Der Front National (FN) ist spätestens seit den Europaparlamentswahlen 2014 in Frankreich, in denen er erstmals stärkste Kraft wurde, ein ernsthafter Konkurrent für die beiden großen Parteien Parti Socialiste (PS) und Union pour un mouvement populaire (UMP), die 2015 in Les Républicains (LR) umbenannt wurde. Trotz Isolation im Parteiensystem der V. Republik
schaffte er es, sich allmählich zu etablieren und erhebliche Stimmenanteile in allen wesentlichen in Frankreich stattfindenden Wahlen dazuzugewinnen. Damit stellt sich die Frage, ob gerade der Ausschluss des Front National von Wahlabsprachen durch die anderen Parteien in den nach romanischer Mehrheitswahl stattfindenden Nationalversammlungswahlen zu einer wachsenden Wählerzustimmung geführt hat. Sollte dies der Fall sein, wäre die Strategie der Isolation gescheitert.
Um diese Frage und die Behauptung von Jean-Yves Camus, dass „der FN auf lange Zeit die dritte politische Kraft in Frankreich bleiben wird, zumal wenn sich bestätigen sollte, dass die Partei ihre Ergebnisse zu verbessern und ihre Wähler dauerhaft an sich zu binden vermag [...]“ (Camus 2015) zu überprüfen, werde ich die Wahlergebnisse der Europaparlaments- und Nationalversammlungswahlen im Zeitraum von 2002 bis 2014 miteinander vergleichen.
Zur Einordnung dieser jüngsten Wahlergebnisse gebe ich davor im theoretischen Teil einen Rückblick auf die ersten Wahlerfolge und die Etablierung des Front National im französischen Parteiensystem vor 2002. Daraufhin werde ich die Bedeutung der romanischen Mehrheitswahl, die bei den Nationalversammlungswahlen angewandt wird und der für sie charakteristischen Wahlabsprachen für die Unterrepräsentation der Partei auf nationaler Ebene erläutern, bei der ich mich vor allem auf die Darstellungen von Dieter Nohlen zum französischen Wahlrecht beziehen werde. Im dritten und letzten Teil der Theorie stelle ich meine Operationalisierung und meine Datenquellen dar.
Im empirischen Teil vergleiche ich die amtlichen Wahlergebnisse der aufeinanderfolgenden Wahlen und die Verteilung der Mandate. Beginnen werde ich mit dem Vergleich der Nationalversammlungswahlen 2002 und der Europaparlamentswahlen 2004, gefolgt von den Nationalversammlungs- und Europaparlamentswahlen 2007 und 2009 und letztlich den jüngsten Wahlergebnissen der Nationalversammlungs- und Europaparlamentswahlen 2012 und 2014. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorie
- Die Etablierung des Front National im französischen Parteiensystem vor 2002
- Die romanische Mehrheitswahl als Hindernis für den Front National
- Operationalisierung und Datenquellen
- Vergleiche der nationalen und europäischen Wahlergebnisse
- Nationalversammlungswahlen 2002 und Europaparlamentswahl 2004
- Nationalversammlungswahlen 2007 und Europaparlamentswahl 2009
- Nationalversammlungswahlen 2012 und Europaparlamentswahl 2014
- Diskussion der Wahlergebnisse: Wohin entwickelt sich die Wählerzustimmung des FN?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Erfolgschancen des Front National (FN) in Frankreich im Kontext der romanischen Mehrheitswahl zu untersuchen. Hierbei wird analysiert, ob der Ausschluss des FN von Wahlabsprachen durch andere Parteien in den Nationalversammlungswahlen zu einer steigenden Wählerzustimmung geführt hat.
- Die Etablierung des Front National im französischen Parteiensystem
- Die Auswirkungen der romanischen Mehrheitswahl auf die Repräsentation des FN
- Der Vergleich der Wahlergebnisse von Europaparlaments- und Nationalversammlungswahlen
- Die Analyse der Wählerzustimmung zum FN
- Die Bewertung der These von Jean-Yves Camus zur Position des FN im französischen Parteiensystem
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Arbeit untersucht die Erfolgschancen des Front National (FN) im französischen Parteiensystem und stellt die Frage, ob die Strategie der Isolation des FN in den Nationalversammlungswahlen zu einer gesteigerten Wählerzustimmung geführt hat.
Theorie
Die Etablierung des Front National im französischen Parteiensystem vor 2002
Der Abschnitt beschreibt die Etablierung des FN im französischen Parteiensystem seit den 1980er Jahren, beleuchtet seine frühen Erfolge bei Kommunal- und Europaparlamentswahlen und die Rolle der Splitterpartei PFN.
Die romanische Mehrheitswahl als Hindernis für den Front National
Dieser Teil erläutert die Funktionsweise der romanischen Mehrheitswahl in Frankreich und ihre Auswirkungen auf die Repräsentation des FN. Er bezieht sich dabei auf die Darstellungen von Dieter Nohlen.
Operationalisierung und Datenquellen
Dieser Abschnitt stellt die verwendeten Methoden und Datenquellen der Arbeit vor.
Vergleiche der nationalen und europäischen Wahlergebnisse
Die Kapitel 3.1 bis 3.3 analysieren die Wahlergebnisse der Nationalversammlungs- und Europaparlamentswahlen in den Jahren 2002-2014. Die Ergebnisse werden jeweils in Bezug auf die Mandatsverteilung und die Entwicklung der Wählerzustimmung zum FN betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Front National (FN), der romanischen Mehrheitswahl, dem französischen Parteiensystem, den Wahlergebnissen von Nationalversammlungs- und Europaparlamentswahlen, der Wählerzustimmung, der Isolation im Parteiensystem und der These von Jean-Yves Camus.
- Quote paper
- Nicolai Jacobs (Author), 2016, Erfolgschancen des Front National im Kontext der romanischen Mehrheitswahl, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375272