„So unscheinbar die Vaterstadt auch sein mag, so begrenzt sie doch nicht den Horizont, sondern macht den Weg frei zu den größeren Horizonten unserer Zeit, zu Europa, vielleicht zu einer Weltgemeinschaft, und hilft so die nationalstaatlichen Grenzen, die erst in jüngster Zeit errichtet wurden, zu überwinden“, schrieb der Historiker Leonardo Benevolo in seiner Arbeit über "Die Stadt in der europäischen Geschichte".
Gerade zu Beginn des 21. Jahrhunderts, da in Europa immer mehr die Grenzen des Nationalstaates zu Gunsten einer europäischen Einigung in den Hintergrund treten, rückt die Frage nach den gemeinsamen, identitätsstiftenden Wurzeln immer mehr in den Mittelpunkt. Eine dieser Wurzeln ist ganz klar in der europäischen Stadt und ihrer Geschichte zu sehen. In ihr entstand der Kern dessen, was wir heute im Wesentlichen unter europäischer Kultur und Zivilisation verstehen, die bürgerliche Gesellschaft. Ihre Charakteristika, wie Freiheit, eigene Rechtsprechung, Erziehung, Liberalität, Wahrung der Intimsphäre, Kunst des Zusammenlebens auf engem Raum und vor allem Toleranz entstanden in der Übergangszeit vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit. Die damals in den urbanen Zentren des Kontinentes erreichte Symbiose aus lokaler Identität und paneuropäischer Geisteshaltung mag auch in unserer heutigen Zeit des Umbruchs ein probates Mittel für die Zukunft der europäischen Einigung darstellen. Daher soll diese Sattelzeit mit ihrer Blüte der urbanen Kultur und dem sich gleichzeitig abzeichnenden Abstieg der Städte im Zuge der Machtausbreitung der Territorialherrschaften im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen.
Dabei sollen folgende Fragen geklärt werden:
1. Wodurch wurde der Aufstieg der Städte ermöglicht und wie gestaltete sich dieser?
2. Welche innovatorische Rolle spielte die europäische Stadt dieser Zeit?
3. Wie gestaltete sich die Auseinandersetzung zwischen den Städten und dem entstehendem Territorialstaat?
Dabei soll die dritte Frage anhand der drei Beispiele Deutschland, Italien und Schweiz untersucht werden, wobei zur Erklärung der Schweizer Unabhängigkeit die Kommunalimustheorie des Peter Blickle erläutert werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die urbane Revolution
- III. Höhepunkt der urbanen Kultur und Beginn der Auseinandersetzung mit dem entstehenden Territorialstaat
- 1. Die deutsche Stadt
- 2. Italien
- 3. Schweizer Eidgenossenschaft
- a) Die Kommunalismustheorie
- b) Historische Entwicklung
- IV. Beispiele für den Verlauf der Auseinandersetzung
- V. Zusammenfassung
- VI. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Blüte der urbanen Kultur im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit und den gleichzeitigen Abstieg der Städte aufgrund der Machtausbreitung von Territorialherrschaften. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie der Aufstieg der Städte ermöglicht wurde, welche Rolle die Städte dieser Zeit spielten und wie sich die Auseinandersetzung zwischen Städten und dem entstehenden Territorialstaat gestaltete.
- Die Ursachen und Folgen der urbanen Revolution im Spätmittelalter
- Die Rolle der Städte als Zentren der Innovation und Kultur
- Die Auseinandersetzung zwischen Städten und Territorialstaaten
- Die Rolle der Kommunalismustheorie in der Schweizer Unabhängigkeitsbewegung
- Die Bedeutung der europäischen Stadt für die europäische Einigung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel II behandelt die urbane Revolution, die im 11. Jahrhundert einsetzte und zur Entstehung zahlreicher Städte in Europa führte. Kapitel III beschäftigt sich mit dem Höhepunkt der urbanen Kultur und dem Beginn der Auseinandersetzung mit dem entstehenden Territorialstaat. Kapitel IV beleuchtet diese Auseinandersetzung anhand der Beispiele Deutschland, Italien und Schweiz, wobei die Kommunalismustheorie zur Erklärung der Schweizer Unabhängigkeit herangezogen wird.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Stadtgeschichte, urbane Kultur, Territorialstaat, Kommunalismustheorie, europäische Einigung und Zivilgesellschaft. Im Fokus stehen die Entstehung und Entwicklung der europäischen Stadt im Spätmittelalter und ihre Bedeutung für die europäische Geschichte.
- Citation du texte
- Patrick Schweitzer (Auteur), 2005, Geistige Blüte und politischer Niedergang. Die mitteleuropäische Stadt im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37821