Workplace Violence. Schwere Gewalt am Arbeitsplatz mit Todesfolge im Polizeiberuf


Trabajo de Seminario, 2016

21 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist schwere (zielgerichtete) Gewalt am Arbeitsplatz? – eine Definition
2.1 Workplace Violence – Einschränkung des Untersuchungsbegriffs

3. Ursachen für schwere Gewalt am Arbeitsplatz
3.1 Psychische Störungen
3.1.1 narzisstische Persönlichkeit
3.2 Genetische Ursachen
3.2.1 Serotoninmangel
3.3 Opferrolle
3.4 schwache soziale Bindung
3.5 Schicksalsschläge und Verlusterlebnisse
3.6 Druck in der Arbeitswelt
3.7 Intoxikation

4. schwere Gewalt unter Polizisten und mögliche Ursachen
4.1 Konfrontation mit Gewalt
4.2 Waffennähe
4.3 Machtposition

5. Fallbeispiele und Analyse
5.1 Fallbeispiel 1: Manila, Philippinen
5.2 Fallbeispiel 2: Los Angeles, Kalifornien

6. Situation in Deutschland

7. Prävention

8.1 Anzeichen
8. Fazit

1. Einleitung

Laut Medien und Literatur nehmen die Vorkommnisse zielgerichteter Gewalt am Arbeitsplatz tendenziell zu. Als Grund hierfür werden in den Medien häufig die schwierigen Konditionen im modernen Arbeitsumfeld, der steigende Druck auf Arbeitnehmer, die Angst vor Verlust der Arbeitsstelle und andauernde Stresssituationen genannt.[1]

Amokläufe am Arbeitsplatz sind nicht nur ein Anschlag auf eine eventuell Zielperson oder unschuldige Mitarbeiter, sondern bedeuten auch immer einen stellvertretenden Angriff auf die gesamte Gesellschaft. Zurück bleiben Unverständnis, Entsetzen und Erklärungsversuche.[2]

Der Beruf eines Polizisten hat viel mit Gewalt und psychische Stress zu tun. Da stellt sich die Frage: Sind Menschen im Arbeitssektor der öffentlichen Gewalt- und Deliktprävention grundsätzlich anfälliger für die autogene Ausführung von Gewalttaten? Oder kann das Tragen einer Waffen, den Besitzer zu schnellerer Affekthandlungen hinreißen? In der folgenden Arbeit wird versucht, das Handeln von Arbeitsplatz-Amokläufern und Polizisten im Speziellen systematisch aufzuarbeiten und zu verstehen. Dies geschieht vorerst in einer allgemeinen Untersuchung zum Thema Workplace Violence beziehungsweise Workplace Homicide und geht im Weiteren, auch durch das Darstellen zweier Fallbeispiel, auf zielgerichtete Gewalt im Arbeitsumfeld von Polizisten ein.

2. Was ist schwere (zielgerichtete) Gewalt am Arbeitsplatz? – eine Definition

Unter Gewalt am Arbeitsplatz versteht man in erster Linie jegliches destruktives Verhalten am Arbeitsplatz. Das Spektrum mag breit sein, doch ist sicher: die Quelle, also der Täter, hat eine ordentliche Wut ins ich angestaut, die er durch die jeweilige Aktion entlädt. [3]

Die International Labour Organization (ILO) definiert Gewalt am Arbeitsplatz als „jede Handlung, Begebenheit oder von angemessenem Benehmen abweichendes Verhalten, wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit schwer beleidigt, bedroht, verletzt, verwundet wird.“[4]

Für unser spezielles Thema möchte ich aber gerne folgende Definition verwenden: Zielgerichtete Gewalt am Arbeitsplatz ist der „gezielte und potentiell tödliche Angriff auf bestimmte Personen oder Personengruppen”[5], wobei aber der Arbeitsplatz bewusst als Tatort ausgewählt wird.[6]

2.1 Workplace Violence – Einschränkung des Untersuchungsbegriffs

„Workplace Violence“ ist ein Begriff, der in der Literatur sehr unterschiedlich und sehr verallgemeinernd verwendet wird.[7] Insofern ist es wichtig, die Begrifflichkeit für unser Arbeit themenspezifisch einzuschränken.

Workplace Violence kann – auch im Arbeitsbereich der Polizei – von vielen verschiedenen Personen begangen werden: Beispielsweise können Polizisten von flüchtigen oder alkoholisierten Personen attackiert werden oder etwa unter Mobbing durch einen Kollegen leiden. Workplace Violence umfasst viele Bereiche und innerhalb dieser viele diverse Gratwanderungen.

Um die Vielfalt des Phänomens einzuschränken, behandelt diese Arbeit einen speziellen Typus der zielgerichteten Gewalt am Arbeitsplatz: den Typ „Beziehungsgewalt“, welcher „Gewalt von Mitarbeitern gegenüber anderen Mitarbeitern“[8] oder Vorgesetzten meint.[9]

Um den Terminus des Gewaltaktes für diese Arbeit noch näher zu definieren, sprechen wir hier von Waffengewalt mit intendierter Todesfolge, also von „Workplace Homicide“ oder eben „Amok ab Arbeitsplatz“.

Die Weltgesundheitsorganisation definiert Amok beispielsweise als „eine willkürliche, anscheinend nicht provozierte Episode mörderischen oder erheblichen fremdzerstörerischen Verhaltens. Dabei muss die Gewalt mehrere Menschen gefährden, d.h. verletzen oder gar töten [...]“[10]. In der psychiatrischen Forschung heißt es weiter, dass Amok „nicht materiell-kriminell motivierte, tat-einheitliche, mindestens in selbstmörderischer Absicht durchgeführte, auf den unfreiwilligen Tod mehrerer Menschen zielende plötzliche Angriffe“[11] angesehen werden könne und somit zu den homizidal-suizidalen Handlungen gehöre.[12]

Dies Definition bringt uns unserem Untersuchungsgegenstand näher: Zielgerichtete Gewalt am Arbeitsplatz der Polizei mit intendierter Todesfolge durch einen Polizisten.

3. Ursachen für schwere Gewalt am Arbeitsplatz

Die Motive für zielgerichtete Gewalt am Arbeitsplatz von Polizisten sind vielseitig und entstammen allen Lebensbereichen. Oft werden auch schwierige persönliche Situation in Zusammenhang mit einer psychischen Störung genannt.[13] Das Keim der vorangegangen Kränkung vor der Gewalttat, wurzelt allerdings zumeist im Arbeitsbereich oder wird mit diesem in Verbindung gebracht.[14] Diese These stützt sich vor allem auf Vorkommnisse wie Mobbing, Kündigung und Ungerechtigkeitsempfindung. Zusätzlich zu den Problemen am Arbeitsplatz können beispielsweise narzisstische Störungen, Verlusterlebnisse, eine schwache soziale Bindung, aggressive Veranlagung und deren Verstärkung durch den Konsum aggressionsfördernder Medieninhalte zu gewalttätigen Ausbrüchen führen.[15]

Unabhängig davon, ob der Akt der Gewalt bereits lange im Vorhinein geplant wurde oder ob er eine Affekttat darstellt, geht ihm doch im Allgemeinen eine andauernde, subjektiv empfundene Konfliktsituation voraus, der den Leidensdruck des Täters steigert.[16] Häufig sind die Gewaltausbrüche beding durch Gefühle der gesellschaftlichen Exklusion oder Entwurzelung, Rachegelüste und Probleme, die dem Täter so unlösbar scheinen, dass sie ihm ein Gefühl der Ohnmacht verleihen. Zudem findet sich in der Literatur ach oft die Beschreibung von Größenphantasien, übermäßiger Kritikempfindlichkeit schwach ausgebildete Bewältigungsstrategien und Mangel an Kontrolle.[17]

Eisenberg hingegen sieht die Ursachen für Amokläufe nicht primär personellen Struktur sondern vielmehr im kalten gesellschaftlichen Klima der konsumorientierten Moderne. Hierbei kommt es zu einer Rückbildung der Sozialisation und somit zu einem Fehlen der festen Strukturen, in denen die Menschen heranwachsen können.[18]

Durch den Wegfall eben dieses maßgebenden Rahmens, können gewaltkompensierender Fähigkeiten nicht mehr ausreichend erworben werden. Hinzu kommen soziale Vereinsamung und Verlust von Anerkennung. Durch Konkurrenz und Desintegration sowie der Abbau intensiver zwischenmenschlicher Beziehungsfähigkeiten entsteht ein Gefühl der Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen. Der Amokläufer ist somit ein Produkt der Gesellschaft.[19]

Nichtsdestotrotz sind die seelischen Vorgänge, unabhängig von Motiv und Ursache, grundlegend ident: die durch Konflikte verursachten negativen Emotionen stauen sich im Inneren, bis sie aufgrund des seelischen Drucks, des „nicht mehr Aushaltens“ nach außen verlagert werden (müssen).[20] „Um dem unerträglichen Gefühl von Angst und Ohnmacht zu entgehen, wird das Innere selbstmörderisch und mörderisch außen in Szene gesetzt.“[21]

Die genannten Beispiele zeigen die Instabilität von sozialen Lebensbezügen auf, wenn sich bestimmte selbsterzeugte Überempfindlichkeit und äußere Reize unter bestimmtenVoraussetzungen kumulieren.[22]

Auf die einzelnen eventuellen Ursachen für zielgerichtete Gewalt am Arbeitsplatz soll im Folgenden noch einmal genauer eingegangen werden.

3.1 Psychische Störungen

Mindestens bei der Hälfte der Täter von homizidal-suizidalen Gewalttaten lassen sich Indizien für psychische Störungen nachweisen. Zumindest in der Untersuchung bezüglich Amokläufen haben Untersuchungen bestätigt, dass psychische Störungen überaus präsent sind und gegebenenfalls mit (äußeren) Belastungsfaktoren oder Krisensituationen interagieren.[23]

In der Literatur werden Störungen wie: Wahnkrankheit, Manie, Depression mit Suiziden Symptomen, Schizophrenie, Paranoia, Psychopathie, Persönlichkeitsstörung, Traumata und Psychosen gennant.

Bei vielen Tätern finden sich in der Biographie frühere oder aktuelle psychiatrische Behandlungen, Depressionen oder Suizidaffinität.[24]

Häufig finden sich in der Literatur Hinweise auf Persönlichkeitsstörungen, verbunden mit einer Ich-Schwäche, der Maskierung von geringem Selbstbewusstsein und dem Mangel an Empathie.[25]

Bei Giebel werden diesbezüglich psychopathologische Typen erstellt:

„Cluster A: paranoid, schizoid

Cluster B: antisozial, emotional instabil, histrionisch oder narzisstisch

Cluster C: selbstunsicher, abhängig, zwanghaft“[26]

Die meisten Täter ließen sich, Giebels Untersuchungen zufolge, dem Cluster B, einem „impulsiven und emotional instabilen Persönlichkeitsstil“[27] zuordnen.

An anderer Stelle stellt Giebel fest, dass das Gewaltrisiko bei Personen mit Erkrankungen im Bereich Persönlichkeitsstörung und Schizophrenie um einiges höher ist, als dies in der Allgemeinbevölkerung der Fall ist.

Es lässt sich beobachten, dass bei homzidalen-suizidalen Akten durch Erwachsene, die Prävalenzrate psychischer Störungen wesentlich höher ist, als bei jugendlichen Amoktätern. Laut einer Studie lässt sich bei jedem fünften erwachsenen Amoktäter eine Erkrankung im Bereich der Schizophrenie feststellen ließ.[28] Hempel, Meloy & Richards hingegen gehen davon aus, dass weitaus mehr als die Hälfte adolszenter Amoktäter psychotische Symptome aufweisen, von denen die meisten paranoide Wahnvorstellungen sind. Häufig wird durch Zeugen auch von einer Art „Identitätswechsel“ der Täter berichtet, die „nicht wiederzuerkennen waren“ oder in die Rolle des eiskalten Jägers schlüpften.[29]

Wollte man ein Täterbild nach der kasuistischen Literatur zeichnen, so wären dies „ fast durchgängig narzisstische, kontakt- und beziehungsgestörte, sensitive, Affekt retinierende, fehl angepasste Außenseiter beschrieben, die sich als alien in einer für sie fremden Welt erleben“30.

3.1.1 narzisstische Persönlichkeit

Eine narzisstische Persönlichkeitsstruktur scheint eine der unabdinglichen Voraussetzungen für zielgerichtete Gewalt zu sein. Die Ich-Perspektive ist überhöht und Empathie kaum vorhanden.

[...]


[1] Vgl. Können Mitarbeiter zu Tätern werden?, S. 12

[2] Vgl. Hoffmann: Amok und andere Formen schwerer Gewalt, S. 68 f.

[3] Vgl. Können Mitarbeiter zu Tätern werden? S. 10

[4] Gewalt am Arbeitsplatz: Erscheinungsformen und Verbreitung, S. 4

[5] Hoffmann: Amok und andere Formen schwerer Gewalt, S. 124

[6] Vgl. Hoffmann: Amok – ein neuer Blick auf ein altes Phänomen, S. 407

[7] Baron: Workplace Violence and Workplace Aggression: Evidence Concerning Specific Forms, Potentiai Causes, and Preferred Targets, S. 394

[8] Gewalt am Arbeitsplatz: Erscheinungsformen und Verbreitung, S. 12

[9] Vgl. Ebda.

[10] Faust: Von Amok bis Zwang, S. 21

[11] Ebda.

[12] Vgl. Ebda.

[13] Vgl. Adler: Zur Stabilität des Amokläufer-Syndroms, S. 589

[14] Vgl. Augsburger Allgemeine: „Ich fürchte, es wird mehr Amokläufe geben"

[15] Vgl. Adler: Zur Stabilität des Amokläufer-Syndroms, S. 583

[16] Vgl. Amok und andere Formen schwerer Gewalt, S. 70

[17] Vgl. Ebda., S. 70

[18] Vgl. Zeit Online: „Die Gewalt aus der Kälte“, S. 2

[19] Vgl. Augsburger Allgemeine: „Ich fürchte, es wird mehr Amokläufe geben"

[20] Vgl. Zeit Online: „Die Gewalt aus der Kälte“, S. 1

[21] Ebda.

[22] Vgl. Amok und andere Formen schwerer Gewalt, S. 70

[23] Vgl. Zur Stabilität des Amokläufer-Syndroms, S. 589

[24] Vgl. Giebel: Psychopathologie von Amokläufen, 326 f.

[25] Vgl. Ebda., S. 327

[26] Vgl. Ebda.

[27] Ebda.

[28] Vgl. Ebda., S. 326

[29] Vgl. Hoffmann: Amok – ein neuer Blick auf ein altes Phänomen, S. 402 ff.

Final del extracto de 21 páginas

Detalles

Título
Workplace Violence. Schwere Gewalt am Arbeitsplatz mit Todesfolge im Polizeiberuf
Calificación
1,0
Autor
Año
2016
Páginas
21
No. de catálogo
V370415
ISBN (Ebook)
9783668478893
ISBN (Libro)
9783668478909
Tamaño de fichero
811 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Polizei, Polizist, Workplace Violence, Workplace Homicide, Amoklauf, Arbeitsplatz, Todesfolge, Arbeitsplatz-Amokläufer, Gewalt, Prävention
Citar trabajo
Winnie Faust (Autor), 2016, Workplace Violence. Schwere Gewalt am Arbeitsplatz mit Todesfolge im Polizeiberuf, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370415

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