Die österreichisch-ungarische Auswanderung nach Argentinien im 19. und frühen 20. Jahrhundert


Trabajo de Seminario, 2017

17 Páginas, Calificación: 1


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Rahmenbedingungen und Grunde der osterreichischen Auswanderung
Grunde der Abwanderung aus der Monarchie
Politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Argentinien

Einwanderung aus Osterreich-Ungarn nach Argentinien
Einwanderung vom 19. Jahrhundert bis zum 1. Weltkrieg

Die deutschsprachige Kolonie Buenos Aires
Buenos Aires wird zur Hauptstadt
Buenos Aires als deutschsprachige Kolonie
Osterreichisch-Ungarische Einwanderung als Teil der Kolonie

Exkurs: Die Auswanderung von osterreichischen Offizieren 1918-1920

Literaturverzeichnis

Einleitung

Osterreich und Migration sind eng miteinander verbunden. In der offentlichen Wahrnehmung dominiert jedoch die Immigration uber die Emigration, nicht zuletzt ganz aktuell im Rahmen diverser Fluchtlingsstrome der letzten Jahre. Fur den Arbeitsmarkt spielt Migration nicht erst seit den Gastarbeitern in den 1960er-Jahren eine groRe Rolle, genauso wie fur die generelle Bevolkerungsentwicklung Osterreichs, die sich nur durch Einwanderung nach oben hin entwickelt.

Emigration - also konkret die Auswanderung von Osterreichern und Osterreicherinnen - spielt in der aktuellen demographischen Entwicklung nur eine geringe Rolle und wird offentlich inzwischen auch dementsprechend wenig behandelt. Nicht immer war dies jedoch so. Seit der Zeit der Industrialisierung, Mitte des 19. Jahrhunderts, liegen konkrete Aufzeichnungen uber die Auswanderung aus Osterreich vor. Gepragt von diversen Ereignissen, von Wirtschaftskrisen bis zu den beiden Weltkriegen, emigrierte in Summe eine hohe Anzahl an Osterreichern und Osterreicherinnen. Im 20. Jahrhundert zwangen die Weltwirtschaftskrise 1929 und der Nationalsozialismus kurze Zeit spater etliche Burger und Burgerinnen auszuwandern.

Noch prasenter war Emigration jedoch im Rahmen der osterreich-ungarischen Doppelmonarchie. Zwischen 1876 und 1910 werden in manchen Quellen bis zu vier Millionen Auswanderer und Auswanderinnen dokumentiert, alleine im Jahr 1907 soll es rund eine halbe Million gewesen sein. Arbeitslosigkeit in der eigenen Heimat und die Hoffnung anderswo bessere Lebensbedingungen zu finden dienten als Antrieb, viele junge Manner waren betroffen. Die Vereinigten Staaten waren das beliebteste Ziel, bis zu drei Millionen Burger und Burgerinnen der Doppelmonarchie fanden dort ein neues Zuhause.

Bereits dahinter folgt Argentinien, wohin mehrere Hunderttausende emigrierten. Das sudamerikanische Land war ein haufig gewahltes Ziel, die Hauptstadt Buenos Aires erlebte eine Bevolkerungsexplosion und avancierte zur zweitgroRten amerikanischen Stadt, gepragt von Auslandern und Auslanderinnen, die rund die Halfte dessen ausmachten.[1]

In dieser Arbeit wird skizziert, welche Migrationsstrome von der osterreich-ungarischen Doppelmonarchie nach Argentinien zu erkennen waren. Zu Beginn werden die Rahmenbedingungen der Emigration erlautert, ehe anschlieRend konkret die Auswanderung nach Argentinien untersucht wird. AbschlieRend folgt eine Untersuchung der deutschsprachigen Kolonie in Buenos Aires.

Inzwischen ist die osterreichische Emigration nach Argentinien stark reduziert, nur mehr knapp uber 5.000 Osterreicher und Osterreicherinnen leben im sudamerikanischen Staat. Das Bundesministerium fur Europa, Integration und AuReres schreibt gar Sicherheitsstufe 2 aus und rat Reisenden, die Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen, Menschenansammlungen und abgelegene Stadtteile zu meiden.[2]

Rahmenbedingungen und Grunde der osterreichischen Auswanderung

Grunde der Abwanderung aus der Monarchie

Die wesentlichen Motive der massenhaften osterreichisch-ungarischen Auswanderungen waren durch okonomisches und politisches Ungleichgewicht gekennzeichnet, vor allem fur innereuropaische Wanderungen spielten wirtschaftliche Umbruche und Ungleichheiten eine groRe Rolle. Ein Aspekt dieser Ursachen spiegelt sich in der landwirtschaftlichen Krise wieder, gepragt durch den Verlust von kleinbauerlicher und subsistenzwirtschaftlicher Produktion aufgrund von zunehmender Konzentration von GroRgrundbesitz.[3] Dadurch entstanden Wettbewerbsnachteile, die schlieRlich zur Freisetzung von zahllosen, ehemals Tatigen in der Landwirtschaft fuhrten. Die Konkurrenzsituation unter lokalen Landwirten verscharfte sich weiter durch den Bau der Eisenbahn, da durch diesen der agrarische Produktionsraum vergroRert wurde, daraus resultierte ein hoheres Bevolkerungswachstum, das wiederum Probleme von Ernahrung und Beschaftigung zur Folge hatte. Die einzig logische Konsequenz, im Falle eines Scheiterns, blieb daher die Auswanderung in (denkbar) besser situierte Lander.[4]

Weiters versuchte man auch sein Gluck in den westeuropaischen Staaten, da man sich hier Moglichkeiten in saisonaler Verdingung oder in industrieller Lohnarbeit versprach. Doch die zunehmende Industrialisierung, die sich im Negativen im Verlust von zunftigen Rechten und Schutz, desweiteren in den katastrophalen Arbeitsverhaltnissen in den Fabriken und in weiterer Folge in geringen Lohnen, einhergehend mit dem bevorstehenden Verlust der Lebensexistenz, manifestierte, war verantwortlich dafur, manche dazu zu bewegen nach Ubersee auszuwandern, sprich nach Amerika oder Sudamerika.

In weiterer Folge kann man sowohl die zunehmenden Klassenunterschiede als auch die Abmilderungen politischer Freiheiten, wie beispielsweise der Zugang zu bestimmten Berufen oder die Moglichkeit auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen als grundlegende Faktoren der Auswanderung betrachten.[5]

Am 21. Dezember 1867 erkannte man das Recht zur Auswanderung an, welches jedoch von der osterreichischen Regierung nicht propagandiert wurde, im Gegenteil: Vertreter der Regierung erzahlten von betrugerischen Agenten (Schleppern), Krankheiten, wie Malaria und Gelbfieber), schropferischen Verhaltnissen der Arbeiter in den brasilianischen Kaffeeplantagen und schlechten Landereien in Argentinien, die in Gesandten- und Reiseberichten erwahnt worden sein sollen. Denn Armee, Industrie und GroRgrundbesitzer pflegten ein herbes Interesse an einer moglichst erfolgreichen Einschrankung der Auswanderung, da sie Angst vor dem Verlust qualifizierter Arbeitskrafte hatte. BloR bekundete sich diese Vermutung als vollig unbegrundet, da der GroRteil der Auswanderer aus der verarmten, landlichen Bevolkerung stammte und sich somit als unqualifiziert herausstellte. Andere jedoch, wie beispielsweise Unternehmen, versuchten sehr wohl ihren Nutzen aus der Auswanderung zu ziehen, da sie sie als Chance sahen neue Absatzmarkte zu offnen. Eine weitere nicht weniger bedeutende Rolle spielten zudem Geldheimsendungen (Rimessen), da sie volkswirtschaftlich als nicht ganz unwesentlich betrachtet wurden.[6]

Somit standen bis zum Ende der Monarchie Beschrankungen der politischen Betatigung sowie mangelnde demokratische und soziale Grundrechte im Vordergrund, die als bedeutungsvolle Push-Faktoren fungierten. 3 "Die soziookonomischen Umbruche bildeten somit nicht die alleinige Ursache fur die Auswanderungsbewegungen im 19. und fruhen 20. Jahrhundert; die politischen Rahmenbedingungen in den Emigrations- bzw. in den Immigrationslandern, direkte oder indirekte politische MaRnahmen, die soziale, rechtliche, okonomische und ethnische Disparitaten vergroRerten oder verringerten, trugen ebenso dazu bei, dass Millionen Menschen die osterreichisch-ungarische Monarchie verlieRen." (Neyer, 1996)

Zwischen 1870-1910 fanden, laut Hafenstatistik (siehe Abbildung 1), insgesamt rund 3,55 Millionen Personen aus der Doppelmonarchie den Weg nach Ubersee.[7]

Tabelle 1: LJberseeivanderung aus Osterreich (bz.iv. Osterreich-Ungarn)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

Quelle: Englisch 1913,84

Anmerkung: Diese Statistik basiert auf einer Zusammenstellung der Passagierlisten, die in den Auswanderungshafen gesammelt wurden.

Politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Argentinien 1816 wird in Tucuman (im Sudwesten Argentiniens) feierlich die Unabhangigkeit der "Vereinten Provinzen des Rio de la Plata" von der spanischen Krone proklamiert, folglich werden im 19. Jahrhundert in Argentinien gewaltige Veranderungen vor sich gehen.

Die Bevolkerung des 2,5 Millionen km2 groRen Landes wuchs von 500-600 000 zur Zeit der Unabhangigkeitserklarung auf 7,8 Millionen (1914) an. Insgesamt nimmt Argentinien nach den USA den zweitgroRten Teil der europaischen Massenauswanderung auf.

Nach dem Ablegen seines Kolonialstatus musste das alte Vizekonigreich am Rio de la Plata politisch, sozial und wirtschaftlich neu definiert werden. Uber das ganze 19. Jahrhundert hinweg standen die Bemuhungen im Vordergrund, aus dem Gebiet der damaligen spanischen Kolonie einen modernen Nationalstaat zu bilden. Um sich dem Fortschritt anderer Teile der Welt, wie Europa oder USA, anzuschlieRen, musste man das Land fur moderne (europaische) Einflusse offnen.

Nach der Regierungszeit des Diktators Juan Manuel Rosas, in den Jahren von 1829-1852, in der die Einwanderung noch wenig gefordert wurde, lag die Macht bei einer kleineren Elite von GroRgrundbesitzern und stadtischen Patriziern, die die bewusste Umwandlung von einem Land, das von einer feudalistischen Sozialstruktur gepragt wurde, zu einem hochentwickelten Staat nach europaischem Vorbild im Sinn hatten.[8]

Dazu waren aber sowohl wirtschaftliche als auch soziale Reformen notwendig. In Folge dessen startete ein intensiver AuRenhandel, der dazu beitrug, dass Argentinien bis zur Jahrhundertwende zum weltweit groRten Produzenten von Mais, und spater auch von Rindfleisch, wurde. Dadurch entstand ein groRer Bedarf an Landarbeitern fur die Getreideernte und in weiterer Folge an Industriearbeitern. Wahrend in Europa Auswanderungswellen bisher noch nicht bekannten AusmaRes vorherrschten, benotigte man also in Argentinien durch den wirtschaftlichen Aufstieg dringend eine groRe Anzahl von Arbeitskraften. Viele der fuhrenden Politiker waren sich deshalb uber die Notwendigkeit der Besiedlung des Landes im Klaren, daher wurde 1857 von der argentinischen Regierung das

"ius solis" beschlossen, das besagte, dass jedes in Argentinian geborene Kind automatisch die argentinische Staatsburgerschaft erhalt.

Die darauffolgende Forcierung der Immigrationspolitik mundete 1876 im Gesetz 817, das groRzugige Bestimmungen fur Migranten erhalten sollte und das somit den immensen Zuwachs der Bevolkerung ermoglichte.[9]

Die Gesamteinwanderung nach Argentinien betrug von 1857-1910 in etwa 3,5 Millionen, davon in den Jahren von 1906-1910 alleine knapp uber eine Million.[10] Der GroRteil der Immigranten stammt aus Italien und Spanien, als auch aus Frankreich, Russland und Osterreich-Ungarn (siehe Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2

Quelle: Englisch, Auswanderungsstatistik 109

[...]


[1] Vgl. Rock, D. (1985). Argentina 1516-1982, From Spanish Colonization to the Falklands War. Berkeley/Los Angeles.

[2] Vgl. Bundesministerium fur Europa, I. u. (20. 11 2017). https://www.bmeia.gv.at/reise- aufenthalt/reiseinformation/land/argentinien/.

[3] Vgl. Neyer, G. (1996). Auswanderungen aus Osterreich: Ein Streifzug durch die „andere" Seite der osterreichischen Migrationsgeschichte. In T. H. (Hg.), Auswanderungen aus Osterreich: Von der Mitte des 19.Jahrhunderts bis zur Gegenwart (S. 20-21). Wien: Bohlau Verlag.

[4] Vgl. Fassmann, H. (1996). Auswanderung aus der osterreichisch-ungarischen Monarchie 1869-1910. In T. H. (Hg.), Auswanderungen aus Osterreich: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (S. 47-50). Wien: Bohlau Verlag.

[5] Vgl. Neyer, G. (1996). Auswanderungen aus Osterreich: Ein Streifzug durch die „andere" Seite der osterreichischen Migrationsgeschichte. In T. H. (Hg.), Auswanderungen aus Osterreich: Von der Mitte des 19.Jahrhunderts bis zur Gegenwart (S. 20-21). Wien: Bohlau Verlag.

[6] Vgl. Prutsch, U. (2001). Migration und Identitat. Osterreichisch-ungarische Auswanderung nach Argentinien und Brasilien (1876-1914). In J. F. (Hg.), Das Gewebe der Kultur: Kulturwissenschaftliche Analysen zur Geschichte und Identitat Osterreichs in der Moderne (S. 127-147). Innsbruck: Studien Verlag.

[7] Vgl. Vgl. Fassmann, H. (1996). Auswanderung aus der osterreichisch-ungarischen Monarchie 1869-1910. In T. H. (Hg.), Auswanderungen aus Osterreich: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (S. 47-50). Wien: Bohlau Verlag.

[8]

[9] Vgl. Waldmann, P. (1974). Der Peronismus 1943-1955. Hamburg.

[10] Vgl. Chmelar, H. (1974). Hohepunkte der osterreichischen Auswanderung: Die Auswanderung aus den im Reichsrat vertretenen Konigreichen und Landern in den Jahren 1905-1914. Wien: Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften.

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Detalles

Título
Die österreichisch-ungarische Auswanderung nach Argentinien im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Universidad
University of Vienna
Calificación
1
Autor
Año
2017
Páginas
17
No. de catálogo
V382925
ISBN (Ebook)
9783668581616
ISBN (Libro)
9783668581623
Tamaño de fichero
930 KB
Idioma
Alemán
Notas
Nicht im Titel ablesbare Themen: - Gründung der deutschen Kolonie Buenos Aires - Exkurs: Auswanderung von Österreich. Offizieren von 1918-1920
Palabras clave
Auswanderung, Österreich, Argentinien, Buenos Aires, 19. Jahrhundert, 20. Jahrhundert
Citar trabajo
Andreas Schmiedl (Autor), 2017, Die österreichisch-ungarische Auswanderung nach Argentinien im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/382925

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