Der französische Schriftsteller Gustave Flaubert schuf mit seinem Roman „Madame Bovary. Mɶurs de province“ (1856/57) eine Geschichte bürgerlichen Ehebruchs und eine Protagonistin als Ehebrecherin par excellence. Emma Bovarys Sehnsucht und ihr Streben nach der ewigen, romantischen Liebe, Luxus, Eleganz und Abenteuer - für sie gleichbedeutend mit Glück und Gerechtigkeit im Leben - stellt sich als zeitlose menschliche Ambition heraus. Bislang bestimmte eine moralisch-psychologische Interpretation der Figurendarstellung, allen voran die der Hauptfigur Emma die Rezeptionsgeschichte des Romans. Flauberts Schreibweise, sein exakter Sprachstil, seine detailreichen und zahlreichen Beschreibungen von Entitäten, d.h. von Seiendem, eröffnen literatur- und kulturtheoretische Analyseperspektiven, die ich im Thema und inhaltlichem Zuschnitt des Seminars „Medien und Dinge im bürgerlichen Ehebruchsroman“ der FernUniversität in Hagen gebündelt fand. Anknüpfungspunkte für diese Werkinterpretation sind daher nicht die Subjekt-Figuren des Romans, sondern mediale und dingliche Figurenmittler, Agentien, medizinisch „wirkende Mittler“ genannt, die der Dichter in Fülle und Intensität in die Handlungsassoziationen der Figuren einbaut. Medien und Dinge nicht als Artefakte oder in einer Objekt-Subjekt-Relation, sondern als handelnde und wirkende Agentien zu interpretieren, wie das interdisziplinäre Konzept der Dingkultur es vorgibt, ist der Ansatz dieser Arbeit.
Meine Fragestellungen lauten daher: Welches sind die medialen und dinglichen Träger von Ehebruch und wie wirken sie im figuralen Handlungsdreieck von Ehemann, Ehefrau (Ehebrecherin) und Liebhaber zusammen? Welche weiteren Agentien gibt es und wie wirken sie?
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Ehebruchsroman als Kunstwerk
- Die narrative Konstruktion von Ehebruch mittels Agentien
- Medien
- Dinge
- Natur und Licht, Dinge und Farben
- Geld
- Codierungen von Liebe, Leidenschaft und Geschlecht
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die narrative Konstruktion von Ehebruch in Gustave Flauberts Roman „Madame Bovary“ unter dem Fokus auf die medialen und dinglichen Agentien, die die Handlungsassoziationen der Figuren prägen. Im Zentrum der Analyse steht die Frage, wie diese Agentien im figuralen Handlungsdreieck von Ehemann, Ehefrau (Ehebrecherin) und Liebhaber zusammenwirken und welche weiteren Agentien in der Handlung Einfluss nehmen.
- Der Ehebruchsroman als Kunstwerk und Flauberts Anspruch auf Realismus
- Die Rolle von Medien und Dingen als Agentien des Ehebruchs
- Die narrative Konstruktion von Ehebruch und die „Quasi-Subjektivität“ von Dingen
- Die Codierungen von Liebe, Leidenschaft und Geschlecht in „Madame Bovary“
- Geschlechterrollen und -semantiken im 19. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des Ehebruchsromans als Kunstwerk ein, wobei Flauberts Realismusanspruch und die ästhetische Darstellungsform des Romans hervorgehoben werden.
Im Hauptteil wird die narrative Konstruktion von Ehebruch mittels Agentien genauer betrachtet. Medien und Dinge werden nicht als Objekte, sondern als handelnde und wirkende Figurenmittler interpretiert. Die Analyse zeigt, wie die Agentien im figuralen Handlungsdreieck von Ehemann, Ehefrau (Ehebrecherin) und Liebhaber zusammenwirken.
Im dritten Teil wird die Bedeutung von Codierungen von Liebe, Leidenschaft und Geschlecht für die Leitmotive des Romans - Ehebruch und Verführung - untersucht. Die systemtheoretische These Niklas Luhmanns dient als theoretische Grundlage für die Analyse der Liebessemantik und der Darstellung von Geschlechterrollen in „Madame Bovary“.
Schlüsselwörter
Ehebruchsroman, Gustave Flaubert, „Madame Bovary“, Agentien, Medien, Dinge, Dingkultur, Liebe, Leidenschaft, Geschlecht, Geschlechterrollen, Realismus, Kunstwerk, narrative Konstruktion.
- Citation du texte
- M.A. Antje Pauer (Auteur), 2015, Medien und Dinge als Agentien des Ehebruchs in Gustave Flauberts "Madame Bovary", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383473