Die Standortsuche von Banken im internationalen Blickwinkel unter besonderer Betrachtung von Irland


Mémoire (de fin d'études), 2005

122 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Tabellen

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Abkürzungen und Begriffe

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Die Suche nach einem neuen Standort
2.1 Standortfaktoren als Entscheidungskriterien
2.1.1 Gütereinsatz
2.1.1.1 Anlagegüter
2.1.1.2 Material und Transportkosten
2.1.1.3 Arbeitskräfte
2.1.1.4 Verkehrsanbindung und Energieversorgung
2.1.1.5 Umwelt und Umweltschutz
2.1.1.6 Staatliche Leistungen
2.1.1.7 Steuern und Subventionen
2.1.2 Güterabsatz
2.1.2.1 Kunden
2.1.2.2 Mitbewerber
2.1.2.3 Herkunfts-Goodwill
2.2 Generelle Zielsetzungen der Standortpolitik
2.2.1 Wachstumsziel mittels Marktorientierung
2.2.2 Rationalisierungsziel mittels Ressourcenorientierung
2.3 Ablauf und Entscheidungsverfahren der Standortwahl
2.3.1 Quantitative Modelle
2.3.2 Qualitative Modelle
2.3.3 Bewertung der Verfahren und deren Defizite
2.3.4 Eine neue Standortfaktorensystematik
2.4 Internationales Standortmanagement
2.4.1 Internationalisierung und deren Motive
2.4.2 Internationale Unternehmensstandorte und Qualitätsansprüche

3 Die Standortentscheidung bei Banken
3.1 Nationale und internationale Standortentwicklung deutscher Banken
3.2 Vorgehensweise bei der Standortwahl
3.3 Gründe und beeinflussende Faktoren
3.3.1 Analyse der Rentabilität und des Marktpotenzials
3.3.2 Wirtschaftliche Lage
3.3.3 Politische Lage
3.3.4 Der rechtliche Rahmen
3.3.5 Der technisch-organisatorische Bereich und die Zeitzonen
3.3.6 Beurteilung der bestimmenden Faktoren und Vergleich mit den Standortfaktoren nach Behrens
3.4 Wahl der Präsenzform und Vertriebswege
3.4.1 Repräsentanzen
3.4.2 Filialen
3.4.3 Tochtergesellschaften
3.4.4 Multikanal-Vertrieb
3.5 Entscheidung über das Leistungsangebot
3.5.1 Besonderheiten von Bankleistungen und Bankpositionierung
3.5.2 Vorgehensweise bei der Bestimmung der Bankleistungen
3.6 Besonderheiten bei ausländischen Standorten von Banken
3.6.1 Umgang mit der Kultur
3.6.2 Kenntnis der Sprache

4 Irland als Bankenstandort
4.1 Das irische Wirtschaftswunder
4.1.1 Die Gründe für Irlands Erfolg
4.1.2 Auslands-Direktinvestitionen als treibende Kraft und die Rolle der Industrial Development Authority
4.1.3 Das irische Steuersystem als ein wichtiger Standortfaktor
4.1.4 Die Nachhaltigkeit des irischen Erfolgs
4.2 Der Hauptstandort des internationalen Finanzgewerbes in Irland - Das International Financial Services Centre in Dublin
4.3 Ressourcenorientierte Standortwahl ausgewählter Finanzinstitute
4.3.1 Hypo Real Estate Bank International
4.3.1.1 Porträt der Unternehmensgruppe und Geschäftsmodell
4.3.1.2 Gründe für die Wahl des Standorts Dublin
4.3.1.3 Erfahrungen der Hypo Real Estate Bank International
4.3.2 Deutsche Bank
4.3.2.1 Porträt des Unternehmens
4.3.2.2 Entwicklung und Motive der Ansiedlungen in Irland
4.3.3 Depfa Bank
4.3.3.1 Porträt des Unternehmens
4.3.3.2 Beweggründe für die Ansiedlung in Irland
4.3.4 Porsche International Financial Services
4.3.4.1 Porträt des Unternehmens
4.3.4.2 Gründe für die Ansiedlung in Irland
4.3.5 Weitere Beispiele am irischen Standort
4.3.5.1 ABN AMRO
4.3.5.2 Morgan Stanley Quilter
4.3.5.3 Merrill Lynch
4.4 Marktorientierte Standortwahl ausgewählter Finanzinstitute
4.4.1 Royal Bank of Scotland
4.4.2 Danske Bank
4.4.3 Bank of Scotland

5 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang
I Questionnaire “Financial Services Companies in Ireland”
II Ansicht eines Teils des International Financial Services Centre in Dublin

Quellenverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 2-1: Überblick über wichtige Standortfaktoren (Wöhe/Döring 2002)

Tabelle 3-1: Die zwanzig größten Banken und ihre Internationalisierung (UNCTAD 2004)

Tabelle 4-1: Nationales Einkommen (CSO 2004b)

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 2-1: Thünen'sche Kreise

Abbildung 2-2: Internationale Arbeitskosten (Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2004)

Abbildung 2-3: Entwicklung der Verlagerer- und Rückverlagererquote im Zeitverlauf (Kinkel/Lay 2004)

Abbildung 2-4: Steuersätze auf Unternehmensgewinne in Europa (IDA/Deloitte 2004a)

Abbildung 2-5: Internationale Steuerbelastung (Institut der deutschen Wirtschaft 2002)

Abbildung 3-1: Anzahl der Banken in Deutschland seit 1990 (Deutsche Bundesbank 2004)

Abbildung 3-2: Anzahl der Bankstellen in Deutschland seit 1990 (Deutsche Bundesbank 2004)

Abbildung 3-3: Die Hauptfaktoren für Finanzunternehmen (Herrero/Simón 2003)

Abbildung 4-1: Internationales Standort-Ranking 2004 (Bertelsmann-Stiftung 2004)

Abbildung 4-2: Die Bedeutung von ADI für die irische Wirtschaft (O'Higgins/Rugman 2002)

Abbildung 4-3: BIP (GDP) und BSP (GNP) - Entwicklung in Irland seit 1960 (CSO 2004a)

Abbildung 4-4: Hypo Real Estate Group Struktur (Hypo Real Estate Holding AG 2003)

Abbildung 4-5: Struktur der Depfa Bank plc (Depfa Bank 2001)

Abbildung 4-6: Gesamtkapitalrentabilität der Banken 1999 im Europa-Vergleich (Betsch/Merl 2003)

Abbildung 4-7: Anzahl der Bankfilialen pro 100.000 Einwohner (Europäische Zentralbank 2004)

Verzeichnis der Abkürzungen und Begriffe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist die Suche nach unerschlossenen Potenzialen von entscheidender Bedeutung. Die Frage der Standortwahl bzw. der Verlagerung von Unternehmensteilen ist ein wesentliches Element bei dieser Suche. Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass bei Standortentscheidungen auf internationaler Ebene allein der Blick auf beispielsweise möglichst niedrige Steuersätze oder auf möglichst niedrige Lohnkosten nicht den gewünschten Erfolg bringt. Die Thematik ist wesentlich komplexer als der isolierte Blick auf einzelne Kostenarten. Nur dann, wenn ein Standort eine ganze Reihe von entscheidenden Vorteilen bietet, wird sich der Schritt an einen neuen Auslandsstandort lohnen.

Die internationale Standortwahl zählt durch die langfristige Bindung von Kapital zu den wichtigen und weitreichenden Entscheidungen eines Unternehmens. Sie ist im Vergleich zu anderen Entscheidungen nur schwer revidierbar. Erfolg und Misserfolg einer Investition sind in hohem Maße abhängig von der Gestaltung des Standortwahlprozesses. Die Komplexität des Prozesses ist begründet in vielen Faktoren, welche in den einzelnen Phasen wirken. Im Mittelpunkt der Arbeit steht daher die Frage nach den Gründen für eine erfolgreiche Standortwahl und welche Schlüsse daraus für zukünftige Entscheidungen gezogen werden können.

Je nach Branche gestaltet sich die internationale Standortwahl unterschiedlich, da die beeinflussenden Faktoren jeweils andere Gewichtungen haben. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der speziellen Bestimmungsgründe der internationalen Standortsuche bei Banken. Um die Problematik zu veranschaulichen, erfolgt die Darstellung der bankbetrieblichen Standortfrage anhand des Länderbeispiels Irland. Der Inselstaat bietet sich für die Erklärung an, da hier unterschiedliche Ansiedlungsgründe von Banken anzutreffen sind. Irland als prosperierendes Land im Nordwesten Europas hatte im Laufe der neunziger Jahre den Ruf des „Celtic Tiger“ erworben und ist für Banken in der jüngsten Zeit zunehmend interessant geworden.

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Problematik ist es das Ziel der Arbeit, entscheidungsrelevante Faktoren für international tätige Kreditinstitute unter Berücksichtigung der bankbetrieblichen Geschäftspolitik systematisch herauszuarbeiten und Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Zu diesem Zweck erfolgt die Darstellung des komplexen Standortwahlprozesses nicht nur in theoretischer Form, sondern wird an Beispielen der Ansiedlung von ausländischen Kreditinstituten in Irland verdeutlicht. Auf diese Weise können die Kerninhalte dieses Prozesses aus Sicht der Bankenbranche untermauert werden.

Mit dieser Arbeit sollen insbesondere die Grundlagen für künftige Standortentscheidungen dargestellt und dadurch Anregungen und Entscheidungshilfen für die bankbetriebliche Standortwahl unterbreitet werden.

1.2 Aufbau der Arbeit

Zur Thematik der Standortsuche lässt sich auf eine weitreichende Anzahl von wissenschaftlichen Abhandlungen zurückblicken, die sich seit der wegweisenden Arbeit Johann Heinrich von Thünens „Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie“ aus dem Jahr 1826 mit dieser Materie beschäftigt haben. Diese andauernde akademische Auseinandersetzung spricht für die Relevanz und für die fortwährende Aktualität der vorliegenden Themenstellung. Grundlegend war die Erkenntnis, dass jedes soziale Geschehen und jede wirtschaftliche Tätigkeit neben der zeitlichen auch über eine räumliche Dimension - die Frage des Ortes - verfügt. Die richtige Wahl des Standorts als Grundlage wirtschaftlichen Erfolges ist eine elementare Feststellung. Die Arbeit befasst sich im Kern mit Fragen der unternehmerischen Standortwahl, überträgt diese Problematik auf den Bankensektor und zeigt die praktische Umsetzung anhand von Finanzinstituten am Standort Irland. Am Rande werden die staatliche Standortpolitik sowie die Akquisition von Banken als Sonderform der Standortwahl berücksichtigt.

Das der Einleitung folgende zweite Kapitel beginnt mit einem Abriss der historischen Entwicklung von Veröffentlichungen zum Thema Standortsuche. Im Folgenden werden die Standortfaktoren als Entscheidungskriterien herausgestellt und anhand der Einteilung von Karl Christian Behrens’ Werk „Allgemeine Standortbestimmungslehre“ von 1961 beschrieben. Danach stellt die vorliegende Arbeit das Wachstum und die Rationalisierung als generelle Zielsetzungen der Standortpolitik dar, nach welchen auch später im praxisbezogenen Teil unterschieden wird. Das zweite Kapitel endet mit den Entscheidungsverfahren der Standortwahl und den Besonderheiten im Zusammenhang mit dem internationalen Standortmanagement.

Im dritten Kapitel folgt die Betrachtung der Standortsuche bei Banken. Die Kreditinstitute begannen weltweit Anfang der 60er Jahre, einige Zeit nach der Industrie, mit einer intensiven Auslandsexpansion. Seitdem ist der Aufbau umfassender internationaler Stützpunktnetze durch den Bankensektor sprunghaft angestiegen und hat ein beachtliches Ausmaß erreicht. Während beispielsweise die deutschen Banken 1963 nur drei ausländische Filialen hatten, verfügten sie Ende 2003 über 322 Filialen und 414 Tochtergesellschaften im Ausland. Der dritte Teil der Arbeit widmet sich hauptsächlich den für Banken entscheidenden Standortfaktoren und den mit der Standortwahl verfolgten Zielen. Dabei werden die Unterschiede der wichtigsten Präsenzformen aufgezeigt. Weiterhin werden Möglichkeiten bezüglich des bankspezifischen Leistungsspektrums herausgearbeitet.

Das vierte Kapitel dieser Arbeit beschreibt zunächst die wirtschaftliche Entwicklung Irlands in den letzten Jahren. Zu Irland äußerte sich der Literatur-Nobelpreisträger George Bernard Shaw einmal in den 1930ern, dass er hoffen würde, an dem Tag auf der irischen Insel zu sein, an dem die Welt endet, da die Iren schon immer 50 Jahre hinter der Zeit gewesen seien. Über 70 Jahre später kann das nicht mehr behauptet werden. Mit einer Wirtschaft, die in den letzten Jahren konstant über dem Durchschnitt der Europäischen Union anwuchs, ist aus Irland ein Standort erster Wahl für multinationale Unternehmen geworden. Das Land hat sich in den letzten Jahren stark verändert, so dass viel über das Wirtschaftswunder des „Celtic Tiger“ diskutiert wurde. Im vierten Kapitel werden die Gründe der Entwicklung untersucht. Im Anschluss erfolgt eine Ergänzung der theoretischen Darstellungen dieser Arbeit durch praktische Erkenntnisse, die hauptsächlich auf einer vom Autor durchgeführten Befragung basieren. So kann die in der Praxis angetroffene Vorgehensweise der Banken vor dem Hintergrund der Theorie reflektiert werden und umgekehrt. Die Praxisbeispiele veranschaulichen die bedeutenden Standortfaktoren. Die Tatsache, dass im Rahmen der Befragung auch Erfahrungen mit dem Standort Irland und zukünftige Pläne der Banken ermittelt wurden, erlaubt Rückschlüsse über weitere Entwicklungstendenzen. Der Autor hat dabei insbesondere die ressourcenorientierte Standortwahl der Hypo Real Estate Bank International ausführlich beschrieben. Im Anschluss wird aufgezeigt, dass Irland zunehmend auch für marktorientierte Banken von Interesse ist.

Das letzte Kapitel fasst die Arbeit zusammen und gibt die Empfehlungen des Autors wieder. Die Arbeit soll insgesamt gleichermaßen einen detaillierten Überblick über die Thematik der internationalen Standortwahl wie auch eine vertiefende Betrachtung der Übertragung der Problematik auf den Bankensektor am Länderbeispiel Irland bieten.

2 Die Suche nach einem neuen Standort

Die Erkenntnisse der Standortbestimmungstheorie basieren auf den Werken von Alfred Weber zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie er selbst zu diesem Zeitpunkt feststellte: „Wir haben aber … bisher keine Theorie des Standorts der Gewerbe“ (Weber 1922, S. 6). Weber beabsichtigte, diesen Mangel mit seinen Forschungen zu beseitigen. Grundlage seiner Überlegungen zur Bestimmung des optimalen Produktionsortes war das Konstrukt des Standortfaktors. Unter einem Standortfaktor ist je nach Art ein Vorteil zu verstehen, „… der für eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eintritt, wenn sie sich an einem bestimmten Ort oder auch generell an Plätzen bestimmter Art vollzieht“ (Weber 1922, S. 16 f.). Diese Vorteile ermöglichen es, ein bestimmtes Produkt je nach Ort mit mehr oder weniger Kostenaufwand herzustellen. Die Standortfaktoren werden in Webers Theorie in Transportkosten, Arbeitskosten und Agglomerationsfaktoren, die eine Kontraktion der Produktion an Agglomerationsplätzen verursachen, eingeteilt (Weber 1922, S. 35). Diese Begrenzung auf Kostenfaktoren schloss alle Einflüsse, die ein bestimmter Standort auf die Absatzlage ausübt, von vornherein aus (Behrens 1961, S. 7).

Webers Erkenntnisse sind die Grundlagen der heutigen Standortbestimmungslehre. Seine Werke wurden vielfach diskutiert. Behrens kommentiert Webers Werk: „Die eigentliche Stärke und zugleich der Kern der Weber’schen Theorie liegt in der Analyse der Transportkosten ...“ (Behrens 1961, S. 17). Angesichts der einseitigen Betrachtung der Kostenseite wurde aber auch viel Kritik geäußert (Goette 1994, S. 53 f.). Ein weiterer Kritikpunkt ist die Annahme, dass die benötigten Arbeitskräfte zu gegebenen Nominallöhnen überall verfügbar seien (Autschbach 1997, S. 128). Bereits im 19. Jahrhundert hatte Johann Heinrich von Thünen als erster Standorttheoretiker die Zusammenhänge zwischen dem natürlichen Standort landwirtschaftlicher Betriebe und dem Ausmaß der Intensität der Anbauverfahren analysiert. Folgende Voraussetzungen wurden als gegeben angenommen: „Man denke sich eine sehr große Stadt in der Mitte einer fruchtbaren Ebene gelegen … Die Ebene enthalte weiter keine Städte, als die eine große Stadt, und diese muß also alle Produkte des Kunstfleißes für das Land liefern, so wie die Stadt einzig von der sie umgebenden Landfläche mit Lebensmitteln versorgt werden kann“ (von Thünen 1842, S. 11).

Das Grundanliegen Thünens bestand darin, zu zeigen, dass die Art der landwirtschaftlichen Bodennutzung nicht nur von der natürlichen Bodenbeschaffenheit abhängt, sondern auch durch den ökonomischen Bestand der Entfernung des Produktions- vom Konsumort (die Stadt) bestimmt ist (Behrens 1961, S. 3). Je nach Nähe zum Konsumort ändert sich danach die Intensität der Bodennutzung. „Mit der größeren Entfernung von der Stadt wird aber das Land immer mehr und mehr auf die Erzeugung derjenigen Produkte verwiesen, die im Verhältnis zu ihrem Wert mindere Transportkosten erfordern“ (von Thünen 1842, S. 12). Die unterschiedlichen Arten der Bewirtschaftung ergeben eine Schar von konzentrischen Ringen (vgl. Abb. 2-1) um das Konsumzentrum - die so genannten „Thünen’schen Kreise“ (Behrens 1961, S. 3 ff.). Thünens Überlegungen waren wegweisend für die Standortwahl im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre (Schwinn/Südkamp 1996, S. 223).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1: Thünen'sche Kreise

Aus der Sicht der Wirtschaftsgeographie lassen sich Standorttheorien in Theorien der unternehmerischen Standortwahl und in Standortstrukturtheorien gliedern. Die einzelwirtschaftlichen Standorttheorien ermitteln den gewinnoptimalen Standort für einen Einzelbetrieb, die Standortstrukturtheorien fragen nach gewinnoptimalen Standortmustern, das heißt nach der räumlichen Verteilung von Betrieben in einer Region (Freckmann 1995, S. 9). Der bekannteste Vertreter der einzelwirtschaftlichen Theorien ist der bereits erwähnte Alfred Weber. Standortstrukturtheorien hingegen suchen nach der optimalen räumlichen Struktur aller ökonomischen Aktivitäten einer Volkswirtschaft. Thünen, Lösch und Christaller zählen zu den bekanntesten Gelehrten dieser Theorien (Schätzl 2001, S. 29 f.). Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit zielt auf die unternehmerische Standortwahl und die damit verbundenen Überlegungen.

Gegenüber der früheren Konzentration auf die Untersuchung von Standortfaktoren liegt der Schwerpunkt der betrieblichen Forschung in jüngerer Zeit auf der Entwicklung von Entscheidungsmodellen und -verfahren zur Unterstützung der Standortwahl (Küpper 2004, S. 625). Die Wahl eines neuen Standorts für ein Unternehmen stellt sich bei Gründung oder Standortverlagerung. Die Entscheidung für einen neuen Standort resultiert in einer Totalverlagerung des Unternehmens, einer Standortteilung durch Verlagerung eines Teils des Unternehmens oder einer Standortteilung durch Zweigbetriebsgründung (Freckmann 1995, S. 5). Häufig ist die Entscheidung für einen Standort kapitalintensiv und mit langfristigen Konsequenzen verbunden. Daher müssen für eine optimale Lösung der gegenwärtige als auch der zukünftige Zustand des Umfeldes betrachtet werden. Es gilt einen Standort zu finden, bei dem die unternehmerischen Anforderungen und die tatsächlichen Eigenschaften des Standorts bestmöglich aufeinander abgestimmt sind (Zelewski 1999, S. 97). Ähnlich formulierte es Behrens (1961, S. 34): „Gefragt wird nach dem Standort, der die Verwertung eines vorgegeben Leistungsprogramms und seine Erstellung mit Hilfe einer ebenfalls festliegenden Methode in optimaler Weise ermöglicht.“

In der Regel sind die Eignungen denkbarer Unternehmensstandorte für ein bestimmtes Unternehmen unterschiedlich, was in verschiedenen Personalverfügbarkeiten, Transportmöglichkeiten oder auch in der Nähe zum Kunden begründet sein kann. Somit ist der Ort zu wählen, bei dem die Differenz zwischen standortbedingten Erträgen und Aufwendungen maximal ist (Wöhe/Döring 2001, S. 320 f.). Ein einzelner Standort ist wiederum nicht für alle Unternehmen gleich günstig. Entscheidend sind neben den Standortbedingungen die spezifischen Standortanforderungen eines jeden Unternehmens, begründet in der jeweiligen Kapitalkraft, Produktionsmenge, Fertigungstiefe usw. Damit wird auch die Standortqualität, das heißt die Vorteilhaftigkeit des Standorts, nicht nur durch die vorhandenen Bedingungen bestimmt, sondern auch durch die Anforderungen eines Unternehmens an den Leistungsprozess beeinflusst (Tesch 1980, S. 534 ff.). In einzelnen Branchen können die Unternehmen ihre Standortentscheidung nicht frei treffen, da sie an bestimmte Voraussetzungen gebunden sind, z. B. Erdölförderer oder auch Fischereibetriebe. Betriebe, welche solchen Beschränkungen nicht unterliegen, sind in ihrer Standortwahl frei (Schmalen 2001, S. 66).

Eine erfolgreiche Standortplanung erfolgt unter Berücksichtigung aller relevanten Standortfaktoren und der Erfassung und Bewertung dieser Faktoren mit Hilfe von Entscheidungsmodellen. Die betriebliche Standortwahl kann in drei Schritten erfolgen:

1. Internationale Standortwahl - Welcher Staat?
2. Interlokale Standortwahl - Welche Region?
3. Lokale Standortwahl - Welche exakte Position?

Im Zuge der Globalisierung gewinnt die erste Stufe der Auswahl eines Landes immer mehr an Bedeutung (Wöhe/Döring 2001, S. 321).

2.1 Standortfaktoren als Entscheidungskriterien

Befragt nach den Gründen für die Wahl eines ausländischen Standorts wurden von verschiedenen deutschen Unternehmen hauptsächlich die Kosten der Produktionsfaktoren und die Markterschließung genannt. Mit einigem Abstand folgte die Nähe zu wichtigen Kunden. Überraschenderweise zählte der Punkt Steuern, Abgaben, Subventionen nicht zu den drei wichtigsten Motiven. Andere aufgeführte Gründe waren Kapazitätsengpässe, Technologieerschließung und Währungsausgleich (Kinkel/Lay/Jung Erceg 2004, S. 22).

In einer Studie aus dem Jahr 2003 (MacCarthy/Atthirawong 2003, S. 813 f.) wurden die international wichtigsten Faktoren bei der Standortsuche ermittelt, die von den erwähnten Gründen deutscher Unternehmen abweichen und weniger absatzorientiert sind. Die fünf Faktoren, die eine Standortentscheidung international betrachtet am stärksten beeinflussen, sind (mit abnehmender Bedeutung):

1. Kosten
2. Infrastruktur
3. Arbeitsmarkt
4. Regierung und deren Politik
5. Wirtschaft.

Diese Rangfolge zeigt aber nur die grundsätzliche Bedeutung der Kriterien und kann nicht für eine einzelne Standortentscheidung verallgemeinert werden. Generell sind Standortfaktoren Determinanten zur Standortwahl, hängen vom einzelnen Standort ab und wechseln mit der Variation des Standorts. Die Bedeutung der einzelnen Bestimmungsfaktoren unterscheidet sich in den einzelnen Wirtschaftszweigen mitunter stark (Jung 2004, S. 60 f.).

Karl Christian Behrens legte in seiner „Allgemeinen Standortbestimmungslehre“ von 1961 eine Systematik der Standortfaktoren dar, die heute als fundamental angesehen wird. Behrens’ Absicht für diese Systematik war es, „… einen einheitlichen Gliederungsgesichtspunkt zu finden, der zugleich aus der Problemstellung der betriebswirtschaftlichen Standortbestimmungslehre logisch abgeleitet werden kann“ (Behrens 1961, S. 48). Er legte den Rentabilitätsgrad als Kriterium fest, der umso günstiger ist, je besser ein Standort den Einsatz der benötigten Güter und den Absatz der Betriebsleistung gewährleistet. „Es sind also zunächst die Standortfaktoren zu analysieren, an denen sich der Gütereinsatz orientiert, sodann jene, die auf den Absatz der Leistung Einfluß nehmen“ (Behrens 1961, S. 48 f.). In Anlehnung an die Einteilung von Behrens lassen sich somit Standortfaktoren in den Gütereinsatz und den Güterabsatz betreffende unterscheiden (vgl. Tabelle 2-1). Diese Einteilung eignet sich primär für Industriebetriebe. Sie wird aber ebenso als Basis für andere Branchen herangezogen (Beyerle 1998, S. 29).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-1: Überblick über wichtige Standortfaktoren (Wöhe/Döring 2002)

Daneben lassen sich die Standortfaktoren auch in limitationale und substitutionale unterscheiden. Limitationale Kriterien sind für einen Investor unabdingbar (z. B. Grundstücksanforderungen), substitutionale Kriterien (z. B. Lohnkosten) können sich dagegen in ihrer Zielwirkung kompensieren (Küpper 2004, S. 626).

Weitere Einteilungsmöglichkeiten sind Push- und Pull-Faktoren, harte und weiche Standortfaktoren, der Diamant-Ansatz von Michael Porter oder auch der umfassende Katalog von Tesch (Tesch 1980, S. 364 ff.). Push-Faktoren sind Kriterien, die an einem bestehenden Standort negativ ausgeprägt sind und ansässige Unternehmen zu einer Standortverlagerung veranlassen. Pull-Faktoren sind an einem möglichen neuen Standort positiv ausgeprägt und ziehen Unternehmen an. Push- und Pull-Faktoren können durchaus identisch sein. Die Abgrenzung von harten zu weichen Standortfaktoren gestaltet sich nicht einfach. Harte Faktoren sind besser quantifizierbar, jedoch haben auch die zunehmend bedeutenderen weichen Kriterien, wie das Image einer Region und das kulturelle Angebot, Auswirkungen auf eine Standortentscheidung. Der Diamant-Ansatz von Porter schließlich unterteilt Standortfaktoren in vier Gruppen: Faktorbedingungen, Nachfragebedingungen, verwandte und zuliefernde Branchen sowie Firmenstrategie, Struktur und Wettbewerb (Salmen 2001, S. 27 ff.; Kutschker/Schmid 2004, S. 439 ff.). Tesch stellte einen umfangreichen Katalog von Standortfaktoren zusammen, welche die standortbedingte Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinflussen und damit Investitionen und Handel bestimmen (Tesch 1980, S. 348 ff.). Da die unterschiedlichen Einteilungen der Faktoren überwiegend die gleichen Ausprägungen beinhalten, soll im Folgenden das Augenmerk auf der Einteilung nach Behrens liegen.

Hauptaussage der verschiedenen Standortansätze in Anlehnung an die jeweiligen Standortfaktoren ist schließlich, dass es zur Ansiedlung nicht nur dort kommt, wo die Bedingungen am günstigsten sind, sondern wo das Zusammenspiel des einzelnen Engagements mit den Motiven und den Bedingungen am vorteilhaftesten ist (Kutschker/Schmid 2004, S. 438). Die Ansiedlung wird auf Grundlage der in Abschnitt 2.3 beschriebenen Entscheidungsverfahren bestimmt.

2.1.1 Gütereinsatz

In den Bereich Gütereinsatz fällt die Beschaffung der für das Betriebsgeschehen notwendigen Einsatzgüter. Der Einfluss auf die Standortwahl wird danach bestimmt, ob die Güter am Ort vorhanden sein müssen oder von anderen Orten bezogen werden können. Aus der Nichttransportierbarkeit von Einsatzgütern folgt, dass sich ein Unternehmen ausschließlich an ausgewählten Standorten niederlassen kann. Daneben ist relevant, über welche Entfernung ein Bezug der einzusetzenden Mittel in Abhängigkeit von Zeit und Kosten wirtschaftlich ist (Behrens 1961, S. 50).

2.1.1.1 Anlagegüter

Besondere Bedeutung ist bei den Anlagegütern der Lage, der Beschaffenheit und dem Preis von Immobilien beizumessen. Ein Standort hat die Anforderungen zu erfüllen, dass ausreichend Grundstücke vorhanden sind und der vorhandene Platz für das Unternehmen auch nutzbar ist (Jung 2004, S. 62). Beim Erwerb von Immobilien sollten insbesondere Industrieunternehmen die regional unterschiedlichen Miet-, Pacht- bzw. Kaufpreise beachten, da die Produktherstellung meist vom Standort der Kunden unabhängig ist. Dagegen trifft diese Annahme für viele Dienstleistungsunternehmen nicht zu (Thommen 2003, S. 95). Wird eine Immobilie unbebaut gekauft, sind die Quantität und die Qualität des Baugrundes sowie die Grundstückspreise und die Bau- und Folgekosten zu beachten. Beim Kauf eines bebauten Grundstücks sind der Zustand des Gebäudes sowie die Kauf- und Folgekosten relevant (Behrens 1961, S. 57).

Bei fehlender Transportfähigkeit von Beschaffungsgütern liegt hierbei keine freie, sondern eine an den Standort gebundene Entscheidung vor. Z. B. weist der Grund und Boden als Anlagegut in den Betrieben von Landwirtschaft und Rohstoffabbau wegen seiner Nichttransportierbarkeit hohe Standortrelevanz auf. Anlagegüter wie Maschinen und sonstige technisch-organisatorische Betriebsgüter sind dagegen meist transportabel (Behrens 1961, S. 58). Mitunter hängt das Betreiben bestimmter Anlagen an gewissen Orten jedoch von der Betriebsgenehmigung der Behörden ab (Wöhe/Döring 2002, S. 322).

2.1.1.2 Material und Transportkosten

Material ist im Allgemeinen transportfähig. Es sollte demzufolge darauf geachtet werden, ob die Zulieferung von Materialien nicht nur preiswert ist, sondern auch in der erforderlichen Qualität und Zeit geschieht. Eine alleinige Kostenbetrachtung der zugelieferten Materialien kann leicht zu Problemen führen (Meijboom/Vos 1997, S. 12 f.). Alles in allem stehen die Transportkosten und der zeitliche Aufwand im Mittelpunkt der Betrachtung. Transportkosten entstehen bei der Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Produktkomponenten und beim Absatz der erzeugten Güter. Die Höhe hängt beispielsweise von der Entfernung, der erforderlichen Transportzeit und dem verwendeten Verkehrsmittel ab (Schmalen 2001, S. 70).

Bei mehreren verwendeten Materialien wird zudem berücksichtigt, mit welchem Anteil der einzelne Stoff in das Endprodukt eingeht. Das geschieht mit einem Materialindex bzw. Gewichtskoeffizient (Jung 2004, S. 62). Je höher die gesamten Transportkosten sind, desto näher wird der betriebliche Standort am Ursprungsort der Materialien liegen. Der optimale betriebliche Standort wird sich unter Ausschluss anderer Faktoren dort befinden, wo die Summe aus Einstandspreis und Transportkosten minimal ist (Wöhe/Döring 2002, S. 322).

2.1.1.3 Arbeitskräfte

In hohem Maße spielen zwei Kriterien eine entscheidende Rolle. Einerseits handelt es sich um das Angebot von Arbeitskräften und andererseits um die Arbeitskosten. Es ist von Bedeutung, dass genug qualifiziertes Personal in einem entsprechenden Umkreis zur Verfügung steht. Oft ist die Qualität des Arbeitsangebotes entscheidend für die Standortwahl. So kann das räumlich konzentrierte Angebot von Spezialisten eine wichtige Ursache für eine Standortentscheidung sein, beispielsweise für das Finanzgewerbe in Frankfurt als Sitz der Europäischen Zentralbank, der Bundesbank und vieler anderer Banken (Korndörfer 2003, S. 145). Führung und Steuerung des neuen Standorts erfordern eine hohe Kompetenz an lokale Gegebenheiten. Diese Kompetenz ist im Ausland nicht mit Sprachkenntnis allein zu verwechseln. Es bietet sich deshalb an, dass neben einer erfahrenen Führungskraft ein einheimischer Manager die Verantwortung mit trägt (Emmrich 2002, S. 243 f.). Bei der Anwerbung von Führungskräften spielen Faktoren wie der Freizeitwert und das kulturelle Umfeld des Standorts eine gewichtige Rolle. Sind derartige Werte unterdurchschnittlich, können diese Mitarbeiter nur mittels hoher Lohnzulagen gewonnen werden (Schmalen 2001, S. 72).

Bei der Betrachtung der Arbeitskosten zeigt sich, dass sich diese aus der direkten Vergütung und den Personalzusatzkosten, wie z. B. Sozialversicherungsanteil und Urlaubsgeld, zusammensetzen (Wöhe/Döring 2002, S. 323). Im internationalen Vergleich können erhebliche Arbeitskostenunterschiede festgestellt werden (vgl. Abb. 2-2). Daher ist gut nachvollziehbar, dass die Höhe der Arbeitskosten das Hauptmotiv für die Produktionsverlagerung von Industrieunternehmen aus Deutschland ist (DIHK 2003, S. 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-2: Internationale Arbeitskosten (Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2004)

Die Höhe der Arbeitskosten hat viele deutsche Unternehmen mit arbeitsintensiven Fertigungsprozessen in der Vergangenheit dazu veranlasst, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Unternehmen wählen dann vor allem Niedriglohnländer (Schierenbeck 2003, S. 46). Allerdings sind bereits zahlreiche Fälle bekannt, bei denen Unternehmen ihre Fertigung nach Deutschland zurückgeholt haben, da die Produktivität in Deutschland ausgesprochen hoch ist und moderne Fertigungstechnologien die Bedeutung des Lohnaufwands geschmälert haben (Schmalen 2001, S. 73). Diese Feststellung belegt auch die Quote der enttäuschten Rückverlagerer bei einer empirischen Untersuchung. Hierbei war das Verhältnis von Rückverlagerern zu Verlagerern im zeitlichen Verlauf in den letzten Jahren zunächst kontinuierlich auf 1 zu 3 angestiegen, um dann wieder auf 1 zu 5,6 zu fallen (vgl. Abb. 2-3). In erster Linie erfolgt die Rückkehr bei Großbetrieben. Aus den Rückverlagererzahlen lässt sich ableiten, dass in einer gewissen Anzahl von Fällen die Erwartungen der Unternehmen nicht erfüllt wurden (Kinkel/Lay 2004, S. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-3: Entwicklung der Verlagerer- und Rückverlagererquote im Zeitverlauf (Kinkel/Lay 2004)

Analysen haben die Gründe für die Rückverlagerung der Unternehmen aufgezeigt. An erster Stelle standen die Produktionskosten, welche teurer als erwartetet waren, und die mangelnde Flexibilität am ausländischen Produktionsstandort. Gleich dahinter folgte die ungenügende Qualität in der Produktion sowie auch die hohen Koordinationskosten (Kinkel/Lay 2004, S. 8). Viele Unternehmen geben die Rückverlagerung nur in anonymen Umfragen zu, da sie sonst kostspielige Fehler aufgrund mangelhafter Planung eingestehen müssten. Eines der wenigen offen genannten Beispiele ist Varta Microbattery. Der Batteriehersteller brachte bereits 1998 die Fertigung von Knopfzellen von Singapur zurück nach Deutschland. Grund war die Überlegenheit der deutschen Entwicklungsabteilung (Linneweber 2004).

2.1.1.4 Verkehrsanbindung und Energieversorgung

Bei der Energieversorgung ist von Interesse, zu welchem Preis und mit welcher Beständigkeit Energie bezogen werden kann. Ungleichheiten sind häufig mit unterschiedlichen Besteuerungen zu erklären, z. B. Ökosteuern in einzelnen Staaten. Dieser Punkt spielt in erster Linie für energieintensive Fertigungsbetriebe eine Rolle (Schierenbeck 2003, S. 46). Im Gegensatz zur Verkehrsanbindung hat die Energieversorgung heutzutage aber als Standortfaktor an Bedeutung verloren, da die Elektrizitätsversorgung nun weitgehend standortunabhängig ist (Jung 2004, S. 66). Wenn ein Unternehmen auf gute Erreichbarkeit angewiesen ist, dann werden Umschlagplätze, Verkehrsknotenpunkte oder allgemein Gebiete mit guter Verkehrsanbindung bevorzugt (Schierenbeck 2003, S. 46).

2.1.1.5 Umwelt und Umweltschutz

Die zunehmende Bedeutung des Umweltschutzes hat dazu geführt, dass an bestimmten Standorten, beispielsweise in der Nähe von Wohngebieten, keine Ansiedlung mehr erfolgen kann oder dass sie nur unter erschwerten Bedingungen und mit besonderen Auflagen möglich ist. Neben gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Auflagen kann auch die öffentliche Meinung für Neuansiedlungen problematisch sein. Negative Presse wäre ein Resultat, z. B. mit Berichten über Bürgerinitiativen, die sich gegen das Unternehmen richten. Stark differierende Anforderungen an den Umweltschutz sowie verschiedene Kosten für Umweltschutzauflagen und Entsorgung im internationalen Vergleich sind mitunter entscheidende Kriterien bei Standortentscheidungen (Wöhe/Döring 2002, S. 324).

2.1.1.6 Staatliche Leistungen

Die Stabilität des Rechtssystems trägt in hohem Maße dazu bei, dass ein gesicherter wirtschaftlicher Betrieb überhaupt möglich ist. Maßmann und Schmidt bestätigen diese Ansicht: „Recht ist ein Merkmal von Ländern und als solches ein Standortfaktor. Die Qualität, die Stabilität und die Heterogenität nationaler Rechtssysteme ist damit eine Determinante der Entscheidungen von MNU (Multinationalen Unternehmen) über ihre Standorte und möglicherweise auch ihrer Strategien“ (Maßmann/Schmidt 1998, S. 2). Zu den rechtlichen Standortfaktoren zählen die gesamte Rechtsordnung des Staates und gewohnheitsrechtliche Regelungen, wie „gute Sitten“ und „Treu und Glauben“ (Autschbach 1997, S. 145). Entscheidend ist dabei, dass die rechtlichen Merkmale von Ländern als Standorte vornehmlich als Ausschlusskriterium dienen. Folglich wird der Standort gemieden, wenn das lokale Recht die gesetzten Mindestbedingungen nicht erfüllt. Außer in Sonderfällen stellt lokales Recht keinen besonderen Grund für eine positive Standortentscheidung dar (Maßmann/Schmidt 1998, S. 22 f.). Dass Recht als Standortfaktor zunehmend bedeutend wird, zeigt sich an der wachsenden Zahl der Fälle vor der Schlichtungsstelle der Weltbank (ICSID - International Center for Settlement of Investment Disputes), bei denen Investoren gegen die Behörden der Gastländer klagen. Gegenstand der Konflikte sind unvorhergesehene Änderungen von Regulierungen, Enteignungen oder neue Steuergesetze (o. V. 2004a, S. 6).

Zwischen den einzelnen Industrieländern existieren nur geringe Unterschiede in der Stabilität des Rechtssystems. Entwicklungsländer und Krisenregionen gewährleisten bisweilen nur unzureichende Rechtssicherheit, so dass eine Ansiedlung trotz ansonsten günstiger Faktoren zum Scheitern verurteilt sein wird. Diese Meinung vertritt auch Thierry Desmarest, der Chef des französischen Mineralölkonzerns Total. Auf eine mögliche Akquisition von Sibneft in Russland angesprochen, antwortete er im Jahr 2004: „Wir suchen keine große Akquisition in Russland. Das ist kein einfacher Markt, vor allem mit Blick auf die Rechtssicherheit und eine stabile Besteuerung.“ (Alich/Wiede 2004, S. 2).

Ebenfalls eine staatlich bereitgestellte Leistung ist die Infrastruktur, das heißt Verkehrswege, Leitungssysteme etc. Eine schlechte Infrastruktur kann einen Arbeitskostenvorteil kompensieren und somit zum Ausscheiden im Standortwettbewerb führen (Wöhe/Döring 2002, S. 325). Die volkswirtschaftliche Situation im Land kann ebenfalls ein Ausschlusskriterium für eine Investition darstellen, da sie meist unmittelbaren Einfluss auf die Beschaffung und die Kombination der Produktionsfaktoren sowie den Absatz der Produkte hat (Autschbach 1997, S. 144). Auch hohe Inflationsraten, starke Wechselkursschwankungen oder ein unzulängliches Schul- und Gesundheitswesen beeinflussen die Standortwahl (Schmalen 2001, S. 77). Wichtig ist es außerdem, Klarheit über die Stabilität und das Wachstumspotenzial der Volkswirtschaft zu haben.

2.1.1.7 Steuern und Subventionen

Steuern und Subventionen stellen einen weiteren Standortfaktor dar. Subventionen in Form von Steuervergünstigen oder Investitionszulagen sollen Investitionen in strukturschwache Gebiete lenken. Beispielsweise besteht in Deutschland ein nationales Gefälle bei der Gewerbeertragsbesteuerung, die von null Prozent in Norderfriedrichskoog bis über 20 Prozent in Frankfurt/Main reicht. Neben Norderfriedrichskoog ist auch in anderen kleinen Orten, wie Freudenberg oder Kreuzbruch, der Hebesatz für die Gewerbesteuer auf null gesenkt worden. In Orten, die annähernd keine Gewerbesteuereinnahmen hatten, werden damit Arbeitsplätze geschaffen. Zwar hat es 2003 eine Gesetzesänderung gegeben, die eine Mindestbesteuerung verlangt. Das betrifft aber nur die Tochtergesellschaften von deutschen Konzernen und somit beispielsweise die milliardenschwere Beteiligungsverwaltung der Deutschen Bank in Norderfriedrichskoog. Ausländische Unternehmen oder ein Produktionsbetrieb etwa können sich weiterhin in den deutschen Steueroasen ansiedeln (Schäfer 2003, S. 86 f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-4: Steuersätze auf Unternehmensgewinne in Europa (IDA/Deloitte 2004a)

Das internationale Gefälle ist, allein schon innerhalb der Europäischen Union (im Folgenden kurz: EU), stark ausgeprägt (vgl. Abb. 2-4). Die Steuerbelastung in Deutschland wird häufig als überdurchschnittlich wahrgenommen. Bei der Beurteilung des Steuersystems muss allerdings neben der Staatseinnahmenseite auch die Staatsausgabenseite betrachtet werden, was z. B. in Deutschland in einer sehr guten Infrastruktur und hoch qualifiziertem Humankapital resultiert (Oppenländer 1997, S. 221). Besonders hinderlich am deutschen Standort ist jedoch die Komplexität der Besteuerung: 118 Gesetze, 87 Rechtsverordnungen und mehr als 3.800 Schreiben des Bundesfinanzministeriums – das alles gilt es im deutschen Steuer- und Abgabenrecht zu beachten (Weber 2004a). Im internationalen Vergleich befindet sich die Steuerbelastung von Unternehmen in Deutschland, je nach Quelle und Berechnungsgrundlage, im Mittelfeld bzw. in der Spitzenregion. Nach Berechnungen vom Institut der deutschen Wirtschaft wurde die höchste effektive gesamte Abgabenlast (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und sonstige Abgaben) einer Gruppe von 17 Industrieländern in Japan und Italien ermittelt. „… die deutschen Kapitalgesellschaften rangieren hinsichtlich der effektiven Steuerlast inzwischen im internationalen Mittelfeld“ (Institut der deutschen Wirtschaft 2002, S. 3). Die niedrigsten Belastungen finden sich in Irland und Schweden (vgl. Abb. 2-5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-5: Internationale Steuerbelastung (Institut der deutschen Wirtschaft 2002)

Das Bundesamt für Finanzen kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass kein Land in Europa die Gewinne von Kapitalgesellschaften so stark belastet wie Deutschland (Weber 2004a). Aufgrund dieser Werte ist die Höhe der Steuern und Abgaben ein wichtiges Motiv für die Produktionsverlagerung von Industrieunternehmen aus Deutschland heraus (DIHK 2003, S. 6). Jedoch kann die Absicht, durch eine Standortverlagerung ins Ausland Steuern zu sparen, zu einer Doppelbesteuerung im In- und Ausland führen. Eine Verlagerung führt nur dann zum gewünschten Erfolg, wenn der Wohnsitzstaat des Unternehmens die ausländischen Einkünfte von der Inlandsbesteuerung befreit (Wöhe/Döring 2002, S. 326). Dafür muss zwischen den jeweiligen Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen (im Folgenden kurz: DBA) bestehen.

Grundsätzlich gilt, dass bei der Standortwahl die Langfristigkeit der Entscheidung beachtet werden sollte. Steuerliche Vorschriften und Vergünstigungen können sich kurzfristig ändern. Damit würde die anfängliche Grundlage für die Wahl des Standorts entfallen und der finanzielle Vorteil wäre verloren (Jung 2004, S. 70; Stein 1998, S. 122). Multinationale Unternehmen haben aufgrund der Vielzahl ihrer Standorte ohnehin vielfältige Möglichkeiten, die Steuerlast zu mindern. Das reicht von der Rechtsformwahl, der Verlagerung der Produktion innerhalb der Standorte bis zur gesetzlich maximal zulässigen Manipulation von Zahlungsströmen durch das Verrechnungspreissystem.

2.1.2 Güterabsatz

In diesem Abschnitt werden jene Bestimmungsfaktoren betrachtet, die auf den Verkauf der Dienstleistung oder der gefertigten Ware Einfluss nehmen. Die Größe des Absatzgebietes ist dabei von grundlegender Bedeutung. Absatz-Gesichtspunkte sind beispielsweise bei der Standortwahl für eine Filiale im Einzelhandel entscheidend (lokales Absatzgebiet), dagegen für die Flugzeugproduktion weniger relevant (weltweites Absatzgebiet). Grundsätzlich gilt: „Je größer die an einem Standort prospektiv erzielbaren Absatzmengen und je höher die dort erhältlichen Absatzpreise sind, desto größer ist das dem betreffenden Standort zuzusprechende Absatzpotential“ (Behrens 1961, S. 73).

Absatzmarktbezogene Standortfaktoren gewinnen zunehmend an Bedeutung. Bereits seit Jahren spielen produktions- und beschaffungsbezogene Faktoren in vielen Branchen eine immer geringere Rolle (Kutschker/Schmid 2004, S. 436). Diese Ansicht wird auch in einer empirischen Untersuchung von Kinkel und Lay bestätigt (Kinkel/Lay 2004, S. 10 f.). Produktionsverlagerungen sind danach heute noch stärker als vor wenigen Jahren auf eine Markterschließung im Zielland ausgerichtet. Asien gewinnt als Standort zunehmend an Bedeutung, weil es eine Kombination aus Marktchancen und Faktorkostenreduktionsmöglichkeiten verspricht.

2.1.2.1 Kunden

Vor der Standortentscheidung sollte ein Unternehmen die Kundendichte, die Bevölkerungsstruktur, die Kaufkraft und die Verbrauchsgewohnheiten des jeweiligen Absatzgebietes prüfen (Wöhe/Döring 2002, S. 326 f.). Weiterhin sind als grundsätzliche Bestimmungsfaktoren der gegenwärtige und vor allem der zukünftige Bedarf des in Frage kommenden Gebiets zu untersuchen (Korndörfer 2003, S. 148). Ein erfolgreiches Beispiel für die Nähe zum Kunden ist die Coca-Cola GmbH in den neuen Bundesländern. Für sie war Marktnähe das entscheidende Motiv, als sie sich für Abfüllanlagen vor Ort entschied. Der Konkurrent Pepsi hielt dagegen an Wien fest und spielte daraufhin eine untergeordnete Rolle im Vergleich zum gewohnten Marktanteil (Runer 1999, S. 104). Dieser Zusammenhang zwischen Produktion vor Ort und Marktanteil kann zum Beispiel auch bei Mercedes und BMW beobachtet werden, die seit Standortgründung in den USA dort deutlich mehr Fahrzeuge absetzen konnten (Runer 1999, S. 22 f.).

Besonders Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist eine kundenorientierte Standortwahl anzuraten. Abnehmer auf Käufermärkten erwarten, dass die Ware bzw. die Dienstleistung nahe an sie herangetragen wird. Neben der Betrachtung der Endabnehmer-Nähe erwarten häufig auch Abnehmer von industriellen Zulieferern eine Just-in-Time-Lieferung der Komponenten. Große Entfernungen gefährden jedoch die Termintreue und können Vertragsstrafen nach sich ziehen. Zulieferer wählen daher Standorte in der Nähe ihrer industriellen Abnehmer (Schmalen 2001, S. 75).

2.1.2.2 Mitbewerber

Neben dem Absatzpotenzial sind auch Konkurrenzunternehmen mit in die Überlegungen einzubeziehen. Z. B. werden Waren des täglichen Bedarfs häufig und ohne großen Suchaufwand gekauft. Jedes Geschäft hat ein gewisses Einzugsgebiet; ein neuer Standort ist dann oft nicht lohnenswert. Weist ein Gebiet bereits eine größere Anzahl an Konkurrenten auf, so muss mit geringeren Absatzmengen gerechnet werden (Jung 2004, S. 69). Aus dieser „Verschärfung der Absatzkonkurrenz … resultiert die Tendenz zur ‚Konkurrenzvermeidung’“ (Behrens 1961, S. 78).

Waren des periodischen (z. B. Kleidung) und aperiodischen (z. B. Möbel) Bedarfs werden seltener, dafür nach Angebotsvergleichen gekauft. Hierbei ziehen viele Konkurrenten an einem Ort die Kunden an; ein zusätzliches Geschäft kommt dem Kundenwunsch nach Vergleichsmöglichkeiten entgegen (Schmalen 2001, S. 76). Ein aufschlussreicher Gedankengang ist, dass die Anwesenheit wichtiger Konkurrenten die positiven Standortfaktoren unterstreichen kann. Die Präsenz signalisiert, dass ein Unternehmen bei der Standortwahl so falsch nicht liegen wird (Oppenländer 1997, S. 224).

2.1.2.3 Herkunfts-Goodwill

Ein weiterer absatzorientierter Einfluss auf die Standortentscheidung kann sich durch die lange Tradition oder die Konzentration bei der Herstellung bestimmter Güter ergeben. Häufig führt die Konzentration artgleicher Unternehmen dazu, dass die Öffentlichkeit bestimmte Vorstellungen mit diesem Raum verbindet. Handelt es sich dabei um positive Einstellungen, können die Unternehmen beim Image einen Herkunfts-Goodwill erlangen (Beyerle 1998, S. 49). Diese Wirkung wird auch als „Country-of-Origin“-Effekt bezeichnet (Perlitz 2000, S. 392). Dazu zählen Uhren aus der Schweiz, Automobile aus Deutschland u. v. m. (Schweiger/Otter/Strebinger 1996, S. 6 ff.).

Beispielsweise wurden in einem empirischen Test CD-Player von Konsumenten getestet, bei denen nur der angebliche Produktionsort verschieden war. Die tatsächlich identischen CD-Player erhielten beim Hörtest deutlich unterschiedliche Noten. Die Produkte aus Japan wurden wesentlich besser bewertet im Vergleich zu den Erzeugnissen aus Singapur (Schweiger/Otter/Strebinger 1996, S. 17). Aufgrund des traditionellen Herkunftsortes bestimmter Produkte in der Verbrauchermeinung bieten sich daher gewisse Standorte zwangsläufig an (Korndörfer 2003, S. 149). So kann die entsprechende Herkunftsbezeichnung gewissermaßen als regionales Gütezeichen gelten. Je stärker das positive Image des Standorts ist, desto eher wird sich ein Unternehmen aus der entsprechenden Branche dort ansiedeln (Wöhe/Döring 2002, S. 327).

2.2 Generelle Zielsetzungen der Standortpolitik

Ein klassisches Argument für die Neugründung bzw. Streuung von Standorten des Unternehmens stellt die Risikostreuung dar. Diese wirkt sich auf die Verminderung verschiedenster Risiken aus. Das können insbesondere Wechselkursrisiken oder länderspezifische und konjunkturbedingte Nachfrageschwankungen sein, die sich mit einer zunehmenden Anzahl von Standorten bzw. Filialen vermindern lassen (Perlitz 2000, S. 395). Generell lassen sich die Zielsetzungen in die zwei Bereiche Wachstum und Rationalisierung untergliedern.

2.2.1 Wachstumsziel mittels Marktorientierung

Das Wachstumsziel als generelle Zielsetzung lässt sich anhand einer Vielzahl von Kriterien bestimmen. In erster Linie wird an die prozentuale Veränderung des Umsatzes gedacht. Sind die Absatzmöglichkeiten ausgeschöpft, so sind wachstumsorientierte Unternehmen bestrebt, neue Märkte mit Potenzial zu erschließen. Einzelmotive sind die Erschließung von Märkten, die Marktsicherung und die Markterweiterung. Das Motiv der Marktsicherung gewinnt häufig erst dadurch an Bedeutung, dass staatliche Reglementierungen den Marktzugang erschweren oder dass Käufer Vorbehalte gegenüber ausländischen Produkten haben (Goette 1994, S. 85 ff.). Beim Wachstumsziel ist jedoch zu bedenken, dass Umsatzwachstum nicht mit einem Anstieg des Gewinns gleichzusetzen ist. Bei der Erschließung von Märkten sind meist kapitalintensive Investitionen erforderlich, welche den finanziellen Erfolg aber nicht garantieren. Auch langfristig kann die Gewinnschwelle aufgrund ungünstiger Marktbedingungen verwehrt bleiben. Als Beispiel sei hier der fehlgeschlagene Versuch des britischen Warenhauskonzerns Marks & Spencer angeführt, von Großbritannien aus den deutschen Markt zu erobern. Die Expansion von Marks & Spencer nach Deutschland wurde bereits nach einigen Jahren rückgängig gemacht, indem die nur kurze Zeit bestehenden Geschäfte aufgegeben wurden (Marks & Spencer 2000, S. 2; Marks & Spencer 2001, S. 26).

2.2.2 Rationalisierungsziel mittels Ressourcenorientierung

Eine Rationalisierung im Unternehmen beabsichtigt häufig die Senkung der Kosten, beispielsweise Arbeits- oder Transportkosten. Eine weitere Absicht kann die Beschleunigung von Prozessen sein, z. B. bei der Genehmigung neuer Produkte in der Finanzbranche. Vielfach ist das Rationalisierungsziel in unzulänglichen Strukturen der bestehenden Standorte begründet. Mit dem Erreichen der Ziele sollen unternehmensinterne Schwächen beseitigt werden. Ursachen für eine mangelnde Qualität der bestehenden Standorte sind zum einen in länderspezifischen Gegebenheiten oder Veränderungen zu sehen, zum anderen in Änderungen der Wettbewerbssituation. Gründe für die erste Ursache können Änderungen in der Besteuerung, bei der Lohnpolitik oder beim Umweltschutz sein. Die zweite Ursache kann mit neuen Anbietern oder auch mit veränderten Kostenstrukturen begründet sein. Mit einer Komplettverlagerung oder einer Konzentrationsstrategie, das heißt die Umstrukturierung auf konzentrierte und spezialisierte Standorte, kann das Ziel der Rationalisierung erreicht werden (Goette 1994, S. 90 ff.).

Bevor die Konzentration auf einzelne Standorte erfolgt, bietet sich eine Förderung des unternehmensinternen Wettbewerbs an. Dabei können Standorte des Unternehmens um Aufträge wetteifern, womit eine Steigerung der Effizienz der Produktionsprozesse an den betreffenden Standorten erreicht werden kann (Hemmert 2003, S. 311).

2.3 Ablauf und Entscheidungsverfahren der Standortwahl

Die betriebliche Standortwahl erfolgt meist in drei Schritten. Begonnen wird mit der Eingrenzung, Bewertung und Auswahl von Makro-Standorten mittels Länder- und Regionalanalysen und der Betrachtung entscheidender Kriterien. Im Anschluss geschieht die Vorauswahl von mehreren Mikro-Standorten anhand von zuvor festgelegten Standortanforderungen. Zuletzt findet die Endauswahl mit Hilfe von Analysen für alle verbliebenen Standorte statt (Küpper 2004, S. 626 f.). Ein anderer Vorschlag für das Entscheidungsverfahren verbindet den Prozess mit der Strategie des Unternehmens, so dass sich folgender Ablauf ergibt (MacCarthy/Atthirawong 2003, S. 801):

1. Entwicklung bzw. Einbeziehung der Unternehmensstrategie
2. Untersuchung der regionalen und länderspezifischen Faktoren
3. Identifikation der relevanten Faktoren für die einzelnen Standorte
4. Bewertung der Alternativen anhand der Kriterien
5. Auswahl des konkreten Standorts und Implementierung.

[...]

Fin de l'extrait de 122 pages

Résumé des informations

Titre
Die Standortsuche von Banken im internationalen Blickwinkel unter besonderer Betrachtung von Irland
Université
University of Applied Sciences Berlin
Note
1,3
Auteur
Année
2005
Pages
122
N° de catalogue
V38277
ISBN (ebook)
9783638373920
ISBN (Livre)
9783638715003
Taille d'un fichier
1449 KB
Langue
allemand
Annotations
Die richtige Wahl des Standorts als Grundlage wirtschaftlichen Erfolges ist eine elementare Feststellung. Die Arbeit befasst sich im Kern mit Fragen der unternehmerischen internationalen Standortwahl, überträgt diese Problematik auf den Bankensektor und zeigt die praktische Umsetzung anhand von Finanzinstituten am Standort Irland. Am Rande werden die staatliche Standortpolitik sowie die Akquisition von Banken als Sonderform der Standortwahl berücksichtigt. Mit dieser Arbeit sollen insbesondere ...
Mots clés
Standortsuche, Banken, Blickwinkel, Betrachtung, Irland
Citation du texte
Andreas Epperlein (Auteur), 2005, Die Standortsuche von Banken im internationalen Blickwinkel unter besonderer Betrachtung von Irland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38277

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