Experimentelle Marktforschung dient im Rahmen des Marketings dazu, durch systematische Datenerhebung und –auswertung alle betrieblichen Aktivitäten strategisch auf die Erfordernisse der relevanten Absatzmärkte auszurichten (Berekoven, Eckert & Ellenrieder, 1991). Für das Kaufverhalten des Kunden ist neben anderen Faktoren (Markenempfinden, Verfügbarkeit etc.) die äußere Produktgestaltung von Bedeutung. Zur Untersuchung der Auswirkung der äußeren Produktgestaltung auf die Suchzeit wurde in dieser Studie die Attentional Engagement Theory (Duncan & Humphreys, 1989) als theoretische Grundlage verwendet, die somit auch auf ihre Anwendbarkeit in praktischen Fragestellungen untersucht wurde.
Die Attentional Engagement Theory (AET) hat zum Ausgangspunkt, dass in einigen Experimenten zur visuellen Suche Befunde auftraten, die sich mit der Feature Integration Theory (Treisman, 1980) nicht vereinbaren ließen. Nach Treisman dauert die Suche nach
einem Zielobjekt besonders lange, wenn sie seriell, d.h. räumlich sukzessiv, abläuft und die Displaygröße, d.h. die Anzahl gezeigter Objekte, groß ist. Die serielle Suche wird von den
Versuchspersonen dann verwendet, wenn der Zielreiz mit unterschiedlichen Distraktoren jeweils eines oder mehrere Merkmale (Form, Farbe etc.) teilt und nicht grundsätzlich von
diesen verschieden ist, d.h. dieser Prozess benötigt bewusste Aufmerksamkeitsressourcen.
Teilt der Zielreiz mit den Distraktoren hingegen kein Merkmal, verwenden die Versuchspersonen die parallele Suche, welche automatisiert abläuft: unabhängig von der Displaygröße bleibt die Reaktionszeit gleich, da der Zielreiz „ins Auge springt“ („Pop-out“-
Phänomen).
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Theorien der visuellen Suche in der Marktforschung - eine experimentelle Studie
Abstract- Die Studie untersucht in Anlehnung an die Attentional Engagement Theory nach Duncan & Humphreys (1989) die Auswirkung der Ähnlichkeit zwischen Zielreiz und Distraktor auf die Reaktionszeit und die Fehlerrate beim Entdecken eines Zielreizes. Darüber hinaus wurde die Displaygröße als weiterer Einflussfaktor berücksichtigt. Eine Varianzanalyse ergab, dass sowohl die Displaygröße als auch die Ähnlichkeit zwischen Zielreiz und Distraktor einen signifikanten Einfluss auf Reaktionszeit und Fehlerrate hatten. Die Integration von psychologischen Theorien der visuellen Suche und empirischer Marktforschung erweist sich als gelungen.
1. Einleitung
Experimentelle Marktforschung dient im Rahmen des Marketings dazu, durch systematische Datenerhebung und -auswertung alle betrieblichen Aktivitäten strategisch auf die Erforder- nisse der relevanten Absatzmärkte auszurichten (Berekoven, Eckert & Ellenrieder, 1991). Für das Kaufverhalten des Kunden ist neben anderen Faktoren (Markenempfinden, Verf ü gbarkeit etc.) die äußere Produktgestaltung von Bedeutung. Zur Untersuchung der Auswirkung der äußeren Produktgestaltung auf die Suchzeit wurde in dieser Studie die Attentional Engagement Theory (Duncan & Humphreys, 1989) als theoretische Grundlage verwendet, die somit auch auf ihre Anwendbarkeit in praktischen Fragestellungen untersucht wurde.
Die Attentional Engagement Theory (AET) hat zum Ausgangspunkt, dass in einigen Experimenten zur visuellen Suche Befunde auftraten, die sich mit der Feature Integration Theory (Treisman, 1980) nicht vereinbaren ließen. Nach Treisman dauert die Suche nach einem Zielobjekt besonders lange, wenn sie seriell, d.h. räumlich sukzessiv, abläuft und die Displaygröße, d.h. die Anzahl gezeigter Objekte, groß ist. Die serielle Suche wird von den Versuchspersonen dann verwendet, wenn der Zielreiz mit unterschiedlichen Distraktoren jeweils eines oder mehrere Merkmale (Form, Farbe etc.) teilt und nicht grundsätzlich von diesen verschieden ist, d.h. dieser Prozess benötigt bewusste Aufmerksamkeitsressourcen. Teilt der Zielreiz mit den Distraktoren hingegen kein Merkmal, verwenden die Versuchspersonen die parallele Suche, welche automatisiert abläuft: unabhängig von der Displaygröße bleibt die Reaktionszeit gleich, da der Zielreiz „ins Auge springt“ („ Pop-out “ - Ph ä nomen).
Es konnte jedoch in einigen Experimenten (z.B. Duncan & Humphreys, 1989) gezeigt werden, dass unter bestimmten Bedingungen die Suchzeit eines Zielreizes mit verknüpften Merkmalen unabhängig von der Displaygröße ist; laut Feature Integration Theory ist dies allerdings unmöglich.
Laut AET existieren bei der visuellen Verarbeitung drei Stufen. Auf der ersten Stufe wird die visuelle Repräsentation in sog. Structural Units segmentiert, welche hierarchisch geordnet sind; dieser Prozess verläuft parallel und präattentiv. Auf der zweiten Stufe findet die Selektion der Reize statt, welche um die Aufnahme ins Kurzzeitgedächtnis konkurrieren. Grundannahme ist hier, dass die Geschwindigkeit und Wahrscheinlichkeit der Reizaufnahme in das kapazitätsbeschränkte visuelle Kurzzeitgedächtnis vom Ausmaß der Aktivation und der Gewichtung des Reizes abhängt. Die Aktivation eines Reizes erhöht sich mit seiner Ähnlichkeit zum Zielreiz, während das Ausmaß der Gewichtung von der Ähnlichkeit der Reize untereinander abhängt: besitzt ein Objekt eine erhöhte Aktivierung, übertragt sich diese auf ähnliche Objekte; umgekehrt wirkt die geringe Aktivation eines Objektes ebenfalls hemmend auf ähnliche Objekte (ä hnlichkeitsbasierte Aktivierung). Die dritte Stufe beinhaltet dann die Enkodierung der Reize mit der höchsten Aktivation ins Kurzzeitgedächtnis. Durch rekursive Zurückweisung von Distraktoren nähert sich die visuelle Suche dem Zielreiz an. Aus den theoretischen Grundannahmen lassen sich folgende vier Hypothesen ableiten:
1.) Wenn die Ähnlichkeit zwischen Distraktoren und Zielreiz gering ist, ist die visuelle Suche immer effizient, egal wie ähnlich sich die Distraktoren sind (da der Zielreiz eine hohe Aktivierung erf ä hrt).
2.) Wenn die Ähnlichkeit zwischen Distraktoren und Zielreiz hoch ist, hat die Ähnlichkeit zwischen den Distraktoren einen starken Einfluss auf die visuelle Suche (der Zielreiz erh ä lt zwar eine hohe Aktivierung, die Distraktoren aber bei zunehmender Ä hnlichkeit zum Zielreiz ebenfalls).
3.) Wenn die Ähnlichkeit zwischen den Distraktoren hoch ist, dann hat die Ähnlichkeit zwischen Zielreiz und Distraktoren nur einen geringen Einfluss auf die Suche (da alle Distraktoren eine ä hnliche Aktivierung erfahren).
4.) Wenn die Ähnlichkeit zwischen den Distraktoren gering ist, hat das Ausmaß der Ähnlichkeit zwischen Zielreiz und Distraktoren einen großen Einfluss auf die visuelle Suche (da keine Gruppen von Distraktoren gebildet werden k ö nnen und die Distraktoren eine ä hnliche Aktivierung erfahren wie der Zielreiz).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die folgende Abbildung visualisiert die oben genannten Hypothesen:
Abbildung 1: Abh ä ngigkeit der Reaktionszeit (vertikale Achsen) von der Ä hnlichkeit der Distraktoren und von der Ä hnlichkeit zwischen Zielreiz und Distraktoren
Klar zu erkennen ist, dass laut AET eine hohe Ähnlichkeit zwischen Reiz und Zielreiz kombiniert mit heterogenen Distraktoren die visuelle Suche besonders ungünstig beeinflusst.
2. Fragestellung
In dieser Studie wurde aus den oben abgeleiteten Hypothesen nur der Teil überprüft, der sich mit der Ähnlichkeit zwischen Distraktoren und Zielreiz befasst (da die Distraktoren immer homogen waren, s.u.):
Hypothese 1: Bei geringer Ä hnlichkeit zwischen Zielreiz und Distraktoren sind Suchzeit und Fehlerrate gering.
Weiterhin wurde über die AET hinausgehend vermutet, dass die Anzahl der verwendeten Distraktoren bzw. die Größe des Displays einen Einfluss auf die Suchzeit hat:
Hypothese 2: Je gr öß er die Anzahl der Distraktoren, desto l ä nger ist die Suchzeit und desto h ö her ist die Fehlerrate.
3. Methoden
Versuchspersonen
Bei der Versuchspersonengruppe handelte es sich ausschließlich um Psychologiestudenten/- innen der RWTH Aachen. Das Alter rangierte zwischen 22 und 43 Jahren, das Durchschnittsalter betrug 26,46 Jahre. Zehn Versuchspersonen waren weiblich und drei männlich. Bei kurz- oder weitsichtigen Teilnehmern war die Sehschärfe korrigiert. Das dominante Auge wurde zu Versuchszwecken ebenfalls bestimmt.
Apparatur
Die Versuchspersonen saßen mit einem Abstand von 50 cm vor dem Display. Die Stimuli wurden auf einem ELSA Ecomo 17“ - Monitor (75-Hz Bildschirmfrequenz) dargeboten. Das Experimentalprogramm lief auf einem IBM-kompatiblen Personal Computer mit einem Pentium I 100 Mhz Prozessor und 32 MB Arbeitsspeicher. Die Versuchspersonen reagierten mittels der linken (abwesend) bzw. rechten (anwesend) Maustaste. Die Maus lag auf dem Tisch vor den Versuchspersonen und musste mit beiden Händen bedient werden. Die Finger der linken Hand ruhten dabei auf der linken Maustaste und die der rechten Hand auf der rechten Maustaste. Das Experiment wurde in einem abgedunkeltem Raum durchgeführt, lediglich hinter dem Monitor war eine Bürolampe (60 Watt) angebracht. Der Bildschirmhintergrund war schwarz, die Stimuli wurden in weiß dargeboten.
Stimuli
Die verschiedenen Stimulusformen sind in Abbildung 2 dargestellt. Es wurden insgesamt vier verschiedene Stimuli verwendet, und zwar die äußeren Duschflaschenformen verschiedener Hersteller:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die vier verwendeten Stimulusformen
Die Displaygröße (d.h. die Anzahl der dargebotenen Stimuli) konnte zwischen 4, 9 oder 16 Items variieren. Abbildung 3 veranschaulicht die drei verschiedenen verwendeten Display- größen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die drei verwendeten Displaygr öß en
Bei der Hälfte der Trials beinhaltete das Display einen Zielreiz (von den vier m ö glichen), die restlichen Displaypositionen wurden ausschließlich mit einer der übrigen drei Stimulusformen ausgefüllt (Anwesend-Bedingung); der Zielreiz war in diesem Kontext der Reiz, der nur einmal abgebildet war. In der anderen Hälfte der Trials wurden alle Displaypositionen nur mit einer Stimulusform ausgefüllt, ohne einen Zielreiz darzubieten (Abwesend-Bedingung). Die Distraktoren variierten dementsprechend nur in ihrer Ähnlichkeit zum Zielreiz, wobei die Homogenität des Distraktorfeldes maximal war, d.h. die Distraktoren waren immer alle untereinander gleich.
Durchf ü hrung
Vor dem Experiment musste ein Übungsblock absolviert werden, um interindividuelle Unterschiede (Vorerfahrungen etc.) zu minimieren. Das Experiment bestand aus 720 Trials (360 Trials mit Zielreiz und 360 Trials ohne Zielreiz), diese wurden in 15 Blöcke zu je 48 Trials aufgeteilt. Alle Trialtypen wurden in randomisierter Reihenfolge dargeboten. Die Versuchsperson hatte zu entscheiden, ob ein Zielreiz vorhanden war oder nicht. Das Display blieb so lange eingeblendet, bis die Versuchsperson darauf reagierte.
Die Versuche wurden zwischen 12.00 Uhr bis 17.15 Uhr durchgeführt, wobei sich drei Versuchsleiter mit der Durchführung abwechselten. Zur Instruktion der Versuchspersonen wurde eine kurze Handanweisung ausgehändigt. Für eventuelle Fragen standen die Versuchsleiter bis zu Beginn des Experiments zur Verfügung.
Einige Versuchspersonen klagten nach dem Versuch über Kopfschmerzen. Ebenso berichteten einige Versuchspersonen, während des Versuches die Stimuli auf dem Bildschirm nur noch verschwommen wahrgenommen zu haben.
4. Exkurs: Programmierung in C
Das zur Durchführung des Experiments notwendige Programm wurde mit der Programmiersprache Borland C erstellt. Die hier benutzte Version von Borland C lief auf der DOS-Ebene, die zur Programmierung im allgemeinen eine stabilere und schnellere Umgebung darstellt als Windows.
Borland C ist eine sog. „Hochsprache“, d.h. diese Programmiersprache ist wesentlich verständlicher als der Assemblercode (Maschinensprache). Das Programm enthält einen Compiler, der das gewünschte Programm in die Assemblersprache „übersetzt“ (in eine executable oder EXE-Datei), so dass es vom Rechner direkt ausgeführt werden kann. Die sehr viel kompliziertere und fehleranfälligere Programmierung auf Assemblerebene wird so anhand einer übersichtlichen, einfacheren und ökonomischeren Programmierung umgangen. C ist eine integrierte Entwicklungsumgebung, d.h. dem Programmierer werden mehrere hilfreiche Entwicklungstools zur Programmentwicklung zur Verfügung gestellt, wodurch die Benutzerführung erleichtert wird:
a) F ENSTER. Borland C stellt drei Fenster zur Verfügung: ein Inputfenster, in das die Programmierbefehle geschrieben werden; ein Messagefenster, in dem relevante Nachrichten bezüglich aktueller Vorgänge erscheinen (z.B. „ Error in Line 23 “); ein Outputfenster, das die DOS-Ebene oder aktuell auszuführende Programme anzeigt.
b) M EN Ü LEISTE. Die Menüleiste besteht aus den Menüs File (z.B. Datei ö ffnen), Edit (z.B. Alles Markieren), Search (z.B. Suche nach...), Run (z.B. aktuell markierte Programmteile ausf ü hren), Compile (z.B. aktuelles Programm in eine ausf ü hrbare EXE-Datei kompilieren), Debug (z.B. Fehler des Programms finden und korrigieren), Project (z.B. Projektverwaltung), Options (z.B. Hintergrundfarben einstellen), Window (z.B. Fenster wechseln) und Help (z.B. Auflistung und Erkl ä rung m ö glicher Programmbefehle).
Die meisten in C entwickelten Programme benutzen vom Hersteller mitgelieferte abrufbare Standardeinstellungen oder Kopfdateien, die zu Beginn eines Programms aufgerufen werden können (damit der Programmierer nicht elementare Einstellungen selbst programmieren muss). Hierzu wird der Befehl #include verwendet. Die Befehlszeile #include<stdio.h>(stdio = standard input output)aktiviert die Kopfdatei stdio.h, die festlegt, dass beim späteren Ablauf des Programms der Standardinput über die Tastatur, der Standardoutput über den Monitor abläuft.
Der Befehl void main(void)gibt C an, dass nun eine Funktion (hier: der Programmabschnitt „ main “ , also Hauptabschnitt des Programms) definiert wird. Der in Klammern stehende Ausdruck (hier: void) gibt die Parameter an, die angenommen werden können. void teilt dem Compiler mit, dass eine Funktion ohne Parameter angenommen werden soll (void = leer). In die Klammer hinter main sind beliebige Parameter eingebbar. Das in C sonst übliche Symbol „;“ (Semikolon), das dem Programm verdeutlicht, dass ein neuer Befehlsinput erfolgt (bzw. ein Statement abgeschlossen ist), ist an dieser Stelle nicht nötig.
Man kann in C auch eigene Funktionen definieren, die mehrere Schritte zusammenfassen, die nicht in main stehen, aber aufrufbar sind. Auf diese Weise erhält man mehr Übersichtlichkeit und programmiert ökonomischer.
Beispiel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach der Festlegung notwendiger Standardeinstellungen und Funktionen kann ein erster Output durch das Programm erzeugt werden. Da es sich um die Ausarbeitung zuvor benannter Funktionen handelt, müssen die nun folgenden Befehle in die Klammern { } gesetzt werden. Der Outputbefehl printf zeigt einen vom Programmierer wählbaren Output auf dem Monitor. Die Eingabe printf(„Hello world!\n”); bewirkt, dass der Satz „Hello world!“ auf dem Bildschirm erscheint. \n stellt dabei die Escapesequenz dar, d.h. es ist ein nicht sichtbarer Befehl für einen Zeilenumbruch (n = new line).
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