Der Erwerb der klitischen Objektpronomina im monolingualen Erstspracherwerb Französisch - Eine empirische Untersuchung anhand des Grégoire-Korpus (CHILDES)


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

22 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

1. Einführung

2. Theoretischer Hintergrund
2.1. Klitische Pronomina innerhalb des französischen Pronominalsystems
2.2. Zur Syntax klitischer Pronomina
2.3. Zum Spracherwerb

3. Auswertung der Daten
3.1. Fragestellung
3.2. Zu den Daten
3.3. Zur Methode
3.4. Auswertung
3.5. Vorkommen von Objektklitika und transitiven Verben
3.5. Verteilung der einzelnen Objektklitika im Grégoire-Korpus

4. Diskussion
4.1. Vorkommen transitiver Verben
4.2. Berücksichtigung der Beschränkungen

5. Schlußbemerkung

6. Quellen

7. Anhang
7.1. Erste Äußerungen mit transitiven Verben
7.2. Äußerungen mit Objektklitika im Grégoire-Korpus

1. Einführung

In der vorliegenden Arbeit soll der Erwerb der klitischen Objektpronomina im Erstspracherwerb Französisch am Beispiel von Grégoire (1;9 - 2;5) (CHILDES) untersucht werden.

Das Französische verfügt als einzige der romanischen Sprachen sowohl über Objektklitika als auch über ein vollständiges System klitischer Subjektpronomina. Klitische Pronomen unterliegen sehr vielen Beschränkungen, die ihre syntaktische Position genau festlegen. Sie können beispielsweise nur direkt beim Verb (verbadjazent) stehen; sobald ein nicht-klitisches Element zwischen sie und das Verb treten würde, würde eine Äußerung ungrammatisch. Syntaktisch werden Objektklitika, um die es hier hauptsächlich gehen soll, als funktionale Köpfe, die mit ihrem lizensierenden Kopf in I° stehen, analysiert. Sie besetzen damit innerhalb der Pronomenhierarchie, die Cardinaletti und Starke (1998) aufstellen, die unterste Kategorie der clitics, über denen in diesem System selbst noch die Subjektklitka als weak pronouns stehen.

Es soll nun darum gehen, am Beispiel des Grégoire-Korpus zu untersuchen, ob französischsprachige Kinder die strengen syntaktischen Einschränkungen, die für Objektklitika gelten, von Anfang an berücksichtigen oder nicht.

Nach einem Überblick über das französische Pronominalsystem und einer ausführlichen Darstellung der Beschränkungen Objektklitika betreffend, wird der vorliegende Korpus auf das Vorkommen klitischer Objektpronomina hin untersucht.

Den Gegenstand erweiternd soll außerdem das Auftreten transitiver Verben, welches die Voraussetzung für den Gebrauch klitischer Pronomen bildet, dokumentiert werden.

Chomsky (1989, zitiert nach Radford, 1995) geht in seiner Prinzipien- und Parameter-Theorie, die den theoretischen Rahmen dieser Arbeit bilden soll, davon aus, dass für jede funktionale Kategorie im Verlauf des Spracherwerbs ein Parameter fixiert wird, der im folgenden nicht mehr umgesetzt werden kann. Die meisten bisherigen Untersuchungen zum Erwerb von Klitika kommen nicht nur für das Französische, sondern auch für das Spanische und Italienische (siehe z.B. Schmitz & Müller, 2003; Hamann, Rizzi und Frauenfelder, 1996) zu dem Ergebnis, dass Klitika, sobald sie auftreten, korrekt verwendet werden. Sofern sich dies auch für den vorliegenden Korpus bestätigt, ist davon auszugehen, dass der entsprechende Parameter bereits vor dem ersten Auftreten klitischer Objektpronomina fixiert ist. Nachdem die Daten detailliert ausgewertet worden sind, soll dies abermals am vorliegenden Korpus überprüft werden.

Alle Äußerungen, in denen Klitika auftreten und die ersten Äußerungen mit transitiven durch Grégoire befinden sich im Anhang dieser Arbeit (Abschnitt 7.).

2. Theoretischer Hintergrund

2.1. Klitische Pronomina innerhalb des französischen Pronominalsystems

Pronomina unterscheiden sich generell dadurch von nominalen Ausdrücken, dass sie nicht unabhängig vom sprachlichen Kontext immer auf dieselben Objekte der außersprachlichen Welt Bezug nehmen (cf. Bußmann, 2002). Ihre Referenz ist nur dadurch bestimmbar, dass sie in einer „bestimmten pragmatischen, semantischen und/oder syntaktischen Beziehung zu einem Bezugselement (Antezedent) stehen“ (Kaiser 1992, S. 11). So ist auch die grammatische Funktion eines Pronomens, d.h die Besetzung der Subjekts- oder Objektsposition im Satz, ihm nicht inhärent, sondern auf die phrasenstrukturelle Konfiguration, in der sich das Pronomen befindet, zurückzuführen.

Der Begriff Klitikon stammt von dem altgriechischen Wort „egklínein“ (´(sich) neigen`) ab. Bereits die griechischen Grammatiker verwendeten die Bezeichnung „enklitisch“ für ein schwachtoniges, bzw. unbetontes Element, das sich zu einem anderen Element hinneigt und mit diesem - mehr oder weniger eng - verbunden ist (cf. Kaiser, 1992, S. 16). Kennzeichnende Eigenschaft von Klitika ist also diese Tendenz, sich an ein anderes Element im Satz anzulehnen oder zu binden.

Das Französische besitzt von den romanischen Sprachen das umfassendste System klitischer Personalpronomina, da es neben den in allen romanischen Sprachen vorhandenen klitischen Objektpronomen über eine vollständige Klasse klitischer Subjektpronomina verfügt.

Unterteilt in starke und klitische Pronomen ist das Pronominalsystem des Französischen in der folgenden Tabelle 1 dargestellt. Nähere Ausführungen zur syntaktischen Einordnung von Klitika folgen in Kap. 2.2. dieser Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Formen der klitischen Pronomina des Französischen sind morphologisch nicht sehr komplex, denn sie bestehen nur aus einem Morphem, sind wie o.a. nicht betonbar und stellen eine kleine, abgeschlossene Gruppe von Wörtern dar.

Betrachten wir nun zunächst die Eigenschaften von französischen Klitika im Allgemeinen, um sie von den starken Pronomen abzugrenzen. Wenn nicht anders angegeben, gelten die nun aufgeführten Beispiele für Subjekt- und Objektklitika:

- Ein Klitikon kann nur verbadjazent (direkt beim Verb) stehen (1a). In positiven Imperativen steht es direkt nach dem Verb (1c), in den übrigen Fällen besteht Proklise, d.h. das Klitikon steht direkt vor dem Verb, von dem es einzig durch ein anderes Klitikon getrennt werden kann (1e).
(1) a. Je la vois.
b. *Je la souvent vois.
c. Fais-le!
d. *Fais maintenant le!
e. Je le lui donne.

- Ein Klitikon kann folglich nicht isoliert vorkommen.
(2) a. Qui est venu? *Il.
b. Qui as-tu rencontré? *La.

- Es kann zudem nicht mit anderen Pronomen koordiniert werden.
(3) a. *Elle et il mangent.
b. *Je le et la invite.

- Es kann nicht modifiziert werden.
(4) a. *Elles deux travaillent.
b. *Je les deux ai vues.

- Es kann nicht kontrastiv betont werden.
(5) a. *IL viendra, pas Jean.
b. *Je LE connais, pas Marie.

- Objektklitika haben einen eingeschränkten Skopus, sie müssen mit jeder neuen VP wiederholt werden (6a), im Gegensatz zu Subjektklitika (6b).
(6) a. *Je le prendrai et mangerai.
b. Il fait ses devoirs et mange une pomme.

- Klitika können auf +/- human referieren, während starke Pronomen auf humane Referenz beschränkt sind.
(8) a. *Depuis que mon père s´est acheté ce bateau, il ne parle que de lui.
b. Pierre, je le verrai demain.
c. Ce bateau, il l´adore.

- die Stellung der gebundenen Pronomina untereinander ist streng festgelegt.
(9) a. Je le lui donne.
b. *Je lui le donne.
c. Il me le donne
d. * Il le me donne.

2.2. Zur Syntax klitischer Pronomina

Wie wir oben festgestellt haben, haben Pronomina immer einen Antezedenten, auf den sie referieren und der ihren semantischen Bezug und ihre syntaktischen Funktionen bestimmt.

In der generativen Theorie wird nun von vielen Seiten angenommen, dass klitische Objektpronomina in der Position des Objektkomplements basisgeneriert werden und von dort in ihre Oberflächenposition (die des Verbs) bewegt werden (cf. Kayne, 1975).

Sie stehen dann mit ihrem lizensierenden Kopf, dem Verb, in einer syntaktischen Position, sind also keine eigenständigen XPs. Kaiser (1992) führt folgende Konstituententests zu Pronominalisierbarkeit (10) und Topikalisierung/ Dislozierung (11) an den klitischen Pronomen des Französischen durch, um die o. a. Annahme zu bestätigen:

(10) a. Je mange. -> *Moi mange.
b. Je te vois. -> *Je vois toi.
aber:
c. Il mange. -> Lui mange.
d. Je le reconnais. -> Je reconnais lui (là-bas dans le fond).

(11) a. *Il, (il) a rencontré une fille.
b. *La, je (ne) (la) reconnais pas.

Beispiel (10) zeigt, dass Klitika meistens nicht pronominalisierbar sind, während (11) verdeutlicht, dass Klitika nie topikalisiert oder disloziert werden können.

Die von Kaiser angeführten Konstituententests sprechen also dafür, Subjekt- und Objektklitika zusammen mit dem Verb in I° anzunehmen. Was die französischen Subjektklitika angeht, ist diese Position jedoch umstritten. Cardinaletti und Starke (1998) beispielsweise stellen folgende Pronomenhierarchie auf: strong pronoun->weak pronoun->clitic und ordnen nur die Objektklitika dem Status clitic zu. Diese stehen dann wie bei Kaiser (1992) in einer Position mit ihrem lizensierenden Kopf, dem Verb. Subjektklitika sind laut Cardinaletti und Starke (1998) jedoch weak pronouns und stehen als vollwertige XPs in I°. Sie sind lediglich darauf beschränkt, in einer strengen Verbindung mit ihrem lizensierenden Kopf (dem Verb) vorzukommen.

Da, was unseren Untersuchungsgegenstand der Objektklitika angeht, weitgehend Einigkeit über ihre syntaktische Repräsentation herrscht, seien die Ausführungen zur Syntax anderer Pronomen hier beendet.

(12) zeigt, wie folglich ein Objektklitikon innerhalb eines Strukturbaums aussehen würde.

(12)

- Strukturbaum

2.3. Zum Spracherwerb

Es soll in dieser Arbeit anhand der Daten von Grégoire untersucht werden, wann und auf welche Weise Objektklitika im kindlichen Spracherwerb des Französischen auftreten. Dies ist insofern von Interesse als in der generativen Theorie (Chomsky, 1986a, zitiert nach Radford, 1995) angenommen wird, dass sich Spracherwerb - innerhalb einer Sprache und auf hohem Abstraktionsniveau innerhalb aller Sprachen - in festgelegten Schritten vollzieht.

Radford (1995) stellt in seiner Arbeit zur Satzstruktur im kindlichen Spracherwerb fest, dass Kinder generell lexikalische vor funktionalen Kategorien erwerben. Er führt an dieser Stelle Chomskys „functional parameterization hypothesis“ (Chomsky, 1989, zitiert nach Radford, 1995, S. 497) an, die besagt, dass Parametrisierung in der UG ausschließlich im System der funktionalen Kategorien stattfindet. Die Eigenschaften der lexikalischen Kategorien hingegen sind mit den Prinzipien der Universalgrammatik angeboren, müssen also vom Kind nicht parametrisiert werden.

Zu Beginn des Spracherwerbs werden folglich VPs und NPs gebildet, die ausschließlich lexikalische Kategorien beinhalten. Funktionale Kategorien, auch solche, die inhaltliche Anteile haben, wie z.B. Artikel und viele Präpositionen, kommen in frühkindlichen Äußerungen nicht vor. Radford (1995) u.a. beschreiben, wie innerhalb des „syntax spurt“ (mit ungefähr 24 Monaten) die funktionalen Kategorien dann gemäß der Satzebenen DP->IP->CP erworben werden, was damit begründet wird, dass diese Ebenen aufeinander aufbauen, d.h. z.B. die Bildung einer CP nicht möglich ist, wenn das I-System noch nicht erworben wurde.

Diese Einteilung ist zwar grundlegend, doch nicht sehr tiefgreifend, da natürlich bereits innerhalb der IP unterschiedliche funktionale Elemente stehen können, die im Spracherwerb keineswegs alle gleichzeitig auftreten. Ein Beispiel bilden die beiden Typen klitischer Pronomina im Französischen, die beide in der IP stehen und von denen die Objektklitika signifikant später auftreten als die klitischen Subjektpronomina (vgl. z.B. Hamann, Rizzi, Frauenfelder, 1996).

[...]

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Der Erwerb der klitischen Objektpronomina im monolingualen Erstspracherwerb Französisch - Eine empirische Untersuchung anhand des Grégoire-Korpus (CHILDES)
Université
University of Hamburg
Note
1,0
Auteur
Année
2004
Pages
22
N° de catalogue
V39564
ISBN (ebook)
9783638382977
ISBN (Livre)
9783638676977
Taille d'un fichier
709 KB
Langue
allemand
Mots clés
Erwerb, Objektpronomina, Erstspracherwerb, Französisch, Eine, Untersuchung, Grégoire-Korpus
Citation du texte
Barbara Miertsch (Auteur), 2004, Der Erwerb der klitischen Objektpronomina im monolingualen Erstspracherwerb Französisch - Eine empirische Untersuchung anhand des Grégoire-Korpus (CHILDES), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39564

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