Terroranschläge und ihre Inszenierung als Medienereignis


Trabajo, 2017

18 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der Begriff „Terrorismus“

Die Ereignisse des 11. September in den Medien

Die fünf Inszenierungsphasen des Terrors

Die ikonische Bedeutung des Falling Man

Echtzeiterfahrung durch neue Kommunikationswege

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Jeder, der alt genug ist, weiß wo er sich am 11. September 2001 befand, als in New York City zwei Flugzeuge in das World Trade Center flogen, die Zwillings- türme zusammenbrachen und fast 3.000 Menschen unter sich begruben, als eine Passagiermaschine in das Pentagon krachte und ein weiteres Flugzeug von muti- gen Passagieren zum Absturz gebracht wurde, um Schlimmeres zu verhindern. Die meisten Menschen saßen an diesem Tag stundenlang vor ihren Fernsehgerä- ten und verfolgten die Nachrichten. Man wollte auf dem Laufenden bleiben und keine Meldung verpassen.

Ähnlich verhält es sich mit den Pariser Anschlägen vom 13.11.2015, als mehrere bewaffnete IS-Kämpfer sich vor dem Stade-De-France in die Luft sprengten und in der Pariser Innenstadt Angst und Schrecken, mit weiteren Selbstmordanschlä- gen, Schießereien und einer für viele tödlich endende Geiselnahme im Club Bat- taclan, verbreiteten. Die Anschläge von Paris waren nicht die ersten von islamisti- schem Terror motivierten Anschläge auf „die westliche Welt“ nach 9/11. Nicht so präsent wie New York und Paris, aber nicht weniger erschütternd waren die Mad- rider Zuganschläge im März 2004, die Anschläge von London im Juli 2005 sowie viele weitere Anschläge unter anderem in Belgien, der Türkei und in Frankreich. Auch Deutschland wurde vor wenigen Monaten von einem ersten islamisch moti- vierten Attentat getroffen. Auf einem Berliner Weihnachtsmarkt kamen zwölf Men- schen ums Leben, als ein sich zum IS bekennender Attentäter mit einem LKW ungebremst durch den Weihnachtsmarkt fuhr. Viele weitere Menschen wurden verletzt.

Die Medien spielten bei jedem dieser Anschläge eine große Rolle. Vor allem bei den Anschlägen vom 11. September und auch den jüngeren Anschlägen beispiels- weise von Paris, Nizza, Brüssel und Berlin kam man nicht umher wenigstens einen Teil der laufenden Berichterstattungen in den verschiedenen Medien mitzubekom- men.

Die folgende Arbeit soll zunächst über den Begriff Terrorismus informieren und dann sowohl einen Einblick über die Ereignisse des 11. Septembers 2001, als auch über die Arbeit der Nachrichtensender an diesem Tag geben. Danach wird beschrieben nach welchem Muster die Nachrichtensender ihre Berichterstattun- gen über solche Anschläge aufbauen. Es wird auf die ikonische Bedeutung des so genannten Falling Man eingegangen und abschließend kurz angerissen, wie viele Möglichkeiten mehr es inzwischen gibt sich zu informieren oder informiert zu wer- den.

Der Begriff Terrorismus

Unter Terrorismus wird „gegenwärtig meist das systematische und organisierte Handeln einer im Verhältnis zum Gegner zahlenmäßig unterlegenen Gruppe ver- standen, welche durch die provokative Anwendung von Gewalt Aufmerksamkeit im Sinne von Angst und Furcht auf Seiten potenzieller Opfer und Zielpersonen, aber auch Sympathie zu interessierender Dritter zu erreichen sucht.“ (Heinke, 2016, p. 91)

Die ersten terroristisch geprägten Handlungen fanden bereits im ersten Jahrhun- dert nach Christus, verübt von den Sicarii und Zeloten, statt. Hierbei handelt es sich um Gruppierungen, die durch ihr Vorgehen die römische Herrschaft in Paläs- tina beenden wollten. Sie „griffen die Wasserversorgung Jerusalems an und sta- chen ihre Opfer, Römer sowie Juden, die sich ihrem radikalen Vorgehen nicht an- schließen wollten, öffentlich aus dem Hinterhalt nieder“. (Heinke, 2016, p. 82) Wei- tere Vorreiter des heutigen Terrorismus waren die Assassinen (11.-13. Jh. im heu- tigen Syrien und Nordpersien) sowie die Thug (17.-19. Jh.). Die Thug töteten Indi- enreisende „auf der Grundlage eines reinterpretierten Hindumythos“ (Heinke, 2016, p. 82) und werden „oftmals als die bis heute wirkungsvollste Terrororgani- sation (vgl. Rapoport 1984: 622) beschrieben“. (Heinke, 2016, p. 82) Zwar waren ihre Handlungen religiös motiviert, jedoch sollen schon die Thug auch Ziele ihrer Unterstützer verfolgt haben und somit Pioniere des staatlich geförderten Terroris- mus gewesen sein. Die bis heute im negativen Sinne erfolgreichste und medien- wirksamste aller terroristischen Taktiken ist der Einsatz von Selbstmordattentä- tern. Gerade einmal drei Prozent aller terroristischen Anschläge sind Selbstmord- attentate. Sie sind jedoch für fast die Hälfte aller Toten die zwischen 1980 und 2003 bei Terroranschlägen getötet wurden verantwortlich. „Terrorismus, der auf Selbstmordattentaten basiert, kann folglich als die gewaltbereiteste Form des Ter- rorismus betrachtet werden. Denn neben der gezielten und breit angelegten Tö- tung unbeteiligter Zivilisten schreckt Organisationen, die auf diese Taktik zurück- greifen, auch der Verlust potentieller Unterstützer nicht mehr. (Vgl. Pape 2005:10)“

(Heinke, 2016, p. 92) Seit der 1980er-Jahre machten vor allem Terrororganisatio- nen wie die Hisbollah im Libanon, die Tamil Tigers auf Sri Lanka und die Hamas in Israel besonders durch politisch motivierte Selbstmordattentate auf sich auf- merksam. Die Anschläge vom 11. September 2001 waren und sind aber bisher einzigartig in der Geschichte. Bei keinem Terroranschlag zuvor gab es weder an- nähernd vergleichbare Opferzahlen noch solch ein großes Ausmaß an Zerstörung zu beklagen. Die Taten, die der Terrorgruppe al-Qaida zugeschrieben werden, konnten nicht mehr mit den Taten anderer terroristischer Vereinigungen, wie etwa der baskischen ETA oder den oben genannten Gruppierungen Hisbollah oder Ha- mas, verglichen werden. Während die Anschläge der eben genannten zwar nicht weniger gewalttätig waren, aber einen politischen Hintergrund hatten, rief die al- Qaida zum Jihâd1 gegen die Vereinigten Staaten von Amerika und auch gegen den Rest der westlichen Welt auf.

Es ist zu beobachten, dass in den letzten Jahren tendenziell weniger neue Terrorgruppen gegründet wurden. Die meisten Neugründungen aber waren wie die alQaida religiös motiviert. Ihnen kann deutlich die größte Anzahl der Opfer zugeschrieben werden, denn Terrorgruppen wie etwa die deutsche, linksextremistische Organisation RAF, deren Taten vor allem sozialrevolutionär motiviert waren, konzentrierten sich eher auf die Ermordung oder Entführung einzelner Personen wie Politiker, Großindustrieller oder Beamter.

Von medialer Inszenierung im Bezug auf einen Terroranschlag sprach man erst- mals, als zu Olympia 1972 in München palästinensische Attentäter des Schwarzen September israelische Sportler entführten und ermordeten. Nach den Anschlägen von New York City und Washington sagte der heutige Bundesfinanzminister Wolf- gang Schäuble: „Terrorismus ohne Medien ist ziemlich schwierig.“ (Löffelholz, 2004, p. 18) Es „ist nicht erst seit dem 11. September 2001 klar, dass Terrorismus vor allem eines ist: ein gleichermaßen menschenverachtendes wie medienwirksa- mes Instrument der Public Relations von Gruppierungen, die in einem traditionellen militärischen Konflikt chancenlos wären (vgl. Giessmann 2002: 134f.; Carruthers 2000: 163-196; Semati 1997).“ (Löffelholz, 2004, p. 18)

Die Ereignisse des 11. September in den Medien

Die Anschläge vom 11. September 2001 waren eine Tragödie, die in ihrem Aus- maß jeden zu überfordern schien. Nicht nur Rettungskräfte und Seelsorger vor Ort standen vor einer nie zuvor dagewesenen Herausforderung, sondern auch die Be- richterstatter auf der ganzen Welt, ganz gleich ob direkt vor Ort oder in den heimi- schen Fernsehstudios. Niemals zuvor wurde ein Ereignis dieser Größenordnung in Echtzeit in die ganze Welt übertragen. Niemals haben so viele Menschen etwas Derartiges gleichzeitig verfolgt und miterlebt oder sogar selber festgehalten. Die Anschläge vom 11. September 2001 waren das bis dato meistfotografierte Ereig- nis der Mediengeschichte. (vgl. Kirshenblatt-Gimblett, 2003, p. 12)

Keine drei Minuten hatte es gedauert, bis der amerikanische Nachrichtensender CNN die ersten Bilder der Katastrophe um die Welt schickte. Nachdem das erste Flugzeug um 8.46 Uhr Ortszeit in den Nordturm des World Trade Centers einge- schlagen war, sendete CNN bereits um 8.49 Uhr Livebilder, unterlegt mit dem für Nachrichtensender typischen Nachrichtenlaufband, auf dem zu lesen war: „Plane crashes into World Trade Center tower . “ Zur selben Zeit schickten sie diese Bilder an ihre vielzähligen Partnersender weltweit. Wohl keine Nachricht zuvor wurde weltweit so schnell verbreitet wie diese.

Als erster deutscher Sender unterbrach der Privatsender RTL sein Programm. Pe- ter Kloeppel, der damalige RTL-News-Anchor, schrieb zehn Jahre später in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine: „Wir sahen das riesige Loch in der Fassade, aus dem Flammen und schwarzer Rauch quollen. Der amerikanische Kommenta- tor spekulierte über ein Sportflugzeug, das den Turm getroffen haben könnte.“ (Kloeppel, 2011) Weiter schreibt er in seinem Feuilletonartikel: „Wir entschieden, das laufende Programm zu unterbrechen. Ich lief in die Maske, und, kaum ange- kommen, sah ich bei CNN, wie ein zweites Flugzeug den Südturm traf. Im selben Moment wusste ich: Anschlag! Nicht Absturz oder Unglück.“ (Kloeppel, 2011) In der Tagesschau um drei bekam der Nachrichtensprecher Claus-Erich Boetzkes die Meldung über den Einschlag einer zweimotorigen Kleinmaschine in das World

Trade Center. Während er diese Meldung vorliest, zeigt die ARD Bilder des bren- nenden Nordturms und des Einschlags einer weiteren Maschine in den Südturm. Auf den zweiten Einschlag wird nicht eingegangen. Vermutlich glaubte zu diesem Zeitpunkt niemand, dass es sich um ein zweites Flugzeug handeln könne. Noch während der Sendung wird eine Schalte zum damaligen Washington-Korrespon- denten Claus Kleber live ins Studio geschaltet, der über den zweiten Einschlag in den Südturm des World Trade Centers berichtet. Kleber sagte aber auch, dass man noch nicht wisse was genau passiert sei. Auf allen Sendern sah man den ganzen Tag über Wiederholungen der Sequenz, wie das zweite Flugzeug in den Südturm flog. „Die massierte Verbreitung der immer gleichen Sequenzen des zwei- ten Einschlags in den Südturm mündete zeitweise in einen erdrückenden <<Terror der Bilder>>, der den Zwang des Medienapparats zur Bebilderung offenbarte und zugleich das Unwissen und die Ahnungslosigkeit von Moderatoren und Reportern enttarnte.“ (Weichert, 2011, p. 271) Zu jeder Sondersendung konnte man neue Hintergründe und mehr Informationen zu den Anschlägen erhalten. Terrorexper- ten, Experten der Luftfahrt, Sicherheitsberater, etc. gaben sich die Klinken in die Hand. Augenzeugen des Anschlags wurden interviewt und beschrieben auf höchstemotionale Art und Weise für den Zuschauer nachvollziehbar, was sich an diesem Morgen in New York ereignet hatte. Peter Kloeppel saß über sieben Stun- den nonstop im Nachrichtenstudio und moderierte die bis dato längste Sondersen- dung im deutschen Fernsehen, für die er ein Jahr später, gemeinsam mit seinem Regisseur und stellvertretend für das gesamte Team, mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. „Die Kommunikationswissenschaftler Martin Emmer, Chris- toph Kuhlmann, Gerhard Vowe und Jens Wolling kommen zu dem Ergebnis, dass fast 70 Prozent der Deutschen bereits nach einer Stunde von den Anschlägen wussten und noch am gleichen Tag <<so gut wie allen das Ereignis bekannt>> war.“ (Weichert, 2011, p. 272). Circa 23 Millionen Menschen verfolgten die Ge- schehnisse des Tages bei Tagesschau (ARD), heute (ZDF) und bei RTL-aktuell.

Nachrichten zum allgemeinen Tagesgeschehen hatten kaum eine Chance Erwäh- nung zu finden. Kaum eine Meldung hatte nicht auf irgendeine Art und Weise mit den Terroranschlägen zu tun. „Wenn Journalisten gefragt werden, woran sie sich bei ihrer Auswahl von Nachrichten orientieren, weisen viele auf die Interessen ihrer Leser, Hörer und Zuschauer hin.“ (Löffelholz, 1993, p. 23).

[...]


1 Jihâd wird fälschlicher Weise meist mit ‚Heiliger Krieg’ übersetzt. Die Bedeutung des Wortes selbst enthält aber keine kriegerische Komponente. Der arabische Begriff bedeutet korrekt über- setzt ‚Anstrengung’ oder Bemühen’. Gemeint ist damit das Bemühen auf dem Weg Gottes zur Umsetzung und Ausbreitung des Glaubens an Allah und die Wahrheit der Botschaft des Korans. Dies kann sowohl eine friedliche Mission als auch eine kriegerische Auseinandersetzung sein.

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Terroranschläge und ihre Inszenierung als Medienereignis
Universidad
Ruhr-University of Bochum  (Medienwissenschaften)
Curso
Medienästhetik & Mediengeschichte
Calificación
1,3
Autor
Año
2017
Páginas
18
No. de catálogo
V381161
ISBN (Ebook)
9783668581432
ISBN (Libro)
9783668581449
Tamaño de fichero
447 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Terror Inszenierung Medienereignis Massenmedien
Citar trabajo
Christina Grams (Autor), 2017, Terroranschläge und ihre Inszenierung als Medienereignis, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/381161

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