Virtual Reality. Die neue Dimension des E-Commerce und Zukunft des Handels


Tesis de Máster, 2017

143 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Forschungsinteresse
1.2 Aufbau und Methodik

2 E-Commerce – die Maschine
2.1 Definition E-Commerce
2.2 Standortbestimmung
2.2.1 Qualitätsmerkmale
2.2.2 Landing Page & Produktpräsentation
2.3 Marketingmethoden beim elektronischen Verkauf
2.3.1 Kundengewinnung
2.3.2 Kundendaten eindimensional?
2.3.3 Kundenbindung
2.4 Käufergruppen und ihr Verhalten im Online Handel

3 Neuromarketing – der Mensch
3.1 Definition Neuromarketing
3.2 Das Unterbewusstsein – der Autopilot
3.3 Die vier Zugänge zum Kundenhirn
3.4 Der Faktor Emotion
3.5 Limbic Types und ihr Verhalten
3.6 Erkenntnisse zu Kaufentscheidungen
3.6.1 Der Gender-Faktor
3.6.2 Der Reiz-Faktor
3.6.3 Der Faktor Mensch

4 Virtual Reality – die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine 43
4.1 Entstehung und Prinzip von Virtual Reality
4.2 Virtual Reality Konzepte
4.3 Basisfaktoren in Virtual Reality
4.3.1 Die Immersion
4.3.2 Die Präsenz
4.4 Wahrnehmungen in Virtual Reality
4.4.1 Multisensorische Wahrnehmungen (Sehen, Hören, Fühlen)
4.5 Usability & User Experience in Virtual Reality
4.6 Marketing und Virtual Reality
4.6.1 Content und Storytelling
4.7 Phänomene und Problemzonen in Virtual Reality
4.8 Weiterer Evolutionsprozess
4.9 Zwischenfazit

5 Empirische Untersuchung
5.1 Forschungsmethode
5.2 Experteninterviews
5.3 Erkenntnisse aus den Experteninterviews
5.3.1 Personalisierung im E-Commerce
5.3.2 Emotionen als Kaufentscheider
5.3.3 Künstliche Intelligenz & Virtual Reality als mögliche Erfolgsfaktoren
5.3.4 Immersion & Präsenz als Emotionsträger
5.3.5 Personalisierung in Virtual Reality
5.3.6 Standards im Fokus

6 Fazit und Ausblick
6.1 Forschungserkenntnis
6.2 Ausblick und weiterer Forschungsbedarf

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang
8.1 Transkript Experteninterviews
8.2 Leitfaden für Experteninterview aus dem Bereich Neuromarketing
8.2.1 Experteninterview Benjamin Fischer
8.2.2 Experteninterview Prof. Dr. Gerhard Raab
8.2.3 Experteninterview Joanna Rode (vormals Dabrowski)
8.2.4 Experteninterview Norbert Wittmann
8.3 Leitfaden für Experteninterview aus dem Bereich Virtual Reality
8.3.1 Experteninterview Tobias Fandrich
8.3.2 Experteninterview Timon Liebau
8.3.3 Experteninterview Dipl.-Ing. Dr. Annette Mossel

A bstract

Der E-Commerce-Markt boomt und Unternehmen nutzen eine Vielzahl an Vertriebsoptionen, um ihre Kunden zu erreichen, von Produkten zu überzeugen und sie zum Kauf zu animieren. Mit Virtual Reality bietet sich ein neues Medium an, das Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Online-Shops verspricht. Im Zentrum dieser Masterarbeit steht die Identifikation der Faktoren, die unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Neuromarketing für eine Verschiebung des Point-of-Sale in das neue Medium sprechen.

Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und in einen empirischen Teil. Die Literaturanalyse erfüllt die Aufgabe, die Kernergebnisse aus den Bereichen E‑Commerce, Neuromarketing und Virtual Reality zu dokumentieren. Im empirischen Teil werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse in Form von Experteninterviews vier Experten aus dem Bereich Neuromarketing und drei Experten aus dem Bereich Virtual Reality interviewt.

Die Ergebnisse aus der Theorie und Empirie zeigen vier Faktoren, die für eine Verschiebung des Point-of-Sale in Virtual Reality sprechen. Dazu zählen „Immersion und Präsenz” als Basisfaktoren in Virtual Reality, die „Multisensorik” als Kommunikationsfaktor mit dem Kundenhirn, die „Emotion” als wesentlicher Faktor bei Kaufentscheidungen und der Wunsch nach „Personalisierung” des Online-Shops sowie der Produktpräsentation.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Top 10 Online-Shops in Deutschland, Österreich, Schweiz. Quelle: EHI und Statista

Abb. 2: The future of shopping is magic: AR beauty, VR Malls & no checkouts. Quelle: Wareable

Abb. 3: Customer-Journey. Quelle: infopresse.com

Abb. 4: Ergebnisliste bei Suchanfrage “Urlaub Paris”. Quelle: Google

Abb. 5: Illustrative Darstellung einer Rating Matrix. Quelle: Das E-Commerce Buch

Abb. 6: Neuromarketing im Spannungsfeld der Wissenschaften. Quelle: Scheier & Held, 2012, S. 26

Abb. 7: Der Grundaufbau des menschlichen Gehirns. Quelle: Häusel, Hans-Georg, 2016, S. 82

Abb. 8: Takete und Maluma. © Manuel Krueger-Krusche via Wikimedia Commons

Abb. 9: Die Limbic ® Map. © Dr. Hans-Georg Häusel Quelle: Nymphenburg

Abb. 10: Beispiel Limbic Types in Deutschland © Dr. Hans-Georg Häusel Quelle: Nymphenburg

Abb. 11: Männliche und weibliche Formsprache. © alfies.at

Abb. 12: Limbic Types Verteilung Frauen/Männer. Quelle: Häusel, Hans-Georg, 2016, S. 152

Abb. 13: Oculus Rift. Quelle: Techcrunch.com

Abb. 14: Google Cardboard © Google

Abb. 15: Samsung Gear VR, Quelle: Amazon.de

Abb. 16: Oculus Rift, HTC Vive, Sony PSVR, Quelle: playNATION.de

Gender Erklärung

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Diplomarbeit die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

1 Einleitung

Der Handel befindet sich in einem Wandel. Laut Goldman Sachs (vgl. 2016, S. 22) repräsentiert der E-Commerce derzeit mit seinen 1,5 Billionen US-Dollar rund 6 % der weltweiten Einzelhandelsausgaben. Der Online-Handel ist nicht nur stetig im Wachsen, er dringt in Bereiche vor, die bisher dem stationären Handel vorbehalten waren, wie etwa den Lebensmittelhandel (vgl. Cole, 2015, S. 67). Trends wie Mobile-Commerce (vgl. Handelsverband, 2016), Alexa-Commerce, d.h. die Bestellung mittels Sprachassistenten, bis Chatbot-Commerce (vgl. Lommer, 2017) zeigen den Innovationsgeist der E-Commerce-Branche. Geht es nach dem Online-Techmagazin Wareable (2016) wird die Zukunft jedenfalls „magic”. Retailer experimentieren mit neuen Technologien wie Virtual- und Augmented-Reality, um auf neue und aufregende Weise mit dem Kunden zu kommunizieren.

20 Jahre nach der Entstehung des E-Commerce mit der Entwicklung des „World Wide Web” (vgl. Pispers & Dabrowski, 2013, S. 13) befinden wir uns mitten in der zweiten Revolution des Internets. Unternehmen wie Facebook, Apple, Amazon und Google nutzen neue Technologien und dadurch verändert sich nicht nur das Marketing, sondern auch die Vertriebswege unterziehen sich einem Wandel (vgl. ebenda, S. 15). Der Mensch lebt in einer Epoche der technologischen Weiterentwicklung, in der Machine Learning mittels künstlicher Intelligenz genauso ein Thema ist wie der menschliche Wunsch, via Virtual und Augmented Reality in virtuelle Welten einzutauchen (vgl. Zaman, 2017). Geht es nach Bitkom (2016), sind 31 % der Deutschen und laut Gallup Institut (2016) 54 % der Österreicher an Virtual Reality interessiert und erachten Internetshopping mittels Virtual Reality als sinnvoll.

Virtual Reality bietet im Vergleich zum klassischen Online-Shop zusätzliche Tracking-Möglichkeiten (vgl. Dörner et al, 2013), die kombiniert mit Erkenntnissen aus dem Neuromarketing interessante Ergebnisse bringen können (vgl. Häusel, 2016). Eine Abschätzung der Folgen für den Datenschutz ist für zukünftige Forschungsarbeiten ein interessantes Themengebiet, wird in dieser Arbeit jedoch nicht detailliert betrachtet.

1.1 Forschungsinteresse

Die Frage, die sich E-Commerce Unternehmen stellen sollten, lautet: Welche Faktoren sprechen dafür, dass Kunden tatsächlich Kaufentscheidungen und damit verbundene Conversions zukünftig in diesem Medium tätigen und somit Virtual Reality als Vertriebsoption rechtfertigen?

Die zentrale Forschungsfrage lautet:

- Welche Faktoren, die unter Berücksichtigung zentraler Erkenntnisse des Neuromarketings für eine Verschiebung des Point-of-Sale in das neue Medium sprechen, lassen sich identifizieren?

Zwei weitere Aspekte sind für Unternehmen aus dem E-Commerce im Rahmen dieser Forschungsarbeit von Interesse.

Die beiden Subforschungsfragen lauten:

- Welches der VR-Konzepte ist für den E-Commerce am besten geeignet?

- Wie können Qualitätsmerkmale aus dem E-Commerce in Virtual Reality umgesetzt werden?

1.2 Aufbau und Methodik

Der Aufbau dieser Masterthesis gliedert sich in einen theoretischen und in einen empirischen Teil, wobei im empirischen Teil die Durchführung von Experteninterviews (vgl. Gläser & Laudel, 2010) gewählt wurde. Die Auswertung erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Meuser und Nagel (1991). Eine umfassende Literaturauswahl zu E-Commerce und Neuromarketing bzw. Studien und wissenschaftliche Beiträge aus dem Bereich Virtual Reality bieten dabei die Basis. Der Theorieteil gliedert sich nach der Einleitung in drei Hauptkapitel sowie Subkapitel. Das zweite Kapitel, der Einleitung folgend, widmet sich dem E-Commerce, dessen Qualitätsmerkmalen, den Marketingmethoden und den Käufergruppen im Onlinehandel. In diesem Kapitel werden das Unterbewusstsein der Kunden, die Zugänge zum Kundenhirn, Kundensegmentierungen anhand von Emotionssystemen und Faktoren wie der Gender- und Reizfaktor untersucht. Der dritte und letzten Teil der Theorie behandelt Virtual Reality und deren Basisfaktoren, die unterschiedlichen Konzepte, Wahrnehmungen, Phänomene und schließlich den Ausblick auf weitere Evolutionsprozesse. Die Empirie im fünften Kapitel umfasst leitfadengestützte Interviews mit Experten, deren Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse erfolgt und im Kapitel 5.3 detailliert zusammengefasst wird. Den Abschluss der Masterarbeit bildet Kapitel 6 mit dem Fazit samt Forschungsergebnis und einem Ausblick auf weitere Forschungsansätze. Im Anhang befinden sich das Literaturverzeichnis, die Interviewleitfäden sowie Transkripte der Experteninterviews.

2 E-Commerce – die Maschine

Ziel dieses Kapitels ist es, E-Commerce zu definieren, die Qualitätsmerkmale und Marketingmethoden zu spezifizieren bzw. eine Standortbestimmung der Online-Shops und deren unterschiedliche Käufergruppen und ihr Verhalten zu dokumentieren.

2.1 Definition E-Commerce

Mit dem ersten Webbrowser (1993) beginnt auch die Ära des E-Commerce bzw. des Online-Handels (vgl. Graf & Schneider, 2016, S. 9). E-Commerce zeigt abhängig von Branche, Produktpaletten, Geschäftsmodellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen unterschiedliche Arten, die sich im Hinblick auf Kunden und Einnahmequelle unterscheiden. Die drei Hauptformen sind “Business to Consumer” (in Folge B2C), “Business to Business” (in Folge B2B) und “Consumer to Consumer” (in Folge C2C). Unter B2C versteht man das klassische Online-Geschäft zwischen Unternehmen und Endverbrauchern, d.h. den Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen über eine Website. Bei B2B wird das Online Geschäft zwischen zwei Unternehmen durchgeführt, zum Beispiel zwischen Zulieferer und einem Unternehmen oder zwischen zwei Händlern. Im C2C Bereich verkaufen Konsumenten direkt an Konsumenten. Als Beispiel kann hier die Plattform willhaben.at genannt werden.

Der Einstieg in E-Commerce kann für ein Unternehmen unterschiedlich erfolgen, zum Beispiel, indem es bestehende Plattformen beziehungsweise Online-Marktplätze (E-Marketplaces) wie Amazon oder eBay und deren Logistik nutzt anstelle einer eigenen Online-Präsenz (vgl. Kreutzer, 2014, S. 472).

Laut Kollmann (2016) wird in der Regel für den E-Commerce im Bereich B2C ein E-Shop verwendet, in dem Kunden Waren aussuchen und bestellen können und dem ein Warenwirtschaftssystem bestehend aus Einkauf, Lagerhaltung, Buchhaltung und Kundenmanagement angeschlossen ist. Der E-Shop (auch Online- oder Webshop) mit dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen bietet neben dem Einkauf (E-Procurement) und dem Handel (E-Marketplace) die dritte Säule für die Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse im E-Business (vgl. ebenda, S. 56).

2.2 Standortbestimmung

Die Tendenz vieler Kunden, immer öfter Waren online zu bestellen, ist nicht überraschend, wenn man berücksichtigt, dass Online-Shopping in den letzten Jahren ständig einfacher und bequemer geworden ist. Von Büchern über Kleidung, Brillen, Elektrogeräte bis zu Lebensmitteln und Medikamenten, beinahe alles kann bereits mit wenigen Klicks online bestellt und gekauft werden (vgl. Graf & Schneider, 2016, S. 19). Userfreundlich gestaltete Websites mit genauen Produktbeschreibungen inklusive Kundenbewertungen, flexible Zahlungsmöglichkeiten, digitale Services wie Live-Chats oder Produktvideos, schnelle und oftmals kostenlose Lieferung sowie die Möglichkeit, bestellte Ware ohne Gebühren zu retournieren, lassen den Weg in ein Geschäft überflüssig erscheinen (vgl. Becker, 2016).

Da immer mehr Nutzer daran gefallen finden, hat das Volumen des Onlinehandels im DACH-Raum (DACH steht für Deutschland, Österreich, Schweiz) auch 2015 deutlich zugelegt. Die deutschen E-Commerce-Händler erwirtschaften laut einer Studie von EHI, ein Forschungs- und Beratungsinstitut für den Handel, und Statista (2016), eines der weltweit führenden Statistik-Portale, einen Umsatz von 24,4 Mrd Euro im Jahr 2015. Das bedeutet eine Umsatzsteigerung von gut 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch in Österreich und der Schweiz steigen die Online-Umsätze. In Österreich legten die Online-Umsätze um 9,9 Prozent auf 2,0 Mrd. Euro zu. In der Schweiz stieg der Umsatz der 100 führenden Online Shops auf 4,8 Mrd. CHF (4,5 Mrd. Euro). Vergleicht man die Top 10 Online Shops im DACH-Raum (siehe Abb. 1), ist eine Konzentration der Online-Umsätze auf Marktführer wie Amazon zu beobachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Top 10 Online-Shops in Deutschland, Österreich, Schweiz. Quelle: EHI und Statista

Dennoch besteht der Hauptteil aus Generalisten und Fashion-Online-Shops. So bieten 29 Webshops ein Online-Kaufhaus ohne speziellen Produktfokus, 20 Shops legen den Fokus auf Bekleidung, Textilien beziehungsweise Schuhe. An dritter Stelle liegt der Bereich Unterhaltungselektronik mit 12 Anbietern. Etablieren konnten sich laut der Studie neben Drogerieartikeln, Kosmetik, Optikern auch Online-Apotheken und erstmals scheinen Lebensmittelhändler in der Top 100 Liste auf.

Laut Internet World Business, einem Fachmagazin für Online Marketing und E-Commerce, nutzen fast zwei Drittel der deutschen Online Shops mehrere Kanäle (vgl. Zimmer, 2016). 82 Prozent der Top 1000 haben ihren Online Shop für mobile Endgeräte adaptiert. Damit ist Mobile die stärkste zusätzliche Vertriebsoption, noch vor dem stationären Geschäft mit 57 Prozent. Die deutschen Anbieter sind darüber hinaus auch in den Social Media Kanälen aktiv: Mit 92,3 Prozent liegt Facebook deutlich vor Twitter (71,1 Prozent), Google+ und Youtube (jeweils 67,4 Prozent). Pinterest (42,1 Prozent) und Instagram (38,8 Prozent) sind erstmals vertreten und bieten mit „buyable pins” und „Show now” Button direkte Verknüpfungen zu den Shopsystemen an (vgl. ebenda).

Geht es nach dem Tech-Online-Magazin Wareable, verschwinden Barrieren zwischen Offline-Store, Social Media Kanal und Webshop für User nahtlos (vgl. Cosco, 2016) – egal, ob man Accessoires mittels Augmented Reality anprobiert, eine Stilberatung via Bot erhält oder die neuesten Modetrends bei Modeschauen mittels Virtual Reality bestaunt und direkt bestellt. Marktführer wie Amazon, eBay oder Alibaba arbeiten bereits an dieser neuen Evolutionsstufe des E-Commerce (vgl. Cosco, 2016). Im Dezember 2016 machte Amazon auf sich aufmerksam, indem es das neue Store Konzept „Amazon Go” (siehe Abb. 2) vorstellt. Ein Shop ganz ohne Anstellen und ohne Kassa. Kunden benutzen eine Applikation, um in den Shop zu gelangen, nehmen sich ihre Produkte und gehen wieder raus. Sensoren überwachen die Kunden und registrieren, welche Produkte aus dem Regal genommen bzw. wieder zurückgelegt werden und zuletzt im Einkaufswagen landen. Anschließend werden die gekauften Produkte über das digitale Kundenkonto bei Amazon abgerechnet (vgl. ebenda).

Abb. 2: The future of shopping is magic: AR beauty, VR Malls & no checkouts. Quelle: Wareable

2.2.1 Qualitätsmerkmale

Die technischen Systeme im Webshop unterstützen den Verkaufsprozess von Produkten und Dienstleistungen und sind Basis für einen nachhaltigen Erfolg. Der Aufbau von Produktkatalogen und die Aufbereitung in digitaler Form für den Online-Kunden sind dabei die zentrale Herausforderung. Damit der Einkaufsprozess eines Online-Kunden vollständig über den Webshop abgewickelt werden kann, muss dieser eine Reihe an Funktionen zur Verfügung stellen, die aus unterschiedlichen Bestandteilen bestehen wie Software, Server-Strukturen und Verknüpfung an ein Shopsystem (vgl. Kollmann, 2016, S. 239).

Die Anforderungen an die Software basieren auf allgemeinen Qualitätsmerkmalen, die aus Sicht des Kunden entscheidend für die Akzeptanz einer Plattform sind (vgl. ebenda, S. 240).

Dabei lassen sich folgende identifizieren:

- Usability & User Experience
- Barrierefreiheit
- Skalierbarkeit
- Sicherheit

Neben relevanten und aktuellen Inhalten sowie einem spürbaren Mehrwert für den User sollte dieser die Inhalte selbst ermitteln können. Dabei gilt es, den „Lesefluss” des Users zu gewährleisten mit dem Ziel, eine Conversion auszulösen (vgl. Strauss 2013, S. 230f.). Nutzer machen sich innerhalb von 50 Millisekunden ein erstes Bild von einer Website und entscheiden, ob ihnen die Website gefällt oder nicht, wie die Studie „You have 50 milliseconds to make a good first impression!” beweist (vgl. Lingaard, Fernandes, Dudek, & Brown, 2006). Becker (2016) bestätigt dies in der aktuellen Studie von Netz98 „Zukunftsthemen E-Commerce 2016”.

Den Kriterien der Usability kommen daher laut Nielsen (2012) eine besondere Bedeutung zu:

- Verständlichkeit – wie selbsterklärend sind die Inhalte und Funktionen der Website

- Effizienz – wie schnell können User einmal erlernte Aufgabenstellungen wiederholen

- Stabilität der Lernergebnisse – wie einfach ist es für den User, nach einer gewissen Zeit der Nicht-Anwendung eine hohe Effizienz in der Anwendung wiederzuerlangen

- Fehlerhäufigkeit – wie oft werden Fehler gemacht, wie schwerwiegend sind sie und lassen sie sich einfach beheben

- Nützlichkeit – wie hilfreich ist das Web-Design für den User, um das angestrebte Ziel zu erreichen

- Zufriedenheit – wie angenehm ist es für den User, dem Web-Design zu folgen

Während die Usability vorwiegend technische Aspekte umfasst, schließt die User Experience auch psychologische Faktoren (z.B. Farbgestaltung) mit ein (vgl. Hoffmann, 2013). Für Broschart (2012) wird die User Experience ebenfalls in zwei Teilbereiche unterteilt: neben der Ability (auf Deutsch die Fähigkeit) bzw. dem objektiven Aspekt spielt die Volition, der subjektive Aspekt, eine entscheidende Rolle. Ziel der Volition (auf Deutsch: der Wille) ist es, eine „Vertrauensbasis zu schaffen”. Der User soll bei der Anwendung ein positives, angenehmes Gefühl haben und etwaige Blockaden abbauen. Diese Emotionalisierung des E-Shops kann erheblichen Einfluss auf die Conversion haben. Um eine optimale User Experience zu schaffen, bedarf es einiger Prozesse. Diese Prozesse werden unter dem Begriff „ User Centered Design” zusammengefasst mit dem Ziel, einen vollständigen Eindruck über die Bedürfnisse der User zu erhalten und die Angebote den persönlichen Vorlieben anzupassen (vgl. Broschart, 2012, S. 330ff.).

Es stehen unterschiedliche Methoden zur Auswahl, wobei die Anwendung möglichst vieler Methoden ein umfassenderes Ergebnis ermöglicht. Dabei zählen die heuristische Evaluierung, die virtuelle Aufmerksamkeitsanalyse, das Mouse-Tracking, Web-Analytics, der Cognitive Walkthrough, A/B-Testing, Loud Thinking, Onsite-Befragungen, Card-Sorting und das Eye-Tracking zu den wichtigsten.

Das Eye-Tracking und das Erfassen des Blickverlaufs zählt zu den zuverlässigsten Methoden zur Bewertung der Wahrnehmung einer Website. „Da die Augenbewegung unbewusst erfolgt, gilt sie als Abbild der spontanen Priorisierung.” (Broschart 2012, S. 340). Durch den ermittelten Scan-Pfad, der die Blickbewegung grafisch beschreibt, lassen sich so die Elemente bestimmen, die vom Probanden wahrgenommen wurden. Die Betrachtungsdauer lässt Rückschlüsse über das Interesse des Users an einem Element zu (vgl. ebenda).

Die Barrierefreiheit gibt an, inwieweit die Website unabhängig von körperlichen oder technischen Möglichkeiten nutzbar ist. Ein Nutzer soll darüber hinaus nicht verpflichtet werden, eine spezielle Hard- oder Software zu verwenden. Beim Thema Barrierefreiheit oder Accessibility geht es aber auch um die Unabhängigkeit der Plattform: ein Web-Angebot soll sowohl am Desktop als auch auf mobilen Geräten nutzbar sein (vgl. Kollmann 2016, S. 240).

Die Skalierbarkeit ist sowohl aus technischer als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Qualitätsmerkmal von Bedeutung. Während bei der technischen Skalierbarkeit die Erweiterung der Plattform bei Bedarf durch Anreicherung von Ressourcen zum Beispiel in Form von Hardware gemeint ist, handelt es sich bei der betriebswirtschaftlichen Skalierbarkeit um die Internationalisierbarkeit der Plattform (vgl. Wikipedia, 2017a). Dabei ist vor allem auf die Transaktionsinformationen wie Sprache, Währung, Steuersätze und Lieferbedingungen zu achten (vgl. Kollmann, 2016, S. 240).

Voraussetzung für das Vertrauen der User in einen Webshop ist die Sicherheit, besonders hinsichtlich der Transaktionsprozesse. Dabei stehen der Datenschutz mit dem Sichern sensibler Daten, die Datenintegrität im Hinblick auf Datenmanipulationen oder -zerstörungen und der Zugriff auf Daten durch autorisierte Personen im Mittelpunkt (vgl. ebenda, S. 241). Schwachstellen in der Informationsstruktur, hervorgerufen durch technische Fehler oder in der Umgebung, verursacht zum Beispiel durch Unwetter, die ein System lahmlegen, sind ebenso ein Gefahrenpotenzial für jeden Webshop wie Delikte (zum Beispiel Datendiebstahl) und Schwachstellen durch Social Engineering. Dabei erfolgt der Zugriff auf vertrauliche Daten über direkten Kontakt durch Mitarbeiter (vgl. Schwarze & Schwarze, 2002). All diese Schwachstellen müssen laufend überprüft werden und sind Teil eines Sicherheitskonzeptes eines Webshops, um die Einkaufssicherheit der User und eine gute Reputation der Plattform zu gewährleisten (vgl. Kollmann, 2016, S 272f.).

2.2.2 Landing Page & Produktpräsentation

Neben der Datenorganisation in einem Online Katalog spielen die Landing Page und die Präsentation der Produkte eine wesentliche Rolle. Hier informiert sich der Online-Kunde über das Produkt und fällt die Entscheidung, ob der ausgewählte Artikel in den Warenkorb wandert oder nicht. Der Landingpage, eine der digitalen Kontaktpunkte in der Customer Journey (siehe Abb. 3), kommt somit eine wichtige Bedeutung zu.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Customer-Journey. Quelle: infopresse.com

Klickt der User auf eine Anzeige (vgl. Kap. 2.3.1), ist damit eine gewisse Erwartungshaltung verbunden. Die Landing Page muss diese Erwartungen hinsichtlich Inhalte und Informationsgehalt des potenziellen Kunden in Sekundenschnelle erfüllen. Gerade in der Selektionsphase ist es von Bedeutung, dem User „Vergleichsparameter in kleinen, leicht zu verarbeitenden Häppchen zu servieren” (vgl. Broschart, 2012, S. 130). Gleichzeitig ist es notwendig, Vertrauen zum User aufzubauen. Nur so hat der E-Shop einen Vorteil gegenüber Angeboten von Mitbewerbern. Selbst ein Absprung des Users stellt dann kein Problem da, wenn es dem E-Shop gelingt, einen Memory-Effekt zu kreieren. Der User soll sich an die Website erinnern. Bei Rückkehr des Nutzers erwartet dieser Detailinformationen, da er sich zumeist in einer „präaktionalen” Phase befindet. In dieser entscheidenden Phase ist es notwendig, den User zur Conversion zu führen und ihn zum Handeln (Call to Action) aufzufordern (vgl. ebenda). Eine für den User attraktive und interessante Gestaltung der Inhalte mit Hilfe von Multimedia-Komponenten wie zum Beispiel Texten, Bildern, Grafiken, Ton, Video und Animation sind entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines Shops. „Der Einsatz von Multimedia-Elementen erlaubt eine erlebnisorientierte Präsentation der Produkte, die die Suche und Auswahl für den Nachfrager erleichtern und angenehmer gestalten können” (Silberer, 2002, S. 718).

Die Ability, d.h. die Erfassbarkeit von Inhalten einer Website durch die Nutzer, spielt dabei eine wichtige Rolle. Texte werden von Online Usern oftmals nur gescannt und nicht gelesen (vgl. Broschart, 2012, S. 332). Um das Interesse der User zu wecken, ist deshalb darauf zu achten, dass die Texte knapp gehalten werden, aber dennoch über hohen Informationsgehalt für den User verfügen. Gut ausgewählte Keywords und klare, gut lesbare Schriften unterstützen dabei. (vgl. Kollmann, 2016, S. 244) Kaum ein E-Shop bietet Produkte an, ohne dem User Bilder oder Fotos anzubieten, zumal eine haptische Prüfung der Produkte im Online-Handel noch nicht möglich ist. Kunden wollen die angebotenen Produkte zumindest visuell prüfen, um eine Kaufentscheidung zu treffen (vgl. Kap. 4.4). Aus diesem Grund werden in vielen E-Shops nicht nur ein einziges Produktfoto, sondern eine ganze Gruppe an Bildern für die Produktdarstellung genutzt (vgl. Kollmann, 2016, S. 244).

Dabei können grafische Elemente wie eine Lupe dazu dienen, Bilder des Produktes heranzuzoomen, um Einzelheiten besser erkennen zu können. Grafiken werden in E-Shops oft als Orientierungs- und Navigationshilfe genutzt, zum Beispiel in Form von Social-Plugins. Nutzer können so ihren Freunden mitteilen, dass ihnen ein Produkt im E-Shop besonders gefällt. Vor Integration von Social-Plugins in den E-Shop sollten datenschutzrechtliche Bedenken geprüft werden (vgl. Bdeiwi, 2013).

Neben Bildern, Fotos und Grafiken bieten sich Videos vor allem bei komplexen Produkten mit hohem Informationsbedarf an. Produktinformationen können so audiovisuell vermittelt werden, ohne Unmengen an Texten oder Bildern zu verwenden. „Der Shopbetreiber kann so auf ganz individuelle Weise sein Angebot im Internet präsentieren und durch Ausnutzung der Vielfältigkeit des Multimedia-Angebots dem Kunden eine echte Alternative zum realen Handel bieten” (Kollmann, 2016, S. 311). Eine einfache und selbsterklärende Bedienung der Navigation sowie die Flexibilität des Informationsangebots sind Anforderungen, die in der Produktpräsentation berücksichtigt werden müssen (vgl. ebenda, 2016).

2.3 Marketingmethoden beim elektronischen Verkauf

E-Commerce hat sich über die Jahre weiterentwickelt. Das Spektrum an Möglichkeiten ist größer geworden. Diese Veränderungen zeigen sich auch im Marketingmix. Der klassische Handlungsrahmen der „4 Ps” (Produkt, Preis, Promotion und Place) bleibt, die Gewichtungen haben sich jedoch verschoben. Bei Promotion bzw. der Kommunikationspolitik kommen zum klassischen Marketingmix neue Instrumente wie Social Media, Direktmarketing oder die One-to-One Kommunikation dazu (vgl. Graf & Schneider, 2016, S. 44).

Oberste Priorität hat dabei die Erreichung der Online-Kunden, die Befriedigung ihrer Wünsche und Bedürfnisse und die Nutzung von Umsatzmöglichkeiten inklusive möglicher Upsell- und Cross-Sell-Möglichkeiten (vgl. Kollmann, 2016, S. 348). Das Internet bietet unzählige Möglichkeiten, potenzielle Kunden mit innovativen Marketingmaßnahmen für ein Produkt zu begeistern und Kaufentscheidungen zu beeinflussen (vgl. Pohl & Weiber, 2014). Rahmenbedingungen im Online-Marketing ermöglichen eine „Interaktivität und Individualität” (vgl. Kollmann, 2016, S. 348). Verschiedene Studien erwarten in naher Zukunft eine Fortsetzung des Trends zur Individualisierung in allen Lebensbereichen. Der Kunde von heute erwartet sich ein Produkt, das genau seinen Vorstellungen entspricht. „In Konsequenz sind viele Anbieter gezwungen, Konsumenten im Marketing individueller anzusprechen bzw. in der Leistungserstellung variantenreichere Produktsortimente bis zur Einzelfertigung zu realisieren” (Strauss, 2013, S. 171).

Die Basis für eine Individualisierung ist eine Kundendatenbank, um Daten zu speichern, zu analysieren und für Marketingzwecke bereitzustellen. Das Ziel ist dabei nicht primär Produkte zu verkaufen sondern Kundenbedürfnisse zu befriedigen (vgl. Walter, 2016, S. 25). Kunden wird dabei das Gefühl eines lohnenswerten Vorteils vermittelt. Dadurch soll eine Kaufhandlung ausgelöst werden. Dies gilt es so oft als möglich zu wiederholen um Kunden an den E-Shop beziehungsweise das Unternehmen zu binden und den Customer-Lifetime-Value voll auszuschöpfen, meinen auch Graf und Schneider (2016). Strauss (2013, S. 192) legt nach: „Es zeigt sich, dass erfolgreiche Unternehmen einen deutlich größeren Schwerpunkt auf höherwertige Instrumente legen bzw. vice versa der systematische Einsatz und das Ausprobieren innovativer Instrumente eine der Grundpfeiler für einen Erfolg im E-Business ist”. Die folgenden Kapitel widmen sich detaillierter den Möglichkeiten, die im E-Business derzeit zur Kundengewinnung, zur Analyse und Bewertung von Kunden und als Kundenbindungsmaßnahmen genutzt werden.

2.3.1 Kundengewinnung

Bei der Kundengewinnung konzentrieren sich alles Maßnahmen auf die Akquise von neuen Käufern, die noch keinerlei oder wenig Kontakt und Informationen zu den Produkten und/oder zum Anbieter des E-Shops haben. Werbung im Internet nimmt weiter zu. Strauss (2013) meint dazu, dass die Nutzung moderner Internet- oder Mobil-Anwendungen „eine präzisere Ermittlung der Werbeträgerleistung” (S. 191) gestattet, als dies bei klassischen Medien der Fall ist. Durch „die Interaktivität des Mediums” und der Verwendung der Adserver-Technologie ist eine individuelle Ansprache der Zielgruppe möglich. Mit einer permanenten Optimierung der Kampagnen wird somit ein hoher Wirkungsgrad erzielt. Kollmann (2016) teilt die Kundengewinnung im E-Commerce in vier Bereiche: Suchmaschinen-Marketing, Display-Marketing (Mobile-Marketing), Community-Marketing und Direkt-Marketing.

- Suchmaschinen-Marketing

Eine nach wie vor führende Rolle spielt dabei das Suchmaschinen-Marketing. Unter Suchmaschinen-Marketing versteht man grundsätzlich alle Marketing-Maßnahmen, die auf Suchmaschinen ausgerichtet sind, also die Suchmaschinen-Optimierung und die Suchmaschinen-Werbung (vgl. Kreutzer, 2014, S. 194). Die Ergebnislisten der Suchmaschine (siehe Abb. 4) beinhalten gleichermaßen Treffer aus der Suchmaschinen-Optimierung bzw. Suchmaschinen-Werbung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Ergebnisliste bei Suchanfrage “Urlaub Paris”. Quelle: Google

Die Suchmaschinen-Optimierung (Search-Engine-Optimization) konzentriert sich auf Aktivitäten, die dazu führen sollen, die eigenen Online-Angebote in den organischen bzw. redaktionellen Trefferlisten der Suchmaschinen zu platzieren. Diese organischen Treffer stehen im Wettbewerb mit den Sponsored Links, den Werbeanzeigen in den Ergebnislisten der Suchmaschine. Die Suchmaschinen-Werbung (Search-Engine-Advertising) ermöglicht dem E-Shop, sich durch bezahltes Keyword Advertising in den bezahlten Suchergebnissen so weit oben wie möglich zu platzieren (vgl. Kollmann, 2016, S. 355). Dabei ist jede Anzeige oder Kampagne (besteht aus mehreren Anzeigen) mit speziellen Keywords verknüpft. Die Anzeigen verlinken wiederum zu Produktseiten im E-Shop bzw. Landing Pages und werden dann ausgespielt, wenn sich eine Suchanfrage des Nutzers mit den Keywords der Anzeige in der Suchmaschine decken (vgl. Strauss, 2013, S. 200f.). Zusätzlich bietet z.B. Google die Möglichkeit, anhand von demografischen Daten wie Alter und Geschlecht zielgruppenspezifische Kampagnen zu schalten und Nutzer so auf Landing Pages (vgl. Kap. 2.2.2) zu locken. Dabei kann die bereits vorhandene „Audience” mit statistischen Zwillingen basierend auf Interesse, Suchverhalten und Webseitenbesuchen angereichert werden (vgl. Internetworld, 2017b).

Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens comscore (vgl. Martin, 2016) stellen Nutzer täglich mehr als 4 Mrd. Suchanfragen, bei Google alleine mehr als 1 Milliarde. Google ist damit europaweit unter allen Suchmaschinen unangefochten die Nummer 1, weit vor Bing, Yahoo und der russischen Suchmaschine Yandex, und konnte den Marktanteil in den letzten sechs Jahren von 90,91 auf 91,60 % steigern (vgl. Jacobsen, 2016b). Der Durchschnittsnutzer verbringt laut Strauss (2013) mehr als 21 % seiner Online-Zeit mit der Suche und knapp 50 % der Besucher eines E-Shops kommen über Suchmaschinen wie Google & Co. Interessant ist jedoch, dass laut einer Studie der größten deutschen Online-Shops, durchgeführt von Aufgesang (2016) in Kooperation mit Searchmetrics, die organische Google-Suche der wichtigste Kanal bleibt und die Nutzung von Adwords sogar sinkt.

Betrachtet man die aktuelle Gemeinschaftsstudie von BVDW, IAB Austria und IAB Schweiz (2016) zum Mediennutzungsverhalten im DACH-Raum, dann nimmt nicht nur die Suchmaschinen-Optimierung für Desktop, sondern auch die für mobile Endgeräte im E-Commerce eine immer wichtigere Rolle ein. Laut der Studie ist zwar die Internetnutzung über große Screens wie Desktop/Laptop mit knapp 90 Prozent aller 16- bis 69-jährigen Internetnutzer mit Abstand die höchste, dennoch hat in Österreich und der Schweiz die mobile Online-Nutzung mit je 72 Prozent bereits den TV-Konsum von 61 bis 62 Prozent überholt. Lediglich in Deutschland liegt der TV-Konsum mit 71 Prozent noch an zweiter Stelle. Doch auch hier holt die mobile Internetnutzung mit einem Zuwachs von 10 Prozent auf nunmehr 69 Prozent stark auf. Zusätzlich zur Optimierung der mobilen Suche steigt auch das Mobile Marketing.

- Mobile Marketing

Die wachsende Bedeutung von „Mobile” als Betriebskanal (vgl. Kap. 2.2) bedeutet gleichermaßen eine Steigerung der mobilen Werbung, die 2017 ca. 15-20 % des gesamten Werbeaufkommens auf sich vereinigen wird. (vgl. Strauss, 2013, S. 248). Mobile Marketing konzentriert sich auf Maßnahmen, die das Verhalten von Usern von mobilen Endgeräten beeinflussen. Die Palette der Anwendungen reicht von SMS-Text- Messaging, MMS-Diensten, Mobile-Shopping Websites, Applikationen (vgl. Kap. 2.3.2), Mobile Search, QR-Codes, Click-to-Call bis hin zu Social Mobile Networking und Location Based Services, bei welchen ausschließlich Konsumenten, die sich in einem bestimmten Aufenthaltsort befinden, gezielte Werbebotschaften erhalten (vgl. ebenda). Gerade im Hinblick auf neue Technologien wie Virtual und Augmented Reality wird der Bedeutung von mobilen Endgeräten und somit auch Mobile Marketing eine bedeutende Rolle zugeschrieben (vgl. Kap. 4.2). Strauss (2013) sieht darüber hinaus Social Media im Bereich Mobile als zusätzlichen Wachstumsmarkt:

„Studien und Fallbeispiele belegen die Bedeutung von Social Media im Bereich Mobile Marketing: Nutzer ziehen es vor, promotionale Inhalte (Werbung) eher von anderen Nutzern im Rahmen von Word-of-Mouth zu erhalten und bewerten diese durchgehend positiver im Vergleich zu Werbung vom Hersteller […]” (S. 248)

- Community Marketing

Aufgrund dieser Erkenntnis nimmt das Community Marketing neben den bekannten Maßnahmen zur Kundengewinnung eine immer wichtigere Rolle ein. Dabei werden unter anderem die vorhanden Kunden genutzt, um Neukunden zu werben und eine große Zielgruppe zu erreichen (vgl. Kollmann, 2016, S. 711). Tim Cole (2015) ist überzeugt, dass Online- Communities eine Möglichkeit sind, mehr über den Kunden und seine Wünsche zu erfahren und damit einen wesentlichen Erfolgsfaktor im E‑Commerce darstellen. Dabei stehen zahlreiche Instrumente wie z.B. Social-Plug-Ins (vgl. Kap. 2.2.2), eigene Unternehmensprofile in den sozialen Netzwerken, spezielle Werbeanzeigen und Kampagnen via Social-Media-Ads, eine stimmige Social-Media-Content-Strategie inklusive der Interaktion mit den Usern und dem Monitoring der Marketingmaßnahmen zur Verfügung (vgl. Kollmann, 2016, S. 367).

Die stärkere Nähe zum Kunden und das Entstehen einer Vertrauensbasis sind typische Vorteile dieser Form des Marketings und werden durch die Ausdehnung der Reichweite nicht nur zur Kundenpflege sondern auch für die Kundengewinnung genutzt (vgl. ebenda). Dabei lassen sich gerade in sozialen Medien anhand von „soziodemographischen Informationen” Zielgruppen für gezielte Marketingmaßnahmen identifizieren (vgl. ebenda, S. 368). Ein solches gezieltes Kommunikationsmittel sind Direct-Mailings.

- Direkt-Marketing

Im Rahmen des Direkt-Marketings werden Kommunikationsmittel hauptsächlich genutzt, um Daten von potenziellen Kunden zu sammeln (vgl. Kollmann, 2016).

Kollmann (2016) meint weiter:

„Wichtig bei diesen Kommunikationsmedien ist die Interaktionsmöglichkeit, um die Reaktionen der Kunden messen zu können. Erfolgskritisch für eine nachhaltige Umsetzung von Database-Marketing ist eine ganzheitliche Betrachtung der Prozesse, wobei diese in der strategischen Ausrichtung des E-Shops verankert sein müssen.” (S. 393)

Die Pflege, ständige Analyse und Aktualisierung des Datenbestandes sind dabei ausschlaggebend (vgl. ebenda). Graf & Schneider (2016) sind hingegen der Überzeugung, dass die Kommunikationspolitik aufgrund eines immer transparenter werdenden Markts an Relevanz verliert. Gewinner sind ihrer Meinung nach die Anbieter mit einer starken Ausprägung in Richtung Preispolitik und dem richtigen Mix an Preis, Rabatte, Boni und Skonti sowie die richtigen Liefer- und Zahlungsbedingungen (vgl. ebenda, S. 90). Daten sind jedoch die Erfolgsbasis dieser Strategie und daher sammeln E-Shops möglichst viele Daten der User und Kunden.

2.3.2 Kundendaten eindimensional?

Um erste Daten von potenziellen Kunden zu erhalten ist eine Registrierung im E-Shop nicht zwingend notwendig. Ein User, der über den Browser seines PC oder Laptop in einen E-Shop gelangt, wird anhand von Cookies oder der IP-Adresse identifiziert. Surft der User auf bestimmten Produktseiten oder benutzt die Suchfunktion, ist dies ebenfalls mit einer Identifikation verbunden und wird beim nächsten Besuch des E-Shops zugeordnet, solange der User die Cookies nicht löscht oder sich mehrere User ein Gerät teilen und daher unterschiedliche Spuren hinterlassen (vgl. Graf & Schneider, 2016, S. 71). Selbst wenn der User regelmäßig seine Cookies löscht, ist aufgrund der jeweiligen Gerätekonfiguration (z.B. installierte Plug-Ins, Screen-Auflösung, Netzwerkkarte etc.) eine Wiedererkennung anhand eines „digitalen Fingerprints” möglich (vgl. ebenda).

Bei mobilen Endgeräten verhält es sich ähnlich: besucht der User den Online-Shop über den Browser wird er mittels Cookies identifiziert. Viele User nutzen Applikationen um in den Online-Shop zu kommen. Das jeweilige Betriebssystem (z.B. Android) vergibt eindeutige Kennzahlen an jeden Nutzer. Diese Kennzahlen können im Gegensatz zu Cookies nicht gelöscht werden. Der User ist damit App-übergreifend identifizierbar. Schwierig wird es für den Shopbetreiber, wenn der User einmal über den Browser und dann über die App zugreift. Es entstehen „doppelte User”, da Cookies nur für Browser und Kennzahlen ausschließlich für Apps vergeben werden (vgl. ebenda). User sind klar zu identifizieren, wenn sie sich registrieren und sich z.B. über die Funktion „Eingeloggt bleiben” selbst zu erkennen geben oder mit dem Single-Sign-On von Google oder sozialen Netzwerken wie Facebook einloggen und somit Apps die Erlaubnis erteilen, auf die Nutzerprofile zuzugreifen (vgl. ebenda).

Aus den bekannten Nutzerdaten und Präferenzen aufgrund des Surf- und eventuell sogar Kaufverhaltens der Kunden lässt sich mittels einer Rating-Matrix ein erstes Kundenprofil erstellen. Anhand des Profils wird schnell klar, dass Kunde A – männlich, über 30 Jahre – vermutlich kaum Interesse an Damenkleidern haben wird. Je mehr Daten über den User aufgrund seines Kauf- und Surfverhaltens vorhanden sind, desto detaillierter wird die Matrix. Welche Größe hat der User, welche Farben oder Stile bevorzugt der Kunde und in welchem Preissegment hält er sich auf?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Illustrative Darstellung einer Rating Matrix. Quelle: Das E-Commerce Buch

„Allerdings sind Daten, die Online-Shops über ihre User mit geringem Aufwand erheben können, oft etwas eindimensional: Klick- und Kaufdaten” (Graf & Schneider, 2016, S. 73).

Soziale Medien wie Facebook hingegen kennen von ihren Usern Alter, Ort, Aussehen und wissen, welche User miteinander verbunden sind. Aufgrund der Postings, Shares, Likes und Kommentare ermittelt Facebook, was der User interessant findet und kann davon ableiten, welche Produkte der User zu welchem Zeitpunkt ansprechend finden wird.

Ein Online-Shop kann auf diese Nutzerprofile zugreifen, sofern der Shop bzw. die App mit z.B. Facebook verknüpft ist und der User der Freigabe seiner Nutzerdaten zustimmt. Dies gilt es vor allem in Hinsicht auf das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung in allen EU-Ländern im Mai 2018 zu berücksichtigen. Stimmt der Nutzer zu, ergeben diese Daten kombiniert mit dem Surf- und Kaufverhalten im E-Shop ein komplettes Bild der Kundenpräferenzen. Solche Daten sind für jeden E-Shop Gold Wert und können nun für sämtliche Marketingaktionen unter anderem zu Kundenbindungsmaßnahmen genutzt werden.

2.3.3 Kundenbindung

Gerade im Beziehungsmarketing, wo es um die möglichst langfristige Bindung des Users and das Unternehmen geht, spielen detaillierte Kundendaten eine wesentliche Rolle. Das wird umso deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass beim Beziehungsmarketing nicht nur ein Einzelprodukt, sondern ganze Produktpaletten, Leistungen und Werte eines Unternehmens beworben werden (vgl. Graf & Schneider, 2016, S. 89). Ziel all dieser Kundenbindungsmaßnahmen ist die Erhöhung der Zufriedenheit der Kunden und die damit verbundene Erhöhung des Ertrags über den gesamten Kundenlebenszyklus, auch als Customer-Liftetime-Value bekannt (vgl. Kollmann, 2016, S. 401). Aufgrund dieses Kundenwertes ist seitens des Unternehmens ein individuelles Verhalten für jeden Kunden kalkulierbar, d.h. ein E-Shop kann aufgrund des Wertes jedes Kunden steuern, wie viel in z.B. Reaktivierungskampagnen bestimmter Kunden investiert wird oder wie hoch eine Wiedergutmachung im Beschwerdefall ist (vgl. Walter, 2016, S. 71).

Betrachtet man es jedoch von Kundenseite, so lohnt sich eine Bindung an einen E-Shop nur dann, wenn dieser aus der Beziehung zum Unternehmen Vorteile zieht. Aufgabe jedes Unternehmens ist es daher, dem Kunden einen Mehrwert zu transportieren. Das funktioniert nur, wenn der Kunde die richtigen Produkte und Leistungen angeboten bekommt, wenn er sie wirklich braucht (vgl. Cole, 2015, S. 71). Ziel ist es daher, in eine „Eins-zu-Eins”-Beziehung oder One-To-One-Kommunikation mit dem Kunden zu kommenKollmann (2016) stellt dazu klar:

„Im Gegensatz zum Massenmarketing werden hier die Kundenbedürfnisse hoch differenziert betrachtet, wodurch der Einsatz von standardisierten Marketing-Methoden unbrauchbar wird.” (S. 400)

Walter (2016) sieht ebenfalls eine Fortsetzung des Trends zur Individualisierung und einen Abschied vom „One Size fits all”-Marketing im E-Commerce. Diese Individualisierung der Angebote, die Verbesserung der bestehenden Kundenbeziehung und die One-to-One Marketingmaßnahmen benötigen eine Technologie, die sämtliche Kundendaten aus den Verkaufs- und Marketingaktivitäten verwaltet und gleichzeitig kostengünstig bzw. zeitnah erhebt: das Customer-Relationship-Management (in Folge CRM). Dabei werden die vorhanden Daten der Kunden aus einem Datenlager (Data Warehouse) mittels Analysetools (Data Mining) so aufbereitet, dass sie für Verkaufs- und Marketingmaßnahmen in der One-to-One-Kommunikation genutzt werden können (vgl. Kollmann, 2016, S. 401). Dabei sind nicht wie oft angenommen fehlende Daten das Problem, sondern die Aufteilung der Daten auf unterschiedliche Systeme. Diese in beinahe Echtzeit zusammenzuführen und für gezieltes Marketing zu nutzen, ist die große Herausforderung jedes E‑Shops. Dazu kommt der Einfluss von außen in Form von Erfahrungswerten von anderen Kunden, Freunden oder Verwandten (vgl. Strauss, 2013).

Graf & Schneider (2016) sehen das Beziehungsmarketing im E-Commerce hingegen kritisch. Durch die Transparenz im Internet und die Bereitschaft der Kunden, diese auch zu nutzen, wird es für E-Shops, die vor allem Standardprodukte anbieten, schwierig. Provokant formulieren sie: „Anbieter können noch so viele nett personalisierte Mails schicken und mögen den Kunden überall im Netz mittels teurer Targeting-Methoden mit Werbung beschallen - wenn dasselbe Produkt bei Amazon für 3 Euro weniger und noch dazu versandkostenfrei zu haben ist, war alle Mühe für die Katz” (S. 90). Cole (2015) sieht das Thema „Kundenbindung” etwas differenzierter und glaubt an eine „Kunden-Selbstbindung”, d.h. der Kunde erkennt selbst, ob es sich rentiert, ein Stammkunde des E-Shops so sein, weil Wünsche und Bedürfnisse zur Gänze erfüllt werden (S. 71). Es scheint, als ob Cole, Strauss bzw. Graf & Schneider von völlig unterschiedlichen Kunden sprechen. Aus diesem Grunde macht es Sinn, die Käufergruppen und ihr Verhalten näher zu betrachten.

2.4 Käufergruppen und ihr Verhalten im Online Handel

Wie im stationären Handel ist auch im E-Shop eine Aufteilung in unterschiedlichen Käufer- bzw. Zielgruppen notwendig. Die Einteilung der Online-Käufergruppen kann sehr unterschiedlich erfolgen. In diesem Kapitel werden zwei der unzähligen Segmentierungsmöglichkeiten näher betrachtet. Der klassische Segmentierungsansatz nach Peter & Olson (2001, S. 382) unterteilt die Online-Kundengruppen wie folgt:

- Geografisch: Stadt, Land, Bevölkerungsdichte, Klima etc.
- Demografisch: Geschlecht, Alter, Familienstand, Einkommen etc.
- Soziokulturell: Rasse, Religion, Nationalität, soziale Schicht etc.
- Affektiv und kognitiv: Einstellung, Innovatoren, Adoptoren, Aufmerksamkeit
- Verhaltensorientiert: Mediennutzung, Loyalitätsstatus etc.

Durch zunehmende Akzeptanz des Internets und damit verbundene stärkere Nutzung lösen verhaltensorientierte Kriterien die klassischen geografischen und demografischen ab und gängige Käufergruppen unterteilt in Alter, Geschlecht, Einkommen etc. nicht mehr zeitgemäß. Man spricht vom „hybriden Kunden”, der je nach Situation unterschiedliche Vorstellungen und Wünsche hat (vgl. Kollmann, 2016, S. 319). Kollmann meint weiter:

„In der Digitalen Wirtschaft sind allerdings auch die verhaltensorientierten Merkmale der Kunden schwer zu analysieren, da ein umfassendes Bild des Kaufverhaltens nur in der virtuellen Welt möglich ist” (S. 319).

Daraus resultierend ist derzeit eine Zielgruppenanalyse der Daten auf Transaktionen und Interaktionen der User beschränkt, um anhand der Nutzerprofile eine One-to-One-Kommunikation zu realisieren (vgl. ebenda).

Nachdem die klassische Segmentierung nur limitiert einsetzbar ist, ist es notwendig, zusätzliche Möglichkeiten zur Segmentierung von Käuferschichten zu nutzen. In der Studie „Digital Shopper Relevancy” von Capgemini (2014) wurde untersucht, welche digitalen Kanäle bestimmte Käufer nutzen und welche Produkte sie über welchen Kanal gekauft haben. Es wurden 18.000 Interviews in 18 Ländern zu fünf Produktkategorien (Lebensmittel, Gesundheit & Körperpflege, Fashion, Elektronik und Heimwerkerprodukte) durchgeführt. Dabei haben sich folgende vier Käufertypen ergeben:

- Reluctant Digital Shopper (11 %): sind nicht an neuen Technologien interessiert und bevorzugen physische Stores. Sie vermeiden Social Media oder Apps als Shopping Kanal.
- Value-Conscious Digital Shopper (29 %): Bevorzugen In-store Shopping, nutzen Internet und E-mail, aber nutzen weniger Smartphones, Tablets und Social Media.
- Socially-Engaged Digital Shoppers (41 %): Nutzen hauptsächlich digitale Technologien, nutzen Social Media und geben im Rahmen ihrer Einkäufe ihre Daten an Retailer ohne Bedenken weiter.
- True Digital Shopper (19 %): kaufen online am häufigsten ein. Sie nutzen Apps und unterschiedliche Online-Shops um Produkte zu vergleichen, tracken ihre Lieferung und geben ihre Daten gerne weiter, um personalisierte Deals zu erhalten.

In allen Produktkategorien hat es im Vergleich zur letzten Studie 2012 eine Steigerung in den Käufen von 1-2 % gegeben. Je nach Präferenz in der Untersuchung können auch andere Typen resultieren. Für den E-Shop ist es jedoch wichtig im Zuge seiner Strategie bewusst für oder gegen eine Zielgruppe zu entscheiden um eine gezielte Kommunikation mit wenigen, aber genau definierten Käuferschichten aufzubauen (vgl. Kollmann, 2016, S. 323).

Eine Zielgruppe, die für den Online-Handel eine besonderer Bedeutung darstellt, sind die „ Digitale Natives” oder Generation Internet. Das sind alle zwischen 1980 und 1999 Geborenen, die auch als Generation Y oder Millennials bezeichnet werden und in einer digitalen Welt aufgewachsen sind. Dies macht sich auch im Konsumverhalten der Generation bemerkbar (vgl. Stratmann, 2017). Laut der Studie Connected Life des Marktforschungs- und Beratungsinstituts TNS aus dem Jahre 2016 (vgl. ebenda) sind Digital Natives knapp 3,2 Stunden pro Tag online und nutzen primär mobile Endgeräte wie Smartphone oder Tablet. 63 Prozent der Millennials nutzen täglich soziale Plattformen. Vier von fünf Digital Natives shoppen regelmäßig online und schätzen die unabhängigen Öffnungszeiten. Sie legen dabei besonderen Wert auf Usability & User Experience. Die Studie zeigt auch, dass Digital Natives im Vergleich zu Generationen vor ihnen mehr Informationsquellen wie Rezensionen, Preisvergleiche etc. nutzen, um Produkte zu beurteilen. E-Shops müssen diese Informationen zur Verfügung stellen, wollen sie Millennials für sich gewinnen.

Je besser das Unternehmen das Verhalten seiner ausgewählten Zielgruppen kennt, umso optimaler können Produktseiten, Kundenbindungsmaßnahmen oder verkaufsfördernde Aktivitäten an die Wünsche der Kunden angepasst werden (vgl. Kollmann, 2016). Digital Natives wissen und erwarten laut Studie sogar, dass ihre Daten gesammelt werden, um ein personalisiertes Kauferlebnis zu erhalten (vgl. Stratmann, 2017). Dabei spielen nicht nur demografische Daten und Surfverhalten eine Rolle. Erkenntnisse aus dem Neuromarketing zeigen, dass Emotionen und auch die aktuelle Situation, in der sich Nutzer befinden, eine entscheidende Rolle spielen können (vgl. Kap. 3).

Doch welche Erwartungen haben die unterschiedlichen Käufergruppen an den E-Shop? Analysen z.B. der Conversion Rate sind reine Ergebniskontrollen und geben keine Aufschlüsse über die Erwartungen, die Kunden an den E-Shop haben (vgl. ebenda). Die Anforderungen der Kunden sind eng mit den Online Erfahrungen verknüpft und somit stetig am Wachsen, je mehr der User über E‑Shops und deren Möglichkeiten lernt. Unabhängig von den Erwartungen der Käufergruppen gibt es basierend auf Erkenntnissen der Nutzung des Internets einen Grundkatalog an Erwartungen der User. Ergänzend zu den Qualitätsmerkmalen (vgl. Kap. 2.2.1) und den Faktoren der Produktpräsentation (vgl. Kap. 2.2.2) sind die Performance (Ladezeiten und Übertragungszeiten), einfach verständliche Eingabefelder (Formulardaten), rasche und unkomplizierte Kommunikationsmöglichkeiten wie E-Mail, Community, Call Center, Hotline oder Avatare, die Zeitungebundenheit (Shoppen rund um die Uhr), Lieferbedingungen und -flexibilität, ein für den User angemessenes Preis-/Leistungsangebot und die klare Kommunikation der Reklamationsbedingungen Mindestanforderungen im Erwartungskatalog der Online-Kunden (vgl. Kollmann, 2016, S. 326).

Grundsätzlich sollte mit der Erfüllung des Anforderungskataloges die Kundenzufriedenheit erreicht sein. Es liegt jedoch in der Natur des Menschen, dass sich die „Anspruchshaltung der Kunden” durch die tägliche Nutzung des Internets verändert (vgl. Cole, 2015, S. 54). Cole meint weiter:

„Nur wer seinen Kunden wirklich gut kennt, wird in der Lage sein, ihm das zu bieten, was er will. Das Wissen um den Kunden wird so zu einem neuen, kritischen Erfolgsfaktor in einer Welt, die von direkten, personalisierten Kundenbeziehungen geprägt ist und in der Kunden mehr denn je Marktübersicht, Transparenz und Einfluss bei der Preisgestaltung haben” (S. 56).

Um sich dieses Wissen anzueignen, ist es notwendig, die Prozesse im Gehirn der Kunden zu verstehen und anschließend für das Unternehmen zu nutzen.

3 Neuromarketing – der Mensch

Klassische Marketingmaßnahmen gehen davon aus, dass der Kunde bewusst und rational jede Kaufentscheidung trifft. Die Hirnforschung zeigt jedoch, dass diese Denkweise eine Illusion ist. Kaufentscheidungen fallen unbewusst und emotional. (vgl. Häusel, 2012, S. 7) Wie Konsumentenbefragungen zeigen, stößt die klassische Marktforschung an ihre Grenzen. Die Begründungen, wieso sich Kunden für das eine oder andere Produkt entschieden haben schienen nicht schlüssig. Es ist daher sinnvoll, mit Hilfe von neuen „Verfahren der Hirnforschung zu einer härteren, objektivieren ,Währung’ zu finden und die wahren Ursachen für Kaufentscheidungen zu erkennen”, meinen Scheier & Held (2012, S. 20f.). Für den E-Commerce bedeutet dies, tiefer in die Gedankenwelten seiner User vorzudringen, um sie wirklich zu verstehen, denn ein Kunde ist kein „rational handelndes Subjekt”, sondern trifft Kaufentscheidungen emotional (vgl. Raab, Gernsheimer & Schindler, 2013, S.1). Das folgende Kapitel beschäftigt sich intensiv mit einer jungen Forschungsrichtung, die Erkenntnisse „aus den Neurowissenschaften, der Kognitionswissenschaft und der Marktforschung vor dem Hintergrund marketingrelevanter Themen integriert und verknüpft” (Raab, Gernsheimer & Schindler, 2013, S. 5).

3.1 Definition Neuromarketing

Neuromarketing beschäftigt sich mit „Kauf- und Wahlentscheidungen” der Kunden, mit deren Ablauf im Gehirn und wie man diese steuern kann. Neuromarketing nutzt dabei die Erkenntnisse aus der Hirnforschung und bettet diese in „Marketingtheorie und Marketingpraxis” ein. (vgl. Häusel, 2016, S. 20f.) Im Zuge dessen werden unterschiedliche Wissenschaften miteinander verknüpft um zu Ergebnissen zu kommen.

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Abb. 6: Neuromarketing im Spannungsfeld der Wissenschaften. Quelle: Scheier & Held, 2012, S. 26

Im Fokus steht „die Erforschung kognitiver Fähigkeiten wie Denkprozesse, Wahrnehmung, Motorik, Sprache und Lernen” (Raab, Gersheim & Schindler, 2013, S. 5). Viele der Erkenntnisse existieren bereits seit Langem. In der Neuropsychologie zum Beispiel werden seit mehr als 100 Jahren Wahrnehmungen, Erinnerungen, Entscheidungen, Motivationen bzw. Emotionen in ihrer „Wechselwirkung mit der sozialen Umwelt” erforscht (Scheier & Held, 2012, S. 27). Das menschliche Gehirn hat sich seit 50.000 Jahren nicht verändert und die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Fortpflanzung oder soziale Motive sind gleich geblieben. Viele der Prozesse laufen automatisiert ab, im Unterbewusstsein oder dem Autopiloten im Gehirn (vgl. ebenda).

3.2 Das Unterbewusstsein – der Autopilot

Einzelne Teilbereiche im Gehirn erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Das Großhirn oder der Neocortex ist Sitz der Vernunft. Hier werden Erfahrungen gespeichert, bei Bedarf abgefragt und für Entscheidungen vorbereitet (vgl. Häusel, 2016, S. 83). Darunter liegt das limbische System und Emotionszentrum und schließlich das Stammhirn, das für die Instinkte verantwortlich ist (vgl. ebenda, S. 83).

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Abb. 7: Der Grundaufbau des menschlichen Gehirns. Quelle: Häusel, Hans-Georg, 2016, S. 82

Das Unterbewusstsein bzw. der Autopilot besteht aus „mentalen Prozessen” wie Sinneswahrnehmungen, Emotionen, spontanem Verhalten sowie intuitiven Entscheidungen und ist ein „implizites System”, in dem Vorgänge automatisch, unbewusst und schnell ablaufen (vgl. Pispers & Dabrowski, 2013, S. 59). Wenn man bedenkt, dass ein Mensch ein 40-Bits-Bewußtsein hat, macht das durchaus Sinn. Um dies zu verdeutlichen: eine Zahl wie z.B. „3” entspricht in etwa 5 Bits, d.h. jeder Mensch kann acht Zahlen gleichzeitig bewusst verarbeiten. Die Sinne versorgen das Gehirn jedoch mit 11 Millionen Bits an Information pro Sekunde. Das bedeutet, dass jeder Mensch fast 100 Prozent der Information unbewusst verarbeitet (vgl. Scheier & Held, 2012, S. 51f.). Für Häusel (2016) ist klar, dass Entscheidungen keineswegs so frei sind, wie Menschen das gerne glauben. Da nur 0,0004 % der Eindrücke das Bewusstsein erreichen, sind alle Entscheidungen emotional und unbewusst (S. 82). Es gibt eine Begründung, wieso der Mensch so „programmiert” wurde: Er reagiert wesentlich schneller, wenn die Informationen ohne das Einschalten des Bewusstseins eine Handlung auslösen, z.B. bei Gefahrensituationen. Die gespeicherten Erfahrungen haben sich bewährt und erprobte Ergebnisse existieren, daher ist es nicht notwendig das Bewusstsein damit zu beschäftigen. Das Bewusstsein kostet viel Energie, besonders wenn man viel nachdenkt. Der Mensch ist aufgrund der Evolution darauf eingestellt, möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Deshalb wird das Bewusstsein sparsam eingesetzt. (vgl. Häusel, 2016, S. 99f.) Den Ausdruck eines Gesichts lange zu analysieren ist daher nicht notwendig. Eine eigenes Areal im Gehirn, das „Gesichtsareal”, ist für die Erkennung von Gesichtern oder gesichtsähnlichen Objekten zuständig. Durch diese Spezialisierung ist es notwendig, auf Details zu achten. Das Motto „Hauptsache ein glückliches Gesicht” funktioniert nicht, da das Gesichtsareal direkt mit den Emotionszentren des Gehirns verbunden ist. Der User sieht nicht nur ein Gesicht, sondern fühlt etwas dabei (vgl. Scheier & Held, 2012, S. 37). Deshalb haben Gesichter in der Werbung eine besonders starke Wirkung. Der Mensch schubladisiert aber nicht nur Menschen, um das begrenzte Bewusstsein effizient zu nutzen. Eine Studie der Carleton Universität in Kanada hat belegt, dass ein Kunde sich in weniger als einer halben Sekunde ein erstes Urteil über einen E-Shop oder eine Website bildet (vgl. ebenda, S. 54). Der Nichtsprachlichen Kommunikation kommt daher eine bedeutende Rolle zu.

Geht es nach der klassischen Wirtschaftstheorie, entscheiden Kunden nach einem Kosten-Nutzen-Prinzip. Die Hirnforschung beweist, dass der Mensch schon aufgrund des 40-Bits-Bewusstseins diesem Prinzip nicht folgt (vgl. ebenda, 2012, S. 59). Der Bonner Neurowissenschaftler Christian Elger belegt dies in einer Studie. Er hat Probanden im Hirnscanner Bilder bekannter Produkte wie Schokolade unterschiedlicher Marken gezeigt. Dabei wurden unterschiedliche Preise angezeigt und teilweise mit einem auffallenden Rabattschild versehen. Das Rabattschild ist nicht immer beim günstigsten Preis aufgeblitzt. Das Erscheinen des Rabattzeichens hat genügt, um die Teilnehmer zum Kauf des teureren Produktes zu animieren. Es hat das schlichtweg das Kontrollsystem, das normalerweise bei überteuerten Preisen Alarm schlägt, ausgeschaltet. Der symbolische Code hat somit das spontane Verhalten des Users beeinflusst (vgl. ebenda, S. 60). Welche Möglichkeiten hat nun ein Unternehmen, mit dem Gehirn der Kunden effizient zu kommunizieren beziehungsweise wie werden diese Codes definiert?

3.3 Die vier Zugänge zum Kundenhirn

Sprache, Geschichte, Symbole und Sensorik sind die vier Codes der Kommunikation und bilden die Brücke zwischen Kunden und Marken oder Produkten (vgl. Scheier & Held, 2012, S. 76). Multisensuales Marketing ist aufgrund dieser Erkenntnis eine beliebte Methode. Anhänger dieses Trends setzen darauf, nicht nur die Augen und Ohren anzusprechen, sondern möglichst alle Sinne (vgl. ebenda, S. 88). Das Gehirn versucht anhand der Codes, Muster zu erkennen. Wenn ein „sensualer Code” eine bestimmte Bedeutung hat, reicht diese Information dem Unterbewusstsein oftmals nicht. Erst wenn auch über andere Sinne dieselbe Information transportiert wird, entsteht ein klares Muster (vgl. ebenda, S. 90). Am Beispiel von Scheier & Held (2012) wird die Erkennung dieser Muster klar:

„Wenn also unser Vorfahre gleichzeitig ein Rascheln im Gebüsch und aufgeschreckte Vögel registrierte, musste er sofort die Bedeutung dieser Muster erkennen: Diese Dinge gehören zusammen und bedeuten ,Säbelzahntiger’ und damit Gefahr” (S. 90).

Hirnforscher nennen dieses Phänomen „multisensory Enhancement” und meinen damit, dass Neuronen im Gehirn bis zu zehnmal stärker reagieren, je mehr Sinne angesprochen werden (vgl. ebenda). Durch „multisensorische Verstärkung” verstärkt das Gehirn die Sinneswahrnehmungen um ein Vielfaches. (vgl. Häusel, 2012, S. 93) Es ist sinnvoll, diese Kommunikationscodes im Einzelnen anzusehen, beginnend mit der Sprache. Die Sprache ist nicht nur explizit, sondern durchaus implizit in ihrer Bedeutung. So klingt das Wort „Regeneration” wesentlich sanfter als das Wort „Heilung” und so ist es nicht verwunderlich, dass sogar einzelne Buchstaben eine unbewusste Bedeutung transportieren (vgl. Scheier & Held, 2012, S. 78). In einem berühmten Experiment des Psychologen Wolfgang Köhler aus dem Jahr 1933 wird das deutlich. Er ließ Probanden die Worte „Maluma” und „Takete” zwei Formen zuordnen und erzielte dabei immer denselben Effekt: Maluma wurde der runden und Takete der spitzen Form zugeordnet. Offenbar klingen „t”, „k” und „e” spitz und „l”, „m” und „u” weich und rund. Das Gehirn versucht anhand dessen ein Muster zu erstellen. Der Laut und die Form übermitteln folglich das „Spitze”. So liefert Köhler eine weitere Bestätigung der Erstellung von Mustern im Gehirn (vgl. ebenda, S. 89).

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Abb. 8: Takete und Maluma. © Manuel Krueger-Krusche via Wikimedia Commons

Die Schriftsprache als Kommunikation hat sich erst vor 6.000 Jahren entwickelt und ist daher eine relativ „junge” Kommunikationsform. Die menschlichen Vorfahren haben vorher bereits das Instrument des Geschichtenerzählens als Bedeutungsträger ihrer Kommunikation genutzt. Es gibt im Gehirn eigene „neuronale Netzwerke”, die Geschichten speichern wie z.B. die eigene Lebensgeschichte, den Uni-Abschluss oder die eigene Hochzeit. So wurden schon früher Märchen von Generation zu Generation weitergegeben, die nicht nur nette Geschichten waren, sondern implizit Kulturwissen transportierten (vgl. Scheier & Held, S. 79). Solche Geschichten lösen häufig starke Emotionen aus und haben somit auf Menschen eine immense Wirkung. „Storytelling” ist mittlerweile im Marketing ein sehr wichtiges Instrument, um Bedeutung zu transportieren und den Kunden neugierig zu machen (vgl. ebenda). Das Beispiel mit dem Rabattsymbol in Kapitel 3.2 zeigt deutlich die Kraft von Symbolen. Der Mensch kommuniziert Bedeutung nicht ausschließlich über Geschichten sondern oftmals über Symbole. Höhlenmalereien z.B. sind nichts anderes als Symbole, die zur Kommunikation und Weitergabe von Information genutzt wurden (vgl. Scheier & Held, 2012, S. 83). Menschen reagieren automatisch darauf. Ist die Ampel rot, bleibt der Mensch stehen, bei grün fährt er mit dem Auto los. Dies erfordert keine Aufmerksamkeit und erfolgt automatisch im Unterbewusstsein bzw. dem Autopiloten (vgl. ebenda S. 86).

Die Sensorik ist der vierte Code in der Kommunikation mit potenziellen Konsumenten. Kunden nehmen die Welt nicht nur mit ihren Augen wahr, sondern mit allen Sinnen und darüber hinaus z.B. auch durch den Gleichgewichtssinn (vgl. Häusel, 2012, S. 90). Unterschiedliche Formen und Farben geben emotionale Botschaften an das Gehirn weiter, so steht z.B. die Farbe Blau für das Kühle und Gelb aktiviert, stimuliert und Grün ist eine klassische Balance-Farbe. Dasselbe gilt für die Verpackung und das Design des Produktes. Beide Elemente stimulieren die Emotionssysteme im Kundenhirn (vgl. Häusel, 2012, S. 88). Durch Geräusche werden emotionale Botschaften an Kunden transportierbar, ohne dass Kunden dies bewusst wahrnehmen (vgl. ebenda, S. 92). Gerüche beeinflussen nachweislich das Kaufverhalten von Kunden. Dr. Hans-Georg Häusel (2012) unterstreicht in seinem Buch „Emotional Boosting” die emotionale Botschaft von Gerüchen und ist überzeugt, dass sie „das Produkt- und Markenversprechen” unbewusst, aber massiv unterstützen (vgl. ebenda). Eng verbunden mit Geruch ist der Geschmack, der eine wesentliche Bedeutung hat, wie man alleine an den Umsätzen der „Aromen-Industrie” erkennen kann. In fast 80 % der Lebensmittel sind „künstliche Aromen” enthalten, die den Geschmacksinn befeuern um Umsätze in die Höhe schnellen zu lassen (vgl. Häusel, 2012, S. 92). Doch Geschmäcker sind unterschiedlich. Ebenso unterschiedlich sind Konsumenten, ihre Persönlichkeit, ihre Kaufmotive und Emotionen. Die Haptik spielt eine bedeutende Rolle. Das Fühlen des Materials, das Gewicht, die Weichheit aber auch der Komfort spielen dabei eine Rolle. Unternehmen verwenden nicht umsonst schwere Glasflaschen für besonders teure Whisky Marken, um die „Wertigkeit” der Marke zu unterstreichen (vgl. Wikipedia 2017c).

3.4 Der Faktor Emotion

Das „limbische System” umfasst alle Teile des Gehirns, die an der Verarbeitung von Emotionen teilhaben (vgl. Häusel, 2012, S. 18). In diesem Teil des Gehirns werden Objekte und Situationen bewertet und die Ergebnisse dem Bewusstsein mittels Gefühlen mitgeteilt (vgl. Häusel, 2016, S. 92).

Hans-Georg Häusel (2012) identifiziert drei große Emotionssysteme der Menschen und nennt diese Balance, Stimulanz und Dominanz (S. 30). Da die Emotionssysteme meist gleichzeitig aktiviert sind, vermischen sich diese, wie die Limbic Map zeigt.

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Abb. 9: Die Limbic ® Map. © Dr. Hans-Georg Häusel Quelle: Nymphenburg

Die Überschneidungen laufen jedoch nicht ohne Spannungen ab. Solche inneren Konflikte kennt jeder Mensch: Er ist hin- und hergerissen. Das Abendessen hat herrlich geschmeckt und das Bier ebenso. Das Stimulanzsystem ist zufrieden, doch die für Disziplin und Kontrolle zuständigen Zentren sagen das Gegenteil (vgl. ebenda, S. 34). Die Erkenntnis dieses Spannungsverhältnisses der Pole im Gehirn erklärt auch Resultate aus der Trendforschung. Fast jeder Trend ergibt einen Gegentrend. Seit Jahren erscheint die Globalisierung als dominantes Prinzip, gleichzeitig entwickelt sich mit dem Wunsch nach Regionalität und heimischen Produkten ein Gegentrend (vgl. Häusel, 2016, S. 58). Es haben sich im Zuge der Evolution weitere Systeme entwickelt, die das Kaufverhalten mitbestimmen und die innerhalb oder zwischen den drei Hauptsystemen liegen, wie etwa Bindung, Fürsorge, Sexualität, Spiel, Jagd und Raufen. Diesen Emotionen sind Werte zugeordnet, die eindeutig eine „emotionale Komponente” aufweisen, wie z.B. Neugier bzw. Kreativität dem Stimulanzsystem oder Verlässlichkeit und Qualität dem Balance System. Diese Werte bilden den Charakter bzw. die Persönlichkeit eines Menschen. Zusätzlich zum Charakter sind die aktuelle Stimmung bzw. „situationsbedingte Motivlagen” (z.B. nach einem besonderen Ereignis) zu berücksichtigende Faktoren. Die tägliche Situation, in der sich ein Kunde befindet, ergibt den „Istwert”. Das Unterbewusstsein vergleicht diese Werte ständig und versucht sie auszugleichen, indem es ein Verhalten beim Kunden auslöst wie z.B. das Kaufverhalten (vgl. Scheier & Held, 2012, S. 113f.). Häusel (2016) sieht zwei Seiten jedes Emotionssystems: das Belohnungs- und das Vermeidungssystem. Sie bedeuten nichts anderes als „bitte mehr davon” oder „Hände weg”. So erlebt man beim Balance-Gefühl entweder Sicherheit oder Angst, bei der Stimulanz Freude bzw. Langeweile und bei der Dominanz z.B. Stolz oder Wut (vgl. ebenda, S. 92). Gerade für Unternehmen ist es daher wichtig, nicht nur die positiven Emotionen eines Kunden, sondern vor allem auch die negativen zu beachten. Enttäuschungen bzw. negative Empfindungen werden doppelt so stark wahrgenommen wie die positive Seite. Man spricht auch von der „negativen Verstärkung” (vgl. ebenda, S. 32).

3.5 Limbic Types und ihr Verhalten

Es ergeben sich aus den drei Hauptemotionen und ihren „Submodulen” rein rechnerisch eine Vielzahl an Kundentypen. Der Großteil der Menschen hat jedoch einen Emotionsschwerpunkt (vgl. Nymphenburg, 2017). Daher lassen sich laut Häusel (2012) aus den Motiv- und Emotionskategorien sieben unterschiedliche Typen identifizieren: Harmoniser, Offene, Hedonisten, Abenteurer, Performer, Disziplinierte und Traditionalisten (vgl. ebenda, S. 39). Jeder dieser Typen interessiert sich für Produkte, Marken oder Designs unterschiedlich stark oder schwach im Vergleich zum Durchschnitt (vgl. ebenda, S. 41). Das Alter, Geschlecht und die Kultur spielen aufgrund hormoneller und „sozialkultureller” Unterschiede zusätzlich eine Rolle (vgl. ebenda, S. 47).

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Detalles

Título
Virtual Reality. Die neue Dimension des E-Commerce und Zukunft des Handels
Universidad
Donau-Universität Krems
Calificación
1,0
Autor
Año
2017
Páginas
143
No. de catálogo
V377699
ISBN (Ebook)
9783668547865
ISBN (Libro)
9783668547872
Tamaño de fichero
1800 KB
Idioma
Alemán
Notas
Eine wissenschaftliche Aufbereitung der Faktoren, die unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Neuromarketing für eine Verschiebung des Point of Sale in das neue Medium „Virtual Reality" sprechen.
Palabras clave
virtual reality, neuromarketing, e commerce, neuro marketing, online handel, vr commerce, mobile commerce, augmented reality, datenschutz, storytelling, content
Citar trabajo
Hans Wilmot (Autor), 2017, Virtual Reality. Die neue Dimension des E-Commerce und Zukunft des Handels, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/377699

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