Die jüngste Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Notstandsregeln bei Drogenkonsum zur Linderung krankheitsbedingter Schmerzen gestaltet sich fortlaufend uneinheitlich. Hauptursache für die variierende Judikatur ist die für diese Fälle rechtsdogmatisch noch weitestgehend ungeklärte Handhabung der sogenannten Verwaltungsakzessorietät. Als verwaltungsakzessorisch bezeichnet man Straftatbestände, deren Erfüllung von Regelungen des Verwaltungsrechts abhängig ist.
Diffizil gestaltet sich in diesem Zusammenhang die Situation, in der der Schmerz leidende schon die Möglichkeit nicht in Betracht zieht, eine verwaltungsrechtliche Genehmigung für die von ihm begehrten Betäubungsmittel zu erwirken, sondern sich eigenmächtig Zugang zu den Substanzen verschafft.
Damit ist regelmäßig der Tatbestand des § 29 I Nr. 1 BtMG ver-wirklicht, denn rechtmäßiger Erwerb ist laut betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften nur bei Vorliegen einer entsprechenden Erlaubnis gegeben. Zu entscheiden ist in derartigen Streitfällen, ob und in welchem Ausmaß das Vorhandensein eines rechtlich geordneten Verfahrens den Rückgriff auf die §§ 34, 35 StGB überhaupt noch erlaubt, namentlich die Interessenabwägung – wie § 34 StGB sie erfordert – möglicherweise einschränkt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung/Problemstellung
- B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
- C. Kontext der Entscheidung
- I. Spruchpraxis der Strafgerichte
- 1. Die verwaltungsgerichtliche Situation als Detailproblem
- 2. Kritische Auseinandersetzung
- II. Verhältnis von Verwaltungsverfahren und Notstandsregeln aus Sicht der Literatur
- 1. Die Erlaubnis nach § 3 II BtMG
- 2. Verortung der Problematik innerhalb der Notstandsprüfung
- 3. Sperrwirkung des Erlaubnisverfahrens
- III. Kritische Auseinandersetzung mit der Kernproblematik
- D. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2016 (1 StR 613/15) zum Thema Notstand im Kontext von Drogenkonsum. Die Arbeit beleuchtet die Argumentation des Gerichts und setzt sie in Beziehung zu den Rechtsquellen und der einschlägigen Literatur.
- Rechtfertigung von Drogenkonsum durch Notstand
- Spannungsverhältnis zwischen Strafrecht und Verwaltungsrecht
- Interpretation des Notstandstatbestands im Strafgesetzbuch
- Anwendung von Rechtsnormen im Kontext von Betäubungsmitteln
- Kritische Analyse der Gerichtsentscheidung und wissenschaftlicher Positionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit vor und führt in das Thema der Rechtfertigung von Drogenkonsum durch Notstand ein. Kapitel B behandelt den Inhalt und den Gegenstand der BGH-Entscheidung, während Kapitel C den Kontext der Entscheidung untersucht. In diesem Abschnitt werden die Spruchpraxis der Strafgerichte, die verwaltungsgerichtliche Situation und die Auseinandersetzung mit der Problematik im Hinblick auf das Verhältnis von Verwaltungsverfahren und Notstandsregeln aus Sicht der Literatur erörtert. Die Arbeit endet mit einer Schlussbetrachtung, die die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst und die diskutierten Themen einordnet.
Schlüsselwörter
Strafrecht, Strafverfahrensrecht, Notstand, Rechtfertigung, Entschuldigung, Drogenkonsum, Betäubungsmittelgesetz, Verwaltungsrecht, Verwaltungsverfahren, Spruchpraxis, Literatur, Rechtsquellen, Rechtsanwendung, Gerichtsentscheidung, Kritik.
- Quote paper
- Julia Ruhfaut (Author), 2017, Rechtfertigung oder Entschuldigung von Drogenkonsum durch Notstand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379839