Der Einsatz technischer Textilien im Personenkraftwagenbau. Recycling von Automobiltextilien


Mémoire (de fin d'études), 1991

138 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

0. Einführung - Zielsetzung und Vorgehensweise der Untersuchung
0.1 Aktualität und Aufgabenstellung
0.2 Konzeption und Aufbau

1. Textilien im Automobil - Gliederungskriterien und Einsatzmöglichkeiten

2. Kriterien und Merkmale der Qualität von Autotextilien
2.1 Das Anforderungsprofil der Automobiltextilien
2.1.1 Die technischen Lieferbedingungen der Automobilindustrie
2.1.1.1 Konstruktionsmerkmale automobiler Textilien
2.1.1.2 Die Verarbeitungseigenschaften
2.1.1.3 Gebrauchseigenschaften und mechanische Festigkeitswerte
2.1.2 Konsumentenwünsche und -forderungen
2.2 Faserarten in Automobiltextilien
2.2.1 Fasern und Garne für automobile Bezugsstoffe
2.2.2 Fasern und Garne für Bodenbeläge
2.3 Die Flächengebilde im Automobil
2.4 Autotextilhilfsmittel

3. Verbrauchsmengen und prozentuale Anteile von Autotextilien im deutschen PKW
3.1 Sitzbezüge
3.2 Tür- und Seitenverkleidungen
3.3 Die Dachinnenverkleidung (Himmel)
3.4 Hutablage und Gepäckraumabdeckung
3.5 Belags-Konstruktionen im Kofferraum
3.6 Die Bodenbeläge im Fahrgastraum

4. Trends und Entwicklungen im Markt für Autotextilien

5. Recycling von Automobiltextilien - Probleme und Lösungsansätze
5.1 Das Autowrack als Müllverursacher und Rohstoffträger
5.2 Verwendung oder Verwertung - die Behandlung von Altautotextilien
5.2.1 Die Weiterverwendung von Autotextilien
5.2.2 Material-Recycling - stoffliche Verwertungsmöglichkeiten für Autotextilien
5.2.3 Das chemische Recycling
5.2.4 Energetisches Recycling - das Ende des Werkstoff-Kreislaufs
5.3 Recyclingfähige Autotextilien - aktuelle und mögliche Entwicklungen

6. Zusammenfassung - Ergebnisse und Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

Anhänge

Anhang A: Ergänzende Tabellen

Anhang B: Schreiben

III ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb.1: Absatzbereiche der deutschen Textilindustrie

Abb.2: Anwendungsgebiete für technische Textilien

Abb.3: Beispiele technischer Textilien im PKW

Abb.4: Innenraumtemperaturen im PKW

Abb.5: Allgemeine Verarbeitungseigenschaften von Autotextilien

Abb.6: Allgemeine Gebrauchseigenschaften von Autotextilien

Abb.7: Mechanische Festigkeitswerte von Autotextilien

Abb.8: Faserverarbeitung 1988 nach Einsatzgebieten in der Bundesre­publik Deutschland

Abb.9: Materialeigenschaften ausgewählter Fasern

Abb.10: Anwendungsbereiche von Vliesstoffen im Automobil

Abb.11: Der Weg vom textilen Rohstoff zum autotextilen Fertigerzeugnis

Abb.12: Gleitender Drei-Monatsdurchschnitt der deutschen PKW- Produktion 1987-

Abb.13: Der PKW-Bestand in Deutschland im Jahre

Abb.14: Mögliche Entwicklung des PKW-Bestandes in den neuen Bundes­ländern

Abb.15: Die Verwendung stillgelegter PKW

Abb.16: Zusammensetzung von Autowracks der Baujahre 1975 und bei der Shredderaufbereitung (in Gewichtsprozent)

Abb.17: Nicht-metallische Werkstoffe im Shredderrückstand eines PKW

Abb.18: Möglichkeiten des Recyclings polymerer Werkstoffe in Altautos

IV TABELLENVERZEICHNIS

In den in dieser Arbeit verwendeten Tabellen bedeuten:

. anstelle einer Zahl: es kann keine Angabe gemacht werden,

- anstelle einer Zahl: kein Wert vorhanden,

0 anstelle einer Zahl: weniger als die kleinste Einheit, die in den Tabellen zur Dar­stellung gebracht wird

Alle Angaben, die die Bundesrepublik Deutschland (BRD) betreffen, beziehen sich auf das Bundesgebiet vor dem 03.10.1990. In den Fällen, in denen die neuen Bun­desländer mit einbezogen werden sollen, wird ausdrücklich darauf hingewiesen

Tab.1: Produktgruppen-Verbrauchszahlen von Textilhilfsmitteln

Tab.2: Untersuchung der Sitzbezüge deutscher Personenwagen auf den Genfer Automobilausstellungen von 1988 - 1990

Tab.3: Durchschnittlicher Anteil deutscher PKW mit Lederausstattung

Tab.4: Schätzung des Anteils deutscher PKW mit bestimmten Sitzbezugs-Konstruktionen für die Jahre 1988-1990

Tab.5: Schätzung des Quadratmeterverbrauchs für Sitzbezüge in der deutschen PKW-Produktion von 1988 - 1990

Tab.6: Prognose des Anteils der deutschen PKW mit textilen Sitzbezügen für die Modelljahre '87-'89

Tab.7: Anteil der einzelnen Automobil-Polsterstoff-Konstruktionen in Westeuropa

Tab.8: Faseranteile bei Sitzbezugsstoffen in Westeuropa (in % der m2)

Tab.9: Geschätzter Gesamtverbrauch der Flächengebilde für Bezugsstoffe in deutschen PKWs 1989

Tab.10: Untersuchung der Tür-/Seitenverkleidungen deutscher Personenwagen auf den Genfer Automobilausstellungen von 1987 - 1990

Tab.11: Schätzung des Anteils deutscher PKW der Modelljahre '87 - '89 mit textilen Tür-/Seitenverkleidungen

Tab.12: Schätzung des Quadratmeterverbrauchs für textile Tür­ /Seitenverkleidungen in der deutschen PKW-Produktion der Jahre 1987-1989

Tab.13: Geschätzter Anteil der produzierten deutschen PKW der Modelljahre '87-'89 mit textilem Dachhimmel

Tab.14: Untersuchung der Dachinnenverkleidungen deutscher Personenwagen auf den Genfer Automobilausstellungen 1987-1990

Tab.15: Geschätzter Gesamtverbrauch für textile Dachinnenverkleidungen in der deutschen PKW-Produktion der Jahre 1987-1989

Tab.16: Untersuchung der Hutablageflächen deutscher Personenwagen auf den Genfer Automobilausstellungen 1987-1990

Tab.17: Geschätzter Anteil der produzierten deutschen PKW der Modelljahre '87-'89 mit textiler Hutablage

Tab.18: Schätzung des Gesamtverbrauchs für textile Hutablagen in der deutschen PKW-Produktion der Jahre 1987-1989

Tab.19: Untersuchung der Kofferraumbeläge deutscher Personenwagen auf den Genfer Automobilausstellungen 1987-1990

Tab.20: Schätzung des Gesamtverbrauchs für textile Kofferraumauskleidungen in der deutschen PKW-Produktion der Jahre 1987-1989

Tab.21: Geschätzter Anteil der produzierten deutschen PKW der Modelljahre '87-'89 mit textilem Bodenbelag

Tab.22: Schätzung des Gesamtverbrauchs für textile Bodenbeläge in der deutschen PKW-Produktion der Jahre 1987-1989

Tab.23: Schätzung des Gesamtverbrauchs für Autotextilien in der deutschen PKW-Produktion von 1989

Tab.24: Die Automobil-Produktion in Westeuropa von 1987 - 1990

Tab.25: Automobil-Produktion deutscher Hersteller von 1987 - 1990

Tab.25a: Automobil-Produktion der AUDI-AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.25b: Automobil-Produktion der BMW AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.25c: Automobil-Produktion der FORD WERKE AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.25d: Automobil-Produktion der Mercedes-Benz AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.25e: Automobil-Produktion der Adam Opel AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.25f: Automobil-Produktion der PORSCHE AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.25g: Automobil-Produktion der Volkswagen AG nach Fahrzeugtypen von 1987 - 1990

Tab.26: Produktion deutscher PKW nach Klassen von 1987 - 1990

Tab.27: Löschungen von Personenkraftwagen in der BRD für ausgewählte Jahre

Tab.28: Bestand an Personenkraftwagen in der BRD für ausgewählte Jahre

VII ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

0. Einführung - Zielsetzung und Vorgehensweise der Untersu­chung

0. 1 Aktualität und Aufgabenstellung

Wenn von Textilien die Rede ist, denkt man zunächst einmal an Bekleidung und im weiteren vielleicht an Heimtextilien. Daneben hat sich aber in den vergangenen 5 - 10 Jahren ein Zweig etabliert, der für viele Textilunternehmen zu einem wichtigen Umsatzträger geworden ist: die technischen Textili­en. Mittlerweile geht man davon aus, dass ca. 30 % der Textilunternehmen sich im Markt für technische Textilien betätigen. Nach Schätzungen des Gesamt­verbandes der Textilindust­rie in der Bundesrepublik Deutschland (Gesamttextil e.V.) entfallen rund 20 % des Gesamtumsatzes der deutschen Textilbranche auf technische Textilien (vgl. Abb.1), das entspricht etwa 10 bis 12 Mrd. DM.[1] Vor drei Jahren waren es noch ca. 15 %. Der Anteil von Textilien für technische Einsatzzwecke an der bundesdeutschen Faser­verarbeitung betrug 1988 rund 24 % oder 223.000 t.

Vor diesem Hinter­grund untersucht die vor­liegende Arbeit den Einsatz technischer Textilien im bundesdeutschen Personen-kraftwagenbau. Um diese Aufgabe eingrenzen zu können, ist es zunächst notwendig, den Begriff "Technische Textilien" zu erläutern.

Eine Definition darüber, was technische Textilien sind, gibt es bislang (noch) nicht. Deshalb werden technische Textilien negativ abgegrenzt und als "Sammelbe­griff für alle Industrie-Textilien [gebraucht], die nicht zu Bekleidungs- und Wohntextili- en im weitesten Sinne gehören".[2] Hieraus ergeben sich eine Fülle von Anwendungs­bereichen, in denen demnach technische Textilien eingesetzt werden (vgl. Abb.2).

Das weite Spektrum der aufgeführten Einsatzgebiete macht es sehr schwer, eine Gliederung für technische Textilien zu finden. Diese Schwierigkeit zeigt sich ebenfalls in der Tatsache, dass die Industrie-Textilien, die in der o.a. Begriffserläuterung prak­tisch noch als Oberbegriff zu "Technischen Textilien" geführt wurden, in Abb.2 ledig­lich als ein Bereich der technischen Textilien aufgezählt werden. Aus der Abbildung geht auch hervor, dass es anscheinend keinen gesonderten Anwendungsbereich für technische Textilien im Automobil gibt, sondern dass technische Textilien aus ver- schiedenen Bereichen für den Personenkraftwagenbau eingesetzt werden (z.B. Be­reich "Formteile", "Filterstoffe").

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In dieser Arbeit sollen allerdings ausschließlich die Textilien behandelt werden, die sich im Fahrzeuginneren und im Bereich des Gepäckraumes befinden. D.h., dass alle technischen Textilien, die z.B. im Motorraum und für Reifen verarbeitet werden, in dieser Untersuchung ausgeklammert werden. Gegenstand der Untersuchung sind die Anforderungen, der Aufbau, die Funktion und der Verbrauch von technischen Textilien im Fahrzeuginnen- und im Kofferraum. Diese werden vor allem aus der Sicht der Automobil-Hersteller beleuchtet, da es sich bei ihnen um die Endabnehmer entweder der textilen Flächenerzeugnisse oder der kompletten Bauteile (z.B. Fertig­himmel) handelt.

Durch die Einbeziehung des Recyclingaspektes am Schluss der Arbeit wird eine Verbindung zu brennenden gesellschaftspolitischen Problemen hergestellt, die so­wohl für die Faserindustrie, die Textilunternehmen, als auch für die Autoindustrie mit neuen Herausforderungen verbunden sein könnten. Die Aktualität der Problematik wird fast täglich durch die Medien verdeutlicht. Die Westfälischen Nachrichten vom 22.03.1991 berichten aus einer Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press (AP), dass ohne den Export von Abfall ins Ausland in der Bundesrepublik längst der Müllnotstand ausgebrochen wäre. Dies sei das Ergebnis eines Sondergutachtens zur Abfallwirtschaft, das von 12 Sachverständigen angefertigt worden sei.

Die Automobilindustrie hat bereits auf die neuen Herausforderungen reagiert. So stellte die Mercedes-Benz AG unlängst ihre neue S-Klasse vor und wirbt damit, dass bis zum Recycling alles durchdacht sei. Und der japanische Automobilhersteller Nissan propagiert eine 75 %-ige Recycelbarkeit seines Modells "Sunny", obwohl dies nicht sehr seriös erscheint, wenn man bedenkt, dass generell jeder Personenkraft­wagen (PKW) aufgrund seines Metallanteils zu ca. 70 % recycelbar ist. Dennoch wird deutlich, dass die Automobilindustrie dieses Eisen angepackt hat und von ihren Zu- liefer-Unternehmen in zunehmendem Maße recyclingfähige Produkte geliefert haben möchte.

Welche Schwierigkeiten und Probleme die technischen Textilien dabei aufwer­fen, und welche Lösungsmöglichkeiten existieren, soll in dem abschließenden Teil der Arbeit untersucht werden. Dabei werden vielfach Bereiche aus der speziellen Recyclingtechnologie angeschnitten. Wegen des begrenzten Umfangs konnten in diesem Zusammenhang auftretende Fragen nur oberflächlich behandelt werden.

0. 2 Konzeption und Aufbau

Die Arbeit ist in drei Hauptteile gegliedert. Gegenstand des ersten Teils sind die Untersuchungen zum Feld der technischen Textilien im PKW-Bau. Hier wird in einem ersten Schritt versucht, Gliederungskriterien zu finden, die der Praxis entnommen sind und eine weitgehend eindeutige Strukturierung der Textilien im Innen- und Kof­ferraum ermöglichen. Bei dieser Aufgabe ist zu berücksichtigen, dass in Abhängig­keit vom Betrachtungsstandpunkt, d.h. seitens des Herstellers oder seitens des An­wenders, unterschiedliche Kriterien zur Anwendung kommen können.

Im nächsten Schritt werden die qualitativen Merkmale der technischen Textilien im PKW untersucht. Da sich diese ganz wesentlich aus dem Anforderungsprofil der Automobilhersteller bedingen, geht ein etwas ausführlicherer Teil zunächst auf die­sen Punkt ein, bevor anschließend die verwendeten Materialien aufgezeigt und er­läutert werden.

Nachdem so die wesentlichen Anforderungen und Merkmale der technischen Textilien dargelegt worden sind, untersucht Kapitel 3 die Funktionen und den Ver­brauch der Textilien. Bei den Verbrauchsschätzungen stützt sich die vorliegende Ar­beit im Wesentlichen auf die Forschungsarbeit der Intercontuft[3] und auf die Quelle von Steynitz.[4] Beide konnten aber nur mit Einschränkungen verwendet werden, da sie sich auf Westeuropa beziehen. Bei der Intercontuft-Studie handelt es sich um eine Marktforschungsarbeit, die mittels Beobachtungen und Interviews von Textil- und Automobilherstellern den qualitativen und quantitativen Einsatz von Textilien im Automobil untersucht hat. Aktualisiert wird die Studie jährlich durch Messebeobach­tungen auf den großen europäischen Automobilausstellungen. Außer diesen beiden Quellen standen dem Verfasser auch Informationen deutscher Textil- und Automo­bilhersteller zur Verfügung. Soweit diese Informationen in schriftlicher Form gegeben wurden, sind sie im Anhang beigefügt. Bei telefonischen Auskünften ist, wenn mög­lich, der Gesprächspartner erwähnt worden. In den Fällen, in denen im Zusammen­hang mit Berechnungen, aber auch an anderer Stelle von Personenkraftwagen bzw. PKW die Rede ist, sind immer auch die Kombinationskraftwagen (Kombis) einge­schlossen. Abweichungen davon werden ausdrücklich gekennzeichnet. Wenn im Verlauf der Berechnungen bzw. der Arbeit insgesamt von Deutschland, deutsch oder Bundesrepublik gesprochen wird, ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vor dem 03.10.1990 gemeint. Auch hier werden eventuelle Abweichungen kenntlich ge­macht.

Der erste Hauptteil schließt mit dem Versuch, mögliche Entwicklungen im Be­reich der technischen Textilien im PKW aufzuzeigen. Hierbei sind noch nicht die Auswirkungen aus den Forderungen nach Recyclingfähigkeit der Textilien berück­sichtigt worden, um dem nachfolgenden Kapitel 5 nicht vorzugreifen.

Kapitel 5 bildet den zweiten Hauptteil dieser Arbeit. Es thematisiert die Aspekte des Recyclings von technischen Textilien im PKW. Unter Recycling wird hier die Rückführung von Ausgangsmaterialien in den Produktionsprozess verstanden. Diese

Kreislaufführung umfasst die Wiederverwendung und die Verwertung von Stoffen.[5] Die Betrachtungen konzentrieren sich allein auf die Textilien im Altauto und klam­mern den Aspekt der Produktionsabfälle aus. Das Interesse der Untersuchung richtet sich auf die Möglichkeiten der Verringerung von Abfallmengen sowie die gesteigerte Verwertung von Reststoffen mit dem Ziel der sparsamen Verwendung von Rohstof­fen. Hierzu werden die verschiedenen Recyclingverfahren erläutert und ihre An­wendbarkeit auf die technischen Textilien überprüft. Den Abschluss des 5. Kapitels bildet der Versuch, einige Auswirkungen bzw. Konsequenzen zu beleuchten, die sich aus den vorangehenden Ausführungen sowohl für die Textilhersteller als auch für die Faserproduzenten und die Automobilindustrie ergeben.

Mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse, dem dritten Teil der Obergliederung, schließt diese Untersuchung ab.

1. Textilien im Automobil - Gliederungskriterien und Einsatzgebiete

Ebenso vielfältig wie die Anwendungsbereiche technischer Textilien allgemein, sind die Einsatzgebiete von Textilien im Kraftfahrzeug. Hier werden die unterschied­lichsten Textilerzeugnisse, wie Gurte, Bänder, Garne, Watten, Gewebe, Maschenwa­ren und Vliesstoffe für die Ausstattung und Ausrüstung von Personen- und Lastwa- gen, Bussen und anderen Fahrzeugen verwendet.[6] Eine eigene Kategorie Autotexti­lien gibt es nicht. Die Organisatoren der Techtextil-Messe haben die weite Palette der technischen Textilien im Kraftfahrzeug unter dem Begriff "mobiltextil" zusammen­gefasst. Diese Sammelbezeichnung erscheint jedoch wenig geeignet, einen Eindruck darüber vermitteln zu können, welche Einsatzmöglichkeiten es für technische Textili­en im Kraftfahrzeug allgemein und für das untersuchte Thema "Automobil" im Be­sonderen gibt. Betrachtet man allein die in Abb.3 aufgeführten Textilerzeugnisse für den Automobilbau, so erhält man eine gewisse Vorstellung über die Produktvielfalt, und das, obwohl es sich hier lediglich um einen Auszug aus der möglichen Textilpa­lette handelt. Detaillierter als das Gliederungskriterium "mobiltextil" ist die Untertei­lung in technische Textilien, Textilverbundstoffe und Ausstattungstextilien. Diese ent­stammt dem Fachbeirat "Ausstattungstextilien, technische Textilien und Textilver- bundstoffe im Automobil", der in der VDI-Gesellschaft "Textil und Bekleidung" ange­siedelt ist.[7]

Abb.3: BeispieletechnischerTextilien im Automobil

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ehrler, Maute (1986} S. T102.

Nach dieser Unterteilung handelt es sich bei technischen Textilien im Automo­bil um jene Produkte, die z.T. in Abb.3 aufgelistet worden sind. Weitere Produkte, die hierzu zählen, sind z.B. Rückhaltesysteme (Sicherheitsgurte), Türrahmendichtungen oder Gepäck-/Trennnetze. Kritisch anzumerken ist allerdings, dass der hier verwen­dete Begriff "Technische Textilien" mit dem in der Einleitung erläuterten in einen Ab­grenzungskonflikt gerät. Deshalb würde es sich anbieten, wenn im Zusammenhang mit Automobilen von "Technischen Textilien im engeren Sinne" gesprochen würde.

Textilverbundstoffe[8] sind nach der Begriffsfassung des Fachbeirates diejenigen Textilien, die durch Laminieren, Kaschieren oder Hinterschäumen mit anderen Mate­rialien verbunden worden sind. Dies trifft z.B. zu für

- Tür- und Seitenverkleidungen,
- Dachhimmel,
- Bodenbeläge,
- Kofferraumbeläge und
- Hutablagen.

Davon abzugrenzen sind schließlich die Ausstattungstextilien, zu denen aus­schließlich die textilen Bezugsstoffe zählen.

In dieselbe Richtung zielt die Einteilung von Steynitz, der die Textilien im Auto­mobil grob in die zwei Bereiche Bezugsstoffe und Bodenbelags-Konstruktionen glie- dert.[9] Hiermit wird der ursprüngliche Einsatzzweck der verwendeten Flächengebilde gekennzeichnet.

Die Haupteinsatzgebiete für Bezugsstoffe sind Sitzpolsterstoffe, Verkleidungen der Sitzseiten und des Sitzrückens zum Fond hin, die Tür- und Seitenverkleidungen sowie textile Schonbezüge.

Eisele schließlich unterscheidet bei textilen Ausstattungsmaterialien, ob sie

sichtbar oder unterflächig eingesetzt werden.[10] Zu den sichtbaren Materialien zählt er die Bezugsstoffe und die o.a. Textilverbundstoffe, zu den unterflächigen Polsterwat- ten und phenolharzverfestigte Dämpfungen. Dementsprechend dürften z.B. auch die Flächengebilde, die als Träger für Kunstleder verwendet werden, dazugehören.

Ähnlich wie Eisele differenzieren Schmidt und Deininger zwischen allen verwen­deten Textilmaterialien und denen, die rein technisch und nicht sichtbar eingesetzt werden.[11]

In der vorliegenden Arbeit sollen nun, wie schon in der Einleitung geschildert wurde, die technischen Textilien im PKW-Innenraum inklusive des Kofferraumes un­tersucht werden. Dies lässt sich nach den vorangegangenen Ausführungen enger eingrenzen auf die Bezugsstoffe und Bodenbelags-Konstruktionen im sichtbaren Be­reich eines Automobils. Als Bezeichnungen dafür werden im nachfolgenden die Be­griffe Autotextilien, Automobiltextilien und automobile Textilerzeugnisse ver­wendet, um entweder Bezugsstoffe oder Bodenbelags-Konstruktionen oder beides zu umschreiben. Statt Bezugsstoffe werden die Bezeichnungen Polsterstoffe, Sitz­stoffe oder Sitzbezüge synonym gebraucht. Andere Begriffe für Bodenbelags­Konstruktionen sollen sein: Belag, Belags-Konstruktion, Bodenbelag oder auch Teppichbelag. Wenn von technischen Textilien gesprochen wird, soll für den Auto­mobilbereich die Ergänzung "im engeren Sinne (i.e.S.)" angeführt werden, um auf die Begriffsfassung des Fachbeirates beim VDI-Textil und Bekleidung hinzudeuten.

2. Kriterien und Merkmale der Qualität von Automobiltextilien

2.1 Das Anforderungsprofil der Automobiltextilien

Grundsätzlich werden die Anforderungen an die Qualität der Autotextilien be­stimmt durch deren Anwendungsfall bzw. Einsatzzweck, den dadurch erforderlichen Eigenschaftswerten und den Preis, den die Automobilindustrie zu zahlen bereit ist. Ferner müssen Textilmaterialien im sichtbaren Bereich des PKW dem aktuellen Ge­schmack entsprechen, d.h. sie müssen in puncto Dessin, Farbe und Anwendungs- form dem allgemein vorherrschenden ästhetischen Empfinden entgegenkommen.[12] Darüber hinaus ergeben sich aber aus der Verwendung von Textilien im Automobil zusätzliche Anforderungen, die die hohen Ansprüche an ihre Qualität rechtfertigen und unterstreichen.

Da sind zunächst die Anforderungen an die Langlebigkeit, die Haltbarkeit oder die Alterungsbeständigkeit. Schließlich hält ein modernes Auto durchschnittlich 10

Abb.4: Innenraumtemperatur im PKW

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Jahre.[13] Während dieser Lebensdauer sind ein PKW und seine Ausstattung härtes­ten Umweltbedingungen ausgesetzt. So leiden die Materialien z.B. unter extremen

Temperaturen, starker Sonneneinstrahlung oder hoher Feuchtigkeit. Ein Versuch von VW hat gezeigt, dass die Belastungstemperaturen moderner PKW-Innenräume bei extremen Umwelteinflüssen 116°C für den Bereich Armaturenbrett, 100°C für die Hutablage und über 70°C für alle Sitzpolsterstoffe erreichen können (Abb.4).

Als weitere Zusatzanforderung wird eine problemlose Verarbeitbarkeit verlangt, damit der Produktionsprozess fehlerlos und somit störungsfrei ablaufen kann. Das bedeutet, dass über Jahre hinweg jede gefertigte Charge die gleiche Farbe (wg. der Ersatzteile) aufweisen muss.

Sodann müssen Automobiltextilien besonderen Sicherheitsanforderungen be­züglich der Schwerentflammbarkeit oder der Höchstzugkraft (z.B. Sicherheitsgurte) genügen.

Schließlich gilt es noch, die Zusatzanforderungen zu nennen, die das An­schmutzverhalten und die Reinigungsmöglichkeiten der Autotextilien betreffen. Wäh­rend eines "Autolebens" sind die Textilmaterialien oftmals härtesten Beanspruchun­gen ausgeliefert, ohne dass man sie wie ein Wäschestück reinigen könnte.

All diese recht allgemein umschriebenen Basis- und Zusatzanforderungen wer­den durch die Automobilindustrie in oft seitenlangen Spezifikationen für jedes Textil­material, das in ihren PKWs eingesetzt werden soll, detailliert festgelegt. Aufgrund der Bedeutung dieser Spezifikationen für die Qualität der Autotextilien und um deut­lich zu machen, dass es sich bei ihnen um hochtechnische Produkte handelt, wird im nachfolgenden Kapitel ein Überblick über die Anforderungen der Automobilindustrie an die Textilhersteller und ihre Produkte gegeben.

2.1.1 Die technischen Lieferbedingungen der Automobilindustrie

Aufgabe der technischen Lieferbedingungen für Autotextilien ist es, die Anforde­rungen an ein bestimmtes Produkt, "die sich aus dem Gebrauch und der Verarbei­tung für einen Einsatz unter bestimmten, vorgegebenen wirtschaftlichen Aspekten ableiten"[14], zu definieren. Dazu werden zwischen Textilhersteller und Abnehmer[15] die erforderlichen Prüfkriterien und -methoden mit den einzuhaltenden Sollwerten festgelegt. Die Ausarbeitung der Werte erfolgt auf kooperativer Basis, um das Gefor­derte mit dem Machbaren besser in Einklang zu bringen.

Grundsätzlich kann man feststellen, dass der Aufbau der technischen Lieferbe­dingungen aus den "Allgemeinen Rahmenbedingungen" und den "speziellen, artikel­bezogenen Liefervorschriften" besteht.[16]

Die allgemeinen Rahmenbedingungen können als übergeordnete technische Vorschrift bezeichnet werden.[17] Sie dienen dazu, ständige Wiederholungen bei den spezifischen Vorschriften zu vermeiden und den allgemeinen technischen Umgang und Ablauf miteinander sowie die gegenseitigen allgemeinen technischen Verpflich­tungen zu regeln.

In den speziellen, artikelbezogenen Liefervorschriften sind alle Sollwerte (mit Toleranzen nach beiden Seiten) mit den dazugehörigen Prüfverfahren festgelegt, durch die ein spezielles technisches Produkt definiert wird. Dabei wird für die Durch­führung der erforderlichen Prüfungen die Einhaltung/Anwendung oder Anlehnung an bestehende Normen vorgeschrieben. Häufig ist aber auch nach besonderen Metho­den zu prüfen, die in den Laboratorien der Automobilfirmen eigens entwickelt wur-[18]

den. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Automobil­hersteller an die Gebrauchs- und Verarbeitungseigenschaften der bei ihnen verarbei-[19] teten Textilien kommt es auch zu einer Vielfalt von Prüfmethoden.

Im Einzelnen legen die speziellen, artikelbezogenen Liefervorschriften die Werte für die Konstruktionsmerkmale, die Verarbeitungseigenschaften und die Gebrauchs­eigenschaften fest.

2.1.1.1 Konstruktionsmerkmale automobiler Textilien

Dieser Teil der Liefervorschriften beschreibt die verwendeten Materialien, die Herstellung und das Aussehen eines Produktes. Die wichtigsten textilen Konstrukti­onskenndaten sind

- Faserzusammensetzung,
- Faserdurchmesser und Stapellänge,
- Feinheit,
- Drehung,
- Faden- und Maschendichte,
- Bindung und Legung,
- Flächengewicht und Polgewicht über Grund,
- Stücklänge und -breite sowie
- die Normdicke.[20]

Für die Kombination von Textilien wie z.B. bei Kaschierungen ist es wichtig, dass alle Materialien eindeutig festgelegt sind. Um den Herstellern einen konstruktiven Spielraum zu lassen, der ihnen die Entwicklung bestmöglicher Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften ermöglicht, werden oftmals nicht alle Konstruktionskennda­ten festgeschrieben, obgleich sie bekannt sind.

2.1.1.2 Die Verarbeitungseigenschaften

Um über Jahre hinweg eine störungsfreie industrielle Verarbeitbarkeit auf den angewendeten Verarbeitungstechnologien (z.B. Verschweißung, Tiefzugverfahren) zu gewährleisten, müssen die Autotextilien hohen Anforderungen entsprechen. Da­bei ist häufig eine eindeutige Unterscheidung zwischen Verarbeitungs- und Ge­brauchseigenschaften nicht möglich. So ist beispielsweise eine gute Weiterreißfes- tigkeit für die Verarbeitung und den Gebrauch gleichermaßen wichtig.[21]

Eine Aufstellung wichtiger Verarbeitungseigenschaften zeigt Abb.5.

Die Werte autotextiler Flächengebilde für Dehnung, Formbarkeit und Tiefzieh­fähigkeit geben z.B. Aufschluss über ihre mechanische Verformbarkeit oder aber ihr geeignetes Einsatzgebiet. So wiesen die Polsterveloure der alten Generationen bei einer vorgegebenen Belastung von 50 Newton nur eine geringe Gesamtdehnung (Längs- und Querrichtung zusammen) von 4 ± 2 % auf und waren schwer verarbeit- bar.[22]

Polsterflachgewebe neuer Generationen müssen für eine gute Verarbeitbarkeit Dehnwerte von 16 ± 4 % erreichen, ebenfalls bei einer Belastung von 50 N. Aufgrund der immer komplexeren Herstellungstechnologien von z.B. Verkleidungsteilen, aber auch direkt hinterschäumter Sitze wird es in Zukunft notwendig, die Dehnungswerte für Längs- und Querrichtung getrennt anzugeben (auch unter vorgegebenen Tempe- raturen) und nicht als Addition.[23]

Der Einsatz der Textilien im Automobil er­folgt zum größ­ten Teil in Ver­bindungen, bei­spielsweise mit anderen Textili­en, Schäumen oder Klebefo­lien. Diese Ver­bindungen kön­nen durch un­terschiedliche Verfahren her­gestellt werden, wie z.B. Ver­schweißen oder Verkleben. Um für die unter­schiedlichen Flächengebilde die geeigneten Verbindungstechnologien herauszufin­den, die für das jeweilige Material und den besonderen Einsatzzweck passend sind, müssen sie auf ihre Vernähbarkeit, Haftfestigkeit, Verschweißbarkeit, Klebefä­higkeit und Vulkanisierbarkeit hin untersucht werden. Bei dem Punkt Vernähbarkeit wird u.a. geprüft, ob das textile Material der Geschwindigkeit der schnellen Industri­enähmaschinen und den dabei entstehenden hohen Temperaturen standhält.

Die Haftkräfte von Verschlussbändern, Haftverschlußflächen (z.B. Henkelwirk­ware auf Gummihaar), Verschweißungen, Verklebungen und vulkanisierten Verbin­dungen werden z.B. in einem Schichtentrennversuch unter Zug geprüft.

Schiebefestigkeit, Nadel- bzw. Stichausreißkraft und Ausfransen sind wichti­ge Kriterien für Autotextilien, die ganz wesentlich ihr Verhalten während des Nähpro­zesses bestimmen. So ist die Schiebefestigkeit eines Gewebes besonders für Sitz­polsterstoffe sehr wichtig, da im extremen Fall das Ausfransen während der Verarbei­tung sehr hinderlich ist, Nähte wirtschaftlich unnötig breit gefasst werden müssen oder ein späteres Ausreißen der Nähte Reklamationen zur Folge haben kann.

Da die Flächengebilde im Automobil nicht immer vollflächig befestigt sind oder aber z.B. mittels Heften, Klammern oder Nageln angebracht werden können, ist eine geringe Weiterreißkraft von Bedeutung.

2.1.1.3 Gebrauchseigenschaften und mechanische Festigkeitswerte

Autotextilien werden während des langen Lebenszyklus eines PKW härtesten Beanspruchungen ausgesetzt, die ein Autofahrer seinen vergleichbaren Heimtextilien nicht zumuten würde. So würde wohl kaum jemand mit stark verschmutzten Schuhen seinen Teppichboden betreten oder sich mit regennasser Kleidung in den Fernseh­sessel setzen. Und sollten die Polstermöbel durch starke Sonneneinstrahlung der Gefahr des Ausbleichens unterliegen, werden wohl die meisten Konsumenten für einen geeigneten Schutz sorgen.

Von Autotextilien hingegen wird erwartet, dass sie diese und andere Strapazen möglichst unbeschadet überstehen, ohne dass also ihr Aussehen leidet oder ihre Funktionstüchtigkeit eingeschränkt wird. Dementsprechend sind die Prüfungen, mit denen die Gebrauchseigenschaften bei Autotextilien getestet werden, äußerst um­fangreich.

Die wichtigs­ten Kriterien, die dabei

überprüft werden, sind in Abb.6

zusammen­gestellt.

Die

Lichtecht­heit und - beständig­keit wird für Textilien und andere Ma­terialien ge­prüft, die im Sonnenein- strahlungs­bereich lie­gen. In die­sen Berei­chen kann es zu Tem­peraturen
von knapp 120°C kommen (vgl. Abb.4, S.9). In einem entsprechenden Test nach DIN-Prüfnorm zur "Bestimmung der Lichtechtheit von Werkstoffen der Kraftfahrzeug­Innenausstattung mit Xenonbogenlicht" werden gleichzeitig Licht und Wärme einge­setzt. Diese wirken synergetisch, d.h. sie verstärken sich in ihrer gemeinsamen Wir­kung, im Rahmen photochemischer Vorgänge. Dabei kann sich der Farbeindruck einer Ware verändern, es kann aber auch - durch Dekomposition der Fasersubstanz bedingt - ein Abfall in den mechanischen Festigkeitswerten auftreten. Eine solche Prüfung sollte daher immer den Gesamtaufbau des Materials umfassen, d.h. die Werkstoffkombination [24] insgesamt. Heißlichtechtheit (HLE) und Heißlichtalterung (HLA) sind Begriffe, die in diesem Zusammenhang ebenfalls verwendet werden.

Unter dem Punkt andere Farbechtheiten werden z.B. die Reibechtheit (trocken und nass), die Schweißechtheit, die Wasserechtheit und die Lösungsmittelechtheit geprüft.[25]

Das Anschmutzverhalten, d.h. die Schmutzaufnahme und -sichtbarkeit werden bestimmt durch

- faserabhängige Faktoren (z.B. Faserart, Stapellänge),

- Konstruktionsgrößen (z.B. Poldichte),

- Farbgestaltung (z.B. Musterung) und Zusatzausrüstung (z.B. Antisoilausrüstung) sowie durch

- gebrauchsbedingte Faktoren wie Schmutzzusammensetzung und Schmutzverhal-ten.[26]

Grundsätzlich ist man deshalb bemüht, eine Verschmutzung von Autotextilien durch eine geeignete chemische Ausrüstung (Soil-Release-Ausrüstung) von vornhe- rein zu vermeiden[27] oder aber durch stilistische Elemente (z.B. Farbton, Mehrfarbig- keit) eine schmutzverbergende Wirkung zu erzielen.[28]

Das Reinigungsverhalten steht in direkter Beziehung zum Anschmutzverhalten und umfasst die Eigenschaften eines Textilmaterials, die zum einen seine Reini- gungsmöglichkeiten und zum anderen den dazu notwendigen Aufwand und die durch die Reinigung hervortretenden Veränderungen bestimmen.[29]

Das Problem der Schimmelresistenz ist aufgrund des überwiegenden Einsat­zes synthetischer Fasern in den Hintergrund getreten, kann jedoch bei Anwendung ungeeigneter Avivagen (Textilhilfsmittel zur verbesserten Weiterverarbeitung) noch auftreten.

Eine wichtige Rolle für das Sitzklima und damit für den Komfort und das Wohlbe­finden der Fahrzeuginsassen spielen die Luft- und Wasserdampfdurchlässigkeit der Textilien. Hierbei ist jedoch nicht der Sitzbezug allein, sondern die Gesamtkonstrukti­on maßgebend.[30]

Die Überprüfung der Druckbeständigkeit und des Eindruckverhaltens textiler Materialien untersucht u.a. die Dickenabnahme einer definierten Fläche unter Einwir­kung eines definierten Drucks. So soll beispielsweise die Druckbelastung von Pols­tern während der Benutzung simuliert werden, durch die es im praktischen Einsatz zu Flordeformationen (Sitzspiegelbildung) kommen kann. Ähnliche Eigenschaften werden mit den Kriterien bleibende und elastische Dehnung sowie Wölbermü­dung getestet. Jedoch geht es hier um bleibende Verformungen, bedingt durch Aus­beulen oder Ermüden, bzw. um die Fähigkeit des Materials, durch einen hohen elas­tischen Anteil der Dehnung die ursprüngliche Form wieder anzunehmen.

Der Reibbeiwert kann z.B. durch ruckfreies Gleiten des Stoffes aufeinander (Oberseite gegen Oberseite) mit Hilfe einer Federwaage errechnet werden, während hingegen die Bestimmung des Griffs bzw. Falls aus wirtschaftlichen Gründen häufig noch subjektiv erfolgt. Die Eigenschaftsmerkmale Formhaltigkeit, Maßhaltigkeit, Steifigkeit und Welligkeit sind interdependent und sowohl für die Verarbeitung als auch für den Gebrauch sehr wichtig. Sie stehen einmal in Beziehung zur Transport- und Lagerfähigkeit konfektionierter Stücke und Formteile und sind darüber hinaus von Bedeutung dafür, dass eine Ware unter Einwirkung von Nässe und/oder Wärme möglichst weder schrumpft, noch länger wird oder wellt.[31]

Um im Brandfall den Insassen eines PKW größtmögliche Sicherheit zu gewäh­ren, müssen die textilen Flächengebilde besonderen Anforderungen hinsichtlich der Schwerentflammbarkeit und Brennbarkeit genügen. Hierbei geht es insbesondere um die Brenngeschwindigkeit als Beziehung von Strecke pro Zeiteinheit, die eine Flamme zurücklegt, und zukünftig auch um die Toxizität der Pyrolyse- und Zerset­zungsprodukte.[32]

Die Überprüfung der Klima- und Alterungsbeständigkeit soll Aufschluss dar­über geben, wie sich die Eigenschaftswerte durch Klima- und Alterungsbelastungen über die Jahre hinweg verändern. Für solche Tests müssen selbstverständlich künst­liche Bedingungen geschaffen werden.

Der Geruch von Werkstoffen ist nicht nur durch die Zusammensetzung bedingt, sondern auch durch die Chemotechnik bei der Herstellung. Die Prüfung erfolgt sen­sorisch unter Einsatz von "Riechteams".[33]

Der Begriff (Window-) Fogging ist im Automobilbau seit 25 Jahren bekannt. Er steht allgemein für das inwendige Beschlagen von Fensterscheiben im Automobil durch flüchtige Substanzen aus den Innenausstattungsmaterialien.[34] Fogging und Geruch stehen insofern in einem direkten Zusammenhang. Da vornehmlich die stark geneigten Front- und Heckscheiben von Niederschlägen überzogen werden, ist eine sicherheitsrelevante Sichtbeeinträchtigung möglich (z.B. bei Nachtfahrten).[35]

Unter sonstigen Prüfkriterien für Gebrauchseigenschaften textiler Materialien im PKW fallen z.B. die Wasserdichtigkeit beschichteter Stoffe oder das elektrostati­sche Verhalten, das u.a. für die Anschmutzbarkeit von Bedeutung ist. Die Prüfmerk­male für mechanische Festigkeitswerte (Abb.7) sollen Aufschluss geben über die Auswirkungen bestimmter mechanischer Beanspruchungen und Einwirkungen wäh­rend des Gebrauchs, z.T. aber auch während der Verarbeitung. Letzteres gilt vor al­lem für die Kriterien Reißkraft, Weiterreißkraft, Berstdruckfestigkeit und Elastizität (vgl. Punkt 2.1.1.2, S.12).

Mechanische Festigkeit zeigt sich u.a. im geringeren Verschleiß und/oder in der Widerstandsfähigkeit gegen scheuernde Bewegungen (z.B. Fußabsatz).

Das Kriterium Trennkraft sei hier noch eigens aufgeführt, da es im Zusammen­hang mit dem Recycling noch Bedeutung haben wird. Mit diesem Prüfkriterium wird die Festigkeit und Belastbarkeit der Verbindung zwischen verschiedenen Schichten, z.B. Schaumstoff und Polsterstoff, getestet.[36]

Abschließend sei noch betont, dass nicht alle diese Merkmale für jedes Automobiltextil ge­fordert werden und des­halb auch nicht immer geprüft werden. Vielmehr werden die einzelnen Qualitäten jeweils speziell entwickelt unter den Ge­sichtspunkten Anwen­dungsfall, Eigenschafts­werte, Design und nicht zuletzt dem zu erzielen­den Preis.[37]

2.1.2 Konsumentenwünsche und Forderungen

Sieht man die Anforderungen, die die Automobilhersteller an die Eigenschaften ihrer Autotextilien stellen als Spiegelbild dessen, was ihre Käufer verlangen, so las­sen sich die Käuferwünsche und -forderungen bzgl. der textilen Ausstattung eines PKWs leicht anhand des vorigen Kapitels ableiten. Diese Wünsche werden jedoch kaum derartig ins Detail gehen, wie es durch die Textilspezifikation getan wird. So ist es wohl kaum denkbar, dass sich ein Autokäufer über das Fogging oder die Wölber­müdung seines Fahrersitzes Gedanken machen wird. Seine Vorstellungen über die Eigenschaften seiner textilen Ausstattung sind eher mit Begriffen wie Sitzkomfort, Pflegeleichtigkeit, Strapazierfähigkeit u.ä. zu charakterisieren.[38]

Darüber hinaus werden z.B. Frauen als Mitentscheidende oder als Käuferinnen eines eigenen Wagens mehr Wert auf ein geschmackvolles und attraktives Interieur legen.[39] Für sie können Kriterien wie die Optik, Bequemlichkeit, Wärme und Wohn­lichkeit einer Innenausstattung mehr Bedeutung haben als die reine Funktionalität. Ansprüche an die Gebrauchseigenschaften werden wohl erst dann auftreten, wenn es z.B. zu Schäden oder Abnutzungserscheinungen kommt.[40]

Welche Wünsche die Automobilhersteller bei ihren Kunden sehen bzw. anspre­chen wollen, geht vielleicht am besten aus ihren Werbematerialien hervor. So preist die Bayerische Motoren-Werke AG (BMW) den neuen 3er in einer Broschüre wie folgt an: "Geschmackvoll kombinierte Farben und ausgewählte Stoffe schaffen ein individuelles Ambiente. Vordergründig modische Attribute sucht man vergebens. Stattdessen findet man Eleganz und empfindet Wohlbehagen".

Und in der Broschüre der Mercedes-Benz AG, die die mit dem 3er-BMW ver­gleichbare 190er-Serie vorstellt, heißt es zu den Vordersitzen: "Polsterung und Ober­flächenprofilierung sorgen für sicheren Seitenhalt und Rückenabstützung. Ermü­dungsfreier Sitzkomfort auch durch weiche Oberflächenpolsterung".

Während BMW also mehr auf Optik und Individualität setzt, wird bei Mercedes die Funktionalität betont.

Hierbei muss sicherlich berücksichtigt werden, dass beide Unternehmen trotz ei­niger Überschneidungen unterschiedliche Zielgruppen ansprechen wollen.

Dennoch wird deutlich, dass die textile Innenausstattung differenzierten Kun­denwünschen gerecht werden muss. In diesem Zusammenhang wäre es interessant gewesen, zu untersuchen, welche Rolle das Thema "Automobiltextilien" in den Wer­beaussagen der verschiedenen Hersteller spielt. Dies kann jedoch nicht die Aufgabe dieser Arbeit sein.

2.2 Faserarten in Automobiltextilien

Das vorangegangene Kapitel hat deutlich gezeigt, dass die Erfüllung der an die Automobiltextilien gerichteten hohen Anforderungen nur durch die Verwendung von Materialien gewährleistet ist, die ebenfalls hohen und höchsten Anforderungen ge­nügen. Von Naturfasern können diese hohen Ansprüche nur selten erfüllt werden, weshalb zum überwiegenden Teil synthetische Chemiefasern zur Herstellung von Vgl. ten Hoevel, B. (1989): Weltweite Markttrends für Autotextilien, in: CTI, 39./91. Jg., H.5, S. T159. Vgl. Wiume (1984) S. 1014.

Autotextilien eingesetzt werden.[41] Betrachtet man z.B. den Anteil der Faserarten, die zur Herstellung technischer Textilien eingesetzt werden, erkennt man, dass Chemie­fasern rund 90 % ausmachen (vgl. Abb.8).

Abb.8: Faserverarbeitung 1988 nach Einsatzgebieten in der Bundesrepublik Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Industrievereinigung Chemiefaser e.V. (Hrsg., 1990): Die Chemiefaser-Industrie in der Bundesrepublik Deutschland 1989, Frankfurt, S. 14.

Im nachfolgenden Kapitel soll nun versucht werden, einen Überblick über die verwendeten Fasern und Garne für Bezugsstoffe und für Bodenbeläge zu vermitteln.

2.2.1 Fasern und Garne für automobile Bezugsstoffe

Als Fasern für Bezugsstoffe werden z.Z. Polyester, Polyamid, Polyacryl und Wol­le verwendet.

Ein wesentlicher Vorteil von Polyester (PES) ist die gute Lichtstabilität bzw.

Heißlichtechtheit der Faser.[42] Weiterhin weisen PES-Fasern eine starke Wider­standsfähigkeit gegen mechanische Beanspruchungen auf, haben gute Gebrauchs- eigenschaften und sind sehr pflegeleicht.[43] Darüber hinaus zeichnen sie sich durch eine hohe Elastizität, eine 100 % Nassfestigkeit und eine hohe Laugen- und Säure- beständigkeit aus.[44] Mit ihren elastischen Eigenschaften übertreffen sie alle anderen Synthesefasern. Die Dichte von PES-Fasern beträgt 1,38. Als unbefriedigend hat sich bei höherpoligen Konstruktionen aus PES-Fasern das Wiedererholungsvermö- gen erwiesen, wenn die Poldichte gering war.[45] Vor allem wegen ihrer guten UV- Lichtbeständigkeit nehmen PES-Fasern in Westeuropa eine dominierende Stellung ein.[46]

Bei Polyamid (PA) gibt es verschiedene Typen, die durch die Anzahl der in den Monomeren der Ausgangsstoffe enthaltenen Kohlenstoffatome gekennzeichnet sind.[47] So gibt es PA 6 (z.B. Perlon), PA 6.6 (z.B. Nylon), PA 7, PA 9, PA 11 und PA 12.[48] Polyamid 6.6 beispielsweise enthält 2 mal 6 Kohlenstoffatome.[49] Als Faserma­terial für Automobiltextilien haben nur PA 6 und PA 6.6 Bedeutung erlangt.

Abhängig vom Verstreckungsgrad weist Polyamid die höchste Festigkeit aller Textilrohstoffe auf. Darüber hinaus zeichnen sich PA-Fasern durch eine hohe Elasti­zität, eine sehr gute Reiß- und Scheuerfestigkeit sowie eine sehr gute Beständigkeit gegen organische Lösungsmittel und Verrottung aus. Unter den Synthesefasern ha­ben sie die geringste Feuchtigkeitsaufnahme. PA-Fasern haben eine geringe Dichte, sind alkalibeständig und thermoplastisch. Nachteilig sind ihre mäßige Licht­/Hitzebeständigkeit und die befriedigende Pillingresistenz. Das Problem der Licht­/Hitzebeständigkeit versucht die Chemiefaser-Industrie durch veränderte Faser­Konstruktionen in den Griff zu bekommen.[50] Fasermischungen aus Polyamid und Polyester werden vor allem aus musterungstechnischen Gründen verwendet. Über die Kreuzfärbung mit PES (rohweiß oder garn- bzw. spinngefärbt) ist es auf relativ einfache Weise möglich, Zwei- oder ggfs. auch Mehrfarbeneffekte zu erzielen.[51]

Polyacryl-Fasern (PAC) weisen neben einigen guten Eigenschaften auch ver­schiedene Problemzonen auf. Positiv zu beurteilen sind der wollähnliche Griff (gute Haptik), die außergewöhnlich hohe Hitze- und Lichtbeständigkeit und die vergleichs­weise geringe Neigung zum Pilling. Als problematisch für den Einsatz in Autotextilien erweisen sich hingegen die geringe Quellfähigkeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten beim Färben, die hohe elektrostatische Aufladung, durch die das Anschmutzverhalten verschlechtert wird, die Neigung zum Vergilben, die geringe Schweißaufnahmefähigkeit oder die Gefahr der Deformierung.[52] Einige dieser Prob­leme sind sicherlich durch entsprechende Beimischungen zu lösen. So wird z.B. die Färbbarkeit durch Zusetzung von Comonomeren zur Spinnmasse verbessert. Die Dichte ist mit 1,14 - 1,19 sehr gering. Im Vergleich zu anderen Fasern ist bei Polyac­ryl noch die hohe Bauschfähigkeit und die hervorragende Farbgebung hervorzuhe­ben. Laut Hakenmüller und Iyer gilt PAC als die klassische Faser für geraschelte Polware.[53]

Die Bezeichnung Wolle (WO) gilt nach dem Textilkennzeichnungsgesetz nur für Fasern vom Fell des Schafes.[54]

Wolle ist außerordentlich elastisch, sie ist reißfest und besitzt eine gute Knitter­erholung und Wiedererholung. In gewissen Grenzen (bis ca. 100°C) lässt sie sich durch Feuchtigkeit, Hitze und Druck in dauerhafte, bestimmte Formen bringen.[55] Die Scheuerfestigkeit von Wolle ist gering, ebenso sind die Pillingresistenz, die Pflege­leichtigkeit und die Reinigungsmöglichkeiten lediglich befriedigend. Probleme berei- ten auch die Licht- und Hitzebeständigkeit.[56] Wegen ihrer guten physiologischen Ei­genschaften und ihrer luxuriösen Optik wird Wolle überwiegend in höherwertigen Au­tomobilen verarbeitet. Dabei werden fast ausschließlich PES/WO-Mischungen ver­wendet, in Verhältnissen von z.B. 70/30 oder 55/45 (vgl. im Anhang B Telefax der Mercedes-Benz AG v. 08.03.1991).

Eine Zusammenfassung der wichtigsten Fasereigenschaften zeigt noch einmal Abb.9. Darin sind zu Vergleichszwecken auch Viskose (CV) und Baumwolle (CO) aufgenommen worden. Die Angaben beziehen sich auf Normalmaterial ohne Spezi- albehandlung. Abschließend sei noch erwähnt, dass es auch Entwicklungen gibt, bei denen Polypropylen(PP)-Fasern für Bezugsstoffe getestet werden. Diese Entwick­lungen sind insofern interessant, als der Preisdruck seitens der Automobilhersteller ständig wächst und die Rohstoffpreise für Polypropylen noch vergleichsweise niedrig sind. Ein großes Problem bei diesen Fasern ist allerdings ihre schlechte Wiedererho- lung.[57] Praktische Anwendungsbeispiele für PP in Bezugsstoffen gibt es auf dem mexikanischen und amerikanischen Automobilmarkt.[58]

Abb.9: Materialeigenschaften ausgewählter Fasern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Wiume (1984t S. 1014.

Die Garne, die für Stoffkonstruktionen verarbeitet werden, können lediglich auf­gezählt werden. Eine ausführlichere Behandlung konnte in der verfügbaren Literatur nicht gefunden werden. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Garne:

- flache PES-Filamentgarne,
- texturierte PES-Filamentgarne (z.B. nach dem Falschdrahtverfahren),
- taslanisierte PES-Filamentgarne (luftblastexturiert), wobei nach Garngewichten von < 600 dtex und > 600 dtex unterschieden wird,
- gesponnene PES-Garne bzw. PES/Woll-Garne,
- flache PA-Filamentgarne,
- Polyacryl-Spinnfasergarne,
- Wollgarne und
- Nylflock.

Bei Flock handelt es sich um ein geschnittenes Filamentgarn mit Längen unter 10 mm. Es wird speziell für die elektrostatische Beflockung von technischen Flä- chengebilden verwendet.[59] Wichtigster Rohstoff für Autotextilien ist PA 6.6, aus dem das sog. Nylflock hergestellt wird. Flockgarn entsteht durch Radialbeflockung eines Trägerfadens.[60] Einsatzgebiete von Flock im Automobil sind z.B.

- profile Fensterführung,
- ABC-Säulen,
- Formhimmel,
- Hutablagen,
- Handschuhkästen und
- Türverkleidungen.

Aus dem deutschen Markt ist nur der Einsatz für BMW-Sitze bekannt.[61] Als Färbemethoden für die in Autotextilien verarbeiteten Garne nennt ten Hoevel das Flockefärbverfahren (dominierend in Westeuropa) und die Stückfärbung (ohne große Bedeutung). Für spinngefärbte Garne sieht er keine Marktchancen.[62]

2.2.2 Fasern und Garne für Bodenbeläge

Ebenso wie für Bezugsstoffe werden auch für Automobilbeläge die synthetischen Chemiefasern Polyamid und Polyester verarbeitet. Hinweise auf den Einsatz von Po­lyacryl konnten nicht gefunden werden. Ebenso fand sich keine Quelle, die den Ein­satz von Naturfasern erwähnt. Allerdings findet im Gegensatz zu den Bezugsstoffen Polypropylen Verwendung bei der Herstellung von Bodenbelägen.

Polypropylen (PP) wird aus dem bei der Rohölverarbeitung anfallenden Propy­len durch Polymerisation gewonnen und im Schmelzspinnverfahren zu Fasern verar­beitet.[63] Diese sind mit einem spezifischen Gewicht zwischen 0,87 - 0,94 g/m leich­ter als Wasser. Die Feuchtigkeitsaufnahme von PP-Fasern liegt bei null. Ihre biologi­sche und chemische Beständigkeit ist als gut zu bezeichnen. PP-Fasern zeichnen sich durch ihre Festigkeit, ihre gute Dimensionsstabilität und hohe mechanische Be­ständigkeit aus.[64] Ihre geringe statische Aufladung ist mit ein Grund für ihr günstiges Anschmutzverhalten. Die einfache Reinigung der Faser sorgt für ihre Pflegeleichtig­keit. Gegen UV-Licht reagieren PP-Fasern empfindlich, weshalb nur jene Faserty­pen, die gezielt auf starke UV-Strahlung hin konstruiert sind, den Beanspruchungen in Automobilen widerstehen können.[65] Die Dichte der Fasern ist mit 0,91 sehr niedrig.

Über die Garne in Bodenbelags-Konstruktionen konnte lediglich erfahren wer­den, dass Polyamid-Stapel und Polyamid-Endlos verarbeitet werden.[66] Über PES und PP waren keine detaillierten Angaben zu finden. Lediglich Bauer verweist darauf, dass zur Herstellung textiler Bodenbeläge PES-Spinnfasern verwendet werden. Da­bei gilt es zu berücksichtigen, dass diese Quelle mit ca. 11 Jahren verhältnismäßig alt ist.

2.3 Die Flächengebilde im Automobil

Bei den textilen Flächenerzeugnissen lassen sich zwei Anwendungsbereiche un­terscheiden:

a) Flächenerzeugnisse für Bezugsstoff-Konstruktionen,

b) Flächenerzeugnisse für Belags-Konstruktionen.

In der Intercontuft-Studie von 1987 werden folgende Flächengebilde für Bezugs- stoff-Konstruktionen in Westeuropa genannt:[67]

- Flachgewebe,
- Polgewebe,
- Kettengewirke,
- Raschelplüsch und
- Rundstrickware.

Hierbei erscheint die Unterteilung in Kettengewirke und Raschelplüsch nicht ganz eindeutig zu sein. Dies ist zum einen in der Unterteilung selbst begründet, zum anderen bereitet aber auch der Begriff Raschelplüsch etwas Schwierigkeiten.

Folgt man dem Textil- und Modelexikon von Hofer,[68] dann handelt es sich bei Raschel um eine Spezialtechnik der Kettenwirkerei. Folglich muss es sich bei Ra­schelplüsch um ein Kettengewirke handeln, das auf einer Raschelmaschine herge­stellt wird. Der technologisch richtige Begriff für dieses Flächengebilde ist laut Ha­kenmüller und Iyer Schneidplüsch und die synonyme, häufiger verwendete Waren­bezeichnung ist Doppelplüsch.[69] Dies scheint auch durch die Intercontuft-Studie bestätigt zu werden, die in einem Hinweis auf eine Maschinen-Neuentwicklung von einer Doppelplüsch-Raschelanlage spricht.[70] Der Terminus Doppelraschel hinge­gen, der in der Intercontuft-Studie in einer Anmerkung zu der Bezeichnung Raschel­plüsch erwähnt wird, wird in keiner anderen Quelle bestätigt. Dennoch kann natür­lich nicht ausgeschlossen werden, dass die beiden Wortschöpfungen aus der Inter­contuft-Studie in der Praxis durchaus gängig sind. In dieser Arbeit soll jedoch in An­lehnung an Hakenmüller und Iyer weiterhin von Doppelplüsch gesprochen werden. Die Herstellung von Doppelplüsch erfolgt in der Weise, dass zunächst eine doppel­flächige Ware erzeugt wird. Anschließend werden die beiden Flächen auf einer Plüschschneidemaschine getrennt. Aus der nun einflächigen Ware ragen freistehen­de Polfadenenden heraus.[71]

Die o.a. Unterteilung der Flächengebilde lässt sich also insofern reduzieren, als man sagen kann, dass die in Westeuropa (und somit auch in der Bundesrepublik) eingesetzten textilen Flächenerzeugnisse für Bezugsstoffe im PKW Gewebe, Gewir­ke und Gestricke sind.

Nach DIN 61 100 handelt es sich bei Geweben um Flächengebilde, die aus sich rechtwinklig verkreuzenden Fäden zweier Fadensysteme, Kette und Schuss, beste- hen.[72] Für den Begriff Flachgewebe konnte keine Erläuterung gefunden werden. Polgewebe werden bei Hofer[73] als Sammelbegriff für alle Plüsch-, Samt-, Frottier- und Teppichgewebe genannt, deren entscheidendes Kennzeichen aufrechtstehende Noppen oder Schlingen sind, die durch eine besondere Polkette hervorgerufen wer­den.

[...]


1 Vgl. Cromm, L. (1989): Kräftiges drittes textiles Standbein, in: Textil-Wirtschaft, H. 22, S. 72.

2 Hofer, A. (1988): Textil- und Modelexikon, 6. Aufl., Frankfurt a.M., S. 488.

3 Intercontuft (Hrsg., 1987): Textil im Automobil, Forschungsarbeit, Brüssel.

4 Steynitz, J. v. (1990): Entwicklungstrends und technische Anforderungen an Automobiltextilien, in: Che­miefasern/Textilindustrie (im Folgenden mit CTI abgekürzt), 40./92.Jg., H. 7/8, S. T132 - T135.

5 Bundesministerium des Innern (Hrsg., 1981): Was Sie schon immer über Umweltschutz wissen wollten, Berlin u.a., S. 219ff.

6 Vgl. die Gesprächsnotiz im Anhang B.

7 Vgl. hierzu auch Hofer (1988) S. 494.

8 Vgl. Steynitz, v. (1990) S. T132.

9 Vgl. Eisele (1987): Geruch und Fogging von Automobil-Innenausstattungsmaterialien, in: Melliand Textil­berichte, H.3, S. 206.

10 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 164.

11 Vgl. im Anhang A Tabelle 27.

12 Schmidt, Deininger (1988) S. 164.

13 Gleichzeitig meist Weiterverarbeiter und auf jeden Fall Endproduktverkäufer.

14 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 165.

15 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 165.

16 Vgl. Borgers, J. GmbH & Co.KG (Hrgs.,1990): Nadel-Polvliesbeläge für den Automobilbau, Broschüre, Bocholt, S. 24.

17 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 165.

18 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 166.

19 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 166.

20 Vgl. Eisele, D. (1990): Nadel-, Polvliesbeläge NVB/PVB) für den Automobilbau, Broschüre der Fa. Johann Borgers GmbH & Co.KG v. 22.11.1990, Bocholt, S. 7.

21 Vgl. Fritsche, H. (1972): Gewirkte Autopolsterstoffe, in: Melliand Textilberichte, H.3, S. 289.

22 Vgl. Eisele (1990) S. 7.

23 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 168.

24 Vgl. Eisele (1990) S. 7.

25 Vgl. Schmidt, Deininger (1988) S. 168.

26 Vgl. Wiume, W. (1984): Bezugsstoffe für Sitzmöbel und Fahrzeugsitze, in: textil praxis international (im Folgenden mit "tpi" abgekürzt), H.10, S. 1014.

27 Vgl. Borgers (Hrsg., 1990) S. 34.

28 Vgl. Borgers (Hrsg., 1990) S. 33.

29 Vgl. Borgers (Hrsg., 1990) S. 33.

30 Vgl. Niestegge, R. (1988): Foggingarme Avivagen, in: CTI, 38./90. Jg., H.7/8, S. 798.

31 Vgl. Eisele (1987) S. 208f,4 Hardt, P.; Kerres, B. (1988): Foggingarme Spinnereiavivagen, in: CTI, 38./90. Jg., H.12, S. 1128.

32 Vgl. Fritsche (1972) S. 289.

33 Vgl. Borgers (Hrsg., 1990) S. 24.

34 Vgl. Tinti, U. (1990): Chemiefasern für die Automobilindustrie, in: CTI, 40./92. Jg., H.6, S. T97.

35 Vgl. Tinti (1990) S. T97.

36 Vgl. Tinti (1990) S. T97.

37 Vgl. Hofer (1988) S. 375.

38 Vgl. Intercontuft (Hrsg.,1987) S. 25.

39 Vgl. Steynitz, v. (1990) S. 132f.

40 Vgl. Bauer, R. (1979): Chemiefaser-Lexikon, 8. Aufl., Frankfurt a.M. S. 42.

41 Vgl. Hofer (1988) S. 373f.

42 Vgl. Adebahr-Dörel, L. (1979): Von der Faser zum Stoff, 27., erw. u. verb. Aufl., Hamburg, S. 39.

43 Vgl. Intercontuft (Hrsg.1987) S. 25.

44 Vgl. Steynitz, v. (1990) S. T132f.

45 Vgl. Scruggs, J.G. (1986): Polypropylen für Autotextilien, in: CTI, 36./88. Jg., H.3, S. T14; o.V. (1988): Polypropylenfasern, in: Wirkerei-und Strickerei-Technik, 38. Jg., H.5, S. 542.

46 Vgl. Hofer (1988) S. 377.

47 Vgl. Schneider, H.; Supanz, P. (1981): Einsatz von Textilbelägen aus Polypropylen im Automobil, in: CTI, 31./83. Jg., H.10, S. 759.

48 Vgl. Eisele (1990) S. 6.

49 Vgl. Intercontuft (Hrsg.1987) S. 43. Vgl. Intercontuft (Hrsg.1987) S. 23

50 Vgl. Hakenmüller, Ch.; Iyer, Ch. (1990a): Kettengewirkte Automobil- und Möbelbezugsstoffe, in: Wirkerei- und Strienmüller, Ch.; Iyer, Ch. (1990a): Kettengewirkte Automobil- und Möbelbezugsstoffe, in: Wirkerei- und Strickerei-Technik, 40. Jg., H.6, S. 587.

51 Vgl. Hofer (1988) S. 372.

52 Vgl. Hakenmüller, Ch.; Iyer, Ch. (1990b): Kettengewirkte Automobil- und Möbelbezugsstoffe, in: Wirkerei- und Strickerei-Technik, 40. Jg., H.8, S. 808f.

53 Vgl. Adebahr-Dörel (1979) S. 16.

54 Vgl. Adebahr-Dörel (1979) S. 18.

55 Vgl. Intercontuft (Hrsg.1987) S. 25.

56 Vgl. Bauer (1979) S. 26.

57 Vgl. Goerens, R.L. (1989): Flock in der Automobilindustrie, in: CTI, 39./91. Jg., H.3, S. T15.

58 Vgl. ten Hoevel (1989) S. T160.

59 Vgl. ten Hoevel (1989) S. T160.

60 Vgl. Hofer (1988) S. 391.

61 Vgl. Hakenmüller, Ch.;Iyer, Ch. (1990): Kettengewirkte Automobil- und Möbelbezugsstoffe, in: Wirkerei- und Strickerei-Technik, 40.Jg., H.5, S.468 u. (1990b) S.806

62 Vgl. Intercontuft (1987) S. 23.

63 Vgl. Hakenmüller, Iyer (1990b) S. 806.

64 Vgl. Adebahr-Dörel (1979) S. 80.

65 Vgl. Hofer (1988) S. 371.

66 Vgl. Hofer (1988) S. 512f.

67 Vgl. Adebahr-Dörel (1979) S. 127f.

68 Vgl. Intercontuft (Hrsg., 1987) S. 47.

69 Vgl. Intercontuft (Hrsg., 1987) S. 46.

70 Vgl. Adebahr-Dörel (1979) S. 119.

71 Vgl. Hofer (1988) S. 325.

72 Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg., 1982): DIN 61210, Berlin, S. 3f.

73 Z.B. durch gute und dauerhafte Fasereinbindung, geringes Pilling, gute Maß- und Formstabilität und hohe Standfestigkeit.

Fin de l'extrait de 138 pages

Résumé des informations

Titre
Der Einsatz technischer Textilien im Personenkraftwagenbau. Recycling von Automobiltextilien
Université
University of Münster  (Forschungsstelle für allgemeine und textile Marktwirtschaft)
Note
1
Auteur
Année
1991
Pages
138
N° de catalogue
V383841
ISBN (ebook)
9783668594647
ISBN (Livre)
9783668594654
Taille d'un fichier
28441 KB
Langue
allemand
Annotations
Auszeichnung durch AKZO Faser AG Dezember 1992
Mots clés
Automobil Recycling Technische Textilien PKW-Bau, Automobiltextilien
Citation du texte
Andreas Wiench (Auteur), 1991, Der Einsatz technischer Textilien im Personenkraftwagenbau. Recycling von Automobiltextilien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383841

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