Doppelungen oder Spiegelungen als Prinzip der Narration


Trabajo Escrito, 2004

15 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Gliederung

1. Einleitung

2. Formale und inhaltliche Komposition des Engelhard
2.1. Spiegelungen als narratives Prinzip
2.2. Verschränkung und Steigerung als narratives Prinzip
2.3. Die zwei Bedeutungsebenen

3. Gleichheit und Differenz
3.1. Das Gleichheitsparadigma
3.2. Die Differenzkriterien
3.3. Minnehandlung und Aussatzerkrankung
3.4. 1. und 2. Freundschaftsprobe
3.5. Isolation und Integration

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit soll, entgegen dem Vorwurf, Konrads dichterischem Verfahren liege keine kompositorische Einheit zugrunde, dargestellt werden, dass sich durch eine konsequente Kette von Spiegelungen oder Doppelungen Zusammenhänge ergeben, die das Werk als Ganzes erscheinen lassen. Dabei soll in Konrads maere von hôhen triuwen neben verschiedenen Motiven vor allem der triuwe -Begriff exponiert werden. Weiterhin soll die Herausarbeitung der Kompositionskunst einen Hinweis auf das hohe Maß an intendierter Gestaltung geben. Während der erste Teil meiner Arbeit auf den stilistischen und strukturell-formalen Charakter des Engelhard eingeht, werden im zweiten Teil inhaltlich-formale Untersuchungen bestimmend sein. Konrad setzt in seinem Werk stilistisch bewusst Motivketten ein und arbeitet mit verschiedenen Bedeutungsebenen, um bestimmte Kausalzusammenhänge (die dem mittelalterlichen Gesellschaftsverständnis entsprächen) zu verschleiern. Somit kann er - seiner eigentlichen Intention getreu, nämlich der Hochhaltung der triuwe – sein Werk folgerichtig gestalten. Im inhaltlichen Teil sollen die verschiedenen Probehandlungen genauer beleuchtet werden, indem ich Motivverkettungen dieser beiden Handlungen aufzeige. Weiterhin werde ich die Themen Gleichheit und Differenz einbeziehen, indem ich auf bestimmte Differenzierungsstrategien eingehe und Motive der Gleichheit aufzeige. Dabei wird veranschaulicht, wie die triuwe, als Generalthema, in einem Wechselspiel von Gleichheit und Differenz wiederholt unter Beweis gestellt wird.

2. Formale und inhaltliche Komposition des Engelhard

2.1. Spiegelungen als narratives Prinzip

Peter Oettli verweist bei seiner Analyse der formalen Strukturen im Engelhard auf die Episodentechnik. Demnach ließe sich die Versdichtung nicht nur nach ihrer Handlung, sondern auch nach ihrem Aufbau in einzelne Sequenzen untergliedern, die jeweils durch das Motiv der triuwe miteinander in Verbindung stehen.1 Die vier einzelnen Sequenzen sind inhaltlich weitesgehend in sich geschlossen und gekennzeichnet durch ihren symmetrischen Aufbau. Die erste Sequenz (217-1628) beinhaltet die Apfelprobe und endet mit der Abreise Dieterichs von Fruotes Hof. Die zweite Sequenz ( 1629-3670) ist bestimmt durch die Minnehandlung. Die dritte Sequenz setzt mit dem Verhör ein, berichtet über das Gottesurteil und den Rollentausch der beiden Freunde. Die vierte Sequenz behandelt schließlich die zweite Freundschaftsprobe mit der Heilung Dietrichs vom Aussatz durch den Kindermord. Jede Sequenz „beginnt mit einer Einzelfigur (I Engelhard, II Engeltrud, III Engelhard, IV Dieterich) und endet mit einem Paar, was von Konrad stilistisch unterstrichen wird.2 Zentrale Motive werden hierbei in den einzelnen Sequenzen aufgegriffen und in anderen Erzählsequenzen gespiegelt. Die Kompositionskunst der Spiegelung kann ebenso als eine Umkehrspiegelung verstanden werden, wie bei einer mathematischen Funktionsgleichung finden sich Merkmale eines Elements in verkehrter Weise bei der gespiegelten Funktion wieder. Mit Spiegelung als Mittel zur Darstellung sind hier also kompositorische Kontraste, aber auch sich bis ins Detail entsprechende Kompositionen gemeint. So scheinen, wie Göttert nachgewiesen hat, die Minnefreuden Engelhards „in geradezu unheimlichem Kontrast“ zu Dieterichs Aussatzerkrankung zu stehen.3 Ebenso haben Kaiser und Monecke das Stilmittel des Kontrasts als eines der wichtigsten in Konrads Kunst herausgestellt. Monecke spricht vom „Stil des Widerspiels“.4 In den Probehandlungen selbst lassen sich Spiegelungen feststellen: Könnecker verweist darauf, dass die beiden Freundschaftsproben „in ihrem Verlauf streng parallel angelegt und zugleich spiegelbildlich einander zugeordnet“ sind.5 Die auffälligste Erscheinung ist hierbei nur, dass jede Probe mit der Bewegung eines Freundes auf den anderen zu einsetzt: Gemäß der spiegelbildlichen Anordnung ist es einmal Engelhard und einmal Dieterich- Hilfeleistender, Hilfebedürftiger- der aktiv oder passiv am Geschehen beteiligt ist. Jede der vier Erzählsequenzen kann als weitestgehend autonom betrachtet werden. Den Zusammenhang zu einem großen und ganzen Handlungsstrang erfahren die einzelnen Sequenzen, entgegen häufiger Vorwürfe, Konrads Versdichtung weise einen disparaten Handlungsverlauf auf, durch das Stilmittel der Spiegelung und diverse Verkettungen immer wieder behandelter Motive.

2.3. Verschränkung und Steigerung als narratives Prinzip

Der kompositorische Zusammenhang des Engelhard wird durch das Stilmittel des Motivreims erreicht. Zentrale Motive wie die minne -und wunder -Thematik, die Engelmetaphorik6, sowie der übergeordnete sinn-und zusammenhanggebende triuwe - Begriff, werden von Konrad bewusst eingesetzt, um die einzelnen Erzählsequenzen miteinander zu verschränken. Außerdem enthält jede Erzählsequenz eine Probe, in der die sinngebende triuwe wiederholt unter Beweis gestellt wird. Nach Göttert gewinnt Konrads Versdichtung ihren Zusammenhang „eben durch den alles Geschehen durchwirkenden Grundzug der Probe, die wiederum auf das Sichtbarwerden der triuwe bezogen ist“7. Die Proben, zu denen auch die Minnehandlung zählt8, erfahren mit jeder Erzählsequenz eine Gradation in der Schwierigkeit ihres Charakters. Das von Engelhard erfahrene leit und alle Konsequenzen seiner Liebe zu Engeltrud gelten ebenso wie Dieterichs Aussatzerkrankung als Vorbereitung für die Freundschaftsproben. Denn erst durch die Leiderfahrung wird die Grundlage für eine neue Probehandlung geschaffen. Göttert weist in diesem Zusammenhang auf das von Konrad eingesetzte liebe-leit -Motive9 hin: Die Verkehrung von liebe bzw. vreude in leit (bei der Entdeckung der Liebenden und bei Dieterichs Aussatzerkrankung) betrachtet er als die entscheidende Achse in der Probehandlung.8 Ebenso ist die Probe in der Minnehandlung durch das liebe-leit -Motiv mit den eben genannten Erzählsequenzen verschränkt, denn auch hier wird das leit der Hilfebedürftigen angekündigt.10 Auch das wunder -Motiv wird mehrfach thematisiert. Wenn Konrad von dem wunder des Unterschieds der beiden Namen Engelhard und Dieterich spricht bzw. dem Gleichklang der Namen Engelhard und Engeltrut11, verweist er damit wieder auf das wunder des identischen Aussehens von Engelhard und Dieterich. Konrad hebt in seinem Prolog hervor, dass er sein Werk als eine Behandlung des Themas triuwe verstanden haben will, und so sind auch alle Erzählstränge durch eben dieses Thema miteinander verbunden.

[...]


1 Vgl. Kesting, Peter: Kesting hatte bereits auf eine Dreiteilung- die Untergliederung nach den 3 Proben- verwiesen. Diese wird von Oettli durch die Vorgeschichte, welche die Apfelprobe impliziert, ergänzt.

2 Oettli, Peter: Verschränkung und Steigerung. S. 76

3 Göttert, S. 141.

4 Monecke, S. 157.

5 Könecker, S. 258.

6 Auf das von Konrad verwendete Engel-Motiv werde ich im späteren Verlauf noch eingehen.

7 Göttert, S.143.

8 Vgl. Göttert, S.140f., Göttert verweist hier auf die Verknüpfung von minne und triuwe.

9 Vgl. dazu Konrad von Würzburg: Vgl. V. 3168-70 und 5131-34/5140f., 3179-94 und 5135-49.

8 Vgl. Göttert, S.141.

10 Konrad von Würzburg, V.1936-1937.

11 Konrad von Würzburg, V. 1241.

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Doppelungen oder Spiegelungen als Prinzip der Narration
Universidad
Free University of Berlin
Calificación
1,3
Autor
Año
2004
Páginas
15
No. de catálogo
V36089
ISBN (Ebook)
9783638358187
ISBN (Libro)
9783656661481
Tamaño de fichero
513 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Doppelungen, Spiegelungen, Prinzip, Narration
Citar trabajo
Silke Weber (Autor), 2004, Doppelungen oder Spiegelungen als Prinzip der Narration, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36089

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