Insgesamt fanden in den letzten Jahren enorme Veränderungen im Ostasiatischen Raum statt und nicht zuletzt die gestiegene wirtschaftliche und militärische Bedeutung Chinas sorgte für eine Verschiebung der Machtverhältnisse. Den Beziehungen zwischen Taiwan und China kommt dabei eine wichtige Rolle zu, sorgten Spannungen zwischen beiden Parteien in der Vergangenheit doch für ernsthafte Krisen.
Nach dem Abschluss des Economic Cooperation Framework Agreement (ECFA) im Jahr 2010 wurde im Juni 2013 ein weiteres Abkommen – das Cross-Strait Service Trade Agreement (CSSTA) – unterzeichnet und sollte nach dem Willen der Regierung schnellstmöglich ratifiziert werden. Dieses Abkommen würde – im Falle einer Ratifizierung – zu einer noch weitreichenderen wirtschaftlichen Annährung zwischen Taiwan und China führen, da darin vorgesehen ist, weite Teile des Service-Sektors zu liberalisieren. Davon wäre ein Großteil der taiwanesischen Bevölkerung direkt betroffen, da etwa 60% der arbeitenden Bevölkerung im Dienstleistungssektor beschäftigt ist. Dass Teile der taiwanesischen Gesellschaft zunehmend versuchen, Einfluss auf das Abkommen – und damit auch auf die Beziehungen zu China – zu nehmen, zeigte sich eindrucksvoll an den Protesten im März und April 2014, bei denen zeitweise mehrere hunderttausend Menschen in Taipeh gegen die von der Regierung angesetzte Ratifizierung demonstrierten und der Legislative Yuan (LY) über drei Wochen besetzt wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Wandlung der Wirtschaftsbeziehungen
- Historischer Kontext der Untersuchung
- Bedeutung des Economic Cooperation Framework Agreement
- Das Cross-Strait Service Trade Agreement
- Theoretische Grundlage: Der Neoliberalismus in den Internationalen Beziehungen
- Ursprung und Abgrenzung zum Klassischen Liberalismus
- Der Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik
- Core Assumptions
- Operationalisierung
- Gesellschaftliche Gruppen und Interessen
- Die Taishang
- Gewerkschaften
- Handels- und Industrieverbände
- Das ,,Sunflower Movement"
- Untersuchung des politischen Systems auf Möglichkeiten der Einflussnahme
- Institutionelle Offenheit gegenüber gesellschaftlichen Akteuren
- Besonderheiten der Verhandlungen des CSSTA
- Gesetzgebungsverfahren und Rolle der Legislative in der Außenpolitik
- Kontroverse beim ECFA
- Versuchte Ratifizierung des CSSTA
- Einflussnahme durch Wahlen
- Hinweise auf Einflussnahme gesellschaftlicher Gruppen
- Hinweise auf Einflussnahme im Vorfeld der Proteste
- Indizien für eine erfolgreiche Einflussnahme durch das Sunflower Movement
- Weitere Faktoren: Interessen der Staatsbürokratie / KMT
- Weitere Faktoren: Rolle der DPP
- Weitere Faktoren: Position Chinas zum CSSTA
- Abwägung der gefundenen Indizien
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle gesellschaftlicher Interessensgruppen in der Außenpolitik Taiwans am Beispiel des Cross-Strait Service Trade Agreement (CSSTA). Ziel ist es, herauszufinden, ob und inwiefern gesellschaftlicher Druck, insbesondere durch das Sunflower Movement, zur Aussetzung der Ratifizierung des CSSTA führte.
- Die historische Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Taiwan und China
- Der Einfluss des Neoliberalismus auf die außenpolitische Entscheidungsfindung Taiwans
- Die Rolle von Interessensgruppen im politischen System Taiwans
- Die Bedeutung des CSSTA für die Beziehungen zwischen Taiwan und China
- Die Analyse von Indizien für eine erfolgreiche Einflussnahme gesellschaftlicher Gruppen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit dar, indem sie auf die politische und wirtschaftliche Bedeutung des CSSTA im Kontext der Beziehungen zwischen Taiwan und China hinweist. Sie verdeutlicht die Brisanz des Abkommens und die daraus resultierende gesellschaftliche Debatte, die durch die Proteste des Sunflower Movements im Jahr 2014 zum Ausdruck gebracht wurde.
- Kapitel 2 beleuchtet den historischen Kontext der Untersuchung, indem es die Veränderungen der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Taiwan und China seit dem Ende des Kalten Krieges darstellt. Es werden sowohl die wirtschaftlichen Hintergründe als auch die politische Bedeutung des Economic Cooperation Framework Agreement (ECFA) und des Cross-Strait Service Trade Agreement (CSSTA) erläutert.
- Kapitel 3 stellt die theoretische Grundlage der Untersuchung dar, indem es den Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik als theoretisches Framework für die Analyse von Interessensgruppen in der Außenpolitik nutzt.
- Kapitel 4 konzentriert sich auf die Analyse der wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen, von denen angenommen wird, dass sie einen Einfluss auf die Verhandlungen und die Ratifizierung des CSSTA hatten.
- Kapitel 5 analysiert das politische System Taiwans im Hinblick auf die Möglichkeiten der Einflussnahme gesellschaftlicher Interessen. Es beleuchtet die institutionellen Rahmenbedingungen, die Rolle der Legislative und die Bedeutung des CSSTA für die politische Entscheidungsfindung.
- Kapitel 6 analysiert konkrete Hinweise auf die Einflussnahme von gesellschaftlichen Gruppen auf den Prozess der Verhandlung, Unterzeichnung und Nicht-Ratifizierung des CSSTA. Dabei wird insbesondere die Rolle des Sunflower Movements untersucht.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Cross-Strait Relations, Neoliberalismus, Interessensgruppen, Außenpolitik, Taiwan, China, CSSTA, ECFA, Sunflower Movement, Ratifizierung, politische Entscheidungsfindung. Die Untersuchung basiert auf einem theoretischen Rahmen, der den Einfluss von Interessensgruppen auf die Außenpolitik im neolibertären Kontext analysiert und untersucht, wie diese Einflussnahme in der Praxis im Fall des CSSTA in Taiwan zum Tragen kam.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2015, Taiwan und die ausgesetzte Ratifizierung des Cross-Strait Service Trade Agreements, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387556