Selbstgesteuertes Lernen in der Leseförderung. Möglichkeiten und Grenzen


Term Paper, 2009

21 Pages


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Gliederung

1. Einleitung:

2. Selbstgesteuert lernen – was bedeutet das?
2.1. Lernstrategien – kognitive Strategien
2.1.1. Lesestrategien
2.2. Metakognition
2.3. Metakognition im Leseprozess
2.4. Motivation:
2.4.1. Lesemotivation:
2.5. Volition/ /Selbstwirksamkeit/Selbstkonzept:

3.1. Was ist Lesekompetenz?
3.2. Was soll gefördert werden?

4. Wir werden Textdetektive:
4.1. Das Programm
4.2. Aufbau und Durchführung
4.3. Kritik und Evaluation:

5.Fazit:

6. Literaturangaben:

Einleitung:

Nachhilfeinstitute, die Kurse zum „Lernen lernen“ anbieten, schießen wie Pilze aus dem Boden, gerade lernschwache Schüler oder Kinder mit Teilleistungsstörungen erhoffen sich hier Hilfe, ihr Lernen effektiver und erfolgreicher zu gestalten. Die Lesekompetenz gilt als Garantieschein für den Schulerfolg, gute Leser, sind meist auch gute Lerner. Bei der Lesekompetenz kommen Fähigkeiten zum Tragen, die auch beim selbstgesteuerten Lernen eine entscheidende Rolle spielen: motivationale Strategien sind ebenso entscheidend wie kognitive, metakognitive und selbstregulative Strategien. Doch dies stellt Kinder mit Leseschwierigkeiten oft vor unüberwindbare Hürden. Nehmen wir zum Beispiel einen Schüler mit einer Leserechtschreibschwäche. Im Unterricht macht er ständig die Erfahrung, den Anforderungen nicht gerecht zu werden, oft hat er Schwierigkeiten die Aufgabenstellung zu erfassen, zu verstehen und umzusetzen. Er hinkt seinen Klassenkameraden im Tempo hinterher und in Diktaten wimmelt es von rot markierten Rechtschreibfehlern.[1] Oft haben Kinder mit einer Leserechtschreibschwäche ein negatives Selbstkonzept und fühlen sich nicht selbstwirksam, d.h. sie konnten bislang nicht die Erfahrung machen, durch eigenes Lernen Erfolge zu erzielen, denn wie sehr sie sich auch mühen, die anderen sind immer schneller und besser. Auch wenn sie in der außerschulischen Förderung Fortschritte erzielen, können sie dieses positive Gefühl meist nicht in den Unterricht transportieren, denn trotz aller Erfolge geht die Schere zu ihren Klassenkameraden immer weiter auseinander. Dies sind nur einige Beobachtungen persönlicher Erfahrungen, aber dennoch stellt sich die Frage, wie man Schülern, die die Lust am Lernen und in diesem Fall am Lesen als Basiskompetenz für alle anderen Fächer verloren haben, mit dem Konzept des selbstgesteuerten Lernens helfen könnte. Könnte vielleicht gerade diese Form des Lernens eine passende Methode sein, um ihr beschädigtes Selbstbild positiv zu stärken, ihre Motivation zu fördern und das Lesen zu trainieren?

In der Hausarbeit werde ich zunächst kurz auf das Konzept des selbstgesteuerten Lernens eingehen und die entsprechenden Teilkompetenzen vorstellen und welche Rolle sie bei der Lesekompetenz spielen. Anschließend werde ich ausführlich auf das Förderprogramm „Wir werden Textdetektive“ eingehen. Abschließend werde ich bewerten, welche Rolle das selbstgesteuerte Lernen in Bezug auf die Steigerung der Lesekompetenz insbesondere bei schwächeren Schülern spielen könnte.

2. Selbstgesteuert lernen – was bedeutet das?

Nach Weinert ist selbstgesteuertes Lernen eine Lernform, bei der der Handelnde entscheidet ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt“[2] Das deutsche Pisakonsortium definiert den selbstgesteuerten Lerner als kompetent, das eigene Lernen zu regulieren, sich selbstständig Lernziele zu setzen, dem Inhalt und Ziel angemessene Techniken und Strategien auszuwählen und sie auch einzusetzen. Er hält seine Motivation aufrecht, bewertet die Zielerreichung während und nach Abschluss des Lernprozesses und korrigiert– wenn nötig- die Lernstrategie.[3] Auch in der Begriffsklärung von Schiefele und Pekrun wird deutlich das neben dem Einsatz von angemessenen Strategien, die Fähigkeit den eigenen Lernprozess zu überwachen und zu steuern, sowie sich selbst motivieren zu können, entscheidend für das selbstgesteuerte Lernen ist. „Selbstgesteuertes Lernen ist eine Form des Lernens, bei der die Person in Abhängigkeit von der Art ihrer Lernmotivation selbstbestimmt eine oder mehrere Steuerungsmaßnahmen ( kognitiver, metakognitiver, volitionaler oder verhaltensmäßiger Art) ergreift und den Fortgang des Lernprozesses selbst überwacht.“[4] Hervorzuheben ist dabei der prozessuale Charakter des selbstgesteuerten Lernens. Ich beziehe mich hier insbesondere auf das Modell von Schmitz und Wiese.[5] Danach wird der Lernprozess in drei Phasen eingeteilt. Erstens die präaktionale Phase – vor dem Lernen, die aktionale Phase – während des Lernens und schließlich die postaktionale Phase - nach dem Lernen. In der präaktionalen Phase legt der Lerner „ausgehend von der Aufgabe, den Gegebenheiten der Situation und den motivationalen Voraussetzungen seine Ziele fest“[6] und plant den Lernprozess. In der aktionalen Phase erfolgt die eigentliche Aufgabenbearbeitung. Hier kommen vor allen Dingen die eingesetzten Lernstrategien zum Tragen. Während des Lernens überwacht der Handelnde sich dabei selbst. In der anschließenden postaktionalen Phase gibt es sozusagen eine Soll-Ist-Abrechnung, d.h. Ziel und Ergebnis werden bewertet. Der Lernende reflektiert sein eigenes Lernverhalten, um daraus für die nächste präaktionale Phase Konsequenzen zu ziehen. Dies fordert von den Schülern ein hohes Maß an Selbstständigkeit, die aber auch in den Lehrplänen und Standards gefordert wird. Für die 4. Jahrgangsstufe wird im Fach Deutsch beispielsweise bereits der selbstständige Einsatz von Lernstrategien für das Verstehen von Texten erwartet. Schüler sollen Fragen an den Text stellen, Unverstandenes durch Nachdenken, Nachschlagen, Nachfragen klären, bedeutsame Textstellen mit Hilfestellung markieren und als Stichwörter fixieren, mithilfe der Stichwörter einen Text mit eigenen Worten wiedergeben, und ihre Lernentwicklung beim Lesen dokumentieren und einschätzen..[7]

2.1. Lernstrategien – kognitive Strategien

Unter dem Aspekt der Lernstrategien kann man die kognitiven Strategien zählen, die das Wissen über allgemeine Strategien der Informationsverarbeitung betreffen. Dazu gehören insbesondere Dekodieren, Wiederholen, Elaborieren, Strukturieren und Fragen generieren.[8] Man unterscheidet dabei zwischen Primar- und Stützstrategien. Primärstrategien sind direkt auf den Lerngegenstand gerichtet und helfen die Informationsverarbeitenden Prozesse zu fördern. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Wiederholungsstrategien, die die aufgenommenen Informationen festigen, Elaborationsstrategien, die neues Wissen mit bereits bestehenden kognitiven Strukturen verknüpfen sowie reduktiv-organisierende Strategien, die helfen komplexe Detailinformationen zu kategorisieren und in größeren Sinneinheiten abzuspeichern. Stützstrategien sind dagegen eher für die Rahmenbedingungen erfolgreichen Lernens verantwortlich. Man unterscheidet dabei emotional-motivationale Stützstrategien wie Selbstmotivationstechniken, Abschirmungsstrategien und Emotionskontrolle sowie organisierend-kontrollierende Stützstrategien wie Selbstmanagementtechniken und Strategien der metakognitiven Kontrolle.[9]

2.1.1. Lesestrategien

Lesestrategien sind eingeübte Handlungsmuster, die es erlauben, den Lese- und Verstehensprozess selbst zu strukturieren, zu steuern und zu überwachen. Die Anwendung der kognitiven Strategien Wiederholung, Elaboration und Organisation sollten dabei in keinem Strategie-Repertoire zum Textverstehenden Lesen fehlen. Dabei unterscheidet man zwischen Verstehens- und Behaltensstrategien. Verstehensstrategien erleichtern das Verstehen eines Textes, dazu wird der Text durch Aktivierung bereits vorhandenen Wissens elaborativ angereichert. Elaborationsstrategien erleichtern die Integration neuen Wissens im Gedächtnis, indem sie Verbindungen zwischen Textinhalten und dem Vorwissen des Lerners herstellen. Dies geschieht, wenn man sich konkrete Beispiele oder praktische Anwendungen ausdenkt, neue Begriffe auf bereits bekannte bezieht, wenn man Schlussfolgerungen aus dem Gelesenen zieht, wenn man sich etwas bildhaft vorstellt oder wenn man nach Anwendungs- oder Gegenbeispielen für einen Sachverhalt sucht.. Behaltensstrategien helfen dabei sich einen Text leichter merken zu können, dazu wird der Text vereinfacht und reduktiv neu organisiert. Ordnende Strategien bewirken also eine Verdichtung der Textvorlage durch Informationsreduktion. Organisationsstrategien sind: Hauptgedanken unterstreichen, Inhalte bildlich veranschaulichen sowie Zusammenfassungen und Gliederungen schreiben. Dies hilft dem Lerner, wichtige Informationen in einem Text zu identifizieren, den Textinhalt zu strukturieren und Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen eines Textes herzustellen. Wiederholungsstrategien dienen vor allem dem unmittelbaren Einprägen neuer Information wie zum Beispiel durch mehrmaliges Lesen oder Auswendiglernen einer bestimmten Textstelle.[10]

Effektive Selbstregulation beim Lesen besteht dabei vor allem in der „Fähigkeit von Schüler/innen, Anforderungs- und Situationsangemessene Lesestrategien auszuwählen, zu kombinieren und zu orchestrieren.“[11] In Abhängigkeit von den Anforderungen muss der Schüler aus einem Fundus einsetzbarer Lesestrategien, die geeigneten auswählen, um so sein Lesen selbst zu steuern und den Lernprozess effektiv zu gestalten.[12] Dazu benötigt er ein gewisses Maß an metakognitiven Fähigkeiten, denn bewusst eingesetzte Lernstrategien setzen ein Minimum an Metakognition voraus, denn nur wenn ich mir bewusst darüber bin, was ich kann, bin ich auch in der Lage, darüber zu verfügen.

2.2. Metakognition

Metakognition ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Phänomenen, Aktivitäten und Erfahrungen, die mit dem Wissen und der Kontrolle über eigene kognitive Funktionen zu tun haben. Es ist die Fähigkeit über das eigene Denken nachzudenken, sich bei der Bearbeitung einer kognitiven Aufgabe zu beobachten und die dabei beteiligten Lern- und Denkprozesse effektiv zu organisieren.“[13] Es geht also um das „Verstehen und Reflektieren des eigenen Lernens im Zusammenhang mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen“.[14] Nach Hasselhorn kann man 5 Subkategorien der Metakognition unterscheiden. Das systematische Wissen beinhaltet das Wissen über das eigene kognitive System und seine Funktionsgesetzte, das Wissen über Lernanforderungen und Strategien. Das epistemische Wissen thematisiert das Wissen über eigene aktuelle Gedächtniszustände bzw. Lernbereitschaften, ebenso wie das Wissen über die Inhalte und Grenzen des eigenen Wissens und über die Verwendungsmöglichkeiten eigenen Wissens. An dritter Stelle sind die exekutiven Prozesse zu nennen, die sich aus der Planung und Überwachung und Steuerung eigener Lernprozesse zusammensetzten. Als vierten Punkt nennt Hasselhorn die Sensitivität für die Möglichkeiten kognitiver Aktivitäten – darunter versteht er Erfahrungswissen und Intuition, als letzten Punkt spricht er metakognitive Erfahrungen bezüglich der eigenen kognitiven Aktivität an, d.h. bewusste kognitive Erfahrungen und bewusste affektive Zustände.[15]

2.3. Metakognition im Leseprozess

Metakognitive Kontrolle beim verstehenden Lesen umfasst drei Komponenten: Planung, Überwachung und Regulation. Zur Planung einer Lesephase gehören unter anderem das Setzen von Zielen, das Formulieren von Fragen an den Text und die Feststellung der Verstehensanforderungen. Diese Aktivitäten helfen dem Leser, den Einsatz bestimmter Strategien festzulegen. Zusätzlich führt die Planungsphase dazu, dass Vorwissen zu aktivieren, das wiederum das Verstehen eines Textes erleichtert. Bei der Überwachungskomponente nimmt der Leser selbst eine kontrollierende Perspektive ein, indem er beispielsweise sich selbst Fragen stellt, um zu prüfen, ob der vorliegende Inhalt wirklich verstanden wurde. Die Regulationskomponente hängt eng mit der Überwachung zusammen. Ergibt sich bei der Überwachung des Leseprozesses ein Problem wie Verständnisschwierigkeiten, können Maßnahmen ergriffen werden, um diese zu beheben. „Regulation bezeichnet also all jene Aktivitäten (einschließlich des Einsatzes von Lesestrategien), die dazu dienen, die aktuelle Lesetätigkeit den Anforderungen anzupassen und auftretende Probleme zu beseitigen.“[16]

[...]


[1] Bei Schülern mit einer LRS kann die Bewertung der Rechtschreibung ausgesetzt werden, dies ist nicht immer der Fall, oft wird eine LRS erst viel zu spät diagnostiziert.

[2] Weinert, F.E.(1982): Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung, Methode und Ziel des Unterrichts. In: Unterrichtswissenschaft, 10 (2), S.99-110

[3] Deutsches Pisa-Konsortium (2001), S.271 unter: http://tocs.ub.uni-mainz.de/pdfs/102168784.pdf (letzter Zugriff 27.9.2009)

[4] Schiefele, U.& Pekrun, R. (1996): Psychologische Modelle des fremdgesteuerten und selbstgesteuerten Lernens. In: F.E. Weinert (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie: Themenbereich D Praxisgebiete, Serie I Pädagogische Psychologie, Band 2 Psychologie des Lernens und der Instruktion, Göttingen: Hogrefe, S. 258

[5] vgl. dazu: Schmitz, B.(2001): Self-Monitoring zur Unterstützung des Transfers einer Schulung in Selbstregulation für Studierende. In: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, vol. 15, No.3/4, S.183

[6] Schmitz, B., Landmann, M., Perels, F.(2007): Das Selbstregulationsmodell und theoretische Implikationen. In: Landmann/Schmitz(Hrsg.): Selbstregulation erfolgreich fördern- praxisnahe Trainingsprogramme für effektives Lernen, Stuttgart: Kohlhammer, S. 314

[7] Rahmenlehrplan Deutsch Berlin/Brandenburg unter: http://www.bildung-brandenburg.de/fileadmin/bbs/unterricht_und_pruefungen/rahmenlehrplaene/grundschule/rahmenlehrplaene/pdf/GS-Deutsch.pdf (letzter Zugriff 24.9.200)

[8] Vgl. dazu Artelt, C.(2000): Strategisches Lernen. In.: Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie Bd.18, Münster: Waxmann, S. 14f

[9] Vgl. dazu Konrad, K., Wagner, A. (1999): Lernstrategien für Kinder. Basiswissen Grundschule Band 1, Hohengehren: Schneider-Verlag, S.17ff

[10] vgl. Hrsg. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2007): Bildungsforschung Band 17, Förderung von Lesekompetenz – Expertise, Bonn, Berlin, S.30ff

[11] Ebenda, S.29

[12] Im Zusammenhang mit dem selbstgesteuerten Lernen ist es sicherlich auch sinnvoll ressourcenbezogene Strategien wie Zeitmanagement, Arbeitsplatzgestaltung etc. zu thematisieren, für die Lesekompetenz spielen sie allerdings eine untergeordnete Rolle und können an dieser Stelle nicht weiter beleuchtet werden

[13] Seel, N. M.(2003): Psychologie des Lernens. Lehrbuch für Pädagogen und Psychologen. München/ Basel: Ernst Reinhardt, S.221

[14] Vgl. Vernoi, M.(2007): Aspekte des Lernens bei Kindern mit Lernbeeinträchtigungen. In: Salzberg-Ludwig, K.; Grüning, E.: Pädagogik für Kinder und Jugendliche in schwierigen Lern- und Lebenssituationen, Stuttgart: Kohlhammer, S.53

[15] Hasselhorn, M.& Labuhn, A.S.( 2008). Metakognition und Selbstreguliertes Lernen, In: Schneider, W. / Hasselhorn, M. (Hrsg.) - Handbuch der Pädagogischen Psychologie, Göttingen: Hogrefe, S.29

[16] Hrsg. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2007): S.31

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Details

Title
Selbstgesteuertes Lernen in der Leseförderung. Möglichkeiten und Grenzen
Author
Year
2009
Pages
21
Catalog Number
V386159
ISBN (eBook)
9783668604070
ISBN (Book)
9783668604087
File size
587 KB
Language
German
Keywords
selbstgesteuertes, lernen, leseförderung, möglichkeiten, grenzen
Quote paper
Britta Warmuth (Author), 2009, Selbstgesteuertes Lernen in der Leseförderung. Möglichkeiten und Grenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386159

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