Durch steigende internationale Geschäftstätigkeiten, die Gründung von Auslandstöchtern, Fusionen und grenzüberschreitender Joint Ventures wird die Zusammenarbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zunehmend wichtiger. Unternehmen schicken ihr Personal ins Ausland, Mitarbeiter arbeiten mit fremdkulturellen Interaktionspartnern zusammen und/oder haben viel Auslandskontakt.
Ein wichtiger Handelspartner für Deutschland ist dabei Frankreich. Sowohl bei dem Anteil deutscher Exporte als auch bei dem Anteil der Einfuhren nimmt Frankreich mit 10,6% bzw. 9,2% als deutscher Handelspartner die Spitzenposition 2003 ein. Aufgrund dieser intensiven bilateralen Geschäftsbeziehungen mit Frankreich kommt es in der Praxis häufig zu interkulturellen Kontaktpunkten. Die ohnehin schon bestehende Komplexität einer geschäftlichen Beziehung wird durch den „Kulturfaktor“ erhöht. So zeigen die Schwierigkeiten der aus internationalen Fusionen hervorgegangenen Unternehmen wie EADS oder Aventis, dass kulturelle Unterschiede immer noch massiv unterschätzt werden.
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2. Theoretische Grundlagen zum interkulturellen Lernen
2.1 Gegenstand
2.2 Interkulturelle Kompetenz
2.2.1 Ein Überblick theoretischer Modelle
2.2.1.1 Das Modell nach Hampden-Turner & Trompenaars
2.2.1.2 Das Modell nach Hofstede
2.2.1.3 Das Modell der Kulturstandardforschung
2.2.2 Kritische Anmerkungen
2.3 Interkulturelles Lernen
2.4 Zeitliche Dimensionen der Auseinandersetzung mit neuen Kulturen
3. Kulturelle Unterschiede im Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich
3.1 Stereotype und Vorurteile
3.2 Bildungssysteme hinsichtlich der Ausbildung von Führungskräften
3.3 Die Rolle des Staates in der Wirtschaft
3.4 Deutsch-französische Kulturstandards
3.4.1 Macht und Einflusswege: externale vs. internale Autorität
3.4.2 Entscheidungsprozesse: Dissens vs. Konsens
3.4.3 Kommunikationsstile
3.4.3.1 Implizite, indirekte Botschaften vs. explizite, direkte Botschaften
3.4.3.2 Informeller Diskurs vs. formeller Diskurs
3.4.4 Personenorientierung vs. Sachorientierung
3.4.5 Zeitmanagement: Simultanität vs. Konsekutivität
3.5 Zusammenfassung/Ausblick
4. Interkulturelles Training am Beispiel Frankreichs
4.1 Notwendigkeiten eines interkulturellen Trainings
4.2 Didaktik
4.3 Begrifflichkeit und Trainingszeitpunkt
4.4 Trainingsteilnehmer
4.5 Trainer
4.6 Trainingsziele
4.6.1 Affektive, kognitive und verhaltensorientierte Ziele
4.7 Trainingstechniken
4.7.1 Der Culture-specific Assimilator
4.7.2 Critical Incidents Exercise
4.7.3 Die „Markhall“ - Simulation
4.8 Trainingsinhalte
4.8.1 Modellhafter Ablauf eines deutsch-französischen Trainings
5. Schlussfolgerungen und Perspektiven
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einordnung von interkultureller Kompetenz
Abbildung 2: Kulturdimensionen nach Hofstede
Abbildung 3: Kurve der kulturellen Anpassung
Abbildung 4: Arten von Stereotypen
Abbildung 5: Deutsch-französische Stereotype und Vorurteile
Abbildung 6: Bildungssysteme im Vergleich
Abbildung 7: Unterschiede deutsch-französischer Entscheidungsprozesse
Abbildung 8: Unterschiedlicher Verlauf eines Diskurses
Abbildung 9: Typologie interkultureller Trainings
Abbildung 10: Teilkompetenzen interkultureller Kompetenz
Abbildung 11: Stärken und Schwächen des Culture Assimilator
Abbildung 12: Stärken und Schwächen des CIE im Vergleich
Abbildung 13: Wertesystem in der „Markhall“ - Simulation
„Der Andere ist der Weg, wie man sich selbst erkennt“[1]
1. Einleitung
Durch steigende internationale Geschäftstätigkeiten, die Gründung von Auslandstöchtern, Fusionen und grenzüberschreitender Joint Ventures wird die Zusammenarbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zunehmend wichtiger. Unternehmen schicken ihr Personal ins Ausland, Mitarbeiter arbeiten mit fremdkulturellen Interaktionspartnern zusammen und/oder haben viel Auslandskontakt.
Ein wichtiger Handelspartner für Deutschland ist dabei Frankreich. Sowohl bei dem Anteil deutscher Exporte als auch bei dem Anteil der Einfuhren nimmt Frankreich mit 10,6 % bzw. 9,2 % als deutscher Handelspartner die Spitzenposition 2003 ein.[2] Aufgrund dieser intensiven bilateralen Geschäftsbeziehungen mit Frankreich kommt es in der Praxis häufig zu interkulturellen Kontaktpunkten. Die ohnehin schon bestehende Komplexität einer geschäftlichen Beziehung wird durch den „Kulturfaktor“ erhöht. So zeigen die Schwierigkeiten der aus internationalen Fusionen hervorgegangenen Unternehmen wie EADS oder Aventis, dass kulturelle Unterschiede immer noch massiv unterschätzt werden.[3]
1.1 Problemstellung
Obwohl zwischen Deutschland und Frankreich keinerlei unüberwindbare Grenzen mehr zu bestehen scheinen, stößt man im internationalen Business auf kulturelle Differenzen, die es zu beachten gilt. Menschen aus anderen Kulturen zeichnen sich durch unterschiedliche Denk- und Verhaltensweisen aus. Der Umgang mit kultureller Vielfalt kann sich sowohl negativ als auch durchaus positiv bemerkbar machen. Es gilt, Risiken zu vermeiden, aber auch Synergiepotentiale und Chancen zu nutzen, und sich durch diese Fähigkeit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
In diesem Zusammenhang macht ein neues Schlagwort die Runde – Interkulturelle Kompetenz – als Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung der Arbeitswelt. Über die allgemeine Feststellung hinaus, dass Mitarbeiter neue Kenntnisse und Fähigkeiten benötigen, um interkulturelle Kompetenz aufzubauen, besteht noch wenig Einigung darüber, was „Interkulturelle Kompetenz“ ausmacht, und wie der Prozess des Kompetenzerwerbs zu verstehen ist.
An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an. Folgende Fragen sollen im Wesentlichen geklärt werden:
- Welche Fähigkeiten bedingen interkulturelle Kompetenz?
- Wie kann ein Unternehmen seine Mitarbeiter gezielt auf interkulturelle Herausforderungen vorbereiten?
- Welche möglichen Inhalte eines interkulturellen Trainings deutscher Mitarbeiter für einen Auslandsaufenthalt in Frankreich sind sinnvoll?
- Wie kann ein deutsch-französisches Training modellhaft aussehen?
- Was kann ein interkulturelles Training leisten und wo liegen die Grenzen?
Im Rahmen dieser Arbeit wird keinerlei Anspruch erhoben, die umfassende Wirklichkeit von Überschneidungssituationen in ihrer Komplexität zu beschreiben. Zu betonen ist an dieser Stelle, dass zwischenmenschliche Kommunikation ein weitaus komplizierterer Prozess ist, als hier dargestellt werden kann. Zudem kann die Arbeit der Komplexität des Phänomens „Kultur“ nicht gerecht werden.
Der Fokus der Betrachtung soll hier vor allem auf wesentlichen Kulturstandards eines deutsch-französischen Trainings liegen.
1.2 Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit ist einerseits, am Beispiel kulturspezifischer Unterschiede Konfliktpotentiale zwischen Deutschen und Franzosen aufzuzeigen. Dazu werden typische Einstellungen und Stereotype zwischen Deutschen und Franzosen aufgezeigt. Andererseits wird nicht nur die interkulturelle Problematik an der Zielkultur (Frankreich) festgemacht, sondern es werden zu gleichen Teilen die deutschen Kulturmerkmale dargestellt.
Idealerweise bietet diese Arbeit für einen Trainer einen groben Leitfaden, welche Kulturstandards für ein deutsch-französisches interkulturelles Training gewählt werden können. Zudem soll der Leser auf mögliche Konfliktpotentiale zwischen Deutschen und Franzosen aufmerksam gemacht und sensibilisiert werden.
1.3 Vorgehensweise
Zunächst wird als Basis der Kulturbegriff und interkulturelle Kompetenz vorgestellt. Anschließend wird auf die mögliche Problematik der interkulturellen Interaktion eingegangen und das Kulturstandardkonzept als eine Antwort auf die Herausforderungen diskutiert.
Des Weiteren werden die kulturspezifischen Eigenarten im Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich betrachtet. Dazu wird zunächst auf die Stereotype und Vorurteile eingegangen, die die Deutschen von Franzosen und vice versa haben. Anschließend wird ein kleiner Einblick auf die Ausbildung von Führungskräften sowie die Rolle des Staates in der Wirtschaft gegeben. Die französischen sowie deutschen Kulturstandards bilden im Folgenden einen wichtigen Teil dieser Arbeit. Diese Kulturstandards, zusammen mit den Stereotypen und Vorurteilen, sind integrierter Bestandteil eines interkulturellen Trainings.
Basierend auf dieser Erkenntnis geht es letztlich darum, interkulturelle Kompetenz zu erlangen.
Zum Abschluss der Arbeit wird daher über ein interkulturelles Training für Deutsche für einen Frankreichaufenthalt nachgedacht. Hierzu werden Überlegungen hinsichtlich der Trainingsteilnehmer und -ziele angestellt. Es werden verschiedene Trainingstechniken vorgestellt, in ihren Ansätzen beschrieben und exemplarisch dargestellt.
2. Theoretische Grundlagen zum interkulturellen Lernen
In diesem Kapitel wird ein Überblick über die Literatur im Bereich des interkulturellen Lernens gegeben. Dabei werden begriffliche Grundlagen sowie Kriterien zum Erwerb von interkultureller Kompetenz erklärt bzw. beschrieben. Zusätzlich wird ein Überblick über theoretische Modelle der kulturvergleichenden Managementforschung gegeben.
2.1 Gegenstand
Im Rahmen des interkulturellen Managements werden interkulturelle Fragestellungen bereits seit den späten achtziger Jahren intensiver diskutiert.[4] Interkulturalität kann dabei per definitionem nur das „Dazwischen“, die Relation von Lebenswelten, bezeichnen und diese kann nur mittels Kommunikation seitens Vertreter kulturell unterschiedlicher Lebenswelten hergestellt werden.[5]
Doch was versteht man unter „Kultur“ und warum verbirgt sich dahinter ein denkbares Konfliktpotential?
Eine mögliche Erklärung ergibt sich, wenn versucht wird „Kultur“ zu definieren. Manfred Perlitz stellt dabei fest, dass jener Begriff definitorisch nur schwer fassbar ist. Dies liegt wohl darin begründet, dass der Begriff Kultur ein vielschichtiger ist, da er in der Literatur von dem jeweiligen Forschungskontext, den Annahmen und Interessen des Forschenden bestimmt wird.[6]
Eine häufig verwendete Definition ist die von Geert Hofstede: „Culture is the collective programming of the mind which distinguishes the members of one group or category of people from another.“[7]
Wie aus der oben genannten Definition impliziert werden kann, wird Kultur in einer bestimmten Gruppe als selbstverständlich angesehen. Es wird innerhalb einer Nationalkultur ein kognitives System aufgebaut, das für seine Gesellschaft spezifisch ist. Dabei wird Kultur unbewusst aufgenommen (erlernt), verinnerlicht und wieder vergessen und somit als etwas Normales und Natürliches empfunden. Diesen Argumenten entsprechend ist sich der Mensch seiner eigenkulturellen Prägungen nicht bewusst.[8]
Diese Tatsache darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bekanntlich durchaus nicht immer übereinstimmende Vorstellungen über Normen, Werte und Verhaltensweisen innerhalb einer sozialen Gruppe gibt.
Zur Erklärung und Veranschaulichung des Kulturphänomens gibt es zwei weit verbreitete – triviale – Modelle:
- Edward T. Hall bemüht die Metapher von Kultur als Eisberg, dessen Tücke bekanntlich darin zu sehen ist, dass große Teile des Eismassivs unter der Wasseroberfläche verborgen bleiben.[9] Bei der Beschreibung kultureller Phänomene gilt es ebenso, zwischen sichtbaren und unsichtbaren Elementen zu unterscheiden. Der sichtbare, über dem Wasser befindliche Bereich beinhaltet kulturelle Aspekte wie Architektur, Sprache, Kleidung, Kunst, Essen, etc. Der unsichtbare, verborgene Teil des Eisbergs beinhaltet u. a. Werte, Normen, Einstellungen, Traditionen.
- Fons Trompenaars prägt das Bild der Kulturzwiebel.[10] Er beschreibt Kultur in Form unterschiedlicher Schichten: die Außenschicht, die Mittelschicht und der Kern. Die Außenschicht beschreibt alle Dinge, die sichtbar sind und die man bei der ersten Begegnung mit einer fremden Kultur wahrnimmt. Dazu werden kulturelle Aspekte ähnlich denen des Eisberg-Modells gezählt. Diese entsprechen Symbolen, die auf tiefere Schichten ihrer Existenz hindeuten. Zu dieser tieferen Schicht, der Mittelschicht, zählt er Normen und Werte einer individuellen Gruppe. Normen sind der gemeinsame Sinn einer Gruppe für das, was „richtig“ und „falsch“ ist. Werte dagegen bestimmen die Definition von „gut“ oder „böse“. Die dritte Schicht bildet den Kern, der sich mit den Grundlagen menschlicher Existenz auseinandersetzt.
Die Tatsache, dass die Mitglieder einer solchen „Interkultur“ im Unterschied zu eigenkulturellen Kontexten eben nicht gemeinsame Werthaltungen, Wissensvorräte, Denkhaltungen oder auch Problemlösungsstrategien mitbringen, bedingt, dass häufiger als in eigenkulturellen Situationen verdeckte Missverständnisse und Konflikte stattfinden.[11]
Kulturen sind jedoch nicht nur komplexe, dynamische Gebilde, sie sind auch in sich logische Gestalten. Es ist daher möglich, Orientierungen über wesentliche Grundmuster zu vermitteln, die dann im Gastland durch eigene Erfahrungen gefüllt werden können.[12]
2.2 Interkulturelle Kompetenz
Aufgrund der vielschichtigen Interpretationen des Kulturbegriffs sind die von den jeweiligen Autoren verlangten Fertigkeiten, die interkulturelle Kompetenz ausmachen sollen, ähnlich facettenreich.
Für den Bereich des interkulturellen Trainings hat sich die von Martine C. Gertsen vorgeschlagene übergreifende Differenzierung in affektive, kognitive und verhaltens-orientierte Ebenen interkultureller Kompetenz weitgehend durchgesetzt.[13] Dabei beschreibt die affektive Ebene das Persönlichkeitsprofil. Unter anderem sind die emotionale Betroffenheit, die Entwicklung von Respekt, das Interesse an Fremdkulturen sowie die Entwicklung von Anpassungsbereitschaft darunter zu verstehen. Die kognitive Ebene stellt Wissensbestände und die Ebene des Verstehens dar. Die verhaltensorientierte Ebene beinhaltet das Erkennen und das „richtige“ Interpretieren von Verhaltensweisen und Signalen.[14]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Einordnung von interkultureller Kompetenz[15]
Eine Einordnung von Komponenten, die allgemeine Management-Kompetenz bedingen, zeigt Abb.1. Hierbei wird deutlich, dass unter interkultureller Kompetenz keine Inselfähigkeit zu verstehen ist, die unabhängig von anderen Kompetenzen entwickelt werden kann. Vielmehr bestehen zwischen den Bereichen individuelle, soziale, fachliche, strategische sowie interkulturelle Kompetenz Interdependenzen.
Somit kann interkulturelle Kompetenz das Fehlen von z.B. Fachwissen oder fremdsprachlicher Kompetenz nicht ersetzen und vice versa.[16]
Die in Abb. 1 direkt zugeordneten Fähigkeiten interkultureller Kompetenz, wie interkulturelle Lernbereitschaft oder Belastbarkeit, bieten nur einen kleinen Einblick in die von verschiedenen Autoren verlangten Fähigkeiten.
Es wird deutlich, dass neben den generellen fachlichen und persönlichen Fähigkeiten, interkulturelle Anforderungen wie Sensibilität, Frustrationstoleranz (Ambiguitätstoleranz), Lernbereitschaft, Selbstvertrauen, Empathie, Selbstreflexion, Vorurteilsfreiheit und Flexibilität wichtig sind.[17]
Neben diesen Einzelanforderungen interkultureller Kompetenz ist, in einem größeren Kontext, die kulturrelativistische Sichtweise ausschlaggebend. Zur Erklärung meinen Hampden-Turner & Trompenaars: „ (...) foreign cultures are not arbitrarily or randomly different from one another. They are instead mirror images of one another’s values, reversals of the order and sequence of looking and learning.“[18]
Das übergeordnete Ziel eines jeden interkulturellen Trainings sollte der Erwerb von interkultureller Kompetenz sein.
2.2.1 Ein Überblick theoretischer Modelle
Zu den wohl am häufigsten zitierten Autoren in praktischen, unternehmerischen Kontexten gehören die bereits erwähnten Hofstede und Hampden-Turner & Trompenaars.[19] Zusätzlich gibt es u. a. das neuere Modell der Kulturstandard-forschung von Alexander Thomas.
Es wird an dieser Stelle eine Übersicht dieser Modelle gegeben. Dabei wird nicht der Anspruch erhoben, alle Modelle in ihrer Komplexität zu beschreiben. Vielmehr soll eine Orientierungsmöglichkeit der kulturvergleichenden Managementforschung verschafft werden. Dabei wird besonderer Wert auf das Verhältnis von Frankreich und Deutschland gelegt. Die vorgestellten Ergebnisse sind Relationen zwischen diesen Ländern und können nicht als absolut gelten.
Alle vorgestellten Modelle dienen der Kategorisierung von Kulturen. Diese Reduzierung der kulturellen Umwelt gibt zwar vielfach Anlass zur Kritik, ist aber für interkulturelle Trainings eine Möglichkeit, eine Kultur besser zu beschreiben, und erleichtert die Identifikation von „Objekten“ in der Umwelt.[20]
2.2.1.1 Das Modell nach Hampden-Turner & Trompenaars
Hampden-Turner & Trompenaars unterscheiden sechs Kulturdimensionen.[21] Eine Dimension ist dabei ein Aspekt einer Kultur, der sich im Verhältnis zu anderen Kulturen messen lässt.[22]
- „Universalism“ vs. „Particularism“: Bei universalistischen Gesellschaften werden alle Mitglieder der Gesellschaft denselben Regeln unterworfen. Anders verhält es sich bei partikularistischen Gesellschaften, die Ausnahmen und Einzigartigkeiten betonen und feiern. Dazu zählen die Autoren, relativ gesehen, eher Frankreich als Deutschland. Als Beispiel wird die französische Vorliebe für edlen Wein und Haute Couture gegeben.
- „Individualism“ vs. „Communitarianism“: Diese Kategorisierung stellt grundsätzlich die Frage, ob das Individuum oder die Gruppe (dazu sind Gesellschaften sowie die Nation zu zählen) für die Mitglieder einer Kultur wichtiger ist. Frankreich ist, mehr als Deutschland, dem „Communitarianism“ zuzuordnen. Als Erklärung kann dienen, dass französische Firmen ein Teil der Gemeinschaft sind und es so genannte „nationale Champions“ gibt.
- „Specificity“ vs. „Diffuseness“: Präzision, Analytik und auf den Punkt kommen sind Charakteristika von „Specificity“. Während bei „Diffuseness“ mehr das große Ganze gesehen wird. Obwohl sich beide Länder etwa auf ähnlichem Niveau bewegen und im Mittelfeld aller untersuchten Länder wieder zu finden sind, gibt es die Tendenz, dass Frankreich mehr zu „Diffuseness“ zu zählen ist als Deutschland.
- „Achieved status“ vs. „Ascribed status“: Hierbei wird unterschieden, ob das Erreichte als Status anerkannt wird („Achieved status“) oder ob gute Verbindungen in der Gesellschaft sowie Familienstand von Wichtigkeit sind („Ascribed status“). Frankreich ist, im Vergleich zu Deutschland, mehr Letzterem zuzuordnen. Als Beispiel wird die frühe Auswahl von „Kronprinzen“ für die Besetzung ins Top-Management in Frankreich genannt.
- „Inner direction“ vs. „Outer direction“: Sind das Gewissen sowie Überzeugungen in den Seelen, Prinzipien, Glauben, also in dem Menschen selbst vorhanden, dann sprechen die Autoren von „Inner direction“. Auf der anderen Seite sind Kulturen, die mehr auf den unbeeinflussbaren natürlichen Rhythmus vertrauen, von „Außen bestimmt“. Frankreich ist stärker als Deutschland „Inner directed“.
- „Sequential time“ vs. „Synchronous time“: Erstgenannte Kulturen sehen Zeit als festgelegte Abschnitte, die nicht verrückt werden können. Während im synchronen Zeitverständnis mehrere Abläufe gleichzeitig einbezogen werden können und diese koordiniert werden. Frankreich entspricht, im Verhältnis zu Deutschland, mehr dem synchronen Zeitverständnis.
2.2.1.2 Das Modell nach Hofstede
Eine weitere systematische Erfassung von landeskulturellen Unterschieden ist die Untersuchung von Hofstede. Er entwickelte in seiner Studie ein Indexsystem, das unmittelbar handlungsbestimmende Wertorientierungen unterschiedlicher Kulturen identifiziert, misst und in Zahlenwerten darstellt. Er befragte dabei etwa 116.000 IBM-Mitarbeiter aus über 50 Ländern. Hofstede unterscheidet vier voneinander unabhängige Kulturdimensionen.[23]
- „Powerdistance“ drückt die Einstellung zu sozialen Unterschieden und zur emotionalen Distanz zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem aus.
- „Individualism“ vs. „Collectivism“ beschreibt den in der Gesellschaft vorhandenen Gemeinschaftssinn und die Einstellung zu Zwischenmenschlichem.
- „Femininity“ vs. „Masculinity“ beschreibt die Rollenverteilung von Männern und Frauen.
- „Uncertainty avoidance“ beschreibt den Grad, in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen.
Später entdeckte Hofstede eine fünfte Dimension, die sich mit dem Zeitverständnis auseinandersetzt. Er nennt diese Dimension „Short-term vs. Long-term orientation“.[24] Leider gibt es hierzu keine empirischen Ergebnisse, da er diese Dimension erst nach seinen Untersuchungen entdeckt hat.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Kulturdimensionen nach Hofstede
Die in Abb. 2 dargestellten Punktwerte zeigen die relative und nicht die absolute Position der Länder an. Der Punktwert gibt Auskunft darüber, inwieweit die beiden Länder voneinander abweichen. So soll beispielhaft die „Power Distance“ (Machtdistanz) Dimension näher betrachtet werden, da hier, den Punkten zufolge, der größte Unterschied besteht. Frankreich belegt in dieser Dimension die geteilte 10/15 Position und hat mit 68 Punkten einen deutlich höheren Machtdistanzindex als Deutschland mit 35 Punkten und einer geteilten 42/44 Position. Hofstede beschreibt die Hauptunterschiede zwischen Gesellschaften mit geringer und mit großer Machtdistanz u. a. wie folgt:[25]
- Große Machtdistanz (Frankreich):
- Mitarbeiter erwarten, Anweisungen zu erhalten.
- Große Unterschiede im Gehalt innerhalb der Hierarchie.
- In den Theorien über Management wird die Rolle der Führungskraft herausgestellt.
- Geringe Machtdistanz (Deutschland):
- Mitarbeiter erwarten, in Entscheidungen miteinbezogen zu werden.
- Geringe Gehaltsunterschiede zwischen oberen und unteren Hierarchiestufen.
- In den Theorien über Management wird die Rolle des Angestellten herausgestellt.
2.2.1.3 Das Modell der Kulturstandardforschung
Ein neuerer Ansatz, der für interkulturelle Trainings immer mehr Beachtung findet, ist das Modell der Kulturstandardforschung von Alexander Thomas.[26]
„Unter Kulturstandards werden alle Arten des Wahrnehmens, Denkens und Handelns verstanden, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden. Eigenes und fremdes Verhalten wird aufgrund dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert.“[27]
Kulturen werden als „spezifische Orientierungssysteme“ begriffen. D. h., dass es individuelle Elemente einer Kultur gibt, die in einer systematischen, strukturierten Beziehung zueinander stehen.[28]
Um z. B. in der französischen Kultur möglichst frei von Missverständnissen und Konflikten handeln zu können, bedarf es, neben einer Reihe anderer Faktoren, der umfassenden Kenntnis zentraler Merkmale der Orientierungssysteme, die Frankreichs Kultur wie auch die eigene bestimmen.[29] Diese zentralen Merkmale, oder auch zentrale Kulturstandards genannt, sind im Gegensatz zu allgemeinen Kulturstandards in sehr unterschiedlichen Situationen wirksam und regulieren weite Bereiche der Wahrnehmung, des Denkens, Wertens, und Handelns.[30]
Daher werden ausschließlich die zentralen Kulturstandards im Rahmen dieser Arbeit behandelt.
Die Kulturstandards werden durch Expertenwissen, durch persönliche Erfahrungen von Beteiligten generiert. Es versteht sich von selbst, dass diese Erfahrungen nur über eine fremde Kultur abgegeben werden können, da die eigene Kultur als solche nicht wahrgenommen wird (Vgl. Kap. 2.1).
Bei der Generierung der Kulturstandards werden besonders die so genannten „Critical incidents“ ausgewertet und in Kulturstandards beschrieben.[31] „Critical incidents“ stellen Situationen dar, die von den Mitgliedern beider Kulturen ungleich gedeutet werden.
Die Kulturstandardforschung vertritt ein betont kulturrelativistisches Konzept und hat u. a. folgende Merkmale:[32]
- Die Kulturstandardforschung will für eine spezifische Kultur typische Ausprägungen menschlichen Verhaltens, Denkens, Fühlens erfassen.
- Die Ergebnisse sind handlungsspezifisch. Das Handlungsfeld z. B. Management bestimmt den Definitionsbereich. Daher muss bei der Auswertung der „critical incidents“ auf den Kontext geachtet werden.
- Kulturstandards sind kategoriale Bestimmungen und erfüllen deshalb die Funktion von Stereotypen, nicht jedoch von Vorurteilen.
- Standards sind in ihrem zeitlichen Kontext zu verstehen und sind immer nur Momentaufnahmen.
- Kulturstandards repräsentieren eine Tendenz innerhalb einer Kultur, sie verkörpern nicht die Verhaltensweisen und Mentalitäten aller ihrer Mitglieder.
- Kulturstandards sind miteinander verzahnt und können nicht als einzelne Instanzen gesehen werden.
2.2.2 Kritische Anmerkungen
Zu allen drei Modellen gibt es durchaus differenzierte Meinungen und Kritik, die kurz erläutert werden sollen: Grundsätzlich sind die Kulturdimensionen von Hofstede und Hampden-Turner & Trompenaars ein gängiges Mittel für Beschreibungen kultureller Differenzen, vor allem in Trainings. Ihre Anwendbarkeit ist jedoch umstritten.[33]
Zum einen wird kritisiert, dass die Kulturdimensionen den Eindruck der Allgemeintauglichkeit für alle Menschen einer Nation erwecken. Vielmehr beschreiben sie allerdings eine relativ starre Konstruktion von Kulturen. Die von Hofstede vorgestellten Indizes, die statistische Genauigkeit suggerieren und unbedingte Repräsentanz zur Schau stellen sollen, sind jedoch nur Abbildungen eines spezifischen Milieus, nämlich die Subkultur eines transnationalen Unternehmens.[34] Zum anderen zeigt Hofstedes späte Entdeckung einer fünften Dimension, dass seine Forschungen nach westlichen Gesichtspunkten geprägt sind und daher keinerlei Anspruch auf Universalität erheben können.
Heißt es dann automatisch aufgrund dieser beschriebenen Tatsachen, dass die Dimensionen und Differenzen nicht existieren? Empirische Untersuchungen haben das Gegenteil gezeigt. Daher können Kulturdimensionen durchaus Orientierungen, jedoch keine Maßstäbe, darin geben, überhaupt Unterschiede benennen zu können. Man sollte z. B. bei einem Training genau diese Konstrukte von Kulturdimensionen offen legen und zur Diskussion stellen. Die Ablehnung der Benennung kultureller Differenzen birgt viel eher die Gefahr der Universalisierung der eigenen Denk- und Handlungsweisen (z. B. die des Trainers).[35]
Hauptkritikpunkt der Kulturstandardforschung ist die starke Reduzierung der komplexen Wirklichkeit.[36] Zudem werden lediglich die Selbstwahrnehmungen von „Kulturexperten“ in interkulturellen Arenen analysiert und eingeordnet.[37]
Kulturstandards eignen sich jedoch insbesondere für interkulturelle Trainings, da sie kulturspezifisch sind. Kulturdimensionen, wie die von Hofstede und Hampden-Turner & Trompenaars, vergleichen verschiedene Kulturregionen in einem groben Kontext miteinander und gelten daher als „Kulturallgemein“. Daher bieten Kulturstandards Hilfestellungen für das konkrete Handeln in spezifischen Situationen.
Diese Meinung wird von anderen Autoren geteilt[38], und so ist z. B. bei der deutschen Gesellschaft für Entwicklung (DSE) eine Abkehr von Hofstede, in den Vorbereitungskursen, festzustellen.[39]
Diesbezüglich wird in den folgenden Kapiteln verstärkt auf die Methodik der Kulturstandards zurückgegriffen.
2.3 Interkulturelles Lernen
Das Wissen über die Bedeutung kulturell bedingter Verhaltensweisen und struktureller Gegebenheiten ist für erfolgreiches Verhandeln eine Voraussetzung, die die Zusammenarbeit erleichtert.[40]
Dieses Wissen in Form von interkultureller Kompetenz soll erlernt und verinnerlicht werden. Da es sich in der Praxis um Interaktionen von z. B. Geschäftsleuten handelt, ist Lernen dabei nicht allein etwas, was in den Gehirnen passiert, sondern in der Kommunikation und in den Verhaltensweisen dargestellt wird und daran ablesbar ist.
Das Bewusstsein, dass die eigene Kultur nur eine von vielen ist, dass es in jeder Kultur eigene Vorstellungen davon gibt, was „real“ ist, was Menschen unausgesprochen voneinander erwarten können, ist eine Voraussetzung für interkulturelle Kompetenz. Dieses Bewusstsein ist noch kein Wissen um Kulturstandards oder ähnlichem. Aber es ist eine wesentliche Voraussetzung für Neugier am Fremden, ohne die jedes Wissen steril bliebe.[41]
Es werden grundsätzlich die zwei Formen des informellen und des formellen Lernens diskutiert. Informelles interkulturelles Lernen ist eine unsystematische, ganz auf Theorie verzichtende Herangehensweise. Dadurch, dass Zeit im Ausland verbracht wird und dabei ein erster Einblick in die Zielkultur gelingt, werden Erfahrungen gesammelt und gewissermaßen gelernt. Diese Form des Lernens wird offenbar in der Praxis favorisiert.[42]
Formelles interkulturelles Lernen findet dagegen im Rahmen systematischer Maßnahmen statt, wie es sich z. B. in interkulturellen Trainings darstellt. Allerdings fehlt dem seminarorientierten Lernen häufig der praktische Erfahrungshintergrund. Beide unterschiedlichen Ansätze lassen sich jedoch gut miteinander verbinden, indem z. B. der Mitarbeiter während oder nach seinem Auslandsaufenthalt beraten und trainiert wird und er dabei seine eigenen praktischen Erfahrungen mit einfließen lassen kann.[43]
Dieser Tatsache wird in der vorliegenden Arbeit fiktiv dadurch Rechnung getragen, dass die affektive Ebene interkultureller Kompetenz den anderen beiden Ebenen vorangestellt wird. Denn die Reihenfolge der anzueignenden Ebenen interkultureller Kompetenz (Vgl. hierzu Kap. 2.2), hängt u. a. vom verwendeten Trainingszeitpunkt und den Teilnehmern ab.
So beschreibt Barmeyer, dass es bei Trainings nach einer Auslandsentsendung sinnvoller sei, dem Teilnehmer die Gelegenheit eines Erfahrungstausches zu geben. Die eventuell erlebten Frustrationen, Verwunderungen oder auch positiven Überraschungen werden in dem Training aufgearbeitet, als Lernpotential genutzt und eine emotionale Betroffenheit bei den Teilnehmern ausgelöst.[44] Somit wird zuerst die affektive Ebene angesprochen.
2.4 Zeitliche Dimensionen der Auseinandersetzung mit neuen Kulturen
Wenn es zu interkulturellen Kontaktpunkten kommt, stellt sich die Frage, wie sich mit einer fremden Kultur auf individueller Ebene auseinandergesetzt wird.
Dazu existiert die Hypothese, dass die Interaktionspartner verschiedene Entwicklungsstufen oder Phasen durchlaufen. Dieses als „U-“ oder auch „W-Kurven“-Modell bekannte Modell wird in Abb. 3 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Kurve der kulturellen Anpassung[45]
Die Abbildung zeigt, wie sich der Grad der Zufriedenheit während eines Auslandsaufenthalts bzw. Kontaktes mit der unbekannten Kultur ständig ändern kann. Anfänglich überwiegt meistens das Gefühl des Interesses an der fremden Kultur. Sobald jedoch die Anforderungen der zu erfüllenden Angelegenheit, die den Auslandsaufenthalt begründet, eigenes Handeln in den täglichen Abläufen innerhalb der fremden Kultur erzwingen, folgt eine Phase der Ernüchterung, des so genannten Kulturschocks. Dies kann zu Gefühlen von Angst, Hilflosigkeit und Feindseligkeit gegenüber der neuen Umgebung führen.
Nach einer gewissen Zeit des Einlebens wächst die Akzeptanz und ein tieferes Verständnis für die kulturelle Logik eines fremden Landes entsteht. Es wird verstärkt Selbstvertrauen gewonnen und man erreicht mentale Stabilität. Aus diesem beschriebenen U-förmigen Ablauf kann -graphisch- eine W-Kurve entstehen, wenn die Rückkehr und die damit verbundenen möglichen Akklimatisierungsprobleme mit einbezogen werden.
Dieses Modell ist rein hypothetisch und es gibt gewichtige empirische und konzeptionelle Vorbehalte, die hier aber nicht näher erläutert werden sollen. Es ist trotz der Einschränkungen ein weit verbreitetes Modell zur Darstellung der kulturellen Anpassung.[46] Dies lässt vermuten, dass es zum jetzigen Forschungszeitpunkt kein passenderes Modell gibt.
Die Aufarbeitung der beschriebenen Kulturschocks könnte möglicher Gegenstand von interkulturellen Trainings sein. In der Regel ist es jedoch Ziel dieser Programme, gerade dieses Moment der Auslandserfahrung von vornherein auszuschalten oder zumindest zu minimieren.[47]
3. Kulturelle Unterschiede im Vergleich zwischen Deutschland und
Frankreich
Interaktionale Fragestellungen bauen auf Kulturvergleichen auf und zielen auf eine Thematisierung der Auswirkungen kultureller Andersartigkeit. Basierend auf der Kulturstandardforschung werden im dritten Kapitel deutsche sowie französische, nationalkulturelle Besonderheiten behandelt. Dabei geht es vorrangig um die Herausarbeitung kulturtypischer Merkmale und Unterschiede, die für eine gelungene interkulturelle Kommunikation und Kooperation zielführend sein können.
Es hat sich eine Hypothese gebildet, dass sich die besondere Stabilität bestimmter Kulturstandards einer Nationalkultur nur erklären lässt, wenn in verschiedenen Bereichen (Bildung, Politik etc.) einer Nationalkultur bei aller Komplexität und Widersprüchlichkeit über lange Zeit und insbesondere im Modernisierungsprozess komplementäre oder gleichgerichtete Entwicklungen erfolgt sind.[48] Bevor darauf konkreter eingegangen werden kann, wird zuvor die Bedeutung von Stereotypen und Vorurteilen beschrieben.
Für die Effizienz der Arbeit und damit den beruflichen Erfolg sind grundlegende Kenntnisse über kulturspezifische Unterschiede in Arbeitsstilen, Wertvorstellungen und Motivationen unerlässlich.[49]
3.1 Stereotype und Vorurteile
Treffen Individuen in kulturellen Überschneidungssituationen aufeinander, so versuchen sie ihr Verhalten als auch das der Interaktionspartner mit den Kulturstandards, die ihnen ihre jeweilige Kultur zur Verfügung stellt, zu regulieren, zu beurteilen und zu kontrollieren. In diesem Prozess des gegenseitigen Bemühens ist die Rolle von, bewusst oder unbewusst, einfließenden Stereotypen und Vorurteilen von wesentlicher Bedeutung.[50]
Unter Stereotypen werden allgemein typisierte, übergeneralisierte und vereinfachende Urteile über soziale Gruppen verstanden. Sie bestimmen Eigenschaften, die
Individuen bzw. Klassen von Individuen zugeschrieben werden.[51]
Sie entstehen, wenn Annahmen über kollektive Eigenschaften einer Gruppe auf ein bestimmtes Individuum aus dieser Gruppe angewandt werden. Demzufolge sind die zugeschriebenen Eigenschaften als Relation zu verstehen.[52] Wenn z. B. die Franzosen die Deutschen als zuverlässig einschätzen,[53] so kann es gegebenenfalls sein, dass die Mitglieder einer anderen Nationalkultur die Franzosen, im Vergleich zu sich selbst, ebenfalls als zuverlässig beurteilen. Also auch wenn ein stereotypes Merkmal Gültigkeit besitzen mag (was nicht der Fall sein muss), ist diese Gültigkeit immer relativ.
Ferner sind Stereotype über andere Gruppen und Kulturen üblich, zumal sie eine Reduktion der komplexen Wirklichkeit darstellen und dieses eine Reaktion auf das Übersteigen der menschlichen Verarbeitungskapazität ist.[54] Eine einzelne Person wird nicht als einzigartiges Individuum wahrgenommen, sondern vielmehr hinsichtlich der Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten mit anderen betrachtet.[55]
[...]
[1] H.-G. Gadamer, zitiert aus: http://www.daad.ru/wort/wort2003/logvinov.druck.pdf (Abfrage v. 05.01.2005).
[2] Vgl. Deutschlands wichtigste Handelspartner 2003, abrufbar unter: http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2004/p2200181.htm (Abfrage v. 20.02.2005).
[3] Vgl. C. I. Barmeyer: Interkulturelles Coaching, in: Handbuch Coaching, hrsg. v. C. Rauen, 2. Aufl., Göttingen 2002, S. 199.
[4] Vgl. J. Bolten: Interkulturelles Coaching, Mediation, Training und Consulting als Aufgaben des Personalmanagements internationaler Unternehmen, in: Strategisches Personalmanagement in Globalen Unternehmen, hrsg. v. A. Clermont/W. Schmeisser/D. Krimphove, München 2001, S. 909.
[5] Vgl. J. Bolten: Grenzen der Internationalisierungsfähigkeit. Interkulturelles Handeln aus interaktionstheoretischer Perspektive, in: Cross Culture – Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft, hrsg. v. J. Bolten, 2. Aufl., Sternenfels 1999, S. 30.
[6] Vgl. M. Perlitz: Internationales Management, 5. Aufl., Stuttgart 2004, S. 250.
[7] G. Hofstede: Culture’s Consequences: International differences in workrelated values, Beverly Hills 1980, S. 260.
[8] Vgl. C. I. Barmeyer: Interkulturelles Coaching, a. a. O., S. 203.
[9] Vgl. E. T. Hall: The Silent Language, New York 1991, S. 150.
[10] Vgl. F. Trompenaars: Handbuch Globales Managen, Düsseldorf 1993, S. 39 ff.
[11] Vgl. J. Bolten: Interkulturelles Coaching, Mediation, Training und Consulting, a. a. O., S. 909.
[12] Vgl. A. Bittner/B. Reisch: Contrast-Culture-Training, Bad Honnef 1993, S. 5.
[13] Vgl. C. Wille: Aspekte interkultureller Trainings, S.4, abrufbar unter: http://www.christian-wille.de/inhalte/ik/download/pdf%20dateien/downloadtrainings.pdf (Abfrage v. 22.02.2005). Vgl. auch J. Bolten: Interkulturelles Coaching, Mediation, Training und Consulting, a. a. O., S. 913 f.
[14] Vgl. M. C. Gertsen: Intercultural competence and expatriates, in: The International Journal of Human Resource Management 1, Nr.3, 1990. S. 341 – 362.
[15] Eigene Darstellung in Anlehnung an: J. Bolten: Interkulturelles Coaching, Mediation, Training und Consulting, a. a. O., S. 915.
[16] Vgl. J. Altmann: Außenwirtschaft für Unternehmen, 2. Auflage, Stuttgart 2001, S.113.
[17] Vgl. S. Frank: Der Lächerlichkeit preisgegeben, in: management & training, 03/2003, S. 12.
[18] Vgl. ausführlich C. M. Hampden-Turner/F. Trompenaars: Building Cross-Cultural Competence, Chichester 2000, S. 1.
[19] Vgl. B. Geier: Der Erwerb interkultureller Kompetenz - Ein Modell auf Basis der Kulturstandardforschung, Diss., Passau 2000, S. 39.
[20] Vgl. W. Mayrhofer: Mobilität und Steuerung in international tätigen Unternehmen, Band 99, Stuttgart 1996, S. 269.
[21] Vgl. ausführlich C. M. Hampden-Turner/F. Trompenaars: Building Cross-Cultural Competence, Chichester 2000, S. 16-316.
[22] Vgl. G. Hofstede: Interkulturelle Zusammenarbeit: Kulturen, Organisationen, Management, Wiesbaden S. 18 - 29.
[23] Vgl. G. Hofstede: Masculinity and Femininity – The taboo dimensions of national cultures, Thousand Oaks 1998. Vgl. auch G. Hofstede: Interkulturelle Zusammenarbeit: Kulturen, Organisationen, Management, Wiesbaden 1993.
[24] Vgl. G. Hofstede: Interkulturelle Zusammenarbeit, a. a. O., S. 14.
[25] Vgl. G. Hofstede: Interkulturelle Zusammenarbeit, a. a. O., S. 186 f.
[26] Vgl. S. Kammhuber/S. Schroll-Machl: Möglichkeiten und Grenzen der Kulturstandardmethode, in: Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kooperation, Band 2, hrsg. v. A. Thomas/S. Kammhuber/S. Schroll-Machl, 1. Aufl., Göttingen 2003, S. 19. Vgl. auch I. Demangeat/M. Molz: Frankreich, in: Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kooperation, Band 2, hrsg. v. A. Thomas/S. Kammhuber/S. Schroll-Machl, 1. Aufl., Göttingen 2003, S. 27. Vgl. auch B. Geier: Der Erwerb interkultureller Kompetenz, a. a. O., S. 35 f.
[27] A. Thomas: Kulturvergleichende Psychologie, Göttingen 1993, S. 381.
[28] Vgl. S. Schroll-Machl: Doing Business with Germans – Their Perception, Our Perception, Göttingen 2003, S. 26.
[29] Vgl. B. Geier: Der Erwerb interkultureller Kompetenz, a. a. O., S. 94.
[30] Vgl. A. Thomas: Kulturvergleichende Psychologie, a. a. O., S. 381.
[31] Vgl. S. Schroll-Machl: Doing Business with Germans, a. a. O., S. 31 f.
[32] Vgl. S. Kammhuber/S. Schroll-Machl: Möglichkeiten und Grenzen der Kulturstandardmethode, a. a. O., S. 20 f.
[33] Vgl. C. Nagy: „The hidden dimension“. Kulturdimensionen als Orientierung in der interkulturellen Zusammenarbeit, S. 2, abrufbar unter: www.interculture-online.info/info_dlz/Nagy_Carolin_05_03.pdf (Abfrage v. 20.02.2005).
[34] Vgl. T. Hüsken: Der Stamm der Experten – Chancen und Probleme der interkulturellen Kommunikation und des interkulturellen Managements in der deutschen staatlichen Entwicklungsarbeit, in: Sozialanthropologische Arbeitspapiere, Heft 97, Berlin 2003, S. 15 f.
[35] Vgl. C. Nagy: „The hidden dimension“, a. a. O., S. 3.
[36] Vgl. S. Schroll-Machl: Doing Business with Germans, a. a. O., S. 29.
[37] Vgl. T. Hüsken: Der Stamm der Experten, a. a. O., S. 15.
[38] Vgl. J. Bolten: Interkulturelles Coaching, Mediation, Training und Consulting, a. a. O., S. 909 f.
[39] Vgl. T. Hüsken: Der Stamm der Experten, a. a. O., S. 9.
[40] Vgl. C. Deußen: Verständigung miteinander – Verständnis füreinander. Erfahrungen aus der deutsch-französischen kulturellen Zusammenarbeit, in: Cross-Culture, hrsg. v. J. Bolten, a. a. O.,
S. 131.
[41] Vgl. U. Clement/U. Clement: Interkulturelles Training, in: Personalmanagement in Europa, hrsg. v. E. Regnet/L. M. Hofmann, Band 15, Göttingen 2000, S. 213.
[42] Vgl. S. Stumpf: Interkulturelles Management, in: Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kooperation, Band 2, a. a. O., S. 255.
[43] Vgl. S. Stumpf: Interkulturelles Management, a. a. O., S. 255.
[44] Vgl. C. I. Barmeyer: Interkulturelles Coaching, a. a. O., S. 221 f.
[45] Vgl. G. Hofstede: Interkulturelle Zusammenarbeit, a. a. O., S. 235 ff. Vgl. auch D. Dirks: Japanisches Management in internationalen Unternehmen, Wiesbaden 1995, S. 222 f.
[46] Vgl. D. Dirks: Japanisches Management in internationalen Unternehmen, a. a. O., S. 223.
[47] Vgl. D. Dirks: Japanisches Management in internationalen Unternehmen, a. a. O., S. 223.
[48] Vgl. I. Demangeat/M. Molz: Frankreich, a. a. O., S. 40.
[49] Vgl. J. Beneke: Vom Import-Exportmodell zur regional-komplementären Zusammenarbeit: Ein Paradigmenwechsel in der internationalen Unternehmenskommunikation, in: Cross-Culture, hrsg. v. J. Bolten, a. a. O., S. 79.
[50] Vgl. B. Geier: Der Erwerb interkultureller Kompetenz, a. a. O., S. 76.
[51] L. Tiitula: Stereotype in interkulturellen Geschäftskontakten. Zu Fragen der deutsch-finnischen Geschäftskommunikation, in: Cross Culture, a. a. O., S. 175.
[52] Vgl. L. Tiitula: Stereotype in interkulturellen Geschäftskontakten, a. a. O., S. 174.
[53] Vgl. J. P. Breuer/P. de Bartha: Deutsch-Französische Geschäftsbeziehungen erfolgreich managen, Köln 2002, S. 90.
[54] Vgl. W. Mayrhofer: Mobilität und Steuerung in international tätigen Unternehmen, a. a. O., S. 270.
[55] Vgl. B. Geier: Der Erwerb interkultureller Kompetenz, a. a. O., S. 77 f.
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