Gesundheitsberatung bei chronischen Krankheiten. Potenziale und Grenzen am Beispiel Koronare Herzkrankheit


Hausarbeit, 2016

31 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Chronische Krankheiten
2.1 Koronare Herzkrankheit
2.2 Verlaufsformen
2.2.1 Risikofaktoren
2.2.2 Epidemiologie
2.2.3 Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten
2.2.4 Komplexe Probleme und Herausforderungen bei der Versorgung
2.2.5 Unterstützungsbedarf

3 Beratung
3.1 Gesundheitsberatung bei Koronarer Herzkrankheit
3.1.1 Zielgruppe und Ziele der Gesundheitsberatung
3.1.2 Institutioneller Rahmen einer Gesundheitsberatung
3.1.3 Bestehende Beratungsansätze in Disease Management Programmen
3.1.4 Potenziale einer Gesundheitsberatung bei Koronarer Herzkrankheit
3.1.5 Grenzen der Gesundheitsberatung bei Koronarer Herzkrankheit

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Lebenszeitprävalenz (%) ischämischer Herzkrankheiten nach Geschlecht und Sozialstatus

Quelle: Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (Hrsg.) (2016): Nationale Versorgungsleitlinien Chronische KHK. Langfassung 4.Auflage. Version 1.Berlin: ÄZQ- Redaktion Nationale Versorgungsleitlinien S.98

Abbildung 1: Interventionsverhältniss im Versorgungswesen.

In Anlehnung an Quelle: Sachverständigenrat (2002) Band III.2, S.34ff. In: Nittel, D./ Seltrecht, A. (2013): Krankheit: Lernen im Ausnahmezustand? Brustkrebs und Herzinfarkt aus interdisziplinärer Perspektive. Berlin Heidelberg: Springer Verlag S.37

Abbildung 2: Strukturelle Probleme der Versorgung mit Mittelpunkt Patient

In Anlehnung an Quelle: Schaeffer D. et al (2003): Evaluation der Modellprojekte zur Patienten- und Verbraucherberatung nach § 65 b Sozialbesetzbuch V. Erster Bericht der wissenschaftlichen Begleitforschung für die Spitzenverbände der GKV. Bielefeld: Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld S.29-33

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Durch eine Vielzahl an Risikofaktoren, aber auch durch den demographischen Alterungsprozess, nimmt die Zahl der Menschen die an chronischen Erkrankungen leiden kontinuierlich zu. Die Versorgung dieser, häufig auch multimorbiden Patienten, stellt das Versorgungswesen vor besondere Herausforderungen. In ihrem beruflichen Alltag im Rettungsdienst begegnen der Autorin der vorliegenden Hausarbeit täglich Patienten mit Koronarer Herzkrankheit, im Folgenden KHK, und den daraus resultierenden Akutereignissen wie Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Angina Pectoris und Myokoardinfarkt. In den vielen Gesprächen im Rahmen der Anamneseerhebung wird hierbei deutlich, wie wenig die Patienten oft über die Risikofaktoren ihrer Erkrankung, ihre Erkrankung selbst und im Rahmen dessen auch über die bestehenden Versorgungsstrukturen wissen und daher damit gänzlich überfordert sind. Das Interesse an den Gründen für diesen Sachverhalt in einem der besten Gesundheitswesen der Welt hat die Autorin zur Wahl der Koronaren Herzkrankheit im Bezug auf die Versorgung von chronischen Erkrankungen und damit zum Verfassen dieser Hausarbeit bewogen. Die vorliegende, literaturgeleitete wissenschaftliche Arbeit soll daher der Frage nachgehen, inwiefern die Versorgungssituation von Menschen mit KHK durch eine professionelle Gesundheitsberatung unterstützt werden kann bzw. wo Potenziale und wo Grenzen liegen. Die Erkrankung wird zunächst anhand Verlausform, Epidemiologie und Risikofaktoren sowie Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten näher fokussiert. Anhand dieses Hintergrundes wird exemplarisch auf die komplexen Probleme und Herausforderungen sowie auf den damit zusammenhängenden Unterstützungsbedarf von Patienten mit KHK eingegangen. Anschließend wird unter dem Thema der Gesundheitsberatung von KHK Patienten der Begriff der Beratung kurz erörtert, um danach die Gesundheitsberatung und ihre Bedeutung für den KHK-Patienten anhand von deren Zielen, der angesprochenen Zielgruppe und dem konstitutionellen Rahmen zu verstehen. Bestehende Beratungsansätze sollen zeigen, in welcher Form eine Gesundheitsberatung für KHK-Patienten bereits besteht bzw. denkbar ist. Abschließend werden die Potentiale und Grenzen reflektiert, die eine Gesundheitsberatung für die bedarfsgerechte Versorgung von Patienten mit Koronarer Herzkrankheit hat.

2 Chronische Krankheiten

Chronischen Krankheiten zählen heutzutage in den Industriestaaten, zunehmend jedoch auch in den weniger wohlhabenden Ländern, zu den häufigsten und gesundheitsökonomisch bedeutsamsten Gesundheitsproblemen. Zu ihnen zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, Erkrankungen des Muskel-Skelett- Systems, psychische Störungen und Diabetes mellitus. Diese sind weit verbreitet und beeinflussen Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und Sterblichkeit. (Robert Koch Institut 2016) In der Regel sind chronische Krankheiten nicht heilbar und irreversibel. Verstärkt treten sie in der zweiten Lebenshälfte und nicht zuletzt im Rahmen einer Multimorbidität auf und stellen für den betroffenen Patienten ein langfristiges Gesundheitsproblem dar, mit dem es gilt, über eine sehr lange Zeitspanne, wenn nicht sogar bis zum Lebensende zurechtzukommen (Kofahl et al. in Gesundheitsmonitor 2012, S.133). Der kontinuierlich oder schubweise fortschreitende Krankheitsverlauf ist durch die Vielzahl beeinflussender Faktoren kaum vorhersagbar. Dies erschwert dem Patienten und seinen Angehörigen zusätzlich, sich auf die Krankheit einzustellen. Zu den Krankheitsfolgen zählen eine dauerhafte Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems, eine Beeinträchtigung der Körperfunktionen, Behinderungen im Alltag, Veränderungen im Erscheinungsbild, eine zunehmende Abhängigkeit von anderen Menschen sowie die Veränderung von Lebensschwerpunkten und Perspektiven, denn die Betroffenen müssen lernen, mit der Krankheit und den durch sie hervorgerufenen Einschränkungen zu leben (Scheidt-Nave 2010, S.11). Insbesondere Erkrankungen des Herz- Kreislaufsystems stellen den Hauptanteil an chronischen wie akuten Erkrankungen dar und führen durch einen vorzeitigen Tod vor dem 65. Lebensjahr zu einem erheblichen Verlust an potenziellen Lebensjahren. (RKI 2013) Sie sind daher sowohl aus Sicht der medizinischen Versorgung als auch hinsichtlich der resultierenden Kosten für das Gesundheitssystem von besonderer Bedeutung (Greten 2005, S.2).

2.1 Koronare Herzkrankheit

Unter der Koronaren Herzkrankheit versteht man eine dauerhafte Verengung der Herzkranzgefäße, auch Arteriosklerose genannt. Sie entsteht durch Fett- bzw. Kalkablagerungen an den Innenwänden der Herzkranzgefäße und führt zu einer chronischen Unterversorgung des Herzmuskels mit Blut und Sauerstoff (Kühn et al. 2010 S.395). Die KHK als chronische Erkrankung ist mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verbunden (Bundesärztekammer et al. 2016, S.23).

2.2 Verlaufsformen

Die Sypmtome und der zeitliche Verlauf der Krankheit sind bei jedem Patienten unterschiedlich (Greten et al. 2010, S.40 ff.). Die KHK können sich in einer über Jahre hinweg bestehenden asymptomatischen Verlaufsform, in Phasen einer lange gleichbleibenden Symptomatik, einer langsamen Verschlechterung, einer schnellen Verschlechterung mit temporären Stillständen bis hin zu einer stotternden Symptomatik und akut lebensbedrohlichen Auswirkungen äussern (Greten 2005, S.35). Zusammengefasst stellt sich die KHK somit als eine ernstzunehmende und als eine schwer einschätzbare Erkrankung dar, die das Leben der Patienten sowohl körperlich als auch psychisch stark beeinträchtigt. Letzteres gilt auch für die Angehörigen. Um die unterschiedlichen Auswirkungen und Folgen der KHK und den daraus resultierenden Belastungen für den Patienten besser verstehen zu können, werden diese im Folgenden noch einmal genauer betrachtet:

Die Stabile Angina Pectoris äussert sich in einem anfallartigen Engegefühl, bzw. retrosternalen, drückenden, reißenden und brennenden Schmerzen, welche häufig in die linke Körperhälfte ausstrahlen (Greten 2005, S.36ff). Als Auslöser gelten körperliche und psychische Belastungen (Herold 2015, S.238). Eine weitere Folgeerkrankung aufgrund bestehender KHK ist die Ischämische Herzmuskelschädigung durch eine dauerhafte, unzureichende Versorgung des Herzmuskels und daraus resultierender Herzinsuffizienz. Auch Herzrhythmusstörungen sind Folgen der KHK und äußern sich in Form von ventrikulären Extrasystolen bis hin zum Kammerflimmern (Herold 2015, S.237ff.). Als unmittelbar lebensbedrohliche Zustände der KHK werden unter dem Begriff des akuten Koronarsyndroms die instabile Angina Pectoris und der akute Myokardinfarkt zusammengefasst. Die Übergänge zwischen diesen Vorgängen sind fließend. Unter der Instabilen Angina Pectoris ist jede schwere, häufig oder neu auftretende Angina Pectoris zu verstehen. Der akute Myokardinfarkt (auch Herzinfarkt) bedeutet eine durch KHK und hochgradige Stenose oder Verschluss einer oder mehrerer Koronararterien verursachtes Absterben des Herzmuskelgewebes. Akutsymptome sind vor allem Unruhe, Angst bis hin zur Todesangst und einem sogenannten Vernichtungsgefühl, Blässe und Kaltschweißigkeit. Mit einhergehend ist ein häufig unerträglicher Thoraxschmerz. Auch ein plötzlicher Herztod durch KHK ist möglich (Herold 2015, S.237ff.).

2.2.1 Risikofaktoren

Das Risiko einer KHH steigt mit dem gleichzeitigen Vorliegen mehrerer Risikofaktoren und ihrer Ausprägung an. Sie sind durch die Beeinflussbarkeit von Verhaltensumstellungen und medikamentöser Therapie voneinander zu unterscheiden (Greten 2005, S.33). Der Bereich des Lebensstils umfasst die Ernährung, den Umgang mit Nikotin und Alkohol und körperliche Aktivität. Zu dem Bereich der Biochemie gehörten die Faktoren Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus und Adipositas. Der Bereich der Persönlichen Charakteristika ist nicht beeinflussbar. Er umfasst Alter, Geschlecht, Familienanamnese von KHK oder anderen arteriellen Gefäßerkrankungen in jüngerem Alter und bereits bekannte Gefäßerkrankungen (Greten 2005, S.34). Neben den körperlichen Risikofaktoren hat eine zunehmende ganzheitliche Sichtweise der KHK in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass auch psychosoziale Aspekte als Risikofaktoren zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Folgende Faktoren können auf die Entwicklung und den Verlauf der KHK sowie die auf die Lebensqualität der Patienten negative Auswirkungen haben: eine niedrige Sozialschicht, mangelnde soziale Unterstützung, Stress in Beruf und Familie, Depressivität, Angst, Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie, Bipolare Störungen und das sogenannte Typ D Muster, welches sich in Gereiztheit und einer permanenten Hektik äußert. (Bundesärztekammer et al. 2016, S.35- 36).

2.2.2 Epidemiologie

Die Koronare Herzkrankheit ist die in Industrieländern am häufigsten vorkommende Todesursache. In Deutschland sind alleine 20% der Todesursachen auf sie zurückzuführen. Männer mit einer Lebenszeitprävalenz von 30% sind deutlich öfter von KHK betroffen als Frauen mit einer Lebenszeitprävalenz von 15%. Die Häufigkeit der verschiedenen Erscheinungsformen der KHK bei Erstmanifestation liegt bei Angina Pectoris bei 40%, dem akuten Koronar Syndrom bei 50% und dem plötzlichen Herztod bei 10%. Ein besonders gehäuftes Auftreten der KHK ist ab dem 5. Lebensjahrzehnt zu verzeichnen (Herold 2015, S.237).

Tabelle 1: Lebenszeitprävalenz (%) ischämischer Herzkrankheiten nach Geschlecht und Sozialstatus Quelle: Bundesärztekammer 2016 in Nationale Versorgungsleitlinien, S.18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie an Tabelle 1.1 gut zu erkennen, zeigt neben dem Geschlecht auch der soziale Status Einfluss auf die Lebenszeitprävalenz der KHK. So erkranken Menschen mit einem niedrigen sozialen Status im Lauf ihres Lebens mehr als doppelt so häufig an einer KHK als Menschen mit einem hohen sozialen Status. Bei den Frauen ist dies im Vergleich von niedrigem zu hohem Sozialstatus sogar dreimal so oft der Fall. Aufgrund der demographischen Entwicklung und einer immer älter werdenden Bevölkerung ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit der Koronaren Herzkrankheit auch in Zukunft weiter zunehmen wird (Bundesärztekamer et al. 2016, S.18). Nachdem die KHK als chronische KHK symptomatisch und epidemiologisch in breiten Spektren vorgestellt wurde, liegt es nun nahe, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Schwierigkeiten und Herausforderungen in der Versorgung klar vorzulegen.

2.2.3 Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten

Die im Folgenden aufgeführten Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten beziehen sich auf die Nationalen Versorgungsleitlinien für Chronische KHK 2016 und entsprechen damit den durch Bundesärztekamme, Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der wisschenschaftlich medizinischen Fachgesellschaft empfohlenen, theoretischen Standards.

Die Anamnese ist von großer Bedeutung für die Einschätzung einer bestehenden KHK. Ebenso hat sie Einfluss auf die Fähigkeit und die Bereitschaft des Patienten zu einem Umdenken und einer Änderung von eventuell bestehenden, gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen. Die anschließende Basisdiagnostik umfasst die standartmäßige körperliche Untersuchung. Zu den nicht invasiven Diagnosemaßnahmen gehören das Belastungs EKG, die Stress Echokardiographie, das Myokard Perfussions SPECT und verschiedene Magnet Resonanz Tomographien. Zu den invasiven Maßnahmen mit, im Gegensatz zu den nicht - invasiven Maßnahmen erhöhten Risiken für den Patienten, gehört die Koronarangiographie im Herzkatheterlabor.

Im Rahmen des Risikofaktorenmanagements soll die Prognose und Leistungsfähigkeit der KHK -Patienten durch die konsequente Umsetzung sekundärpräventiver Maßnahmen verbessert werden. Durch kontinuierliche Aufklärung, Beratung und Schulung der Patienten ist sie ein wichtiger Teil der nicht medikamentösen Therapiestrategie.

Der Bereich der Pharmakologischen Intervention erstreckt sich über einen großen Bereich von Medikamentionsmöglichkeiten, welche sich grob unterteilen lassen in einen prognoseverbessernden Bereich und einen symptomatischen bzw. Angina Pectoris vorbeugenden Bereich und sonstige Maßnahmen. Ziele der klinisch -technischen Intervention und der klinischen Revaskularisationstherapie1 ist es, dem Patienten eine verbesserte Symptomatik und Lebesqualität zu ermöglichen. Die Therapie kann durch zwei unterschiedliche Verfahren erfolgen: einer perkutanen Aufdehnung der Gefäßengstelle mittels eines Ballonkatheters (Ballonangioplastie) und / oder die Implantation einer Gefäßstütze (Stent) oder einer operativen Bypass Operation.

Die Versorgungskoordination erstreckt sich bei der Behandlung von KHK -Patienten im Regelfall über eine, bei ersten aufgetretenen Anzeichen einer KHK primären, hausärztlichen Versorgung, einer bedarfsmäßigen Überweisung vom Hausarzt zum Kardiologen, einer gemeinsamen Langzeitbetreuung durch Hausarzt und Kardiologen bis hin zu einer Einweisung in ein Krankenhaus bei akuter Symptomatik und einer folgenden rehabilitativen Versorgung. Durch die hausärztliche Langzeitbetreuung soll die Lebensqualität des Patienten gefördert werden. Im Rahmen der Rehabilitation soll der KHK -Patient darin unterstützt werden, die für ihn bestmögliche physische und psychische Gesundheit wiederzuerlangen und langfristig aufrechtzuerhalten. Sie wird in drei Phasen unterschieden: Phase 1 mit der Akutbehandlung und Frühmobilisation, Phase 2 mit der stationären bzw. ambulanten Rehabilitation im direkten Anschluss an Phase 1 und Phase 3, der lebenslangen Nachsorge und Betreuung am Wohnort (Bundesärztekammer et al. 2016, S.18- 99).

2.2.4 Komplexe Probleme und Herausforderungen bei der Versorgung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Interventionsverhältniss im Versorgungswesen. In Anlehnung an Quelle: Sachverständigenrat (2002) Band III.2, S.34ff. In: Nittel, D.; Seltrecht, A. (2013): Krankheit: Lernen im Ausnahmezustand? Brustkrebs und Herzinfarkt aus interdisziplinärer Perspektive. Berlin Heidelberg: Springer Verlag S. S.37

In der Versorgung von chronisch kranken Patienten, insbesondere KHK -Patienten weist das Gesundheitssystem in der Versorgungsqualität erhebliche Defizite auf. Der hohen Anzahl von pharmakologischen und technischen Interventionen steht keine entsprechende Senkung der KHK Mortalität oder Morbidität gegenüber. Der Grund dafür wie auch in Abbildung 1 dargestellt ist in einem Missverhältniss zwischen pharmakologisch -technischer im Vergleich zu präventiv -verhaltensmodifizierten Intervention zu sehen (Sachverständigenrat 2002, S.36ff. in Bundesärztekammer et al. 2016, S. 36ff.). Diese Aussage macht deutlich, dass eine gute Versorgung von KHK Patienten nicht nur von guter pharmakologischer und technischer Intervention abhängt ist, sondern zu gleichen Teilen von einer präventiv- verhaltensmodifizierenden Intervention. Um die Auswirkungen dieses Ungleichgewichts noch einmal zu unterstreichen, gilt es zu wissen, dass das Versorgungswesen von einem einsichtigen und folgsamen Patienten ausgeht, der detailliert über seine Probleme berichtet, zuhört und versteht, was man ihm sagt, sich ärztliche Empfehlungen merkt und diese auch befolgt (Tewes 2011, S.18-19). Dieser mündige Patient ist gut informiert, lässt sich beraten wenn es notwendig ist, nimmt aktiv an ärztlichen Entscheidungen teil und findet den für sich richtigen Arzt oder die richtige Klinik (Schmidt- Kaehler 2007, S.7). In Anlehnung an die Nationalen Versorgungsleitlinien für chronische KHK wird dieser mündige Patient im Rahmen des Risikofaktorenmanagements seine persönlichen Risikofaktoren kennen und diesen durch aktive Verhaltensänderungen entgegenwirkenseine Medikamente regelmäßig einnehmen, über seine Krankheit und die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen informiert sein und aktiv Entscheidungen treffen, sich über die Möglichkeiten und Abläufe des Versorgungssystems bewusst sein usw. Um diesem Leitbild des mündigen Patienten näher zu kommen, bedarf es jedoch einer verbesserten Transparenz über Art und Qualität von Gesundheitsdienstleistungen, einer verbesserten Kommunikation zwischen Nutzern und Akteuren, eine verbesserte Versorgungskoordination und vor allem Informations- und Beratungsangeboten, die dem Patienten helfen (Schmidt- Kaehler 2007, S.5). Weiterhin müssen Mängel in der Versorgungskoordination behoben und ausgeglichen werden. Im Folgenden soll in Anlehnung an Schaeffer et al. 2007 und im Bezug auf den Patienten im Mittelpunkt des Versorgungswesens erläutert werden, an welchen Stellen der Versorgung der Patienten strukturelle Probleme auftreten und welcher Art diese sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Strukturelle Probleme der Versorgung mit Mittelpunkt Patient

In Anlehnung an Quelle: Schaeffer D. et al (2003): Evaluation der Modellprojekte zur Patienten- und Verbraucherberatung nach § 65 b Sozialbesetzbuch V. Erster Bericht der wissenschaftlichen Begleitforschung für die Spitzenverbände der GKV. Bielefeld: Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld S. 29 -33

Patient

Zusammenfassend sieht sich der KHK -Patient durch die Diagnose einer Krankheit ausgesetzt, die das wichtigste Organ seines Körpers betrifft, die ihn für den Rest seines Lebens begleiten wird und deren Verlauf aufgrund der Vielzahl beeinflussender Faktoren kaum vorhersagbar ist. In diesem Kontext zeigen Patienten mit einer chronischen Erkrankung eine deutlich eingeschränkte Bereitschaft, auch Compliance2 genannt, den ärztlichen Anweisungen Folge zu leisten, da dies zusätzlich mit tiefen Eingriffen in Lebensgewohnheiten und Lebensstil einhergeht und schnell den Eindruck vermittelt, dem Leben die letzte noch verbleibende Sicherheit zu rauben (Tewes 2011, S.18). Patienten mit KHK sind durch diese Krankheit und den Umgang mit ihr je nach Ausgangslage mit unterschiedlichen Faktoren wie Alter, Multimorbidität, Sozialem Status etc. noch unterschiedlich gefordert, das Bild den mündigen Patienten zu erfüllen. Durch die unterschiedlichen Verlaufsformen der Krankheit, die subjektive Wahrnehmung des Patienten und der unterschiedlichen Ausgangslage wird deutlich, dass jeder Patient eine ganz eigene, individuelle Geschichte und Basis in die Versorgungssituation miteinbringt. Ausgehend von dieser Situation in der sich der Patient befindet, führen folgende Faktoren zu erheblichen Problemen und Herausforderungen wenn es darum geht, sich als mündiger Patient mit der Krankheit KHK im Versorgungswesen zu bewegen.

Interaktions- und Kommunikationsprobleme zwischen Nutzer und Akteur

Die Probleme in der Interaktion und Kommunikation sind vor allem in der langen Phase der Diagnostik, der Mitteilung der Diagnose und der anschließenden Phase der Behandlung zu sehen, in der der Bedarf des Patienten und seiner Angehörigen an Information und Kommunikation nur unzureichend befriedigt wird und kaum Raum für Artikulation für die eigene Problemsicht, Fragen und Anliegen bleibt (Schaeffer et al 2003 S.30). Dazu kommt, dass nur etwa die Hälfte der Patienten ärztliche Hilfe aufsucht.

[...]


1 Revaskularisation: In der Gefäßchirurgie und in der interventionellen Kardiologie wird der Begriff verwendet, um die chirurgische Verbesserung der Durchblutung minderversorgter Gewebe zu bezeichnen. (DocCheckFlex 2016)

2 Compliance: Ausmaß, in dem der Patient den Vorgaben des Arztes folgt, insbsondere im Bereich der Medikamenteneinnahme, Einhaltung von Arztterminen und die Befolgung ärztlicher Empfehlungen im Hinblick auf (…) und Änderungen der Lebensgewohnheiten wie bspw. Alkohol und Nikotinkonsum oder Bewegung. (Tewes 2011 S.19)

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Gesundheitsberatung bei chronischen Krankheiten. Potenziale und Grenzen am Beispiel Koronare Herzkrankheit
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Gesundheitswissenschaften)
Veranstaltung
Grundlagen der Gesundheitswissenschaften
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
31
Katalognummer
V374537
ISBN (eBook)
9783668517462
ISBN (Buch)
9783668517479
Dateigröße
662 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesundheitsberatung, Gesundheitswissenschaften, Beratung, Gesundheit, Disease Management Programme, Krankenkasse
Arbeit zitieren
Fabienne Schuhmacher (Autor:in), 2016, Gesundheitsberatung bei chronischen Krankheiten. Potenziale und Grenzen am Beispiel Koronare Herzkrankheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374537

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