Therapeutic Touch als komplementäre Pflegeintervention zur Reduktion von Lymphödemen infolge eines Mammakarzinoms


Mémoire (de fin d'études), 2017

45 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemdarstellung
1.2 Zielsetzung

2 Theoretischer Rahmen
2.1 Therapeutic Touch® eine komplementäre Pflegeintervention
2.2 Voraussetzungen zur Anwendung von Therapeutic Touch®
2.2.1 Konzeptioneller Rahmen- Pflegemodell nach Martha Rogers...
2.2.2 Biophysikalische Grundlagen
2.3 Entwicklung von Therapeutic Touch

3 Methodik
3.1 Forschungsfrage
3.2 Forschungsdesign

4 Case Study
4.1 Soziodemografischer Hintergrund
4.1.1 Allgemein erhobene Daten
4.2 Erhebungsinstrumente
4.3 Therapeutic Touch Interventionen®
4.3.1 Tabellarische Darstellung

5 Ergebnisse
5.1 Tabellarische Darstellung
5.2 Grafische Darstellung
5.3 Beschreibende Darstellung

6 Diskussion

7 Schlussbetrachtung

8 Literaturverzeichnis

Abstract

Die vorliegende Abschlussarbeit befasst sich mit dem Einsatz der komplementären Pflegeintervention Therapeutic Touch® zur Reduktion von Lymphödemen infolge eines Mammakarzinoms, begleitend zur konventionellen Therapie. Lymphödeme sind infolge von Mammakarzinom trotz des medizinischen Fortschrittes oft nicht heilbar. Mit herkömmlichen Methoden aus der Schulmedizin ist dieses Krankheitsbild alleine nur schwer in den Griff zu bekommen. Im Rahmen der Betreuung von Patient/inn/en mit eingeschränkter Transportfähigkeit der Lymphgefäße sind sowohl eine konsequente konventionelle Therapie als auch die ganzheitliche Betreuung und Begleitung vorrangig. Das Wohlbefinden der Patient/inn/en soll sichergestellt und damit eine Verbesserung der Lebensqualität ermöglicht werden. Gerade Patient/inn/en mit Mammakarzinom suchen häufig nach ergänzenden Möglichkeiten auf dem Komplementären Bereich. Zu solchen Methoden zählt Therapeutic Touch®, welches mittels „Handauflegung“ Erleichterung verschiedenster Krankheitsbilder bewirken soll. Um die Wirksamkeit von Therapeutic Touch® evidenzbasiert zu belegen, wurde Literatur für die vorliegende Arbeit in der Datenbank PubMed ausgewählt und nach den Kriterien von Behrens und Langer analysiert. Studien belegen, dass diese komplementäre Pflegemethode enormes Potential hat, Symptome zu reduzieren und Nebenwirkungen zu vermindern. Ebenso werden das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Betroffenen positiv beeinflusst. Diese Methode ist eine moderne Variante verschiedener alter Heilpraktiken, welche im Jahre 1972 von Dolores Krieger und Dora Kunz in den USA entwickelt wurde und mittlerweile an Kliniken und Universitäten als multidisziplinäre, ganzheitliche Behandlungsform unterrichtet und angewendet wird. Die vorliegende Abschlussarbeit zu dem Thema sollen die Leser/inn/en unterstützen, ein Fundament für eine einfühlsame Argumentation im Patientengespräch zu erwerben.

1 Einleitung

Das Mammakarzinom ist ein weiterverbreitetes Phänomen in der heutigen Gesellschaft und rückt immer mehr in den Mittelpunkt. Bei Patient/inn/en mit Mammakarzinom sind häufig Operationen und eine Radiotherapie erforderlich, welche den Lymphfluss beeinträchtigen und so die Entwicklung eines Lymphödems am Arm begünstigen können. Die eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Transportkapazität der Lymphgefäße führt zu Lymphödemen. Das Risiko steigt mit der Radikalität der Tumortherapie. Dabei entwickeln in Österreich 42% aller brustamputierten Frauen als Folge der Entfernung und oder Bestrahlung der Lymphknoten nach unterschiedlichen Zeitspannen ein Lymphödem des Armes (vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, 2017).

Obwohl die Folgen dieser unangenehmen Gewebsflüssigkeits-Einlagerungen bis zur Invalidität reichen können, hat die Schulmedizin diesen Beschwerden bisher nur wenig Beachtung geschenkt. Der Mediziner und Vorstand des Zentrums für Lymphologie am LKH Wolfsberg, Dr. Walter Döller, beschäftigte sich daher mit einem nur wenig erforschten Teil unseres Körpers, dem Lymphsystem. Er geht davon aus, dass 20 bis 40 Prozent aller Brustkrebspatient/inn/en nach der Operation an Lymphödemen leiden. Um den Bedarf an Therapieeinrichtungen in Österreich vollständig decken zu können, müsste es allerdings laut einer Studie des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen (ÖBIG) insgesamt drei Zentren geben. Auf Anregung der Österreichischen Lymph-Liga wurde vom Gesundheitsministerium 1999 von Kadi, Nemeth, Fülöp und Lehner eine in Auftrag gegebene Studie durchgeführt. Diese Studie beschäftigte sich mit der Versorgungssituation und dem Versorgungsbedarf von Lymphödempatient/inn/en. In der Zwischenzeit ist mit dem Zentrum für Lympholgie im Klinikum Wolfsberg für die Region Süd eine adäquate Versorgungseinrichtung entstanden. Diese Studie bezieht sich ausschließlich auf die stationäre Versorgung. Die Österreichische Lymph-Liga ist in laufenden Verhandlungen, um nicht nur den aus der vorliegenden Studie abzuleitenden Maßnahmen zu einer Umsetzung im Sinne der Lymphödempatient/Inn/en zu verhelfen, sondern auch eine Studie zur ambulanten Versorgung durchzusetzen. Das ÖBIG wurde vom Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales beauftragt, Expertisen zur Versorgungssituation und zum Versorgungsbedarf von Lymphödempatient/inn/en in Österreich zu erstellen. Dies führt zu einer Umstrukturierung in unserem Gesundheitssystem, da eine individuelle und situationsgerechte Betreuung von Patient/inn/en mit Lymphödemen gewährleistet sein muss. Dementsprechend sind Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der Patient/inn/en notwendig.

In der Literatur findet sich eine Anzahl von Empfehlungen für den Einsatz von komplementären Maßnahmen unter dem Begriff Body-Mind-Verfahren (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 245). Dazu gehört auch Therapeutic Touch® als komplementäre Behandlungsmethode. Therapeutic Touch® ist heute international eine evidenzbasierte holistische Therapie, welche in Europa den Mind-Body Therapien zugeordnet wird (vgl. Integrative Therapeutic Touch Institute, 2016). Der Einsatz von Therapeutic Touch® kann diese Unterstützung bieten. Ebenso wird beschrieben, wie die Anwendung von Therapeutic Touch® den Patient/inn/en eine Steigerung von Lebensqualität und Wohlbefinden ermöglicht werden kann. Die komplementäre Methode Therapeutic Touch® ist eine moderne Variante alter Heilpraktiken, bei der durch die Hände der Anwender/inn/en die körpereigene Energie der Patient/inn/en harmonisiert wird. Professionelle Pflegende tragen dabei sehr viel zum Wohlbefinden der Patient/inn/en bei. Professionell geschulte Pflegepersonen können die Anwendung in den täglichen Pflegealltag miteinfließen lassen und dadurch individuell, effizient und kostengünstig pflegen.

Die vorliegende Arbeit beleuchtet die komplementäre Pflegeintervention Therapeutic Touch® und wie diese unterstützend bei einem Lymphödem wirken kann. Die Autorin beschäftigt sich mit österreichischen Daten, Fakten und Statistiken. Im allgemeinen Teil der Arbeit wird über die Grundprinzipien und Bedeutung von Lymphödem bei Mammakarzinom informiert.

Weiters werden Daten, Fakten und Therapiemöglichkeiten erläutert. Wichtige Begrifflichkeiten und Definitionen werden dargelegt. Ein weiteres Kapitel widmet sich Therapeutic Touch® als komplementärer Pflegeintervention. Die geschichtliche Entwicklung von Therapeutic Touch®, Grundlagen, Definition, Voraussetzungen, gesetzliche Rahmenbedingungen sowie die Wirkung werden beschrieben. Ein Unterkapitel ist der Pflegetheoretikerin Martha Rogers gewidmet, die den konzeptuellen Rahmen von Therapeutic Touch® durch ihr Pflegemodell gebildet hat. Die vorliegende Diplomarbeit soll einen Beitrag dazu leisten, die Wirksamkeit der komplementären Methode Therapeutic Touch® begleitend zur konventionellen Therapie bei Lymphödemen infolge vom Mammakarzinom aufzuzeigen.

1.1 Problemdarstellung

Lymphödeme entstehen nach operativer Entfernung der Lymphknoten im Bereich der Achseln bei Brustkrebs (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 367). Die Prävalenz der Lymphödemrate nach Brustkrebs beträgt zwischen 6% und 40% (vgl. Micke et al., 2000, S 206 fff). Die Bandbreite dieser Angaben ist Ausdruck einer uneinheitlich gebrauchten Definition des Lymphödems, unterschiedlich langer Nachbeobachtungszeiten und der Inhomogenität der behandelten Patient/inn/engruppe hinsichtlich der Risikofaktoren, welche die Entwicklung des Lymphödems begünstigen können (vgl. Micke et al., 2000, S 206 fff).

Die Lebensweise, aber auch die Lebensumstände wie z.B. Ernährung, Belastung, Sport und die Psyche haben einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das Lymphsystem und damit auf die Entstehung eines Lymphödems (vgl. Bernsen, 2011, S14). Weitere folgende Faktoren, wie eine verminderte Leistungs- und Transportkapazität sowie erhöhte Lymphpflichtige Lasten, können dazu führen, dass ein intaktes Lymphgefäßsystem ins Ungleichgewicht gerät und damit ein Lymphödem entsteht (vgl. Bernsen, 2011, S 14).

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, die Wirksamkeit von Therapeutic Touch® bei Lymphödem infolge eines Mammakarzinoms bei einer Patientin, begleitend zur konventionellen Therapie, aufzuzeigen. Dies wird anhand einer Single Case Study mit zehn Therapeutic Touch® Interventionen erörtert.

2 Theoretischer Rahmen

Der theoretische Rahmen gliedert sich einerseits in den Bereich der medizinisch relevanten Aspekte zum Thema Lymphödem und andererseits werden die pflegerelevanten Aspekte beschrieben.

Das Lymphsystem entsteht durch die kleinsten Lymphgefäße, die Lymphkapillaren, sie saugen die im Wasser gelösten Stoffe aus dem Gewebe zwischen den Zellen und nehmen sie ins Lymphgefäßsystem auf. Pro Tag transportiert es in etwa zwei Liter Lymphflüssigkeit und darin lymphpflichtige Lasten wie Eiweiß, Wasser, Fette und Zellen (vgl. Bernsen, 2011 S 18). Im Gegensatz zum Blutkreislauf gleicht das Lymphsystem einem einbahnstraßenähnlichen Drainageröhrensystem den Unterteilungen in das prälymphatische System und das lymphatische System. Das prälymphatische System ist ein effizientes und leistungsstarkes, im Interstitium beginnendes Flüssigkeits- und Proteinzubringersystem, bestehend aus Gewebsspalten, paravasalen Gewebsräumen und elastischen Bindegewebsfasern, die als Transportweg genutzt werden. Die Aufgabe des prälymphatischen Systems besteht darin, den transinterstitiellen Flüssigkeitstransport im Bereich der Blut- und Lymphkapillaren aufrecht zu erhalten (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 368). Das lymphatische System besteht aus einem geschlossenen Rohrsystem der Lymphgefäße und den in die Gefäßbahnen integrierten Lymphknoten. Als Lymphgefäße werden solche Bahnen bezeichnet, die eine Endothelwandung aufweisen. Das lymphatische System wird in verschiedene Gefäßabschnitte gegliedert. Sie beinhalten die Lymphkapillaren, Präkollektoren, Hauptlymphgefäß und die Lymphknoten (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 368). Bei vermehrten Anstieg der interstitiellen lymphpflichtigen Lasten reagieren die kollagenen Bindegewebsfasern mit einer Spannung, die sich auf die äußere Wand der Endothelzellen überträgt und die Lymphkapillaren eindringen kann. Übersteigt der intravasale hydrostatische Druck den extravasalen Druck, dichten die Überlappungssegmente der Endothelzellen das Lumen gegenüber dem Interstitium ab. Die Lymphe wird am Austritt in das Gewebe verhindert und kann nur durch die Präkollektoren und Kollektoren weitertransportiert werden. Dieser Endothelmechanismus ist nur für hochmolekulare Stoffe von Bedeutung, denn niedermolekulare Substanzen verlassen die Lymphkapillaren durch die Endothelwände wieder und gelangen so zurück in das Interstitium. Dabei tritt eine Eindickung und Konzentration der Lymphe bereits in den Lymphkapillaren ein. Die lymphpflichtige Last wird weiter zu den Lymphkollektoren transportiert, die in ihrer Gefäßwand glatte Muskulatur haben und über eine mehr oder weniger lange Distanz parallel zur Hautoberfläche verlaufen. Die Kollektoren führen die Lymphe zu den jeweiligen regionalen Lymphknoten wie z.B. von der Ellenbeuge bis zur Achsel. Alle Lymphe muss durch mindestens einen Lymphknoten fließen, bevor sie wieder in den Blutkreislauf gelangt. Größere Lymphkollektoren entstehen nicht durch Zusammenschluss mehrerer Gefäße, sondern dadurch, dass mehrere Gefäße bei einem Lymphknoten ankommen und nur wenige, dafür größere aus dem Lymphknoten abgehen. Die Lymphknoten haben verschiedene Aufgaben, unter anderem die Aufnahme und enzymatische Umwandlung, die sogenannte Phagozytose von Bakterien, Viren, Zelltrümmern und Fremdeiweiß. Ferner sind die Lymphknoten an der Reifung und Vermehrung von Lymphozyten beteiligt und damit für die Immunabwehr von besonderer Bedeutung. Die Lymphe gliedert sich in die periphere und viszerale Lymphe. Die periphere Lymphe besteht aus Wasser, Proteinen, Lymphozyten, Zellen, Zelltrümmern und Fremdkörpern. Die viszerale bestehend aus Komponenten der peripheren Lymphe, Lipoproteinpartikeln, fettlöslichen Vitaminen, Enzymen und Hormonen. Bakterien, Viren, Parasiten und Karzinomzellen sind pathologische Bestandteile (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 370). Wenn das Gewebe beschädigt ist oder zu viele Stoffe im Zwischenzellraum gelagert werden, kann es sein, dass es zu einer Gewebeschwellung kommt. Diese Gewebeschwellung wird durch die zurückgestaute Flüssigkeit im Gewebe verursacht und als Lymphödem bezeichnet. Strömt die Lymphe in einer Körperregion nicht richtig, wird dies erst durch eine tastbare und sichtbare Schwellung deutlich (vgl. Bernsen, 2011, S 18). Prinzipiell ist ein Lymphödem nicht schmerzhaft und trotzdem kann es, abhängig vom Ort und Stadium, zu Spannungsgefühlen, Schweregefühlen, Nervenirritationen, Missempfindungen, Bewegungseinschränkungen, Schwäche, Kräfteverlust und zu Wärmeregulationsstörungen in den betroffenen Bereichen kommen (vgl. Bernsen, 2011, S 20).

Trotz uneinheitlicher Definitionen bezeichnet Bernsen das Lymphödem als Ansammlung von Flüssigkeiten und lymphpflichtigen Lasten wie z.B. Eiweiß, Wasser, Fette und Zellen im Zellzwischenraum, ausgelöst durch die dauerhaft verminderte Leistungsfähigkeit des Lymphgefäßsystems, welche die betroffene Region sichtbar und tastbar anschwellen lässt (vgl. Bernsen, 2011, S 19). Die Physiotherapeutin, Masseurin und Lymphtherapeutin Lindemann verfasst im Lehrbuch „Breast Care Nurses“ das Kapitel Lymphödeme. Sie beschreibt Lymphödeme, die nach einer operativen Entfernung der Lymphknoten im Bereich der Achseln bei Brustkrebs entstehen. Eine Beeinträchtigung und Unterbrechung des Lymphabflusses bei kombinierter Bestrahlung steigert das Risiko eines Lymphödems deutlich. Können dabei entstandene Engstellen vom Körper nicht umgangen werden, wird der Abtransport der Lymphe zunehmend beeinträchtigt. Der dabei entstehende Lymphrückstau findet sich dann im Rumpfquadranten und kann über den Arm bis in die Finger reichen (vgl. Eicher&Marchard, 2008, S 367). Döller (2013) veröffentlichte in der Wiener Medizinischen Wochenschrift das Lymphödem als eine chronische Erkrankung, die mit einer angeborenen oder erworbenen Störung der Lymphknoten oder der Lymphgefäße einhergeht. Unbehandelt kann das Lymphödem zu Komplikationen oder Invalidität führen. Außer mit den Lymphödemen der Extremitäten beschäftigt sich die klinische Lymphologie auch mit Lymphödemen des Kopfes, der Genitalien und der inneren Organe. Symptome dieser Erkrankung werden oft fehlgedeutet und nicht erkannt. Unwissenheit und Verniedlichung des Lymphödems führen dazu, dass die Behandlung nicht in dem Ausmaß durchgeführt wird, wie es laut dem heutigen wissenschaftlichen Stand möglich ist. Verzögerte oder nicht optimale Behandlung löst heute noch für viele Patienten einen langen Leidensweg aus. Unbeachtet blieb bisher auch, dass das Lymphödem für den Betroffenen eine große psychische und soziale Belastung bedeutet und die Lebensqualität einschränkt. Kenntnisse der Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie sowie der Entstehungsursachen sind notwendig, damit eine frühzeitige Therapie eingeleitet werden kann (vgl. Döller, 2013, S 155-161).

Generell gilt bei der Behandlung sekundärer Lymphödeme, je früher mit einer ganzheitlichen Behandlung begonnen wird, desto besser sind die Chancen, das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern (vgl. Eicher&Maquard, 2008, S 378). Daher ist es von großer Wichtigkeit, Mediziner/inn/en und Therapeut/inn/en auf zu suchen, die mit diesem Krankheitsbild vertraut sind und sich auf dem Gebiet der Lymphologie fortgebildet haben (vgl. Bernsen, 2011, S 18). Erste postoperative Schwellungen bilden sich im Rahmen der Wundheilung zurück und sind daher von den chronischen Lymphödemen zu unterscheiden (vgl. Eicher&Marchard, 2008, S 367). Der Grad eines Lymphödems ist abhängig von der individuellen Anlage der Lymphgefäße, der Radikalität der Operation, der evtl. notwendigen Strahlentherapie und den alltäglichen Aktivitäten der Klient/inn/en. Ein Lymphödem geht mit körperlichen Beschwerden einher. Zudem leiden viele Brustkrebspatient/inn/en unter psychosozialen Belastungen und Einschränkung ihrer Lebensqualität (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 367). Lindemann beschreibt in dem Kapitel Lymphödeme in dem Lehrbuch für Breast Care Nurses, die Lymphödembehandlung als komplexe Entstauungstherapie. Dabei handelt es sich um eine zwei Phasen Therapie. Zum einen wird eine manuelle Lymphdrainage und Entstauungstherapie durchgeführt und zum anderen eine Kompressionstherapie mit Hautpflege und Bewegungstherapie. Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) erfolgt fünfmal wöchentlich über zwei bis vier Wochen. Die manuelle Lymphdrainage (MLD) wird ein bis zweimal pro Tag durchgeführt. Weiters erfolgt eine Kompressionsbandagierung, die dazugehörige Hautpflege und entstauende Bewegungstherapie. Ziel der ersten Phase ist es, die Mobilisierung der Ödeme, Flüssigkeiten, Ausbau von Anastomosen und Reduktion von Fibrosen. Eine Aufklärung der Patient/inn/en erfolgt über das Erlernen eines Eigenübungsprogramms wie z.B. Selbstbehandlungsgriffe, Selbstbandagierung und Entstauungsgymnastik erfolgt. Die zweite Phase der KPE, die Erhaltungs- und Optimierungsphase passiert ein bis zweimal wöchentlich. Weiters werden manuelle Lymphdrainage und bei Bedarf eine Kompressionsbandagierung durchgeführt mit einem besonderen Augenmerk auf die Hautpflege und in Eigenregie erfolgt eine Bewegungstherapie. Das Ziel der zweiten Phase ist es das Ergebnis der ersten Phase zu erhalten und vorhandene Bindegewebsvermehrungen weiter zu reduzieren. Eine weitere ganzheitliche Begleitung und Unterstützung der Patient/inn/en bezüglich der Ödemkrankheit ist unbedingt notwendig (vgl. Eicher&Marchard 2008, S 378). Diese beschriebenen Faktoren sind durch pflegerische Betreuung durchaus beeinflussbar. Dazu ist es notwendig, eine vertrauensvolle Beziehung zu dem oder der Betroffenen aufzubauen. Der Betreuungsansatz ist auf die Bedürfnisse und das Befinden der Patient/inn/en ausgerichtet. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die ressourcenorientierte Betreuung, bei welcher nicht nur die Problembereiche beachtet werden, sondern auch die gesunden Anteile der Patient/inn/en unterstützend berücksichtigt und genutzt werden. Das primäre Ziel der Pflege ist das Vermitteln eines positiven, vitalisierenden Empfindungszustandes für Körper und Seele. Das Empfinden eines seelisch und körperlichen angenehmen, entspannenden und energiespendenden Zustands zeigt sich als Lebensnotwendigkeit und als Grunddimension des heilenden Geschehens (vgl. Kolcaba, 2002, S 13). Da Wohlbefinden und Lebensqualität in diesem Prozess wichtig sind, wird das Wohlbefinden der Patient/inn/en sichergestellt und damit eine Verbesserung der Lebensqualität ermöglicht. Die Herausforderung der damit befassten Personen besteht nicht nur darin fachgerecht nachzukommen, sondern in einem viel höheren Maß in dem Respekt vor den Wünschen des jeweilig Betroffenen, ohne von eigenen Anschauungen und Wertemustern beeinflusst zu sein.

Die Ursachen eines Lymphödems sind vielfältig. Es kann sich z.B. um ein sogenanntes primäres Lymphödem, eine anlagebedingte Störung handeln. Meist sind es durch Operationen, kombiniert mit Bestrahlung bedingte Schäden, die ein intaktes Lymphgefäßsystem ins Ungleichgewicht bringen, wie durch die Entfernung der Lymphknoten bei Tumorerkrankungen. In diesen Fällen spricht Bernsen von sekundärem Lymphödem (vgl. Bernsen, 2011, S 18). Bei der Entstehung eines Lymphödems werden behandlungsbedingte und individuelle Faktoren unterschieden (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 373). Zu den behandlungsbedingten Faktoren gehören das Tumorstadium, die Ausdehnung des Tumors, die Art der Operationen, Komplikationen wie Hämatome, Serome, Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen, die Art der anschließenden Therapien und die Anzahl der befallenen Lymphknoten. Je mehr Gewebe und Lymphknoten entfernt wurden, desto größer ist die Ödembereitschaft. Die Hauptmenge der Lymphe der Brustdrüsen, des vorderen und hinteren oberen Rückens und des gleichseitigen Arms fließt zu den axillären Lymphknoten. Zusätzliche Bahnen existieren zu den supraklavikulären Lymphknoten. In einem solchen Fall können die Lymphknoten die Funktion der entfernten Achsellymphknoten übernehmen. Dies erklärt, warum manche Patient/inn/en nach Entfernung der Lymphknoten kein Ödem entwickeln. Weiters spielt die Regenerationsfähigkeit eine große Rolle. Die ersten postoperativen Tage sollte das Operationsgebiet geschont werden. Die Radiotherapie ist ein wesentliches Risiko für die Entstehung eines Lymphödems. Selbst nach Jahren kann es zu chronischen Folgen durch die Bestrahlung kommen. Sie entstehen durch die krankhafte Veränderung des Bindegewebes und Gefäßsystems. Es kann zur Verhärtung der Haut kommen, was eine Bewegungseinschränkung zur Folge hat (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 373-374). Neben den behandlungsbedingten Faktoren können individuelle Einflüsse Entstehung beitragen. Grund ist die Störung der Anastomosen im Bereich supraklavikulären Lymphknoten und der Anastomosen zur Leiste. Sie entstehen z.B. durch zu enge Kleidung, Riemen der Schultertasche, eng anliegende Schmuckstücke oder das Blutdruckmessen an der betroffenen Extremität sowie im Rumpfquadrantenbereich. Auch ausgedehnte Sonnenbäder, Saunieren oder Thermalbäder werden als Einflussfaktoren beschrieben. Es besteht auch ein erhöhtes Risiko für Infektionen, die wiederum ein Lymphödem auslösen kann. Entsteht auf Grund einer Verletzung oder eines Insektenstiches eine gerötete Stelle, muss sofort medizinische Hilfe aufgrund der Gefahr eines Erysipels in Anspruch genommen werden. Eine Wechselwirkung zwischen der Häufigkeit und dem Schweregrad eines Lymphödems und dem Körpergewicht ist nicht abwegig. Bei adipösen Patient/inn/en ist der Anteil eines sekundären Lymphödems wesentlich höher und somit kann Adipositas als Risikofaktor gelten (vgl. Werner et al., 1991, S 177-184). Um diesen Faktoren entgegenzuwirken, verordnen Mediziner/inn/en zunächst eine manuelle Lymphdrainage. Therapeut/inn/en planen nun ganz individuell, wohin die Ödemflüssigkeit aus den Gebieten verschoben werden kann, ohne dass auf die entfernte Lymphknotenkette hingearbeitet wird. Der Befund und die Therapieplanung müssen auch für andere Therapeut/inn/en nachvollziehbar sein und dokumentiert werden. Diese sanfte, fast streichelnde Therapie beginnt immer in der Halsregion. Gründe dafür sind die Vorbereitung des Übergangs Lymph.-und Blutgefäßsystems sowie eine Umstimmung in Richtung Ruhe und Entspannung. Die Griffe besitzen eine gewisse Kreisförmigkeit und eine deutliche Druck und Null Phase. In der Regel werden bei der manuellen Lymphdrainage keine Schmerzen auftreten und es darf zu keiner lang anhaltenden Rötung kommen. Jedoch kann es trotzdem bei bestimmten und speziellen Griffen auch zu Schmerzen kommen. Die therapeutischen Handpositionen müssen langsam und rhythmisch angewandt werden. Nur bei sehr festen Lymphödemen werden nur für wenige Augenblicke einen stärkeren Druck haben. Während der Durchführung werden nicht nur die oben angeführten Gebiete nacheinander behandelt, sondern immer wieder auf schon vorbehandelte Gebiete zurückgegangen. Während im gesunden Gebiet die Anregung der Lymphgefäßmotorik im Vordergrund steht, müssen im Ödemgebiet das Lockern, Lösen, Verflüssigungen und schließlich das Verschieben der Ödemflüssigkeit im Vordergrund stehen. In der Entstauungsphase muss täglich behandelt werden, sprich manuelle Lymphdrainage mit einem lymphologischem Kompressionsverband. Hingegen wird in der Erhaltungsphase ganz unterschiedlich oft behandelt, dreimal, zweimal, oder gar nur einmal pro Woche (vgl. Bernsen, 2011, S 56-57). Durch die manuelle Lymphdrainage wird die Pumpfunktion der Lymphgefäße gesteigert und somit die erhöhte Sogwirkung der Lymphe aus dem gestauten Gebiet abtransportiert. Im Verlauf der Behandlung wird die Lymphflüsssigkeit aus den gestauten Bereichen in ödemfreie Bezirke verschoben. Der positive Effekt der manuellen Lymphdrainage hält nicht länger als dreißig Minuten an. Wird danach von außen keine Kompression auf das Lymphgefäßsystem ausgeübt, nimmt das Ödem an der Stelle, wo das Lymphsystem nicht ausreichend arbeitet, wieder zu (vgl. Bernsen, 2011, S 58). Es gibt auch Kontraindikationen bei MLD zu beachten wie z.B. geschwollene Lymphknoten am Hals mit oder ohne Krankheitszeichen, Fieber, Thrombosen, Metastasen und Implantate (vgl. Bernsen, 2011, S 60). Eine weitere ärztlich verordnete Therapie ist der lymphologische Kompressionsverband. Beim Tragen sollten keine Schmerzen, Kribbeln, Taubheitsgefühl, Verfärbung der Finger und Kurzatmigkeit auftreten. Vor Beginn der Bandagierung kann eine Pflegelotion auf die Haut aufgetragen werden. Meist ist es ausreichend vor der erneuten Bandagierung die Haut schonend zu reinigen und mit einer auf das Hautbild abgestimmten Lotion zu pflegen (vgl. Bernsen, 2011, S 61). Wie schon erwähnt, hat die Hautpflege einen besonderen Stellenwert bei der Therapie des Lymphödems. Sie sollte die physiologischen Funktionen erhalten und wieder herstellen. Dabei ist so viel Feuchtigkeit wie nötig und so wenig Fett wie möglich verwenden. Ein höherer Fettanteil in den Pflegeprodukten kann dazu führen dass es zu vermehrten Schwitzen in diesem Bereich kommen kann und die Atemfunktion der Haut eingeschränkt ist. So können Reizungen und Entzündungen entstehen, die unter Umständen behandlungsbedürftig sind. Ideal sind ph-neutrale und parfumfreie Produkte (vgl. Bernsen, 2011, S 24). Ein weitere Möglichkeit ist das Lymph-Taping oder auch besser bekannt unter dem Namen Kinesio-Taping. Dies ist ein weiterer Bestandteil in der Behandlung des Lymphödems. Die Wirkung im Bereich des Lymphödems ist mit der manuellen Drainage vergleichbar. Die Wirkung ist zwar nicht so stark wie eine manuelle Beeinflussung, jedoch werden die Tapes mehrere Tage getragen, sodass die Patient/inn/en bei jeder noch so kleinen Bewegung eine Unterstützung ihres Lymphsystems erfährt (vgl. Bernsen, 2011, S 66). Die Klebestreifen sind eine sinnvolle Ergänzung zum Therapiespektrum, können aber eine Behandlung nicht ersetzen (vgl. Bernsen, 2011, S 66). Um ein Lymphödem beurteilen zu können, muss es zuerst erfasst werden. Mögliche Assessmentinstrumente werden im Weiteren beschrieben.

Zunächst findet eine allgemeine und ödembezogene Anamnese statt. Die Entstehung eines Lymphödems hängt von bereits genannten Faktoren ab und umfasst die Anamnese zur Familie und zu deren Umfeld, sowie zum Beruf und zu den Hobbys, um die Belastungen der Patient/inn/en richtig einschätzen zu können (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 376). Die ödembezogene Anamnese beinhaltet Fragen wie z.B., wann und warum wurde die Operation durchgeführt, gab es postoperative Beschwerden am Arm oder Brustkorb, wurde eine Chemotherapie oder Radiotherapie durchgeführt, gibt es zurzeit Beschwerden oder Schmerzen und haben sie bereits einmal eine manuelle Lymphdrainage oder Kompressionstherapie erhalten. Weiters ist zu klären ob die Patient/inn/en eine Schonhaltung einnehmen, klagen Patient/inn/en über Missempfindungen öder Lähmungserscheinungen, sind Herz-Kreislauf und/oder Lungenerkrankungen bekannt, leiden Patient/inn/en an Nieren- oder Blasenerkrankungen oder liegen Stoffwechselerkrankungen vor (vgl. Eicher&Marquard, 2008, S 376). Nach der Anamnese findet eine Inspektion der Patient/inn/en statt. Die Inspektion beinhaltet die Überprüfung der Symmetrie der Arme, sichtbare Einschnürungen, Hautfarbe, Qualität der Narbe, sichtbare Strahlenschäden, Hautveränderungen, sichtbare Muskelatrophien oder sichtbare Ödeme. Im weiteren Verlauf erfolgt die Palpation durch Therapeut/inn/en. Die warmen Hände der Therapeut/inn/en machen den Palpationsbefund für die Patient/inn/en angenehmer. Die Palpation beinhaltet folgende Aspekte, wie z.B.

[...]

Fin de l'extrait de 45 pages

Résumé des informations

Titre
Therapeutic Touch als komplementäre Pflegeintervention zur Reduktion von Lymphödemen infolge eines Mammakarzinoms
Cours
Interprofessioneller Diplomlehrgang
Note
1
Auteur
Année
2017
Pages
45
N° de catalogue
V379401
ISBN (ebook)
9783668582880
ISBN (Livre)
9783668582897
Taille d'un fichier
596 KB
Langue
allemand
Mots clés
therapeutic touch, mammakarzinom, lymphödem
Citation du texte
Nicole Schwab (Auteur), 2017, Therapeutic Touch als komplementäre Pflegeintervention zur Reduktion von Lymphödemen infolge eines Mammakarzinoms, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379401

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