Das Faszinosum um Didos tragisches Schicksal, das ihre unerwiderte Liebe zu Eneas und ihren anschließenden Selbstmord umfasst, ist bis heute ungebrochen und hat nicht nur zahlreiche Schriftsteller, sondern auch Künstler wie Rembrandt und Jacob Jordaens und Komponisten wie Henry Purcell, Tomaso Albinoni und Hector Berlioz dazu inspiriert, den Stoff künstlerisch neu zu verarbeiten und neu zu interpretieren. Besonders im Mittelalter gab es eine breite literarische Rezeption des Dido-Stoffes, deren beträchtliches Ausmaß vor allem durch die große Bekanntheit und die weite Verbreitung der Dido-Darstellungen von Vergil und Ovid zu erklären ist. Sowohl der altfranzösische “Roman d’ Eneas“, der um 1160 von einem französischen Anonymus verfasst wurde, als auch Heinrich von Veldekes „Eneasroman“, der ca. 20 Jahre später entstand und sich an dem Konzept des französischen „Roman d‘ Eneas“ orientiert, folgen vor allem im Lavinia-Teil Ovids Vorlage, indem sie die Thematik der Liebe als neue literarische Innovation mittelalterlichen Erzählens einführen und den römischen Heldenepos der klassischen Antike in einen frühhöfischen Minneroman umgestalten.
Die Forschungsliteratur hat ihre Aufmerksamkeit bei einem Vergleich der beiden Werke bislang jedoch hauptsächlich auf die Frage gerichtet, auf welche Weise Heinrich von Veldeke die Dido-Erzählung inhaltlich umgestaltet und bewertet. So gibt es in der Forschung nur vereinzelt Beiträge zu den zahlreichen beschreibenden Passagen der Dido-Episode, die sich sowohl in Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ und seiner altfranzösischen Vorlage, dem „Roman d‘ Eneas“ finden lassen. Ein ausführlicher Vergleich der Beschreibung und der Darstellung Didos in den beiden Werken, der sowohl inhaltliche als auch stilistische Gemeinsamkeiten und Unterschiede berücksichtigt, liegt indessen nur bei Halač und Schmitz vor. Dieses Forschungsdesiderat soll durch die Untersuchung der folgenden Fragen geschlossen werden: Wie wird Dido in den beiden Romanen beschrieben und dargestellt? Welche Techniken verwenden die beiden Autoren für die Beschreibung und die Darstellung der Dido? Welche Funktion und Wirkung hat die descriptio? Und welche zentralen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung und der Bewertung der Didofigur lassen sich durch einen Vergleich der beiden Texte finden?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Beschreibung und Darstellung der Dido in Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ und seiner altfranzösischen Vorlage, dem „Roman d' Eneas“
- Fazit
- Literaturverzeichnis.
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beschreibung und Darstellung der Dido-Figur im mittelhochdeutschen Erzählen, indem sie Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ mit seiner altfranzösischen Vorlage, dem „Roman d' Eneas“, vergleicht. Ziel ist es, die beiden Werke in Bezug auf ihre Beschreibungen und Darstellungen der Dido-Figur zu analysieren und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. Die Untersuchung soll klären, welche Techniken die Autoren für die Beschreibung und Darstellung der Dido verwenden, welche Funktion und Wirkung die Descriptio hat und welche zentralen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung und Bewertung der Didofigur sich durch einen Vergleich der beiden Texte finden lassen.
- Die Beschreibung der Dido-Figur in beiden Werken
- Die Techniken, die die Autoren für die Beschreibung der Dido verwenden
- Die Funktion und Wirkung der Descriptio
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung und Bewertung der Didofigur
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Thematik des Dido-Stoffes im Mittelalter vor und beleuchtet die Rezeption des Stoffes in Literatur, Musik und Kunst. Sie erläutert, wie der Dido-Stoff in beiden Romanen verarbeitet wird und führt die Forschungsdesiderate aus, die die Arbeit behandelt.
- Die Beschreibung und Darstellung der Dido-Figur in Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ und dem „Roman d‘ Eneas“ im Vergleich: Dieses Kapitel analysiert die Beschreibung und Darstellung der Dido-Figur in beiden Romanen. Es wird gezeigt, wie die beiden Autoren Didos Vergangenheit und ihre Vita vor der Begegnung mit Eneas beschreiben und welche Eigenschaften betont werden. Der Fokus liegt dabei auf Didos Position als Stadtgründerin und mächtige Herrscherin von Karthago. Die Untersuchung betrachtet die Unterschiede in der detaillierten Beschreibung der Landnahme mit der Rinderhaut und die Betonung von Didos Weisheit im „Eneasroman“ gegenüber dem „Roman d' Eneas“.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Beschreibung und Darstellung der Dido-Figur in Heinrich von Veldekes „Eneasroman“ und seiner altfranzösischen Vorlage, dem „Roman d' Eneas“. Zentral sind dabei die Themen der descriptio personae, die mittelalterliche Erzählkunst, die Darstellung der Stadtgründung von Karthago und die Bewertung der Didofigur in beiden Werken. Die Analyse beleuchtet die Rolle von Didos Weisheit, Reichtum und Macht in beiden Romanen und untersucht die Techniken, die die Autoren für die Beschreibung der Dido verwenden. Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Vergleich der beiden Texte im Hinblick auf inhaltliche und stilistische Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
- Quote paper
- Sabrina Rutner (Author), 2016, Die Beschreibung und Darstellung der Dido-Figur im mittelhochdeutschen Erzählen. Ein Vergleich von Heinrich von Veldekes "Eneasroman" und seiner altfranzösischen Vorlage, dem "Roman d' Eneas", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369941