"Gewissermaßen schizophren" - Die biographische Dimension der Fischer-Kontroverse


Essai, 2004

7 Pages, Note: keine, aber positives Feedback


Résumé ou Introduction

Die so genannte „Fischer-Kontroverse“ gilt als die „Schlüsseldebatte“ in der deutschen Geschichtswissenschaft der frühen 60er-Jahre. Der Hamburger Historiker Fritz Fischer stritt damals mit seinen Kontrahenten über die Kriegsziele des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg. Entgegen der bis dahin vorherrschenden Forschungsansicht vertrat Fischer die These, Deutschland sei nicht etwa gemeinsam mit den europäischen Großmächten in den Krieg „hineingeschlittert“, sondern habe eine aktive Kriegspolitik betrieben und expansive Kriegsziele während des gesamten Ersten Weltkriegs verfolgt.

Über die fachwissenschaftliche Spezialdebatte hinaus wurde die Fischer- Kontroverse in der breiten Öffentlichkeit als eine Debatte über die Kontinuitäten in der Deutschen Geschichte wahrgenommen. Wenn das Deutsche Reich schon im Ersten Weltkrieg weitreichende Kriegsziele verfolgt hatte, die denen Hitlers im Zweiten Weltkrieg ähnelten, konnte Hitler nicht länger als ein „Betriebsunfall“ der deutschen Geschichte angesehen werden. Bis zu Fischers Arbeit über den Ersten Weltkrieg hatte die deutsche Geschichtswissenschaft Hitler und das ‚Dritte Reich’ als außerhalb der Kontinuität der historischen Entwicklung, als eine Art ‚Ausrutscher’, betrachtet. Diese Ansicht war zum Grundkonsens der bundesrepublikanischen Gesellschaft der 1950er-Jahre geworden, in der das „kommunikative Beschweigen“ der persönlichen Vergangenheit und der deutschen Geschichte einen festen Platz einnahm. Fritz Fischer veröffentlichte sein Buch zu einem Zeitpunkt, als dieser Grundkonsens bereits erste Risse bekommen hatte: Der Eichmann- Prozess in Israel, die Frankfurter Auschwitz-Prozesse und Diskussionen um verschiedene neu veröffentlichte Bücher zwangen die Deutschen zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit. Derart sensibilisiert für einen kritischeren Umgang mit der eigenen Vergangenheit, traf Fischers Buch – und sein anklagender Ton, der seine These vom gesamtgesellschaftlichen Konsens innerhalb der deutschen Bevölkerung über die expansiven Kriegsziele durchzog – den Nerv seiner Zeitgenossen. Dass genau dies auch seine Absicht gewesen war, betont Fischer in seinem „Begleitwort“ zur Neuauflage von 1977: „[…] vom Kaiserlichen Deutschland [sind] in den gesellschaftlichen Formationen und ideellen Traditionen Linien oder doch Elemente der Kontinuität festzustellen […] hin zum ‚Dritten Reich’, die erst begreiflich machen, wieso dieses möglich war und kein „Betriebsunfall“ der Geschichte, wie so viele es sehen wollen.“

Résumé des informations

Titre
"Gewissermaßen schizophren" - Die biographische Dimension der Fischer-Kontroverse
Université
University of Hamburg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Cours
Grundkurs, 1. Teil (Vergangenheitspolitik - Erinnerungspolitik - Geschichtspolitik)
Note
keine, aber positives Feedback
Auteur
Année
2004
Pages
7
N° de catalogue
V36330
ISBN (ebook)
9783638359917
Taille d'un fichier
460 KB
Langue
allemand
Annotations
Der Essay setzt sich mit der Frage auseinander, ob vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse über die Biographie Fritz Fischers und seine Karriere in der NS-Zeit die "Fischer-Kontroverse" anders betrachtet werden muss.
Mots clés
Gewissermaßen, Dimension, Fischer-Kontroverse, Grundkurs, Teil, Erinnerungspolitik, Geschichtspolitik)
Citation du texte
Helene Heise (Auteur), 2004, "Gewissermaßen schizophren" - Die biographische Dimension der Fischer-Kontroverse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36330

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: "Gewissermaßen schizophren" - Die biographische Dimension der Fischer-Kontroverse



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur