Ökonomisierung und das Neue Steuerungsmodell. Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendhilfe


Dossier / Travail, 2017

15 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

3. Das Neue Steuerungsmodell (NSM) in der Kinder- und Jugendhilfe

4. Grundzüge und Finanzierungsinstrumente der Kinder- und Jugendhilfe

5. Folgen des NSM auf die Kinder und Jugendhilfe am Beispiel der „Hilfen für Erziehung“

6. Fazit

Literaturliste

1. Einleitung

Seit ihren professionellen Anfängen stand Soziale Arbeit vor der Herausforderung, ihren Beitrag für das Gemeinwesen legitimieren zu müssen. Dieser Prozess hat sich seit ca. dem Ende der 1980er Jahren durch die Verknappung öffentlicher Mittel verschärft, und es entbrannte eine kontroverse Diskussion zwischen den Positionen „Fachlichkeit und Wirtschaftlichkeit“ (vgl. Puch & Westermeyer 1999, S. 11 ff.).

In den 1990er Jahren waren die öffentlichen Träger der Jugendhilfe Gegenstand einer doppelten Reformbewegung: Auf der einen Seite kamen fachpolitische Diskussionen in der Folge des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) von 1990 auf, welche sich auch mit der institutionellen Gestaltung der Jugendhilfe beschäftigten und auf einen Wandel von der Eingriffsverwaltung hin zu einer modernen Leistungsverwaltung mit der Stärkung professioneller Konzepte sozialer Arbeit zielten (vgl. Bogumil et al. 2007, S. 248). Prävention, Lebenswelt- und Alltagsorientierung sowie Partizipation sollen diesen Reformstrang umreißen. „Auf der anderen Seite wurden unter dem Primat der Haushaltskonsolidierung für die Jugendämter als öffentliche Träger unter dem Schlagwort „Neues Steuerungsmodell“ (NSM) Konzepte der Verwaltungsmodernisierung nach dem Leitbild des New Public Management forciert. Dezentralisierung, Ergebnissteuerung, Wettbewerb und Kontraktmanagement sollten den Weg von der Bürokratie zum „Dienstleistungsunternehmen Jugendamt“ ebnen.“ (ebd. S. 248).

Die folgende Arbeit thematisiert das Neue Steuerungsmodell und deren Folgen bzw. Auswirkungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Zu Beginn der Arbeit wird zunächst der Begriff Ökonomisierung erläutert und beschrieben, wie Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit stattfindet. Anschließend wird das Neue Steuerungsmodell (NSM) in der Kinder- und Jugendhilfe fokussiert, sowie die Finanzierungsinstrumente in der Kinder- und Jugendhilfe dargestellt. Abschließend diskutiert die Autorin der vorliegenden Arbeit die Folgen des NSM auf die Kinder und Jugendhilfe am Beispiel der „Hilfen für Erziehung“ und unterzieht sich im letzten Punkt einem Fazit.

2. Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Mit dem Begriff Ökonomisierung wird allgemein ein Veränderungsprozess beschrieben, durch den entweder eine System- oder Handlungslogik, ein Diskurs, eine Praktik oder Wissen zunehmend oder durchgehend von ökonomischen Kriterien dominiert oder mit dem der zunehmende Einfluss der Ökonomie auf das Denken und Handeln von Individuen und Organisationen in verschiedenen sozialen Subsystemen bezeichnet wird (vgl. Höhne 2012, S. 797).

Laut Galuske bedeutet Ökonomisierung eine Verschiebung des Kräfte- und Machtverhältnisses von Markt, Staat und privaten Haushalten zugunsten des Marktes (vgl. Galuske 2002, S. 144). Bei diesem Prozess handelt es sich um einen gesamtgesellschaftlichen Vorgang, der keineswegs nur in Bezug auf die ehemaligen „Non-Profit“ Bereiche von Bedeutung ist (vgl. ebd. S. 144).

Im Jahr 2000 beschlossen die europäischen Staats- und Regierungschefs in Portugal, die EU bis zum Jahr 2010 zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Region der Welt zu machen (vgl. Dahme & Wohlfahrt 2015, S. 12). „Das Aktivierungsparadigma wurde damit zum gesamteuropäischen Projekt erklärt und ist heute längst in allen westlich orientierten Wohlfahrtsstaaten akzeptiert“ (ebd. S. 12).

Das Ziel der Ökonomisierung ist es, auch das Soziale zu einem Marktgeschehen umzugestalten, bei dem es um die Produktion von Waren, um Gewinne, um Unternehmen und um Marktfähigkeit geht (vgl. Seithe 2016, S. 141). Damit werden Soziale Arbeit und ebenso menschliche Probleme und Bedürfnisse sowie die Menschen selbst zur Ware einer Sozialindustrie, die letztlich auf Gewinn orientiert ist (vgl. ebd. S. 141).

Die eine Seite der Ökonomisierung ist die Umwandlung des Sozialen in einen Markt und damit die Unterwerfung des Sozialen unter ökonomische Interessen (vgl. ebd. S. 141). „Hinzu kommt die Ideologie des „aktivierenden Sozialstaates“, die die Ergänzung des „investiven Sozialstaat“ (Vermarktlichung) darstellt. Dabei geht es um weniger staatliche Regulierung, um mehr Markt und Konkurrenz sowie um den Abbau staatlicher Eingriffe in die Prozesse des Marktes.“ (ebd. S. 141). Insbesondere im SGB II wird das neoliberale Menschenbild des aktivierenden Sozialstaats deutlich (vgl. ebd. S.141). Hierbei geht es um die Forderung und Förderung von mehr Selbstverantwortung der Bürger, die grundsätzlich für sich selbst zu sorgen haben und im Zweifel auch selbst Schuld daran sind, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Probleme in den Griff zu bekommen (vgl. ebd. S. 142). „In diesem auf den Kopf gestellten „Sozialstaat“ kontrolliert und produziert der Markt das Soziale. Der aktivierende Staat betrachtet seine Bürger zunehmend nur noch als Objekte.“ (ebd. S. 142).

Im nächsten Punkt wird das Neue Steuerungsmodell in der Kinder- und Jugendhilfe dargestellt.

3. Das Neue Steuerungsmodell (NSM) in der Kinder- und Jugendhilfe

Hinter dem „Neuen Steuerungsmodell“ verbirgt sich der Impuls, konzernähnliche Strukturen auf die öffentliche Verwaltung zu übertragen, um damit Kosteneinsparungen zu realisieren und den Schuldenanstieg der öffentlichen Haushalte begrenzen zu können (vgl. Holtkamp 2012, S. 205-206).

Die sogenannte „Neue Steuerung“ (1990) gilt als Einbruch der neoliberalen Politik in das Soziale und damit auch in die Kinder- und Jugendhilfe und die Hilfen zur Erziehung (vgl. Seithe 2016, S. 142). Das "Neue Steuerungsmodell" wurde von der KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung) entwickelt bzw. aus der angelsächsischen Diskussion für die deutschen Bedingungen abgeleitet (vgl. Möller o. J., S. 1). Der Kernpunkt dabei ist, dass die Verwaltungen einerseits strukturell unternehmensähnlich werden sollen, andererseits soll sich durch den Einsatz einiger Steuerungsinstrumente, das gesamte Verwaltungshandeln verändern (vgl. ebd. S. 1). Im Zentrum dabei steht neben dem Kontraktmanagement und der Outputsteuerung ein verändertes Finanzierungsinstrument, die Budgetierung (vgl. ebd. S 2). Wodurch die Leistungen der sozialen Arbeit ökonomisiert und vermarktlicht wurden. Unterstützungsangebote bzw. Formen der professionellen Beratungsarbeit werden somit zu „Produkten“, die von „Kunden nachgefragt“ werden und nicht mehr von Menschen, die Unterstützung und Hilfe in Anspruch nehmen wollen (vgl. Seithe 2016, S. 142). Die Kinder- und Jugendhilfe ist in ihrem Kern zu einem Markt umgesteuert worden, bei dem die Herstellung der „Produkte“ grundsätzlich dem Prinzip der Effizienz unterworfen sind (vgl. ebd. S. 142). „Das sogenannte „New Public Management“ wurde zum Leitprinzip in den ehemaligen Nonprofit-Bereichen Gesundheit, Bildung, Kultur und Soziales und ist dort heute das vorherrschende Steuerungssystem.“ (ebd. S. 142). Beim New Public Management (NPM) handelt es sich im Wesentlichen um die Übertragung betriebswirtschaftlicher Methoden auf die öffentliche Verwaltung, mit dem Ziel diese zu modernisieren (vgl. Böhmer 2014, S. 11).

Mit der neuen marktförmigen Struktur sozialer Dienstleistungen in der Kinder- und Jugendhilfe wurde das Verhältnis zwischen staatlichem Auftraggeber und nicht öffentlichen Anbietern Sozialer Arbeit neu geregelt (vgl. Seithe 2016, S. 143). „Die Vereinbarungen zwischen öffentlichem Träger und den erbringenden Trägern („Kontraktmanagement“) bekamen den Charakter „unternehmerischer Verträge“.“ (Seithe 2016, S. 143). Dem Finanzträger der öffentlichen Jugendhilfe kommt heute im Wesentlichen die Funktion eines Kosten- und Gewährleistungsträgers zu, der die Gesamtverantwortung für die fachliche Ausgestaltung der zu vereinbarenden Leistung innehat (vgl. ebd. S. 143). Mit dem neuen Finanzierungskonzept werden die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe konsequent nach ihrem „Output“ finanziert. Das heißt, es wird nur finanziert, was eine erkennbare Wirkung hat und im Rahmen der Leistungsvereinbarungen, z. B. für Hilfen zur Erziehung, eine regelmäßige Qualitätsvereinbarung stattfindet (vgl. ebd. S. 144). Dies führte dazu, dass das Qualitätsmanagement eine große und fast jeden Arbeitsplatz und Alltag in der Kinder- und Jugendhilfe bestimmende Rolle einnimmt (vgl. ebd. S. 144).

Im nachfolgenden Abschnitt werden Einblicke in die Grundzüge und Finanzierunginstrumente der Kinder- und Jugendhilfe gewährt.

4. Grundzüge und Finanzierungsinstrumente der Kinder- und Jugendhilfe

Um ein Verständnis für die Auswirkungen des NSM auf den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zu geben, werden zunächst die Grundzüge und die Finanzierungsinstrumente in diesem Bereich dargestellt.

Unter Kinder- und Jugendhilfe versteht man alle sozialpädagogischen Hilfen, die Kindern und Jugendlichen außerhalb von Familie, Schule und Ausbildung zuteilwerden (vgl. Althammer & Lampert 2014, S. 346). Die Gesetzliche Grundlage schafft hierfür das achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Die Kinder- und Jugendhilfe hat das Ziel Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und sie zu befähigen, eine eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit herauszubilden (§ 1 SGB VIII) (vgl. ebd. S. 346). Die Jugendhilfe ist dabei subsidiär zum elterlichen Erziehungsrecht. Diese Ziele sollen vor allem durch prophylaktisch angelegte Maßnahmen der Jugendförderung, durch Förderung der Erziehung in der Familie in Form von Familienbildung, Beratung und Unterstützung der Eltern bei der Versorgung und Betreuung der Kinder sowie durch die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Tagespflege erreicht werden (vgl. ebd. S. 346). Finanziert wird die Kinder- und Jugendhilfe zum größten Teil über Steuereinnahmen, die der Staat von seinen Bürgern und Bürgerinnen und den Wirtschaftsunternehmen einzieht (vgl. Emanuel et al. 2017 S. 10). Allein 2014 wurden rund 35 Milliarden Euro für die Kinder- und Jugendhilfe ausgegeben (vgl. ebd. S. 10). 2011 waren es noch fünf Milliarden weniger. Davon wurden 70% durch die Kommunen erbracht, 29% durch die Bundesländer und nur 1% durch den Bund (vgl. BMFSFJ 2013, S.18-20).

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Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Ökonomisierung und das Neue Steuerungsmodell. Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendhilfe
Université
Munich University of Applied Sciences
Note
1,0
Auteur
Année
2017
Pages
15
N° de catalogue
V380885
ISBN (ebook)
9783668574403
ISBN (Livre)
9783668574410
Taille d'un fichier
427 KB
Langue
allemand
Mots clés
Sozialpolitik, Kinder- und Jugendhilfe, Steuerungsmodell, Ökonomisierung, Soziale Arbeit, Finanzierung
Citation du texte
Tina Maus (Auteur), 2017, Ökonomisierung und das Neue Steuerungsmodell. Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendhilfe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380885

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