Pädagogisch-therapeutische Arbeit mit Kindern in der Erziehungsberatung

Am Beispiel der therapeutischen Angstbewältigung eines Mädchens


Studienarbeit, 2011

17 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ziel der Arbeit

2. Hauptteil
2.1. Angst als behandlungsbedürftige Krankheit
2.2. Setting und Prozess der Therapie
2.2.1. Beratungs-/Therapieanlass
2.2.2. Diagnostik und Zielsetzung
2.2.3. Methodenpraktische Umsetzung
2.2.4. Prozessverlauf der Pädagogisch-therapeutischen Arbeit
2.3. Ein positives Feedback

3. Zusammenfassung

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Ziel der Arbeit

Ein wichtiger Punkt für die pädagogisch-therapeutische Arbeit mit Familien in der Erziehungsberatung ist sowohl die Förderung, als auch die positive und gesundheitliche Entwicklung von Kindern.

In der vorliegenden Arbeit wird dieses Thema anhand von therapeutischer Angstbewältigung eines achteinhalbjährigen Mädchens mit praktischem Beispiel untersucht. Es wird gezeigt, welche Rolle pädagogisch-therapeutische Arbeit der Erziehungsberaterin für das achtjährige Kind Tina bei der Diagnostik und Therapie spielt. Dazu wird die Geschichte von Gerda Cramer-Bochow: „Tina schwimmt sich frei. Therapeutische Angstbewältigung“ zur Beobachtung herangezogen und analysiert. Zuerst wird der Angstbegriff definiert, danach wird versucht, die Vorgeschichte und familiäre Ansätze zu erarbeiten. Zentrale Themen sind symbiotische Beziehung zwischen Mutter und Kind, Entwicklung des Kindes, Fallgeschichte und Beratungs-/Therapieanlass. Es folgt eine Diagnostik und eine Zielsetzung; die therapeutische Angstbewältigung wird mit Hilfe der Erziehungsberaterin hervorgehoben, und es wird gezeigt, wie zentrale Forderungen des Leitbildes einer Beratungsstelle umgesetzt werden. Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.

2. Hauptteil

2.1. Angst als behandlungsbedürftige Krankheit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Das Phänomen der Angst, das dieser Arbeit zu Grunde liegt, ist ein brandaktuelles Thema. Angst ist eine der am häufigsten auftretenden Emotion auf der Welt. So verwundert es nicht, dass sie in unserer Gesellschaft weit verbreitet und vielfach untersucht worden ist. Angst zu haben ist ein Urzustand des Menschen und ist in seinen Grundbefindlichkeiten verankert. „Angst gehört ebenso zum Leben wie Schmerz… Lebens- und Weltangst gehören zur Basis des Menschseins überhaupt“ (Klußmann 2002, S. 308). Als Angst bezeichnet man nach Pschyrembel (1989) ein emotionales Zustandsbild mit zentralem Motiv der Gefahrenzone und stereotypen körperlichen Begleiterscheinungen (Peseschkian 1991. S. 147).

Angst (lat. Angustiae, Enge, Klemme, Schwierigkeit) ist typisch für die Kindheit und Jugend mit ihren zahlreichen Anpassung- und Entwicklungsaufgaben. Gleichzeitig hat das Kind noch nicht die Fähigkeit zwischen inneren und äußeren, realen und fantasierten Gefahren zu unterscheiden (Weinberger 2015. S. 253).

Bei den behandlungsbedürftigen Ängsten unterscheidet man folgende Ängste:

- Trennungsangst: Angst vor Trennung von wichtigen Bezugspersonen.
- Phobische Störung: Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen, z. B. vor Tieren oder Gewittern.
- Panikstörung: wiederkehrende, kurzfristige und plötzlich auftretende, außerdem nicht vorhersehbare Angstattacken, unabhängig von spezifischen Umständen.
- Generalisierte Angststörung: anhaltende schwerwiegende Befürchtungen, die sich nicht auf bestimmte Objekte beziehen.
- Agoraphobie: Die Angst bezieht sich auf Plätze und Situationen, die man nicht rasch verlassen kann. Diese werden gemieden.
- Soziale Phobie: Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen.

Angst, ein Signal vor Gefahren, ist für die Entwicklung notwendig. Nur über das Erleben von Angst lernt das Kind mit dem Gefühl der Angst umzugehen. „Die Ängste des Kindes sind dann behandlungsbedürftig, wenn das Kind durch sein Vermeidungsverhalten in seiner weiteren altersgemäßen Entwicklung gefährdet ist“ (Weinberger 2015. S. 254-255). Viele dieser hier aufgezählten Ängste werden am späteren Fallbeispiel von Tina genauer betrachtet.

2.2. Setting und Prozess der Therapie

Die Erziehungsberaterin beginnt die Fallgeschichte mit einer Kindertherapie: Geschichte und Entwicklung eines angstgehemmten Mädchens, das in einer symbiotischen Beziehung mit seiner Mutter lebt.

In München, in einer Schule der Klasse 3b, geschah für alle etwas Unfassbares: Tina, achteinhalb Jahre alt, wurde in der zweiten Stunde totenblass, brach in Tränen aus, ihr war schwindlig und übel. Sie hatte Atem- und Kreislaufbeschwerden. Zweimal war sie bewusstlos zusammengebrochen. Die Lehrerin konnte aus dem Mädchen nichts herausbringen. Tina war bisher völlig unauffällig im Verhalten, eine begabte, eher zurückhaltende Schülerin, aber im Kontakt mit ihren MitschülerInnen als "ruhiger Pol" sehr beliebt. Auch die Lehrerin hatte Tina ins Herz geschlossen und konnte sich nicht erklären, was in dem Kind vorging. Eine medizinische Untersuchung beim Hausarzt brachte keinerlei auffällige organische Ergebnisse, und auch die Mutter stand vor einem Rätsel. Sie berichtet, Tina sei am Montagabend immer auffällig still gewesen und habe hohes Fieber gehabt, das aber schnell in der Nacht verging.

Eine verzweifelte Mutter meldete sich auf Empfehlung der Lehrerin und des Arztes in der Beratungsstelle an. Dass Tina am Abend ganz still, aber mit hohem Fiber war, könnte nach der Meinung der Erziehungsberaterin ein Hinweis auf eine starke lymphatische Reaktion sein, wie sie oft im Zusammenhang mit schweren Angstzuständen beobachtet wird. Eine lymphatische Reaktion wird folgendermaßen definiert: das Auftreten einer Lymphozytose im Blut – vor allem bei Infektionskrankheiten des Kindes - statt der häufigeren myeloischen Reaktion; i. w. S. die verstärkte Teilnahme des gesamten lymphatischen Systems (http://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/lymphatische-reaktion).

2.2.1. Beratungs-/Therapieanlass

Im Gespräch mit Frau B. beleuchtet die Beraterin mit ihr die Entwicklung Tinas in ihrem Umfeld, um hier mögliche Hintergründe für ihr Problem zu entdecken. Tinas Mutter war mit 28 Jahren aus dem damaligen Jugoslawien nach Deutschland gekommen. Seitdem lebt die heute 38-Järhrige hier und es gehe ihr "so leidlich". Tinas Vater, ein deutscher Ingenieur, wollte mit ihr eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Als er jedoch erfuhr, dass seine Braut von ihm schwanger war, erfasste ihn wilde Panik. Er wollte um keinen Preis ein Kind. Zudem war er so an seine Mutter gebunden, dass er es nicht wagte, ihr "eine solche Schande" zu gestehen. Stattdessen verschwand er Hals über Kopf - ohne Abschied. Frau B. fühlte sich maßlos im Stich gelassen, es war die schlimmste Zeit ihres Lebens, sagt sie unter Tränen. Groll, Verzweiflung, die Hoffnung, ihr Partner komme wieder, die Ungewissheit, wie es weiter gehen sollte, machte ihr die ersten drei Schwangerschaftsmonate zur Hölle. Aus religiösen Gründen hatte sie sich entschlossen, das Kind zu behalten, obgleich sie "auf ein Wunder wartete", das Kind nicht austragen zu müssen. "Jeder Mensch ist ein Gotteskind, ein Kind des Lichtes" versuchte sie sich zu trösten, nachdem es ihr so schwer fiel, das werdende Leben anzunehmen. Heute könne sie sich ein Leben ohne Tina nicht mehr vorstellen, "Mein Kind ist mein einziger Lebensinhalt", sagt sie, wir sind "ein Herz und eine Seele", sie teilten alle Freuden und Sorgen miteinander. Die Meinung der Erziehungsberaterin hierzu sieht folgendermaßen aus, „Diese Aussage allein gibt schon einen deutlichen Hinweis auf eine sehr enge, symbiotische Bindung zwischen Mutter und Tochter“ (Cramer-Bochow 2001. S. 14). Frau B. musste fünf Monate nach der Geburt von Tina in ihren Beruf in die Elektronikbranche zurück. Tina kam in eine Kinderkrippe. Dort war sie ein "pflegeleichtes, sympathisches Kind". Die Mutter reagierte mit erheblichen Schuldgefühlen und versuchte in der Freizeit "aufzuholen und nur für die Kleine da zu sein". Damals hatte sie sich auch entschieden, dem Kind zuliebe auf eine neue Partnerschaft zu verzichten. Tina wurde so in die Rolle eines "Ersatzpartners" gedrängt. Dann ging die Elektronikfirma pleite und Frau B. wurde arbeitslos. Eine Umschulung durch das Arbeitsamt als Bürokauffrau brachte ihr keine Stelle, so dass sie jetzt "nur Hausfrau" sei und sich unnütz fühle. Ihre Eltern sind tot, sie hat in München keine befreundeten Familien aus ihrer Heimat mehr, so sucht sie Trost vor allem in Büchern, klassischer Musik und Religion. Tina ist ihr einziger "Schatz". Über sich sagt Frau B., sie gebe sich große Mühe, sich als fröhliche lebensbejahende Mutter zu geben, habe dabei aber das Gefühl, sie stünde neben sich. Sie leide sehr unter der Arbeitslosigkeit und der Abhängigkeit von der Sozialhilfe. Sie war immer arbeitsam. Außerdem sei es für sie und Tina zu eng in der Eineinhalb-Zimmer-Wohnung. Tausend Ängste kreisen um Tina, dass die entführt, oder missbraucht werden könne, und Frau B. stehe Höllenqualen aus, wenn ihr Kind außer Sichtweite ist. Sie sei selbst sehr ängstlich, gehe abends nicht gern alleine auf die Straße. Sie weiß, dass sie Tina zu sehr an sich bindet, sie oft zu eng halte. Sie kann auch mit ihr nicht über Männer und Sexualität sprechen, nicht einmal über die Körpervorgänge, die Tina beim Eintritt in die Pubertät erwarten, wegen der tiefen Enttäuschung von damals.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Pädagogisch-therapeutische Arbeit mit Kindern in der Erziehungsberatung
Untertitel
Am Beispiel der therapeutischen Angstbewältigung eines Mädchens
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
Erziehungsberatung
Note
bestanden
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V374383
ISBN (eBook)
9783668540255
ISBN (Buch)
9783668540262
Dateigröße
479 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
pädagogisch-therapeutische, arbeit, kindern, erziehungsberatung, beispiel, angstbewältigung, mädchens
Arbeit zitieren
Doktor Nona Mamiseishvili (Autor:in), 2011, Pädagogisch-therapeutische Arbeit mit Kindern in der Erziehungsberatung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374383

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