Die mathematische Funktionsweise des Kalman Filters und seine Erweiterungen


Tesis (Bachelor), 2015

75 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit thematisiert den strukturellen Aufbau und die mathematische Funk-
tionsweise des Kalman Filters. Für eine verständliche Analyse des Kalman Filters werden
zunächst mathematische Kenntnisse bereitgestellt. Diese beinhalten zum einen stochasti-
sche Grundlagen, wie zum Beispiel das Wissen über stochastische Verteilungen. Zum
anderen wird knapp auf die Analysis eingegangen, in der die Zustandsraumdarstellung für
spätere Beschreibungen erklärt wird. Darauf basierend folgt der Kern der Arbeit, worin die
vollständige mathematische Herleitung besteht. Angefangen mit einer Zustands- und
Messgleichung werden schrittweise auf die fünf Gleichungen des Kalman Filters geschlos-
sen, deren Anwendung am Ende der Herleitung beispielhaft für ein Navigationsproblem
eines Kraftfahrzeugs veranschaulich werden. Dadurch dass in der Realität viele Anwen-
dungen von nichtlinearer Natur sind, wird der Kalman Filter so erweitert, dass das Exten-
ded Kalman Filter und das Unscented Kalman Filter erwähnt wird. Um auf bestimmte
Schwachstellen des Filters zu reagieren, werden auf die adaptive Filterung sowie das dua-
le Kalman Filter aufmerksam gemacht. Die Wichtigkeit der Thematik wird in einem Anwen-
dungsbeispiel für die Ladezustandsbestimmung einer Batterie verdeutlicht.

I
Abstract
The present thesis broaches the issue of the structure and the mathematical manner of
functioning of the Kalman filter. For the further explanation some mathematical basics are
given, especially topics about stochastics, for example stochastic distribution functions.
The other required mathematic is part of the Analysis, the state space representation,
which is described in its basics. With these preperations the core of this thesis is about to
set, which contents a derivation step by step. Beginning with the equations of state and
measurement the five Kalman filter equations are the final results. At the end of the deriva-
tions the application of the filter is illustrated in an example for a navigation problem of a
vehicle. In fact that real applications are often described mathematically as non-linear the
extended Kalman filter and the unscented Kalman filter are named. In order to react
against the weaknesses of the Kalman filter the method of adaptive filtering and the dual
Kalman filter is presented. The importance of this thesis' issue is shown in a short exam-
ple for the state of charge estimation of a battery storage.
.

I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Grundlagen
4
2.1 Mathematisches Vorwissen ... 4
2.1.1 Zufallsvariablen ... 4
2.1.2 Die Gaußverteilung- bzw. Normalverteilung ... 4
2.1.3 Kovarianz und Kovarianz Matrizen ... 6
2.2 Systemdarstellung im Zustandsraum ... 6
2.2.1 Lineare Systeme ... 7
2.2.2 Nichtlineare Systeme ... 7
2.2.3 Zeitdiskrete Darstellung ... 7
2.2.4 Stochastische Störung ... 8
3 Kalman Filter
9
3.1 Herleitung ... 9
3.1.1 Prädiktionsschritt ...11
3.1.2 Korrekturschritt ...13
3.2 Anschauliche Diskussion ... 16
3.3 Algorithmus ... 18
3.4 Beispielhafte Anwendung ... 19
3.5 Eigenschaften ... 24
3.6 Zusammenfassung ... 24
4 Erweiterungen für nichtlineare Systeme
26
4.1 Das Extended Kalman Filter ... 26
4.1.1 Algorithmus ...27
4.1.2 Zusammenfassung ...28
4.2 Nichtlineare Transformation ... 29
4.2.1 Transformation des Erwartungswertes ...30
4.2.2 Transformation der Kovarianz ...31
4.3 Das Unscented Kalman Filter ... 33
4.3.1 Verwendung der Unscented Transformation ...34
4.3.2 Algorithmus ...37
4.3.3 Zusammenfassung ...40
4.4 Theoretischer Vergleich EKF versus UKF ... 40

Inhaltsverzeichnis
II
5 Adaptive Filterung
45
5.1 Interacting Multiple Model Filter ... 46
5.2 Algorithmus ... 47
5.3 Zusammenfassung ... 49
6 Duales Kalman Filter
50
7 Anwendungsgebiete des Kalman Filters
53
7.1 Ladezustandsbestimmung von Batterien mithilfe von Kalman Filtern ... 53
7.1.1 Modellierung einer Lithium-Ionen-Batterie ...54
7.1.2 Batterie SoC Bestimmung mit EKF und UKF ...55
7.1.2.1 Batterie SoC Bestimmung mit einem EKF ... 55
7.1.2.2 Batterie SoC Bestimmung mit einem UKF ... 57
7.1.3 Resultat...61
8 Zusammenfassung und Ausblick
62
Literaturverzeichnis
66
Abbildungsverzeichnis
69
Tabellenverzeichnis
70

1
1 Einleitung
Die Problematik bei der Schätzung und Voraussage von Ereignissen, unter Berücksichti-
gung von Beobachtungen und Messungen mit dabei zufällig auftretenden Fehlern, stellen
Ingenieure und Naturwissenschaftler seit vielen Jahrhunderten eine große Herausforde-
rung. Carl Friedrich Gauß entwarf mit seiner Ausgleichsrechnung eine erste mathemati-
sche Optimierungsmethode, um eine optimale Schätzung zu bestimmen [1]. Ziel der Aus-
gleichung ist es zufallsbedingte Beobachtungs-und Messfehler zu kompensieren. Die Er-
findung liefert seitdem sowohl ein weit verzweigtes Forschungsgebiet für Ingenieure, Na-
turwissenschaftler und Mathematiker als auch eine Grundlage heutiger Schätzverfahren
[2] [3]. Die immer mehr ansteigende Automatisierung in diesem Jahrhundert, mit erhöhter
Anforderung an die Genauigkeit und Sicherheit der zu regelnden Systeme, erforderte den
Einsatz von intelligenten Regelungen. Diese beschränken sich nicht mehr allein mit dem
messbaren Ausgangssignal, sondern erfordern häufig die Kenntnis über alle dynamischen
Größen des Systems. Aus der Gaußschen Ausgleichsrechnung entstand zunächst das
Wiener Filter [5], das sich nach weiteren Operationen zum Kalman Filter [4] entwickelt. Im
Gegensatz zum Wiener Filter ist der Ausgangspunkt des Kalman Filters die Beschreibung
eines zeitdiskreten linearen stochastisch erregten Systems mit Hilfe von Differenzenglei-
chungen. Sein rekursiver Schätzalgorithmus lässt sich zudem ohne Probleme in Computer
implementieren. In Zusammenarbeit mit Richard Snowden Bucy, formulierte Kalman das
Kalman-Bucy Filter für zeitkontinuierliche Systeme. Wobei hier anstatt Differenzenglei-
chungen, Differentialgleichungen verwendet werden [2]. In beiden Fällen sind aber gauß-
sche normalverteile weiße Rauschprozesse die Rauschstörungen. Der resultierende
Schätzwert wird dann als optimal bezeichnet, im Sinne von minimalen Varianzen des auf-
tretenden Schätzfehlers.
Die Bedeutung des Kalman Filters gilt allgemein als eine der bedeutendsten Erfindungen
des 20.Jahrhunderts im Bereich der Regelungstechnik. Erste enorme Dienste leistete es
für die Ende der fünfziger Jahre aufkommende Raumfahrtindustrie. Den sagenhaftesten
Einsatz hat es im Apollo-Programm der NASA gegeben, in welchem es im Navigationssys-
tem erfolgreich durchgeführt werden konnte. Die Stabilität des Kalman Filters wurde be-
reits in [31][32] hinreichend nachgewiesen. Bei praktischen Anwendungen muss aber
heutzutage von einem nichtlinearen Schätzproblem (Navigationstechnik etc.) ausgegan-

1 Einleitung
2
gen werden. Das Extended Kalman Filter oder auch das neuere Unscented Kalman Filter
repräsentieren Erweiterungen des Kalman Filters auf den nichtlinearen Fall. Bei diesen
Varianten handelt es sich um heuristische Verfahren. Auch wenn es für das Extended
Kalman Filter noch keine Nachweise über die Stabilitätseigenschaften des auftretenden
Schätzfehlers existieren, gilt es heute als die meisteingesetzte Lösung für nichtlineare
Schätzungsprobleme.
Das gewünschte Ziel dieser Arbeit ist die Herausarbeitung der mathematischen Funkti-
onsweise des Kalman Filters, denn es ist und wird auch in Zukunft eine sehr leistungsstar-
ke Technik in vielen technischen, wissenschaftlichen und auch wirtschaftlichen Bereichen
sein.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem strukturellen Aufbau und die mathemati-
sche Funktionsweise des Kalman Filters. Um den Leser mit der Arbeitsweise des Kalman
Filters vertraut zu machen, werden zu Beginn in Kapitel 2 Einführungen in stochastische
und mathematische Grundlagen gegeben. Schwerpunkte sind dabei auf den Zufallsvariab-
len und Gaußverteilungen gesetzt. Aus der Analysis wird auf die Beschreibung von Sys-
temen im Zustandsraum eingegangen.
Das nachfolgende Kapitel 3 stellt die Funktionsweise des Kalman Filters als Zustands-
schätzer für lineare Systeme vor. Dabei werden die Kalman Filtergleichungen auf Basis
der Zustandsraumdarstellung schrittweise hergeleitet. Daran anschließend wird eine bei-
spielhafte Anwendung vorgestellt, um das Verständnis des Kalman Filters zu erleichtern.
Dieses Beispiel zeigt ein Navigationsproblem eines Kraftfahrzeugs, das auf eine Schät-
zung seiner Position angewiesen ist.
Dadurch dass in der Realität viele Systeme nicht linear arbeiten, kann das Kalman Filter,
das nur auf lineare Systeme anwendbar ist, keine Ergebnisse liefern. Um auch auf nichtli-
neare Fälle einzugehen, werden in Kapitel 4 das Extended Kalman Filter und das Unscen-
ted Kalman Filter vorgestellt. Das Ziel dieser beiden Erweiterungen ist die Linearisierung
des nichtlinearen Systemmodells. Ein theoretischer Vergleich der zwei Filter schließt die-
ses Kapitel ab.
Ein Grundproblem des Kalman Filters ist die passende Wahl der Kovarianz Matrizen des
Prozessrauschens und des Messrauschens. Das Kalman Filter setzt die Kenntnis über
diese Kovarianz Matrizen voraus. Da diese aber in praktischen Anwendungen nicht be-
kannt sind, werden in Kapitel 5 und 6 zum Entgegenwirken dieses Problems die adaptive
Filterung und das duale Kalman Filter präsentiert. Während das adaptive Filter die Kovari-
anz Matrizen iterativ bestimmt, verwendet das im nachfolgenden Kapitel 6 gezeigte duale

1 Einleitung
3
Kalman Filter einen zweiten Kalman Filter. Es betreibt somit zwei Kalman Filter zur selben
Zeit.
Für Zustandsbeobachter, wie das Kalman Filter, gibt es viele verschiedene Einsatzberei-
che. Es wird besonders für die Schätzung innerer Zustände, wie den Ladezustand einer
Batterie und zur Nachbildung des dynamischen Batterieverhaltens eingesetzt. Kapitel 7
stellt ein Anwendungsbeispiel vor, das den Ladezustand einer Lithium-Ionen-Batterie in
Elektrofahrzeugen bestimmt. Das Beispiel erfolgt zum einen auf Basis des Extended Kal-
man Filters und zum Anderen auf Basis des Unscented Kalman Filter. Anschließend wer-
den die Ergebnisse mit Schwerpunkt auf die Genauigkeit und Konvergenz miteinander
verglichen.
Eine Zusammenfassung der in dieser Arbeit gewonnenen Resultate findet sich letztendlich
im abschließenden Kapitel 8.

4
2 Grundlagen
2.1 Mathematisches Vorwissen
In diesem Abschnitt werden mathematische Grundlagen zum besseren Verständnis des
Kalman Filters beschrieben, da das Kalman Filter ein mathematisches Vorwissen über
verschiedene Teilbereiche der Mathematik erfordert.
2.1.1 Zufallsvariablen
Werden die Versuchsausgnge eines Zufallsexperiments auf reelle Zahlen abgebildet, so
nennen sich diese Zufallsvariablen. Es wird zwischen stetigen und diskreten Zufallsvariab-
len unterschieden. Erstere können nur bestimmte Werte annehmen, wie z.B. die Augen-
summe bei mehrmaligem Würfeln, wohingegen diskrete Zufallsvariablen alle Werte eines
Spektrums annehmen können. Es existieren zwei Richtwerte für die Verteilung der Werte
von Zufallsvariablen. Der Erwartungswert , der einen Wert angibt, den die Zufallsvariable
annehmen kann und die Varianz
, die ein Maß für die Abweichung von dem Erwar-
tungswert darstellt. [1]
2.1.2 Die Gaußverteilung- bzw. Normalverteilung
Im Filter werden die Zustände des Systems als Zufallsvektoren und Prozesse betrachtet.
Diese Annahme beruht auf der Voraussetzung, dass diese gaußverteilt sind. Die Funktion
f
,
x ist die Normalverteilung der Dichte oder Gaußsche Verteilungsdichte mit den Pa-
rametern
und . Dabei ist der Erwartungswert und die Standardabweichung. Die
Funktion heißt
- -normalverteilt mit Erwartungswert und Standardabweichung . [1]
,
=
- -
(2.1)
In der mehrdimensionalen Verallgemeinerung wird die Gaußsche Wahrscheinlichkeits-
dichtefunktion
durch den Erwartungswert (Gleichung 2.2), welcher in diesem Fall
ein Vektor ist, und die Kovarianz-Matrix
charakterisiert werden. Die Kovarianz-Matrix

2 Grundlagen
5
enthält als Einträge die Varianzen gemäß Gleichung 2.3. [33]
= )
(2.2)
=
(2.3)
Der Mittelwert und die Kovarianz-Matrix beschreiben die Funktion
. ist eine Zufalls-
variable aus
.
= ||
- -
-
-
(2.4)
mit
... ...
+
-
+
-
=
(2.5)
Dabei gilt:
[]= = Mittelwert des Vektors
[- -
]== Kovarianz-Matrix des Vektors
Eine beispielhafte Gaußverteilung wird in Abbildung 2.1 dargestellt. Der Mittelwert (Erwar-
Abbildung 2.1: Beispielhafte Gaußverteilung mit Mittelwert
,
Standardabweichung
und Varianz

2 Grundlagen
6
tungswert) der Verteilung bildet das Zentrum der Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung. Die-
ser Zentralwert ist der Wert, bei dem von aus die Hälfte aller Werte links und die Hälfte
aller Werte rechts von liegen. Des Weiteren beschreibt die Verteilung die Unsicherheit
des Wertes . Bei gestrecktem Graphen ist die Sicherheit von höher und bei gestauch-
tem die Unsicherheit höher. [6]
Liegt eine Gaußverteilung mit einem bestimmten Erwartungswert und einer Varianz
vor, wird die folgende Formulierung verwendet:
= ,
(2.6)
Bei der Gaußverteilung ist hierbei der Erwartungswert gleich Null und die Varianz Eins:
= ,
(2.7)
2.1.3 Kovarianz und Kovarianz Matrizen
Die Kovarianz stellt ein Maß für die Abhängigkeit von zwei Zufallsvariablen dar. Die Kova-
rianz Matrix beschreibt dieses Maß der Abhängigkeit der Zufallsvariablen untereinander.
Wenn keine Verbindung besteht, so nimmt sie den Wert Null an. Berechnen lässt sich die
Kovarianz anhand folgender Formeln:
, - -
(2.8)
,
(2.9)
Ist ein Vektor
mit , , Zufallsvariablen zu betrachten, so kann die zugehörige Kovari-
anz Matrix folgendermaßen angeben werden [1]:
= ( ), = , , ,
, , ,
, , ,
(2.10)
2.2 Systemdarstellung im Zustandsraum
In diesem Kapitel werden grundlegende Systemdarstellungen erläutert, um daraufhin die
Zustandsschätzung mit Hilfe von Kalman Filtern einzuführen.

2 Grundlagen
7
2.2.1 Lineare Systeme
Lineare, zeitkontinuierliche Systeme können mit Vektoren und Matrizen beschrieben wer-
den. Sie werden durch die Systemgleichung
= +
(2.11)
und Ausgangsgleichung
= +
(2.12)
dargestellt. Die innere Dynamik des Systems wird mit der Systemmatrix
beschrieben.
Die Koppelung der Komponenten des Eingangsvektor
erfolgt über die Eingangsmatrix
. Durch die Ausgangsmatrix
wird der Ausgang
aus dem Zustand
gebil-
det. Beeinflusst ein Eingang direkt und ohne Verzögerung einen Ausgang, so wird dies
durch die Durchgriffsmatrix
dargestellt. Der Zusammenhang der Matrizen mit der Zeit
bedeutet, dass die Systembeschreibung zeitvariant sein kann. [18]
2.2.2 Nichtlineare Systeme
Anders als bei linearen Systemen ist eine Beschreibung bei nichtlinearen, zeitkontinuierli-
chen Systemen nicht mehr mit Matrizen möglich. Grund dafür ist, dass hier nicht nur Line-
arkombinationen der Zustände für die Differentialgleichung realisiert werden. In diesem
Fall werden die System- und Ausgangsgleichung mit vektorwertigen Funktionen beschrie-
ben:
= , ,
(2.13)
=, ,
(2.14)
Die einzelnen Differentialgleichungen (erster Ordnung) sind zu einer Funktion zusam-
mengefasst. Die Ausgangsfunktionen, die auch nichtlineare Elemente enthalten, werden
äquivalent zu einer Ausgangsfunktion
zusammenfasst. [18]
2.2.3 Zeitdiskrete Darstellung
Da Filteralgorithmen normalerweise bei abgetasteten Systemen verwendet und in Mikro-
controller implementiert werden, müssen solche dynamischen Systeme als zeitdiskret
ausgeführt werden.

2 Grundlagen
8
Aus diesem Grund wird ein zeitdiskretes, lineares System
=
-
-
+
- -
(2.15)
=
(2.16)
betrachtet. In der zeitdiskreten Darstellung wird anders als zur bisherigen Notation statt
der Zeitvariable der Zeitindex eingesetzt. Äquivalent gilt für nichtlineare Systeme:
=
-
-
,
-
,
-
(2.17)
= ,
(2.18)
2.2.4 Stochastische Störung
Bei den bisherigen Systembeschreibungen sind bei Auskunft der Eingänge die Ausgänge
ebenfalls bekannt. Das bedeutet sie sind alle deterministisch. In der Realität existieren
jedoch zusätzlich stochastische Störungen in den System- und Ausgangsgleichungen. Aus
diesem Grund werden den Gleichungen die Zufallsvariablen und hinzugefügt. Im Zu-
sammenhang mit dieser Arbeit werden diese auch als Prozess- und Messrauschen be-
zeichnet.
=
-
-
+
- -
+
-
(2.19)
= +
(2.20)
Durch den Einsatz dieser Zufallsvariablen werden
und zwangsweise auch zu Zufalls-
variablen. Im Gegensatz zu normalen Variablen werden Zufallsvariablen keine exakten
Werte zugeordnet, sondern sie werden ersatzweise durch Verteilungsfunktionen beschrie-
ben. [18]

9
3 Kalman Filter
Das vorhergehende Kapitel ist nur als Grundlage für dieses Kapitel geschrieben, und die
nachfolgenden Kapitel dienen dem Ganzen auszuweiten und die Ergebnisse zu verallge-
meinern.
Professor Kalman entwickelte das Kalman Filter in den 1950er Jahren am Research Insti-
tute for Advanced Studies in Baltimore, Maryland. Rund 10 Jahre später veröffentlichte er
seinen Artikel unter dem Titel ,,A new approach to linear filtering and prediction problems",
worin er an das Problem des optimalen Beobachters herangeht. Kalman beschreibt sein
rekursives Verfahren als optimalen Schätzer, der vergangene verrauschte Systemzustän-
de anhand möglichst genauer physikalischer Modellierung und fehlerhafter Messungen
neutralisieren, aktuelle Zustände filtert und zukünftige voraussagen kann. Rekursiv bedeu-
tet hier, dass das Filter für jede Instanz den vorherigen Output als neuen Input benutzt.
Dadurch wird auch der Speicherbedarf gering gehalten, da es keine weiteren Werte spei-
chern muss.
3.1 Herleitung
Ziel dieses Abschnittes ist es die mathematische Herkunft des diskreten Kalman Filters
vorzustellen. Auf Basis der Beschreibung von stochastischen Prozessen und der Berech-
nung von Erwartungswerten, werden die Gleichungen schrittweise hergeleitet. Die Ausfüh-
rungen basieren auf [7].
Zu Beginn wird das lineare System aus Abschnitt 2.2.4 betrachtet
=
-
-
+
- -
+
-
(3.1)
= +
(3.2)
Die beiden Störungen und repräsentieren das Prozessrauschen und das Messrau-
schen. Bisher wurden die beiden Rauschprozesse durch keine Eigenschaften einge-
schränkt. Nun wird allerdings angenommen, dass das Rauschen weiß und mittelwertfrei
ist. Außerdem seien beide Rauschprozesse untereinander unkorreliert und die Sig-
nalamplituden seien gaußverteilt.

3 Kalman Filter
10
Wird zudem von dem Fall ausgegangen, dass die zugehörigen Kovarianz Matrizen be-
kannt sind, kann das Prozessrauschen durch die Kovarianz Matrix beschrieben wer-
den.
= [ ]
(3.3)
Zeitgleich kann das Messrauschen kann durch die Kovarianz Matrix beschrieben wer-
den.
= [ ]
(3.4)
Das mathematische Zeichen
ist das Kronecker-Delta ( = für = und = für
). Der Einsatz der zwei Rauschprozesse hat zur Folge, dass sowohl der Zustands-
vektor als auch der Ausgangsvektor selbst zu Zufallsvariablen werden und ebenfalls
gaußverteilt und weiß sind.
Eine Grundvoraussetzung für eine Abschätzung des Zustandes
zum Zeitpunkt ist die
Kenntnis der Systemdynamik und aller Messungen bis zum Zeitpunkt . Sollten alle Mes-
sungen für die Schätzung vorliegen, so wird der Schätzwert a posteriori genannt und mit
bezeichnet. Es gilt
= [| , ,..., ]
(3.5)
Liegt die letzte Messung noch nicht vor oder wurde sie noch nicht verarbeitet, so wird der
Schätzwert a priori genannt und mit
-
bezeichnet. Analog gilt hier
-
= [| , ,...,
-
]
(3.6)
Der Initialwert für den Zustand wird entsprechend dieser Notation mit
bezeichnet. Des-
gleichen wird der Anfangswert als Erwartungswert des wahren Anfangszustands bestimmt:
= []
(3.7)
Um die Charakteristik der Schätzung als Zufallszahl zu ermöglichen, wird neben dem
Schätzwert, der als Erwartungswert des Zustandes und somit Mittelwert der Verteilung
definiert wurde, auch die Kovarianz des Schätzfehlers von hoher Bedeutung.

3 Kalman Filter
11
Äquivalent zu den a priori und a posteriori Schätzwerten, können somit auch zwei Kovari-
anz Matrizen festgelegt werden:
-
= [ -
-
-
-
]
(3.8)
= [ - - ]
(3.9)
3.1.1 Prädiktionsschritt
Mit den bisherigen Definitionen kann der Algorithmus für die rekursive Zustandsschätzung
hergeleitet werden. Wird vom Initialzustand
ausgegangen, so muss als Erstes
-
be-
stimmt werden. Unter derselben Voraussetzung, dass das Rauschen mittelwertfrei und
gaußverteilt ist, wird der Mittelwert
beim linearen Fall folgendermaßen propagiert:
= []
= [
-
-
+
- -
+
-
]
(3.10)
=
-
-
+
- -
Da gelten soll, dass
-
= [] und = [], kann Gleichungen direkt wie folgt abgelei-
tet werden:
-
= +
(3.11)
Diese Gleichung ist für allgemeine Zeiten definiert und gibt Auskunft, wie sich aus einem
vorliegenden a posteriori Schätzwert mit Kenntnis der Systemdynamik der korrekte a priori
Schätzwert für den nächsten Zeitschritt berechnen lässt:
-
=
-
-
+
- -
(3.12)
Final del extracto de 75 páginas

Detalles

Título
Die mathematische Funktionsweise des Kalman Filters und seine Erweiterungen
Universidad
Technical University of Munich
Calificación
1,3
Autor
Año
2015
Páginas
75
No. de catálogo
V385998
ISBN (Ebook)
9783668601840
ISBN (Libro)
9783668601857
Tamaño de fichero
1819 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
funktionsweise, kalman, filters, erweiterungen
Citar trabajo
Nawid Daniel Wahab (Autor), 2015, Die mathematische Funktionsweise des Kalman Filters und seine Erweiterungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/385998

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