In einer immer komplexeren Arbeitswelt, die durch wachsende Konkurrenz, immer härteren Wettbewerb und die Globalisierung geprägt ist, stoßen traditionelle Human Ressourcen Konzepte an ihre Grenzen. Nur Unternehmen, die den Menschen als ihre wertvollste Ressource erkennen, können konkurrenzfähig bleiben.
Mit dem „Positive Organisational Behavior“ stellt der Autor dieser Arbeit ein vergleichsweise junges Konzept vor, welches die Entwicklung und Nutzung von psychischem Kapital auf den Arbeitsplatz anwendet. Während traditionelle Entwicklungskonzepte weitestgehend auf dysfunktionale Aspekte eines Unternehmens zielen, richtet dieser Ansatz den Blick auf das funktionale einer Organisation. Dieser neuartige und proaktive Ansatz steuert der organisationaler Negativität entgegen und verhindert das Entstehend einer Abwärtsspirale.
Neben dem Ursprung der POB-Bewegung geht der Autor dieses Textes auf die Methodologie des POB-Ansatzes ein und gibt einen Ausblick auf den möglichen intangiblen sowie monetären Nutzen.
Aus dem Inhalt:
- Positive Organisational Behavior;
- Personalmanagement;
- psychisches Kapital;
- PsyCap;
- Fred Luthans;
- Martin Seeligman
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung
2 Ursprung
2.1 Die Positive Psychologie Bewegung
2.2 Theoretisches Fundament von Positive Organizational Behavior
3 Positive Organizational Scholarship vs. Positive Organizational Behavior
3.1 Positive Organizational Scholarship
3.2 „Trait- Like“- versus „State- Like“- Konzept
4 Psychologisches Kapital (PsyCap) – Definition und Begriffserklärung
5 PsyCap – Facetten – „Be a HERO“
5.1 Selbstwirksamkeit (Self- Efficacy)
5.2 Optimismus (Optimism)
5.3 Hoffnung (Hope)
5.4 Resilienz (Resiliency)
6 Messung PsyCap Kapazitäten
6.1 Die RBSE Methode zur Messung von Selbstwirksamkeit
6.2 LOT zur Messung von positivem Optimismus
6.3 Trait- Hope- Scale zur Messung von Hoffnung
6.4 Ego- Resilienz- Skala und 25 Elemente Skala
7 Entwicklungsmöglichkeiten der PsyCap- Kapazitäten
7.1 Entwicklung von Selbstwirksamkeit
7.2 Entwicklung von Optimismus
7.3 Entwicklung von Hoffnung
7.4 Entwicklung von Resilienz
8 Empirische Forschung zur Messung und Entwicklung des übergeordneten PsyCap- Kernkonstrukts
8.1 Besondere Herausforderungen
8.2 Verstärkung des „Perfomance- Outcome“ Effektes
8.3 „Psychological Questionaire“ – PCQ 24
8.4 PCQ 12
8.5 Steigerung des PsyCap durch Mikrointerventionen
9 PsyCap- Interventionen: Monetäre Auswirkung auf Unternehmen
9.1 „ROD“ – Return on Developement
9.2 Monetäre Auswirkungen auf sehr große Unternehmen
9.3 Monetärer Einfluss von PCIs auf mittelständische Unternehmen
9.4 Wenn keine objektiven Daten über Unternehmensumsätze oder Gewinne vorliegen
10 Intangible Ergebnisse von Psychological Capital Interventions
10.1 POB als unterstützender Ansatz zur Steigerung von Arbeitszufriedenheit, Glücksempfinden und organisatorisches Engagement
10.2 POB im Kontext positiver organisationaler Veränderungen
10.3 POB zur Bewältigung von Stress und Fluktuation
11 POB auf der Führungsebene
11.1 Einfluss von authentischem Führungsverhalten, Vertrauen und PsyCap auf Mitarbeiter
12 Ein Blick auf die zukünftige Entwicklung von POB
12.1 Kreativität, Arbeitsfluss, Achtsamkeit, Dankbarkeit und Vergebung als potentielles PsyCap?
12.2 Kreativität (Creativity)
12.3 Arbeitsfluss (Flow)
12.4 Achtsamkeit (Mindfulness)
12.5 Dankbarkeit und Vergebung (Gratitude & Forgiveness)
13 Positive Organizational Behavior - Kritische Würdigung
13.1 Besticht POB durch Inhalt oder nur durch Neuartigkeit?
13.2 Konzeptuelle, methodologische und ideologische Stabilität des POB- Fundaments
13.3 Kann zu viel Positivität auch schädlich sein?
14 Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:PCI- Modell nach Luthans und Kollegen (2010)
Abbildung 2: Zusammenhang von PsyCap und Mitarbeiterzufriedenheit (Youssef & Luthans, 2007)
Abbildung 3: Einfluss von PsyCap, positiven Emotionen und Aufmerksamkeit auf Verhalten in Organisationen (Avey, et al., 2008)
Abbildung 4: Zusammenhang von PsyCap, Stress und Kündigungsabsichten nach Avey und Kollegen (2009)
Abbildung 5: PsyCap, AL, PsyCap Zusammenhang nach Clapp- Smith, et al., 2009, S.229
Abbildung 6: PsyCap Korrelation mit Einstellung, Verhaltensweisen, Leistung (Quelle: Avey, et al., 2011, S.140)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Differenzierung POS und POB (Eigene Darstellung):
1 Einführung
In einer immer rasanteren Arbeitswelt, die durch wachsende Konkurrenz, immer härteren Wettbewerb, Globalisierung und einer scheinbar exponentiell steigenden Komplexität geprägt ist, stoßen traditionelle Konzepte zur Entwicklung und Führung von Human Ressourcen mittlerweile an ihre Grenzen. Konkurrenzfähig können nur Unternehmen bleiben die den Menschen als ihre wertvollste Ressource erkennen, wertschätzen und deren Fähigkeiten bestmöglich Entwickeln. Inspiriert aus Martin E. P. Seligmans Forschungen zur Positiven Psychologie entwickelten sich zwei weitere Konzepte, die Erkenntnisse und Grundlagen auf den Arbeitsplatz anwenden wollen. Die Bewegung der Positive Organizational Behavior, sowie der Positive Organizational Scholarship. Mit Positive Organisational Behavior möchte der Autor dieser Arbeit ein vergleichsweise junges Konzept vorstellen, welche die Entwicklung und Nutzung von psychischem Kapital auf den Arbeitsplatz anwendet. Traditionelle Entwicklungskonzepte zielen weitestgehend auf dysfunktionale Aspekte einer Unternehmung. Es galt bisher im allgemeinen Fehler in der Ablauf- oder Aufbauorganisationen zu fokussieren, um mit geeigneten Strategien und Maßnahmen entgegensteuern zu können. Inspiriert von der Positiven Psychologie, entwickelte Fred Luthans, seiner Zeit Management Professor an der University of Nebraska, einen Ansatz der den Blickwinkel vom dysfunktionalen auf das funktionale einer Organisation richtet. Mit diesem neuartigen und proaktiven Ansatz möchte er organisationaler Negativität entgegensteuern und so eine mögliche Abwärtsspirale verhindern.
Der Autor möchte als erstes näher auf den Ursprung der POB- Bewegung eingehen, dies soll dem Leser einen Überblick zur Geschichte und Entstehung geben. Der Hauptteil wird sich mit der Methodologie des Ansatzes beschäftigen und einen Ausblick auf einen möglichen intangiblen, sowie monetären Nutzen herausarbeiten. Es Folgt ein Ausblick auf zukünftige Forschungsfelder. Den Schluss bildet eine kritische Reflexion, gefolgt vom Fazit des Autors.
2 Ursprung
2.1 Die Positive Psychologie Bewegung
Der Forschungsansatz des Positive Organizational Behavior findet seinen Ursprung in der positiven Psychologie. Positive Ansätze in der Wissenschaft der Psychologie waren seit dem 2. Weltkrieg einer Methodologie gewichen, die sich weitestgehend der Heilung von Negativem verschrieben hatte. Diese dysfunktionale Perspektive war Ursache für den Umstand, dass sich die Forschung bis Anfang der 90er Jahre wenig für die Dinge interessierte, die das Leben auch für „normale Menschen“ unter „normalen Umständen“ lebenswerter machen. 1954 nutzte Abraham Maslow erstmals den Begriff der positiven Psychologie in seinem Buch „Motivation and Personality“, jedoch erst mehr als 40 Jahre später führte Martin Seligman, ein amerikanischer Psychologe, Fachbuchautor und seit 1996 Präsident der American Psychological Association, die Forschung zur positiven Psychologie weiter (Lopez & Snyder, 2009, S.3). Mit seinem Leitsatz: “what ist good about life is as genuine as what is bad and therefore deserves equal attention“[1], leutete Martin E. P. Seligman die Weiterführung einer Wissenschaft, weg von einem dysfunktionalen, hin zu einem funktionalen Modell ein. Als Schlüsselmoment für seine Motivation sich zukünftig der positiven Psychologie zu verschreiben gab Seligman einen prägenden Dialog mit seiner Tochter wieder:
„Daddy, […] From the time I was three to the time I was five, I was a whiner. I whined every day. When I turned five, I decided not to whine anymore. That was the hardest thing I`ve ever done. If I can stop whining, you can stop being such a grouch.”[2]
Er gründete 1999 ein Netzwerk mit einer Gruppe Forschern die sich ebenfalls der positiven Psychologie verschrieben hatten. Ziel des Netzwerkes war es, eine Fokusänderung vom Negativen hin zum Aufbau positiver psychologischer Qualitäten zu erzielen, die es Individuen, Gruppen, Organisationen und Gemeinschaften ermöglichen sollte sich positiv zu entfalten und dadurch subjektiv zu wachsen, bzw. befähigt werden das Beste aus sich zu machen. Untersuchungsgegenstände aus Seeligmans Forschungen sind u.a. Optimismus, Glücksempfinden, zwischenmenschliche Fähigkeiten, Zufriedenheit, Resilienz, Beharrlichkeit, Talent, Weisheit, Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit, Verantwortungsbewusstsein, Hoffnung und was das Leben sonst noch lebenswert macht (Vgl. Lopez & Snyder, 2009, S. 61 ff.). Das Feld der positiven Psychologie erstreckt sich weitestgehend über drei Ebenen. Die erste beleuchtet besonders wertvolle, subjektive Erfahrungen. Was ein positives Erlebnis ausmacht, bzw. was den einen Moment „besser“ erscheinen lässt, im Vergleich zum Nächsten. Auf der zweiten Ebene liegen die menschlichen Persönlichkeiten, bzw. positiven Charaktereigenschaften oder Tugenden eines Individuums. Die dritte Ebene stellt die positive Psychologie in einen sozialen Kontext, in welchen das Erlebte eingebettet ist und folgert daraus eine Notwendigkeit von Institutionen die eine positive Geisteshaltung zur Stärkung von Gemeinschaften leben (Vgl. Seligman & Csikszentmihalyi, 2000, S.8). Die positive Psychologiebewegung gab den Anstoß zu zwei weiteren Bewegungen, die sich im speziellen auf die Leistungssteigerung in Organisationen konzentrierte. Die Positive Organizational Scholarship (POS) und parallel dazu Fred Luthans Forschungen zum Positive Organisational Behavior (POB). Beide integrieren die positive Psychologie am Arbeitsplatz.
2.2 Theoretisches Fundament von Positive Organizational Behavior
Fred Luthans definiert POB: „[…] as the study and application of positively oriented human resource strenghts and psychological capacities that can be measured, developed and effectively managed for performance improvement in today`s workplace”[3]. Diese Definition macht deutlich, dass die, für POB angewandten und zu erforschenden menschlichen Stärken, messbar, offen für Weiterentwicklung und zur Leistungssteigerung innerhalb von Organisationen beitragen müssen. Luthans legt besonderen Wert auf eine forschungsbasierte Basis der POB Kriterien, sowie Messbarkeit einer Leistungsveränderung unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Dadurch will er eine deutliche Abgrenzung zu den zahllosen positiv orientierten, jedoch unzureichend wissenschaftlich belegbaren Selbsthilfebüchern oder Management Ratgebern schaffen. Um dies zu untermauern legt er besondere Auswalkriterien für psychologische Kapazitäten fest: a) Die Kapazität musste theorie- und forschungsbasiert, sowie b) validierbar sein und c) relativ einzigartig im Forschungsfeld des organisationalen Verhaltens und d) Die Kapazität musste situativ anwendbar, demnach offen für Veränderung und Entwicklung innerhalb von Organisationen sein und eine demonstrierbare Wirkung auf die individuelle Leistung und Zufriedenheit besitzen (Vgl. Luthans, 2002a, S. 82 f.).
3 Positive Organizational Scholarship vs. Positive Organizational Behavior
3.1 Positive Organizational Scholarship
POS ist einfach definiert als: „the study of what which is positive, flourishing, and life giving in organisations“[4]. POS beschäftigt sich mit der Untersuchung von außergewöhnlich positiven Ergebnissen, Prozessen, Attributen von Organisationen und deren Mitgliedern. Sie konzentriert sich auf Dynamiken wie Exzellenz, Gedeihen, Aufblühen, Reichhaltigkeit, Resilienz und Tugendhaftigkeit. POS untersucht das menschliche Potential, seine Schlüsselfaktoren (Prozesse, Fähigkeiten, Strukturen, Methoden), die Motivation (z.B. Selbstlosigkeit, Altruismus) und die erzielten Effekte (Vitalität, Sinnhaftigkeit, Hochgefühl, qualitativ hochwertige Beziehungen) am Arbeitsplatz (Vgl. Cameron et al., 2003). Beide Konstrukte, POS als auch POB, legen ähnlich großen Wert auf wissenschaftliche Gründlichkeit und aussagekräftige Forschungspraxis.
3.2 „Trait- Like“- versus „State- Like“- Konzept
Nach wissenschaftlicher Auffassung sind “Traits” und “States” voneinander unabhängige Merkmale, die zwar Schnittmengen besitzen, sich jedoch deutlich in der zeitlichen Dimension voneinander abgrenzen. „Traits“ und „States“ stehen sich praktisch als gegensätzliche Blickwinkel gegenüber. Das POS Konstrukt ist klar durch seine „Trait-Like“- Eigenschaften gekennzeichnet. POS ist mit positiven „Traits“ auf die Untersuchung und Entwicklung einer mittel- bis langfristigen Verbesserung von Charaktereigenschaften ausgerichtet, die sich bei erwachsenen Individuen eher starr und schwer veränderbar darstellen. Die zeitliche Dimension erstreckt sich dabei auf Tage, Monate, Jahre oder dauerhafte Zeiträume. Betrachtet wird auch das Umfeld eines Individuums, folglich kann der Ansatz der Makroebene zugeordnet werden. POB hingegen konzentriert sich, als „State-Like“- Konstrukt, auf eher temporäre Zustände eines Individuums, wie Gefühle, Stimmung, Glücksempfinden, bei denen „States“ zwar eine vergleichsweise sehr schnelle Zustandsveränderung erreichen können und offen für kurzfristige Entwicklung sind, dadurch jedoch weniger nachhaltig ist. Das Umfeld, z.B. die Beschaffenheit der funktionalen Organisation bleibt unbeachtet. Somit wirkt POB allein auf der Mikroebene.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Differenzierung POS und POB (Eigene Darstellung):
(Vgl. Luthans et al., 2007, S.544). Tatsächlich werden in der positiven Psychologie, als auch in der Positive Organizational Scholarship viele der untersuchten Charakterstärken gar nicht im Hinblick auf eine mögliche Leistungssteigerung am Arbeitsplatz untersucht, bei POB Kriterien ist die Anwendungsmöglichkeit auf den Arbeitsplatz jedoch, laut Definition, zwingende Voraussetzung (Vgl. Nelson & Cooper, 2007, S.177 ff. und Luthans et al., 2007, S. 544f.).
4 Psychologisches Kapital (PsyCap) – Definition und Begriffserklärung
PsyCap ist ein, von Luthans und Kollegen entwickeltes Konstrukt höherer Ordnung. Die Einzigartigkeit des Konstrukts liegt im „State- Like“- Charakter und der intrinsischen Abgrenzung zu „Trait- Like“- Eigenschaften (Vgl. Luthans & Avolio et al., 2007, S. 543). Psychologisches Kapital (PsyCap) stellt einen Indikator für Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit von Menschen am Arbeitsplatz dar. Untersuchungsgegenstand sind individuelle Stärken und Potentiale von Führungskräften und Mitarbeitern. Es unterscheidet sich von ökonomischen Kapital („was wir haben“), intellektuellem Kapital („was wir wissen“) und sozialem Kapital („wen wir kennen“), und beschreibt „wer wir sind“ oder „was wir sein können“. Nach den gegebenen POB Kriterien filtert Luthans Hoffnung, Resilienz, Optimismus und Selbstwirksamkeit als am besten geeignete Kapazitäten aus der positiven Psychologie heraus. Das Mischkonzept aus diesen 4 Kriterien bezeichnet er als PsyCap. Das PsyCap- Konstrukt höherer Ordnung wird von Luthans und Kollegen präzise definiert als: “an individual´s positive psychological state of development and is characterized by (1) having confidence (self- efficacy) to take on and put in the necessary effort to succeed at challenging tasks; (2) making a positive attribution (optimism) about succeeding now and in the future; (3) persevering toward goals and, when necessary, redirecting paths to goals (hope) in order to succeed; and (4) when beset by problems and adversity, sustaining and bouncing back and even beyond (resilience) to attain success”[5]. Jede der 4 Facetten, Selbstwirksamkeit, Hoffnung, Optimismus und Resilienz verfügt über einen fundierten theoretischen Hintergrund, kann gemessen und entwickelt werden, und steuert so einen erheblichen Teil zur Entwicklung eines wissenschaftlichen Fundaments der PsyCap- Theorie bei (Vgl. Luthans et al., 2004, S. 45 f.).
5 PsyCap – Facetten – „Be a HERO“
5.1 Selbstwirksamkeit (Self- Efficacy)
Fred Luthans und Alexander D. Stajkovic definieren Selbstwirksamkeit wie folgt: „the employee´s conviction or confidence about his or her abilities to mobilize the motivation, cognitive resources or courses of action needed to successfully execute a specific task within a given context.”[6] Diese Definition von Selbstwirksamkeit stützt sich auf das Albert Bandura Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung, zielt dabei jedoch nicht auf alle Bereiche im Leben, sondern grenzt sich deutlich auf den Arbeitsplatz ab. Bandura zeigt mithilfe von Experimental- und Feldstudien, dass der Glaube an die eigenen Fähigkeiten kausal mit der Motivation und Handlungsbereitschaft des einzelnen Individuums verknüpft ist. Selbstwirksamkeit beeinflusst die Determinanten Zielstrebigkeit, Ergebniserwartungen und die wahrgenommen Chancen und / oder Hindernisse in Sozialsystemen. Die Selbstwirksamkeitserwartung bildet die Grundlage für die Entscheidung ob Menschen eine Herausforderung annehmen, ob und wieviel Anstrengungen sie zu investieren bereit sind und wie beharrlich sie ein Ziel, trotz auftretender Widrigkeiten verfolgen. Jene, die ihre Fähigkeiten anzweifeln, geben entweder vorzeitig auf, oder sich letztendlich mit der schlechtere Lösung zufrieden. Im Gegenzug dazu, werden Menschen mit einem starken Glauben an Ihre Fähigkeiten, ihre Bemühungen verdoppeln um eine Herausforderung unter schlechten Umständen zu meistern. Eine weitere Rolle spielt das Anreiz oder Abschreckungspotential eines zu erwartenden Ergebnisses. Negative Ergebnisse können z.B. Materialkosten oder drohende Konsequenzen sein. Positive Erlebnisse sind z.B. Erreichung von Profit oder Lob. Ein Ergebnis hängt demnach stark von der persönlichen Überzeugung ab, d.h. wie gut die eigene Leistungsfähigkeit für die jeweiligen Situation als gegeben erscheint. Wird den eigenen Fähigkeiten Vertrauen geschenkt, steigt die Erwartung auf vorteilhafte Ergebnisse durch gute Eigenleistung. Ein pessimistischer Glaube an die eigenen Fähigkeiten, geht in der Regel auch mit gedämpften Ergebnisprognosen einher (Vgl. Bandura, A.,2009, S.180). Umfassende Metaanalysen zeigen auf, dass Selbstwirksamkeit eine starke Beziehung zur Arbeitsleistung einzelner Individuen aufweist (Vgl. Luthans & Stajkovic, (1998) S. 240 ff.; Bandura & Locke (2003), S.87 ff.) und die Inklusionskriterien für PsyCap unter allen Kapazitäten wohl am besten deckt.
5.2 Optimismus (Optimism)
Optimismus hat, neben dem alltäglichen Sprachgebrauch, eine sehr spezifische Bedeutung in der theoriebasierten Forschung. Wissenschaftlich betrachtet sind Optimisten Individuen, die positive Ereignisse (z.B. erfolgreiche Bewältigung einer Aufgabe) internen, stabilen und allgemeinen Gründe zuschreiben und negative Ereignisse (z.B. verpasste Deadline) externen, instabilen und spezifischen Gründen zuordnen (Vgl. Seligman 1998). Optimismus gibt als PsyCap Facette einen positiven Ergebnisausblick, welcher positive Emotionen und Motivation in sich birgt und den Anspruch einer realistischen Kapazität verfolgt, d.h. realistischer Optimismus muss kein Oxymoron darstellen. Wird Optimismus weit gefasst, als die Tendenz einen positiven Ausblick, innerhalb des Möglichen, also der Grenzen der physischen und sozialen Welt zu pflegen, beinhaltet er eine positive Perspektive auf unsere bisherigen Erfahrungen. Eine optimistische Sichtweise kann gleichzeitig positiv voreingenommen und trotzdem innerhalb vernünftiger Grenzen bestehen. Unter diesen Voraussetzungen kann Optimismus auch eine rationale Perspektive darstellen (Vgl. Schneider, 2001) und folglich können dadurch Veränderungen aus bestimmten Situationen wissenschaftlich ausgewertet und auf Ihre Wirksamkeit überprüft werden. Aufgrund der dynamischen, individuellen und schnellen Veränderbarkeit erfüllt Optimismus die Anforderung einer psychologischen Kapazität nach POB Definition im Hinblick auf den „state-like“ Charakter. Des Weiteren konnte in einer Studie an chinesischen Arbeitern ein Wirkungszusammenhang zwischen Arbeitsleistung, Arbeitszufriedenheit und Optimismus nachgewiesen werden (Vgl. Luthans, et al., 2005, S.259). Optimismus steht positiv in Relation zur Selbstwirksamkeit. So wird die mentale Verfassung von Individuen, bei der Bewältigung von Schwierigkeiten, nachweislich durch eine optimistisch betrachtete Selbstwirksamkeit gestärkt. Hürden können leichter überwunden werden und Erfolge werden wahrscheinlicher (Vgl. Bandura, 1998, S.56). Setzt man Optimismus in Relation zu Hoffnung, wird deutlich, dass beide primär zielorientierte Konstrukte darstellen, welche über ein ausgeprägtes Maß an positiven Zukunftserwartungen im Hinblick auf zu erreichende Zustände verfügen (Snyder, 2002, S. 257).
5.3 Hoffnung (Hope)
Snyder und Kollegen definieren Hoffnung als: „a positive motivational state that is based on an interactively derived sense of successful (a) agency (goal- directed energy), and (b) pathways (planning to meet goals).”[7] Nach dieser Definition ist Hoffnung ein „State- like“- Konstrukt aus den drei Hauptmerkmalen: Willenskraft, Pfade und Ziele. Ziele lassen sich generell in zwei weitere Kategorien unterteilen. Zum einen in positive Näherung- Ziele, wie a) erstmalige Zielverfolgung (sich einen ersehnten Wunsch zum ersten Mal erfüllen), bzw. b) Erhaltungs- Ziele (einen bereits erreichten Zielzustand beibehalten), oder c) Fortschritts- Ziele (positive Ziele in dessen Erreichung bereits Fortschritte gemacht wurden und diese weiter ausgebaut werden sollen). Zum Zweiten in negative Abwendungs- Ziele, wie a) Aufschub eines Zustands (ein ungewollter Zustand soll zeitlich verschoben werden), oder in seiner stärksten Form b) Vermeidung eines Zustands (Ziel ist die Verhinderung eines drohenden, ungewollten Zustands). Gängige Definitionen von Hoffnung beziehen sich oft auf unbefriedigende Lebensumstände, welche man zu überwinden erhofft. Diese Sichtweise berücksichtigt jedoch selten, dass auch aus bereits zufriedenstellenden Zuständen heraus, eine Perspektive von Hoffnung auf das Erreichen von höheren, bzw. großartigen Zielen bestehen kann. Jene Hoffnung die Menschen im Laufe der Geschichte immer wieder lockte und nicht selten auch monumentale Verbesserungen für die gesamte Menschheit hervorbrachte. Menschen mit hohen Hoffnungen, insbesondere solche mit einer „alles ist möglich“- Einstellung sind eher in der Lage neue Lösungswege zu finden oder individuell gesteckte Ziele in kürzeren Zeiträumen zu erreichen. Auch die ambitioniertesten Ziele bleiben unerreicht, wenn sich der gewählte Weg zum Ziel im Nachhinein als ungeeignet erweist. Umso wichtiger ist die Wahl einer gut durchdachte Route von einem Zustand A zu einem erstrebenswerteren Zustand B. Menschen mit hohen Hoffnungen entwickeln solche Wege mit größerer Zuversicht, als solche mit geringen Hoffnungen. Dies befähigt sie auch dazu, bei unvorhergesehenen Widrigkeiten flexibel auf alternative Wege auszuweichen. Im Gegenzug dazu fällt es Personen mit geringer Hoffnung auf Erfolg schwer ihre Ziele klar zu artikulieren oder erschwerenden Planungsabweichungen mit flexiblen Lösungen entgegenzutreten (Vgl. Snyder (2002), S.250 f.).
5.4 Resilienz (Resiliency)
Luthans und Kollegen orientieren sich bei der Resilienzforschung an der positiven- sowie gesundheits- Psychologie (e.g. Masten, 2001) und definieren Resilienz als: „the positive psychological capacity to rebound, to „bounce back“ from adversity, uncertainty, conflict, failure or even positive change, progress and increased responsibility“[8].
Eine ausgeprägte Widerstandsfähigkeit, bzw. Resilienz wurde in der Vergangenheit eher Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten nachgesagt. Heute weiß man, das eine ausgeprägte Belastbarkeit, als von Natur aus angelegte menschliche Ressource, eher der ordinären Kraft des Alltäglichen entspringt (Vgl. Masten, 2001, S.235). Diese Erkenntnis bringt perspektivisch tiefgreifende Implikationen für die Kompetenzförderung von Individuen am Arbeitsplatz mit sich. Trotz oberflächlicher Ähnlichkeiten aus dem allgemeinen Sprachgebrauch muss Resilienz von den Kapazitäten: Selbstwirksamkeit und Hoffnung deutlich abgegrenzt werden. Der Hauptunterschied zu Selbstwirksamkeit besteht in der reaktiven und nicht proaktiven Natur von Resilienz. Auch besteht zwar eine Gemeinsamkeit in der Pfadkomponente, jedoch nicht der Willenskraftkomponente von Hoffnung. Resilienz wurde traditionell als „Trait- Like“, also starr und schwer veränderbar, angesehen. Mittlerweile ist bekannt, dass Resilienz auch über kuze Zeiträume entwickelbar ist, dadurch einen „State- Like“ besitzt (Vgl. Bonnano, 2004, S. 20ff.)
6 Messung PsyCap Kapazitäten
6.1 Die RBSE Methode zur Messung von Selbstwirksamkeit
Die RBSE („Role Breadth Self- Efficacy) – Methode von Parker (1998) misst die Fähigkeit von Mitarbeitern, ihre Leistungen über ein erwartetes Niveau zu steigern und die Eignung, Aufgaben zu bewältigen, die über technische Anforderungen hinausgehen. Die Likert- Skala beinhaltet 10 Elemente die von 1 – gar nicht sicher bis 5 – sehr sicher bewertet werden können. Die einleitende Fragestellung lautet: „Wie sicher würden Sie sich fühlen…“, Beispielelemente sind: „…wenn sie dem Management Vorschläge für die Verbesserung Ihres Arbeitsbereiches unterbreiten müssten“ oder „…wenn Sie Ihren Kollegen neue Informationen präsentieren müssten“. Die Messmethode basiert auf der Selbsteinschätzung von Studienteilnehmern. Die Ergebnisse sollen, im Gegensatz zu anderen Messmethoden, keinen objektiven Wirksamkeitsindikator darstellen, sondern vielmehr aufzeigen wozu sich ein Mensch derzeit in der Lage fühlt. Die Methodik misst demnach eine „State- Like“- Charakteristik, zielt auf die Situation am Arbeitsplatz ab, und ist in Kombination mit hoher Validität, zur Messung der PsyCap- Kapazität Selbstwirksamkeit sehr gut geeignet.
6.2 LOT zur Messung von positivem Optimismus
Luthans et al. messen die PsyCap- Kapazität Optimismus mit Hilfe der LOT- Messmethode von Scheier und Carver (Vgl. Luthans & Avolio 2007, S. 553). Diese Methode beinhaltet 8 Fragen zur Messung des Optimismusausprägung und zusätzlich 4 Kontrollfragen zur Validierung der Antworten. Von den 8 Fragen sind vier positiv- und 4 negativ formuliert. Die Bandbreite der Antwortmöglichkeiten ertreckt sich von 0 - gar keine Zustimmung bis 4 - volle Zustimmung (Vgl. Abb. 3). Beispielelemente sind: „In Zeiten der Unsicherheit erwarte ich im allgemeinen das Beste“ oder „Wenn für mich etwas schief gehen, dann wird es schief gehen“. Ergebnisse der negativ formulierten Frageelemente werden spiegelverkehrt ausgewertet (Scheier & Carver 1985, S.224 f.).
6.3 Trait- Hope- Scale zur Messung von Hoffnung
Die „Trait Hope Scale“ von Snyder (1991) beinhaltet 12 Statements und deren Bewertungsmöglichkeiten. Davon sind 4 Kontrollelemente zur Validierung, 4 Zielen auf den Willen zur Zielerreichung, 4 auf das Pfaddenken der Probanden. Die Bewertungsmöglichkeiten verlaufen skaliert, von 1 - für maximale Ablehnung bis 8 - maximale Zustimmung. Folglich liegen Ergebnisse zwischen 8 und 64 erreichten Punkten. Beispielelemente sind: „Ich verfolge meine Ziele voller Energie“ oder „Es gibt viele Lösungen für ein Problem“. Die Validität der Methode konnte bereits in mehreren Studien nachgewiesen werden (Vgl. Snyder et al. 1991). 3 Jahre nach erfolgreicher Etablierung der Hoffnungsskala stellt Snyder die sog. „State Hope Scale“ vor. Um die Fragestellung an die zeitliche Dimension eines „State Like“- Konstruktes anzupassen, ändert er die Elemente ab. So wurde aus dem Willenskraftelement „Ich verfolge meine Ziele voller Energie“ die Aussage „Im Moment verfolge ich meine Ziele voller Energie“ oder dem Pfadelement „Es gibt viele Lösungen für ein Problem” wurde zu “Es gibt viele Lösungen für meine derzeitigen Probleme” (Vgl. Ebd., 1996, S.4 f). Luthans und Kollegen verwenden Snyders Messmethode um die PsyCap- Kapazität Hoffnung zu messen (Vgl. Luthans & Youssef et al. 2007, S. 12).
6.4 Ego- Resilienz- Skala und 25 Elemente Skala
Ein, von Luthans et al. verwendete Skala ist die (ER89) Ego- Resilienz Skala von Block & Kremen (1996). Diese ist eine 14 Punkte Skala, die das Vorhandensein der Persönlichkeitsressource misst, die es einem Individuum ermöglicht, ihrer Umwelt adaptiv zu begegnen, bzw. sie zu proaktiv zu gestalten. Die Skalenelemente bestehen aus Antworten wie z.B.: “Ich stelle mich gerne neuen Situationen” oder “Ich würde mich selbst als starke Persönlichkeit beschreiben”. Die Zustimmungswerte erstrecken sich dabei von 1 - Ich stimme gar nicht zu, bis 4 - Ich stimme voll und ganz zu. Nach Block & Kremen können Menschen, welche einen hohes Ego- Resilienz Ergebnis erzielen folgende Eigenschaften zugeordnet werden: Geselligkeit, Fröhlichkeit, sehen einen Sinn im Leben, besitzen eine ausgeprägte, jedoch angemessene Emotionalität, zeigen eine hohe Anpassungsfähigkeit in Stresssituationen, sind mit sich selbst und anderen Menschen im Reinen. Ein niedriges Ego- Resiliency Scale- Ergebnis gilt als Indikator für: Gering ausgeprägte Selbstbeherrschung, chronisches Gefühl der Verwundbarkeit, Unfähigkeit zum Aufbau von kollaborierenden und wechselseitigen Beziehungen, sowie überzogener Kontrollhang. (Vgl. Block & Kremen, 1996, S. 352 f.). Die Ego- Resilienz Skala hat, aufgrund ihrer hohen Reliabilität und Validität, bereits in vielen Studien zuverlässige Ergebnisse gezeigt (Vgl. Larson & Luthans, 2007, S.54). Eine weitere, von Luthans und Kollegen genutzte Methode ist die 25 – Elemente Skala von Wagnild und Young (1993). Zur Identifizierung des Grades der internen Ressourcen eines Individuums und dessen Beitrag, den es zu schwierigen Lebensumständen beitragen kann, entwickelten die beiden eine Resilienz Skala, welche 25 Elemente, die in einer Spannweite von 7 Punkten, volle Ablehnung bis Zustimmung erfassen. Beispielelemente sind: „In der Regel schaffe ich alles auf dem einen oder anderen Weg“ oder „Mein Leben hat einen Sinn“. Die ersten 17 Skalenelemente zielen auf die Messung der persönlichen Kompetenzstärke, also den Grad der Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Unverletzlichkeit, Meisterung von Problemen, Einfallsreichtum und Ausdauer, ab. Die weiteren 8 auf Anpassungsfähigkeit, Balance, Flexibilität und die Perspektive auf das Leben. Letztere machen den Grad an Akzeptanz des Lebens und sich selbst sichtbar (Vgl. Wagnild & Young, 1993, S. 167 ff.).
[...]
[1] Peterson (2006), S.4
[2] Seligman & Csikszentmihalyi (2000), S. 6
[3] Luthans (2002b), S. 689
[4] Cameron & Caza (2004), S.731
[5] Luthans, F., et al. (2007), S. 542
[6] Luthans, F., et al. (1998), S. 240 ff.
[7] Snyder, et al. (1991), S. 287
[8] Luthans (2002b), S. 702
- Arbeit zitieren
- Andreas Kesting (Autor:in), 2017, Positive Organizational Behavior im Personalmanagement. State of the Art und Kritische Reflexion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379540
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.