Schulsozialarbeit in Deutschland. Wie kann eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule gelingen?


Hausarbeit, 2015

21 Seiten, Note: 2,0

Maria König (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Schule und Jugendhilfe als zwei getrennte Institutionen?
2.1 Funktionen der Schule
2.2 Funktionen der Jugendhilfe
2.3 Begründungen für eine Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule

3. Schulsozialarbeit
3.1 Begriffserklärung und Definitionen
3.2 Aufgaben, Ziele und Zielgruppen

4. Modelle der Kooperation von Jugendhilfe und Schule
4.1 Das Distanzmodell
4.2 Das Integrations- und Subordinationsmodell
4.3 Das Kooperationsmodell
4.4 Schwierigkeiten bei der Kooperation zwischen 16 Jugendhilfe und Schule

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Gesellschaft ist vom Wandel geprägt und die Kinder und Jugendlichen stellt das vor neue Probleme und Herausforderungen. Es ist allgemein be- kannt, dass die Schule nicht nur als Instanz der Wissensvermittlung zählt, son- dern heutzutage auch einen pädagogischen und erzieherischen Auftrag be- sitzt. Um dem Auftrag gerecht zu werden, gibt es schon in vielen Schulen An- gebote, wie Beratungslehrer und Schulpsychologen, die die Kinder und Ju- gendlichen bei Problemen aufsuchen können. Mit der Etablierung der Schulso- zialarbeit in den 1970er Jahren in Deutschland wurde dieses Angebot ausge- weitet. Diese Entwicklung soll Kindern und Jugendliche bessere Unterstüt- zungssystem bei ihrer Sozialisation bieten.

Zu der Thematik der Schulsozialarbeit bin ich auf Grund des Orientierungs- praktikums gekommen. Ich besuchte eine Schule, in der Schulsozialarbeit tag- täglich praktiziert wird. Die Schüler haben selbst das Unterrichtsfach „Sozial- training“ und befassen sich unter anderem mit alltäglichen Schulproblemen, entwickeln gemeinsam Strukturen für ein gutes Klassenklima oder spielen ein- fach gemeinsame Spiele, die den Klassenverband stärken sollen.

Für mich war das ein völlig neues Angebot und brachte mich dazu, mich in der Hausarbeit mit dem Thema der Schulsozialarbeit zu befassen. Besonders die Frage nach der Kooperation zwischen der Jugendhilfe und der Schule weckte mein Interesse und soll das Hauptaugenmerk der Arbeit sein. Um der Frage nahe zu kommen, werden zunächst die Institutionen Schule und Jugendhilfe getrennt betrachtet. Es folgen Begründungen für eine gemeinsame Zusam- menarbeit und leitet zur Schulsozialarbeit über. Hier werden Begrifflichkeiten und Definitionen geliefert und generelle Aufgaben, Zielgruppen und Ziele der Schulsozialarbeit erläutert. Die theoretische Basis der Hausarbeit bilden drei Kooperationsmodelle zwischen der Schule und der Jugendhilfe. Daraus las- sen sich Kooperationsschwierigkeiten ableiten und das Fazit schließt die Hausarbeit ab.

2. Schule und Jugendhilfe als zwei getrennte Institutionen?

Die Jugendhilfe und die Schule scheinen auf den ersten Blick Institutionen zu sein, die auf Grund ihrer strukturellen Unterschiede nicht zusammen gehören. Jedoch lässt sich sagen, dass eine intensive Kooperation zwischen der Ju- gendhilfe und Schule herrscht. Zu den Gemeinsamkeiten zählen die Ziel- gruppe, der pädagogische Auftrag -den beide Institutionen innehaben- sowie die wachsenden pädagogischen Anforderungen an beide Institutionen. Aller- dings sind ebenfalls Unterschiede erkennbar. Zu nennen sei hier, dass beide Institutionen verschiedene Funktionen erfüllen müssen, unterschiedliche in- haltliche Schwerpunkte und methodische Zugänge besitzen sowie sich der Grad der Freiwilligkeit der Teilnahme unterscheidet.

Im Folgenden wird auf die Funktionen der Jugendhilfe und der Schule im Ein- zelnen eingegangen, sowie auf die Begründbarkeit deren Zusammenarbeit.

2.1 Funktionen der Schule

Im ersten Schritt wird auf die Funktionen der Schule eingegangen. Zunächst sei zu erwähnen, dass die Schule nicht nur als Ort zur zielgerichteten Organi- sation von Lernprozessen gesehen wird, denn die Schule ist staatlich wie ge- sellschaftlich legitimiert. „Das formalisiert-organisierte und didaktisch-syste- matisierte Lernen zu betreuen, zu kultivieren und auf bestimmte Steigerungs- formen zu bringen, bleibt die Kernaufgabe von Schule“ (BMFSFJ 2005)1. Da- raus resultieren Funktionen der Schule, die konfliktbehaftet sind. Speck nennt drei Funktionen von Schule:

1.) Die Qualifikationsfunktion steht für die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen, die für die konkrete Arbeit und für die Teilhabe am gesell- schaftlichen Leben von großer Bedeutung sind.
2.) Die Selektionsfunktion beschreibt die Weitergabe der vorherrschenden sozialen Positionen innerhalb einer Gesellschaft von einer Generation zur nächsten.
3.) Die Integrationsfunktion dient mittels der Reproduktion herrschender Normen und Werte zu der Sicherung der gegenwärtigen Machtverhält- nisse.

Alle drei Funktionen beinhalten strukturelle Störquellen.

Als mögliche Konflikte der Qualifikationsfunktion nennt Speck die Zukunftsori- entierung der Schule, die gering passfähig mit der realen Lebenswelt der Ju- gendlichen ist. Die vermittelten Inhalte der Schule haben einen geringen Nut- zen für die Kinder und Jugendlichen. Außerdem kommt noch erschwerend hinzu, dass die Schulabschlüsse einen geringen Tauschwert auf dem Arbeits- markt besitzen. Ein guter Abschluss ist kein Garant für eine Ausbildung, denn es wird auch auf sekundäre Qualifikationen geachtet und die Arbeitsmarkt- und Ausbildungsmarktlage sei angespannt. Als weiteren Aspekt nennt Speck, dass Kinder und Jugendliche in der Schule nur in deren „Schülerrolle“ wahr- genommen werden und die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen in der Schule kaum Beachtung findet. Damit einher geht auch eine starke Leistungs- orientierung in der Schule. Dies sorgt für eine begrenzte und standardisierte Wahrnehmung von Schülerinnen und Schülern und lässt die lebensweltlichen Voraussetzungen von Kindern und Jugendlichen im schulischen Alltag meis- tens komplett außer Acht.

Die Selektionsfunktion der Schule führt im schulischen Alltag zu Konkurrenz- verhalten. Damit einher gehen auch Aspekte, wie schulisches Versagen und Ausgrenzungen die verarbeitet werden müssen. Dies ist häufig bei Schülern zu beobachten, die von den Eltern wenig unterstützt werden, ein geringes Selbstwertgefühl besitzen, sowie bei Schülern, die seitens der Eltern von zu hohen Erwartungen begegnet werden, die sie in der Regel nicht erfüllen kön- nen.

Selbst die positiv besetzte Integrationsfunktion besitzt Konflikte. Diese Funk- tion setzt eine gewisse soziale Kompetenz voraus, die benachteiligte Schüler möglicherweise nicht haben. Des Weiteren herrscht in der Schule eine starke soziale Kontrolle, sodass dem Schüler kein Raum für Privatsphäre bleibt und die Identitätsentwicklung des Jugendlichen eine hohe Anpassungsleistung verlangt. Als weiteres Problem der Integrationsfunktion sieht Speck die Etiket- tierung von Schülern, die einmal verhaltensauffällig waren. Dies sorge beim Jugendlichen für eine Verfestigung des delinquenten Verhaltens.

2.2 Funktionen der Jugendhilfe

In einem nächsten Schritt wird das Augenmerk auf die Funktionen der Jugend- hilfe gelegt. Die Jugendhilfe sei zunächst definiert als ein komplexes System, die zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen, der individuellen sowie sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beitragen soll. Dazu tra- gen von der Gesellschaft bereitgestellte Leistungen, Dienste und Einrichtun- gen außerhalb des Elternhauses, der Schule und der Ausbildung bei. (Jor- dan/Sengling 1994)

Zu der Zielgruppe der Jugendarbeit zählen nicht nur alle Kinder und Jugendli- chen, sondern auch Eltern, Lehrerinnen und Lehrer. Als ein untergeordnetes System der sozialen Arbeit hat die Jugendarbeit die zentrale Funktion für eine Integration in die Gesellschaft beizutragen. Zudem gehört zu den Aufgaben der Jugendhilfe die Förderung und Unterstützung der Personen auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Durchsetzung der Einhaltung von gesell- schaftlichen Normen. Zudem hat sie den Auftrag in den Bereichen Jugendar- beit, Jugendsozialarbeit und der Kindertagesbetreuung präventiv und regulie- rend zu wirken und somit für eine Vermittlung von Regelstrukturen zu sorgen und aktiv bei Regelverletzungen zu handeln. Die Jugendhilfe besitzt somit ein doppeltes Mandat: Hilfe und Kontrolle. Somit wird die Jugendhilfe ihrem Schutzauftrag gerecht.

Beiden Institutionen erscheint es im Rahmen der Schulsozialarbeit bedeutsam zu sein ein Umgang mit dem Spannungsverhältnis zwischen Integration und Differenzierung zu schaffen (Speck, S.33). Speck betont, dass die Schule sich sehr stark auf die Qualifikations- und Selektionsfunktion konzentriert und die Integrationsfunktion vernachlässigt.

Die Jugendhilfe habe nur den außerschulischen Freizeit- bzw. Problembereich im Blick und vernachlässige den komplexen Auftrag von Schule und das schu- lische Erleben von Jugendlichen.

2.3 Begründungen für eine Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule

Damit ein Umgang mit dem Spannungsverhältnis zwischen Integration und Differenzierung gegeben sein kann, scheint es logisch eine Zusammenarbeit der Institutionen Schule und Jugendarbeit zu schaffen, so wie sie in der Schulsozialarbeit üblich ist. Im Folgenden Abschnitt werden alltagspraktische sowie theoretische Begründungsmuster für solch eine Zusammenarbeit dar- gestellt.

Zunächst geht es um anschauliche und nachvollziehbare Begründungen für den Einsatz von Schulsozialarbeit, denn diese erleichtern die Etablierung und die Erfolgsprüfung. Es handelt sich hierbei um die alltagspraktischen Begrün- dungsmuster. Anhand der Förderpolitik, Presseveröffentlichungen im Internet und in Zeitungen sowie aus Berichten von wissenschaftlichen Begleitungen lassen sich alltagstaugliche Begründungsmuster für die Schulsozialarbeit her- auskristallisieren (Speck, 2006). In der Praxis wird es daran deutlich, dass der Einsatz anlassbezogen und mit dem Abbau von verhaltensauffälligem und schuldeviantem Verhalten verbunden ist. Im Mittelpunkt stehen hierbei die Verringerung von Gewalt und Mobbing, die Reduzierung von Schulverweige- rung, die Verbesserung des Lern- und Sozialverhaltens, sowie der Abbau von Schwierigkeiten beim Übergang von der Schule in die Ausbildung. Dieser Ein- satz der Schulsozialarbeit bietet ebenfalls Nachteile. Zu nennen seien hierbei die fehlende langfristige Absicherung, die Stigmatisierung von Schülerinnen und Schülern und die strukturelle Überforderung der Schulsozialarbeit mit der Lösung von gesellschaftlichen Problemen.

Des Weiteren wird der Einsatz der Schulsozialarbeit mit der Absicherung der Freizeitangeboten und Nachmittagsbetreuung legitimiert. Es existiert hierbei ein klarer Auftrag mit großen Gestaltungsspielräumen. Als Gefahr sieht Speck hierbei, dass damit eine Lückenbüßerfunktion für den außerunterrichtlichen Bereich einhergehen könnte. Außerdem könnten dadurch Potentiale und Kom- petenzen der Schulsozialarbeit strukturell vernachlässigt werden.

Speck hat ebenfalls theoretische Begründungsmuster für die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule aufgestellt. Hier lassen sich vier verschiedene Be- gründungsmuster aufstellen.

[...]


1 Kilb, Peter: „Methoden der Sozialen Arbeit in der Schule“ (S.39)

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Schulsozialarbeit in Deutschland. Wie kann eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule gelingen?
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
21
Katalognummer
V370362
ISBN (eBook)
9783668477551
ISBN (Buch)
9783668477568
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schulsozialarbeit, deutschland, kooperation, jugendhilfe, schule
Arbeit zitieren
Maria König (Autor:in), 2015, Schulsozialarbeit in Deutschland. Wie kann eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule gelingen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370362

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