten Prozess modellieren (vgl. Wolff 2003: 324). Laut diesen Modellen steht jedes Neuron im Gehirn mit anderen Milliarden von Nervenzellen in Verbindung. Diese Nervenzellen, die an verschiedenen Stellen des Gehirns aktiv sind, werden zur gleichen Zeit zur Verarbeitung der Informationen genutzt und sie sind mit einander verknüpft: „Die Aktivitäten des Gehirns zeichnen sich also durch ein hohes Maß an Interkonnektivität der Teile seines Wissens und durch die Interdependenz seiner inkrementell [d. h. zeitlich parallel] verlaufenden Verarbeitungsprozesse aus“ (Multhaup 1995: 219). Wie das neue Wissen im Gehirn akzeptiert ist und wie die Verbindungen zwischen Nervenzellen im Gehirn entstehen, wird von McClelland und Rumelhart (1985 zitiert nach Wolff 2003: 324) erklärt: „Wenn das Gehirn arbeitet, wird eine Vielzahl von Neuronen aktiviert, die Signale an andere Neuronen senden“. Man kann daraus schließen, dass jede Person verschiedene Wahrnehmungsmuster in ihrem Gehirn hat. Wenn jedes Individuum anders lernt und das Lernen zwischen unterschiedlichen Netzwerken von Populationen der Nervenzellen im Gehirn entsteht, werden unterschiedliche Aktivitäten im Unterricht benötigt bzw. das Lernen soll mit verschiedenen Kanälen soll zustande kommen. Das selbstgesteuerte Lernen erfordert Lernangebote, indem die das Prinzip der Vielfältigkeit im Fremdsprachenunterricht beachten.

Die wichtige Rolle der Bezugwissenschaften bei der Darstellung der Relevanz von selbstgesteuerten Lernformen im Fremdsprachenunterricht lässt sich mit folgender Aussage von Bleyhl (2002: 30) erklären: „Die Erkenntnisse in Linguistik, Kognitionswissenschaften, Spracherwerbs- und Gehirnforschung erzwingen notwendige Veränderungen in der fremdsprachendidaktischen und methodischen Theorie und Praxis.“ Aus diesen pädagogischen Grundlagen ergeben sich unterschiedliche Gründe, warum die selbstgesteuerten Lernformen wichtig einzusetzen sind. Im Folgenden wird dargestellt, an anhand welcher Kriterien das selbstgesteuerte Lernen im Studienkolleg an den Universitäten umgesetzt soll.

Selbstgesteuertes Lernen im DaF/Z Unterricht an Studienkollegs

In der letzten Zeit wird selbstgesteuertes Lernen auch beim Lernen der deutschen Sprache im universitären Bereich eingesetzt. Mit einer entsprechenden Hochschulzugangsberechtigung haben internationale Bewerber die Möglichkeit das Studienkolleg an der Universität Kassel zu besuchen. Die internationalen Bewerber, die eine Gelegenheit gewonnen haben, in deutschen Universitäten zu studieren, besuchen ein Jahr lang Studienkollegs um diese in ihrem zukünftigen Studium einzubringen (vgl. Aulbach: 2013: 1). In dieser Zeit ist das Ziel, dass die Lernenden ihre grundlegenden Fachkenntnisse entwickeln, sie in ihrem zukünftigen Studium anzupassen. Außerdem bedeutet diese Phase für sie eine neue Kultur kennen zu lernen und ihre Sprachkenntnisse für das Studium zu vertiefen.

„Weil die Sprache im Studium eine zentrale Rolle spielt, lernen die Lernenden in dieser Zeit intensiv Deutsch. Die Kurse an den Studienkollegs unterscheiden sich dabei nicht von den entsprechenden Sprachkursen an den Lehrgebieten DaF. Jedoch durch die Teilnahme an einem bestimmten Kurstyp werden die Studierenden an den Studienkollegs relativ früh in die Fachsprache eingeführt und mit sprachlichen und methodischen Problemen ihres Studiums konfrontiert“ (Michalak 2007: 81)

Um dieses Problem während des Studiums zu bewältigen, werden an vielen Hochschulen persönliche Beratungen angeboten, die kulturspezifisch und studienspezifisch angelegt sind (Mehlkorn 2009: 8). Neben dem Erwerb von wissenschaftlichen Fähigkeiten und Sprachkompetenzen sind Strategien und Methoden zum Lernen nützlich, die sie beim Studium begleiten. Diese werden nicht nur in dieser Phase Studiums wichtig sein, sondern auch das lebenslange Lernen positiv beeinflussen (vgl. Mehlhorn 2009: 8). Außerdem soll berücksichtigt werden, dass selbstgesteuertes Lernen angesichts der sich rasch verändernden Welt einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung der Persönlichkeit auch für das Berufsleben leisten kann:

Autonomes Lernen gewährleistet nicht nur eine lernerorientierte und nachhaltige Aufnahme der Lerninhalte (s.u.), sondern entwickelt, bzw. verstärkt auch mit der Autonomie zusammenhängende persönlichkeitsmerkmale, wie z.B. Selbstbestimmung, Selbständigkeit, Kritikfähigkeit und Entscheidungsfreudigkeit, die in unserer sich stets verändernden und dynamischen Arbeitswelt grundlegende Kompetenzen darstellen.“ (Lobato Fraile 2006: 192 zitiert nach Hermann/Siebold 2012: 639).

Daraus zeigt sich ein anderer Grund, warum selbstgesteuerte Lernformen im Studienkolleg eingesetzt werden sollen: Die Lernenden sollen sowohl auf das Studium als auch auf das Berufsleben vorbereitet werden. Die Lernenden sollen in der Lage sein, die einmal erworbenen Kompetenzen immer wieder an neue Situationen und Bedingungen anzupassen. Zur Bewältigung des ständig wachsenden Umfangs und der Veränderungsgeschwindigkeit von erforderlichem Wissen spielen lernmethodische Kompetenzen und Sozialkompetenzen - zum Beispiel bei dem Umgang mit Risiko und Unsicherheit - eine wichtige Rolle (vgl. Dietrich 2001: 72). Durch lernerorientierte Unterrichtsformen ist es möglich, im Studienkolleg eine Einführung zur Entwicklung der eben genannten Kompetenzen zu schaffen.

Neben der Orientierung im Studium und der Thematisierung des lebenslangen Lernens kommt die kulturelle Vielfalt der Studenten aus verschiedenen Ländern ihnen ohne Zweifel zugute, weil sich interkulturelle Erfahrungen in zukünftigen Berufstätigkeiten auch als ein Vorteil erweisen. Die verschiedenen Lerngewohnheiten können jedoch im Studium wegen kulturellen Unterschieden in Bezug auf die Arbeitsweisen zu Problemen führen (vgl. Xian/Yi 2011: 5). Zum Beispiel in Ländern, in denen Lernkonzepte in Schulen oder Hochschulen stark lehrerorientiert sind, sind die Lernenden nicht in der Lage selbstständig und unabhängig von den Lehrenden im Unterricht zu handeln. Alle Aufgaben werden von dem Lehrenden bestimmt und sind nicht kritisierbar. Aus diesem Grund werden die Lernenden später mit Schwierigkeiten in Bezug auf selbstgesteuertes wissenschaftliches Arbeiten konfrontiert (vgl. Mehlhorn 2009: 9). Die Forschungen zeigen, dass viele internationale Studierende wegen solcher Unsicherheiten den gewünschten Erfolg ihrem Studium nicht erlangen können weil sie sich nicht in die Studienabfolge integrieren können (vgl. Xian/Yi 2011: 5). Die Studenten in deutschen Hochschulen sind in den meisten Fällen in der Lage, frei die Richtung auszuwählen, in der sie arbeiten wollen, wie zum Beispiel bei der Themenwahl der Hausarbeiten. Wie schon erwähnt, ist diese Situation ganz fremd für diejenigen, in deren Herkunftskulturen, die Kommunikation in Hochschulen autoritätsbezogen ist. Dass die internationalen Studierenden wie die Deutschen behandelt und bewertet werden, wird von Xian und Yi (vgl. 2011: 5) als ungerecht bezeichnet, weil sie sich ohne Informationskanäle auf den neuen Umgang in Bezug auf studentische Aktivitäten nicht identifizieren können. Die Lernenden sollten in diesem Zusammenhang in der Vorbereitungsphase bzw. im Studienkolleg ermutigt werden, ihr Lernen selbst zu steuern. Demmig (vgl. 2010: 31) behauptet, dass die Erkennung der Unterschiede der einzelnen Lernenden in einer heterogenen Gruppe und das Vornehmen geeigneter Differenzierungsformen - zum Beispiel durch Projektunterricht, Freie Arbeit usw.- den Lernenden neue Möglichkeiten bei gleichzeitiger Berücksichtigung differenzierter Faktoren einräumt. Wie zuvor erwähnt, sind viele differenzierte Faktoren bzw. individuelle Tendenzen im Unterricht zu berücksichtigen, wenn die Teilnehmer von Studienkollegs aus verschiedenen Ländern kommen und demzufolge verschiedene Lerngewohnheiten haben. Dies erfordert bei allen Lernenden eine Toleranz gegenüber diesen Unterschieden. Aus diesem Grund soll das Lernen nicht lehrerzentriert durchgeführt werden, sondern es soll aus differenzierte Lernformen bestehen, in denen die individuellen Bedürfnisse und Kenntnisse der Lernenden eine wichtige Rolle spielen (vgl. Demmig 2010: 31). Durch solche Lernkonzepte, die das selbstgesteuerte Lernen beinhalten, öffnen die Lernenden eine Tür für das lebenslange Lernen. Wie diese Veränderung im Fremdsprachenunterricht praktisch umgesetzt werden kann, wird im folgenden Abschnitt dargelegt.

2.2 Prinzipien des selbstgesteuerten fremdsprachlichen Unterrichts

Im vorherigen Unterkapitel wurde die Notwendigkeit der Lernerautonomie im fremdsprachlichen Unterricht begründet, in dem deren Relation mit ihren Bezugswissenschaften diskutiert und ihre Relevanz im universitären Bereich thematisiert wurde. Wie in dieser Arbeit öfters erörtert wird, ist das Lernen an sich ein autonomer Prozess und erfordert stärker lernerorientierte Prinzipien, als sie im traditionellen Unterricht eingesetzt werden, in dem den Lernenden kein freier Raum angeboten wird, um das Wissen personalisieren zu können. Um diesen Ansatz zu verändern, müssen die zentralen Kategorien fremdsprachlichen Handelns anders interpretiert werden als es im traditionellen Unterricht geschieht (vgl. Wolff 2002: 9). Um die Prinzipien der Autonomie im fremdsprachlichen Unterricht einzusetzen, wird davon ausgegangen, sie zu konstruktivistischen Ansätzen zu verwandeln. Nach Wolff (vgl. 2002: 9) sind die zu verändernden Kategorien die Lerninhalte, Lernziele, Lernstrategien, Sozialformen und Evaluation. Im Folgenden werden diese Prinzipien in Bezug auf den selbstgesteuerten Fremdsprachenunterricht dargestellt und diskutiert.

Lerninhalte

Im Gegensatz zum traditionellen Unterricht, steht das Lehrwerk im autonomen Fremdsprachenunterricht nicht im Mittelpunkt. Es ist jedoch behilflich bei der Gestaltung des Unterrichts. Das Lehrwerk wird als Angebot verstanden, das gleichzeitig an die Lernenden, die Vorstellungen des Lehrendes, den eventuell existierenden Lehrplan, und die konkrete Lehrsituation angepasst werden kann (vgl. Bimmel/Kast/Neuner 2003: 14). Neben dem Beitrag von Lehrwerken bilden authentische Materialien die wichtigsten Bestandteile im autonomen Fremdsprachenunterricht (vgl. Wolff 2002: 10). Beispielsweise sind dies originale Texte wie Zeitungen und Bücher oder Videos und Audioaufnahmen. Sie können von den Lernenden selbst in den Unterricht mitgebracht werden, um die Motivation zu erhöhen.

Die authentischen Materialien werden als Rohmaterialien bezeichnet, die von Muttersprachlern für Muttersprachler nicht mit dem Ziel des Sprachlernens erstellt und verfasst wurden. In den authentischen Materialien begegnen die Lernenden daher im Alltag verwendeten sprachlichen Anwendungen. Dies leistet einen Beitrag zur Förderung der Produktivität der Lernenden, weil diese Materialien wahre Ausschnitte von alltäglichen Kommunikationen beinhalten.

Die Grammatiken und Wörterbücher werden als Inhaltsmaterialien einbezogen, die Informationen über Lexik und Strukturen geben (vgl. Wolff 2003: 325). Die Materialien sollen für alle Lernenden erreichbar sein, damit die Lernenden ihre eigene Initiative ergreifen: „Gruppenarbeit wird unterstützt durch die Bereitstellung von Materialien, die für die Lernenden immer zur Verfügung stehen“ (Wolff 1998: 1). Die Lernenden sind dann in der Lage die nach ihren Lernzielen passenden Lernmaterialien auszuwählen.

Lernziele

Das Ziel des Unterrichts ist eine Veränderung bei den Lernenden zu schaffen. Es wird noch erwartet, dass die Lernenden nach dem Unterricht etwas wissen und können, was sie vorher nicht wussten und konnten, und dass sie ihre Haltungen gegenüber dem neuen Wissen ändern (vgl. Bimmel/Kast/Neuner 2003: 32). In diesem Zusammenhang ist hilfreich, dass die Lernenden ihre eigenen Lernprozesse im Licht einer Beurteilung des neuen Wissens beobachten und evaluieren. Dieses Thema wird unter dem Stichpunkt „Evaluation“ an späterer Stelle noch ausführlicher behandelt.

Wie vorher grundlegend erörtert wurde, ist wichtig dass die Lernenden ihr Vorwissen bzw. ihre Lernerfahrungen in den Unterricht einbringen (siehe 2.1). Die Aufgabe des Lehrendes liegt darin, den Lernenden bewusst zu machen, wie sie ihr vorhandenes Wissen bei der Planung berücksichtigen und mit neuem Wissen verknüpfen können. Dieses Wissen der Lernende kann sich auf Lernstrategien, Sprachwissen, Interessen, Weltwissen usw. beziehen. Wenn das bereits vorhandene Wissen von ihnen aktiviert wird, gehen sie bewusster mit der Planung und Setzung der Ziele um. Auf diese Weise werden die Lernziele jedes Unterrichts von Lernenden selbst definiert.

Das wichtigste Lernziel des autonomen Fremdsprachenunterrichts ist allerdings die Entwicklung der kommunikativen Kompetenz der Lernenden. Wolff (vgl. 2002: 10) hebt hervor, dass sich die kommunikative Kompetenz nicht nur auf das Sprach-und Hörverstehen bezieht, sondern auch auf Schreiben und Leseverstehen, denn beim Schreiben erstellen die Lernenden ebenso neue Produkte wie beim Sprechen. Um diese Fertigkeiten zu entwickeln gibt es verschiedene Lernstrategien, die das Lernen der Fremdsprachen effektiver machen.

Lernstrategien

Jedes Individuum hat ein unterschiedliches und strategisches Vorgehen bei der Verarbeitung neuer Informationen. Wie bereits thematisiert wurde, bringen Lernende dadurch ihre vorhandenen Lernweisen mit und zwar nicht nur unterrichtsbezogen, sondern auch bezogen auf ihr Weltwissen. Diese Lernerfahrungen können besonders behilflich sein, wenn sie ins Bewusstsein gebracht werden: „Lerner werden dadurch selbständiger, d.h. autonomer, dass sie ihre Fähigkeiten (weiter)entwickeln, die eigenen Lernwege zu erkennen, zu bewerten und effektiver zu gestalten“ (Tönshoff 2007: 333). Auf diese Weise verwenden die Lernenden vorhandene Strategien, d.h. er hat einen freien Raum, um sich freier auszudrücken.

Darüber hinaus benötigen die Lernenden beim Fremdsprachenlernen geeignete Lernstrategien mit dem Gelernten bewusster umzugehen und das Wissen leichter im Langzeitgedächtnis zu behalten und wieder abrufen zu können (vgl. Bimmel/Rampillon 2000: 66). Es finden sich zahlreiche Lernstrategien, die entweder direkt verwendbare Lerntechniken –zum Beispiel Bilder- verwenden oder indirekt, die Art und Weise des Lernens thematisierende Strategien –zum Beispiel Musik hören- beinhalten. In einem konstruktivistisch orientierten Fremdsprachenunterricht stehen Lernstrategien in Form von Katalogen zur Verfügung (vgl. Wolff 2002: 10). Die Lernenden sind dann in der Lage, die Lernstrategien auszuwählen, mit denen sie effektiv lernen können. Als Hilfestellung können in den Lerngruppen zunächst Tests gemacht werden, in denen die Lernenden erfahren, welche Lernertyp(en) sie sind (vgl. Rampillon 2000: 44). Auf diese Weise sind sie noch einen Schritt weiter, die zu ihnen passenden Lern- und Arbeitstechniken auszuwählen.

Sozialform

Die gewöhnlichste Sozialform im traditionellen Unterricht ist zweifellos der Frontalunterricht, in dem der Lehrenden das Unterrichtsgeschehen beherrscht. Die Kommunikation läuft über den Lehrenden, auch wenn die Lernenden ihre Meinungen zu den Stellungnahmen der anderen Lerner äußern wollen (vgl. Walter 2003: 251). Demzufolge hat die Lehrperson den höchsten Sprechanteil während des Unterrichts.

Wenn das wichtigste Ziel des autonomen Fremdsprachenunterrichts die kommunikative Kompetenz ist, kann man davon ausgehen, dass man als Lehrende auf die Sozialform Frontalunterricht möglichst verzichten soll. „Bei einer negativen Bewertung des Frontalunterrichts wird immer wieder darauf hingewiesen, dass bei dieser Lernform in erster Linie der Lehrende spricht und die Lernenden vorwiegend schweigen“ (Schwerdtfeger 2001: 14). Denn die Lernenden haben keine Möglichkeit miteinander in der Zielsprache zu sprechen bzw. ihr Sprachwissen auszutauschen. Darüber hinaus haben sie keinen Raum, um eigene Initiative im Unterricht zu ergreifen. „Da sprachliche und inhaltliche Impulse vom Lehrenden ausgehen, werden die Schüler bei der Entwicklung von Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit gehemmt“ (Walter, 2003: 251). Außerdem erscheinen die Frontalverfahren nicht effektiv, wenn sie in einer heterogenen Lernergruppe durchgeführt werden: „Die heterogenen Lernergruppen erfordern zwar die Binnendifferenzierung, was erst dann erreicht werden kann, wenn man mit anderen Sozialformen als nur mit dem Frontalunterricht arbeitet“ (Drazynska-Deja 1991: 51).

Gruppenarbeit ist die eigentliche Sozialform im autonomen Fremdsprachenunterricht (vgl. Wolff 2002: 11). Die Lernenden arbeiten in Kleingruppen kooperativ und haben dadurch eine Möglichkeit anderen Meinungen und Ansichten der anderen Lernenden zu begegnen und direkt darauf zu reagieren: „Der Lernende benötigt den Kontakt mit anderen, um seine Hypothesen über die Umwelt zu validieren, um Konsens über die Art und Weise, wie die Welt konstruiert ist, zu erzielen“ (Wolff 1994: 421). Sie sind verantwortlich für ihr eigenes Lernen und für die Aufgabenbewältigung in den Kleingruppen. Sie setzen Ziele, verteilen Aufgaben am Anfang eines Projektes oder einer Aufgabe und evaluieren einander zu bestimmten Zeitpunkten. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen werden der gesamten Gruppe präsentiert und dabei wird die Sprache dadurch in einer authentischen Form angewendet (vgl. Wolff 2003: 325).

Durch die Arbeit in einer Gruppe werden schwächere Lernende von Stärkeren unterstützt. Sie können untereinander Tipps austauschen, die sie wertvoll finden (vgl. Bimmel/Rampillon 2000: 93). Gruppenarbeit ist für die Lernenden eine günstige Sozialform, die im Plenum oder vor anderen Menschen zu sprechen Hemmungen haben. Auf diese Weise hat der Lernende weniger Anlass zu zögern, um Fehler zu vermeiden. Die Zielsprache wird in einer lockeren Atmosphäre gesprochen und selbstgesteuertes Lernen damit gefördert.

[...]

Fin de l'extrait de 72 pages

Résumé des informations

Titre
Podcasts zur Förderung selbstgesteuerten Lernens im Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Unterricht
Sous-titre
Entwicklung eines Modellprojekts zur Potenzialanalyse
Université
University of Kassel  (Deutsch als Fremd- und Zweitsprache)
Note
1,7
Auteur
Année
2013
Pages
72
N° de catalogue
V356066
ISBN (ebook)
9783668416505
ISBN (Livre)
9783668416512
Taille d'un fichier
2074 KB
Langue
allemand
Mots clés
Podcast, FÖRDERUNG SELBSTGESTEUERTEN LERNEN, DAF, DAF/Z, MODELLPROJEKTS ZUR POTENZIALANALYSE, Deutsch lernen, Deutsch unterricht
Citation du texte
Müge Baran Yilmaz (Auteur), 2013, Podcasts zur Förderung selbstgesteuerten Lernens im Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Unterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/356066

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