Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einführung
A) Legale Herrschaft und ihr Rechtverständnis
I. Der Herrschaftsbegriff bei Max Weber
1. Legale Herrschaft
2. Legale Herrschaft im Vergleich zur traditionellen Herrschaft
3. Legale Herrschaft im Vergleich zur charismatischen Herrschaft
II. Rechtsverständnis des Herrschaftsmodells
1. Antipositivismus
2. Rechtspositivismus
a) Gesetztes Recht
b) Wirksamkeit des Rechts
3. Interpretation des Rechtsverständnisses der legalen Herrschaft
III. Vergleich zu Luhmann
IV. Vergleich zu Kelsen
B) Begründung der Legitimitätsgeltung
I. Legitimitätsgeltung bei Weber – Moralphilosophische Begründung?
II. Begründung der Legitimitätsgeltung im Vergleich zu der bei Alexy
Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1. Alexy, Robert Begriff und Geltung des Rechts, Alber, 1992.
2. Dreier, Horst Naturrecht und Positivismus, In: Vom Rechte, das mit uns geboren ist, Hrsg.: Härle, Wilfried, Herder, 2007.
3. Düwell, Marcus Handbuch Ethik, Metzler, 2002.
4. Kelsen, Hans (RR) Reine Rechtslehre, 2. Auflage 1960, Nachdruck 2000, Verlag Österreich, 2000.
5. Kelsen, Hans (JP) Was ist juristischer Positivismus?, JZ 20 (1965), 465.
6. Loidolt, Sophie Einführung in die Rechtsphänomenologie, Mohr Siebeck, 2010.
7. Luhmann, Niklas (BR) Gesellschaftliche und politische Bedingungen des Rechtsstaats, In: Studien über Recht und Verwaltung, Heymann, 1967.
8. Luhmann, Niklas (LV) Legitimation durch Verfahren, Soziologische Texte, Band 66, Luchterhand, 1969.
9. Ott, Walter Der Rechtspositivismus: kritische Würdigung auf Grundlage eines juristischen Pragmatismus, Dunker & Humblot, 1976.
10. Röhl, Klaus F. Rechtssoziologie: Ein Lehrbuch, Heymanns, 1978
11. Ryffel, Hans Das Naturrecht, Lang, 1944.
12. Seelmann, Kurt Rechtsphilosophie, 3. Auflage, Beck, 2004.
13. Vierecke, Andreas/ Mayerhofer, Bernd/ Kohout, Franz dtv-Atlas Politik, Deutscher Taschenbuch Verlag, 2011.
14. Weber, Max (AW) Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 7. Auflage, Hrsg.: Winkelmann, Johannes, Mohr, 1988.
15. Weber, Max (WG) Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Auflage, Hrsg. Winkelmann, Johannes, Mohr, 1972
Einführung
Auf der Grundlage des zu erarbeitenden Rechtsverhältnisses der „legalen Herrschaft“ nach Max Weber[1] wird im Folgenden herausgearbeitet, welches Rechtsverständnis diesem Herrschaftsmodell zugrunde liegt. Im Besonderen wird hierbei auf die Begriffe Rechtspositivismus und Antipositivismus eingegangen, sowie Weber mit Autoren, welche seinem Rechtsverständnis nahestehen, verglichen.
Weiterhin soll erörtert werden, ob die Legitimitätsgeltung bei Weber auf moralphilosophisch rechtfertigbaren Gründen beruht, um Webers Modell abschließend mit einem Theorienmodell zu vergleichen, das eine (moral-)philosophische Begründung für unabdingbar hält.
A) Legale Herrschaft und ihr Rechtverständnis
Im folgenden Abschnitt soll zunächst dargestellt werden, wodurch legale Herrschaft nach Max Weber gekennzeichnet ist, um im Weiteren das Rechtsverständnis des Herrschaftsmodells herauszuarbeiten.
I. Der Herrschaftsbegriff bei Max Weber
Zunächst gilt es zu erarbeiten, was Weber unter dem Begriff der Herrschaft versteht. Nach Weber bedeutet Herrschaft „die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“.[2] Somit ist nicht schon jede Möglichkeit Macht auszuüben als Herrschaft im Sinne Webers zu qualifizieren, denn diese kann sich individuell aus verschiedensten Gründen ableiten.[3] Es ist unentbehrlich, dass der Befehlende zumindest für spezielle Befehle generell Gehorsam bei bestimmten Personen findet.[4] Ferner ist Herrschaft weder zwangsläufig an das Vorhandensein eines Verwaltungsstab, noch eines Verbandes geknüpft.[5] Herrschaft beruht ausschließlich darauf, dass ein Befehlender Gehorsam für seinen Befehl bei einem Empfänger findet.[6] Weber führt aus, dass Gehorsamkeit auf verschiedensten Motiven ruhen kann. Sie kann auf rein zweckrationaler Abwägung von Vorteilen und Nachteilen des Gehorchenden, auf der Gewöhnung an ein bestimmtes Verhalten, bis hin zu reiner Zuneigung zum Herrscher basieren.[7] Würde Herrschaft allerdings ausschließlich auf einer dieser Elemente beruhen, wäre diese mithin instabil, aus diesem Grund sucht jede Herrschaft nach Begründung ihrer Legitimität.[8] Der Glaube an die Legitimität der Herrschaft durch Herrscher und Beherrschte stützt die Herrschaft von innen heraus. Dies geht jedoch damit einher, dass es gravierende Konsequenzen hat, wenn dieser Legitimitätsglaube erschüttert wird oder gar verloren geht.[9] Max Weber definiert anhand der „Legitimitätsgründe“ drei reine Typen legitimer Herrschaft, welche allerdings in der Realität nie in ihrer Reinform auftreten. Es werden vielmehr unterschiedliche Faktoren in die tatsächliche „Legitimität“ von Herrschaft mit einbezogen werden. Ohne Weiteres ist nicht zu bestreiten, dass die Bedeutung der legalen Herrschaft in der Moderne immer mehr zugenommen hat, respektive weiterhin zunimmt.[10] Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass dieses Herrschaftsmodell, aufgrund der objektiven Chancen für jeden einzelnen, langfristig die größtmögliche Stabilität bietet.
1. Legale Herrschaft
Die erste Form legitimer Herrschaft, die Weber aufzeigt, ist die legale oder auch rationale Herrschaft, sie beruht auf „dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen“[11]. Letztlich beruht die legale Herrschaft darauf, dass beliebiges Recht gesetzt werden kann und die Bürger diesem gesetzten Recht Folge leisten.[12] Die legale Herrschaft ist in jeglichen Systemen, die ausschließlich auf diesem Grundsatz beruhen aufzufinden. Ein Angestellter gehorcht beispielsweise den Anweisungen seines Vorgesetzten aufgrund eines Arbeitsvertrages. Somit ist auch ein Unternehmen in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung ein Beispiel für legale Herrschaft. Zweifellos stellt die moderne politische Verwaltung das wohl griffigste Beispiel dar, weshalb die Merkmale der legalen Herrschaft im Folgenden anhand des modernen Staates dargelegt werden.[13]
Kennzeichen der legalen Herrschaft im Staat sind Behörden, in denen wiederum ausgebildete Beamte in einer hierarchischen Struktur regelgebunden arbeiten.[14] Hierbei ist festzustellen, dass bei der legalen Herrschaft nicht dem Vorgesetzen als Person, sondern lediglich der Anweisung, eben dessen zu der er Kraft der gesetzten Ordnung berechtigt ist und auf welcher sein Befehl beruht, gehorcht wird.[15] Der Vorgesetzte wird dadurch ermächtigt zu befehlen, weil er damit ebenfalls der Rechtsordnung Folge leistet und der ihm von ihr aufgetragenen Funktion nachkommt.[16] Stabilität wird, in der legalen Herrschaft, durch Amts- beziehungsweise Betriebsdisziplin der Mitglieder des Systems begründet. Die reine Form der legalen Herrschaft ist dem zu Folge streng zweckrational.[17]
Allerdings ist zu beachten, dass keine Herrschaft rein bürokratisch sein kann.[18] Auch primär legale Herrschaftsformen greifen, in der Realität, auf wertrationale Vorstellungen zurück, um ihre Stabilität zu erhöhen.[19] Die Spitze des Verbandes wird zumeist von einem „Monarchen“ beziehungsweise eines von den Bürgern gewählten Oberhauptes ausgefüllt. Dies ist jedoch ebenso wenig ausschlaggebend, wie der Aspekt, dass auch die Verwaltung zumeist nicht rein bürokratisch ist. Grundvoraussetzung ist, dass „die kontinuierliche Arbeit überwiegend und zunehmend auf den bürokratischen Kräften beruht“[20].
2. Legale Herrschaft im Vergleich zur traditionellen Herrschaft
Der zweite Herrschaftstypus den Max Weber herausarbeitet, ist die traditionelle Herrschaft. Traditionelle Herrschaft bedeutet, dass die Herrschaft ihre Legitimität auf lange bestehende Traditionen beziehungsweis Ordnungen stützt.[21] In einer traditionellen Herrschaft wird einer Person, einem sogenannten Herren, aufgrund der ihm durch die Tradition verliehenen heiligen Eigenwürde gehorcht.[22] Hierin liegt schon der erste wichtige Kontrast zum Typus der legalen Herrschaft, bei welcher nicht einer Person, sondern ausschließlich einer gesetzten Ordnung gehorcht wird. Charakteristisch für die Struktur des Herrschaftstypus der traditionellen Herrschaft ist, dass der Verwaltungsstab aus „Dienern“ besteht und die Gehorchenden „Untertanen“ oder „traditionelle Genossen“ sind.[23]
Die „Diener“ des Herrn, welche den Verwaltungsstab darstellen, werden, im Gegensatz zum Verfahren der Beamteneinstellung bei der legalen Herrschaft, nicht aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation als freie, unabhängige und objektive Mitglieder des Verwaltungsstabes ernannt. Vielmehr sind die Mitglieder des Verwaltungsstabes persönlich Abhängige, Verwandte, Freunde oder durch Treuebund verbundene Personen.[24] Es lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass die Mitglieder des Verwaltungsstabes in der traditionellen Herrschaft aufgrund subjektiver Präferenzen des Herrn ernannt werden. Ebenso entfällt die sachliche Eingrenzung der Zuständigkeitssphären der „Diener“. Diese ist ausschließlich von dem Belieben des jeweiligen Herrn abhängig.[25] Weiterhin gilt dies für die Chance der „Diener“, wichtigeren Rollen im Verwaltungsstab zugeteilt zu werden.[26]
[...]
[1] Weber: WG, S.124ff..
[2] Weber: WG, S. 28.
[3] Weber: WG, S. 122f..
[4] Weber: WG, S. 122f..
[5] Weber: AW, S. 475.
[6] Weber: AW, S. 475.
[7] Weber, WG, S. 122.
[8] Weber, WG, S. 122.
[9] Weber, WG, S. 123.
[10] Vierecke, S.69.
[11] Weber, WG, S.124.
[12] Weber, WG, S. 125.
[13] Weber, AW, S. 476.
[14] Weber, WG, S. 126.
[15] Weber, WG, S. 125f..
[16] Weber, AW, S. 480.
[17] Weber, WG, S. 124.
[18] Weber, AW, S. 477.
[19] Weber, WG, S. 124
[20] Weber, WG, S. 128.
[21] Weber, AW, S. 478.
[22] Weber, AW, S.478.
[23] Weber, WG, S. 130.
[24] Weber, AW, S. 478.
[25] Weber, WG, S. 132.
[26] Weber, AW, S. 478.