Die Integration von Work-Life-Balance Maßnahmen aus Unternehmenssicht


Hausarbeit, 2017

20 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Arbeitsanforderungen im Zeitalter der Wissensgesellschaft
2.1 Entwicklung des Menschenbildes aus arbeitspsychologischer Sicht
2.2 Arbeit 4.0: Die neue Herausforderung

3 Work-Life-Balance: Bedeutung und Definition
3.1 Ursprung und Entwicklung des Konzeptes Work-Life Balance
3.2 Stellenwert in der heutigen Wirtschaftspolitik

4 Work-Life-Balance im Unternehmensalltag
4.1 Ziele der Work-Life-Balance Maßnahmen
4.2 Erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance
4.2.1 Die Arbeitszeitflexibilisierung
4.2.1.1 Das Gleitzeitmodell
4.2.1.2 Das Teilzeitmodell
4.2.2 Die Telearbeit
4.2.3 Das Job-Sharing
4.3 Arbeitspsychologische Betrachtung der vorgestellten Maßnahmen

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Debatte um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde durch den Aufruf zur Reformation des Arbeitszeitgesetztes von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles erneut entfacht. Die Bundesarbeitsministerin fordert das sogenannte Wahlarbeitsgesetz, wonach der Arbeitnehmer seinen Arbeitsort und seine Zeit selbst bestimmen kann (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2016). Die strenge Arbeitszeitregulierung soll nicht mehr das Gütekriterium für Arbeitsleistung in deutschen Unternehmen sein. Ihre Idee reiht sich in das Sammelsurium an Work-Life-Balance Maßnahmen ein, die sich mit der Effizienz des Einsatzes menschlicher Leistung und der bedürfnisorientierten Förderung dieser beschäftigen. Allem voran fasst Badura (2017) in verschiedenen Werken die Problematik, die mit dem Einzug der Digitalisierung und Globalisierung in der Arbeitswelt einher geht zusammen und klassifiziert den Begriff der Arbeit 4.0. Zuletzt haben sich Klimpel und Schütte in ihrer Studie aus dem Jahr 2006 zu Work-Life-Balance Maßnahmen mit der Realisierung einiger solcher Konzepte auseinandergesetzt und Argumente mit verschiedenen Hintergründen beleuchtet.

Das in dieser Hausarbeit thematisierte Sujet findet demnach aktuell einen neuen Aufschwung. Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage, welche Work-Life-Balance Konzepte sich überhaupt in den Unternehmensalltag integrieren lassen und erfolgswirkend auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter agieren.

Das Ziel ist es, die Essenz und die Erfolgskriterien von Work-Life-Balance Maßnahmen darzustellen. Dazu wird zunächst die epochale Entwicklung des Menschenbildes erläutert, um die daraus resultierenden Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes zu beschreiben und die verschiedenen Veränderungen ersichtlich werden. Im Anschluss daran wird der Begriff der Work-Life-Balance terminologisiert, damit ein einheitliches Verständnis gegeben ist. Um die Relevanz und den Bedarf an Work-Life-Balance Maßnahmen aufzuzeigen, wird ein kurzer Überblick zum aktuellen Standpunkt geschaffen. Danach werden Work-Life-Balance Maßnahmen vorgestellt, die sich in ihrer jeweiligen Praxis bereits bewährt haben und erfolgsversprechend in verschiedenen Unternehmen agieren. Zum Schluss werden diese Maßnahmen aus Unternehmenssicht kritisch beleuchtet, indem neben den Erfolgsfaktoren auch der Schwierigkeitsgrad der Maßnahmenrealisierung im Unternehmen skizziert wird. Anschließend werden alle Erkenntnisse im Fazit noch einmal festgehalten.

In dieser Arbeit bleiben unberücksichtigt die Mitarbeitersicht im Detail und zahlreiche neue Work-Life-Balance Maßnahmen wie Mediationstraining, Sportmöglichkeiten, das Sabbat Jahr und psychologische Maßnahmen in Betrieben.

2 Arbeitsanforderungen im Zeitalter der Wissensgesellschaft

„Arbeitest du noch, oder lebst du schon?“ (Reindl, 2014): Ein Blick auf die aktuellen wirtschaftspolitischen Diskussionen zum Thema Arbeit und Work-Life-Balance lassen darauf schließen, dass sich das Verständnis von Arbeit und Selbstverwirklichung verändert hat und eine Anpassung an diesen Wandel längst überfällig ist. Zu Beginn der ersten gesellschaftlichen Zusammenschlüsse war die Arbeit stets als Mittel zum Zweck bewertet. Dieses Bild findet sich noch heute in vielen traditionellen Unternehmen wieder. Doch mit dem Zuwachs an technologischen Kommunikations- und Mobilitätsmitteln sowie der daraus gewonnenen Autonomie, müssen sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen (Badura, 2017). Der Begriff von „Arbeit“ im Sinne der reinen Erwerbstätigkeit muss im Zuge des 21. Jahrhunderts neu definiert werden. Denn Arbeit ist nicht mehr nur Mittel zum Zweck, dass sich auf die Berufstätigkeit bezieht und ausschließlich als Belastung empfunden wird (Treier, 2001). Die Arbeit und die Arbeitsbedingungen haben sich verändert, sodass ein Handeln zur Prävention der steigenden berufsbedingten Krankheiten zwingend notwendig ist. Ein Blick auf die Entwicklung des Menschenbildes zeigt, durch welche Veränderungen neue Ansprüchen entstanden sind, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer heute gerecht werden müssen.

2.1 Entwicklung des Menschenbildes aus arbeitspsychologischer Sicht

Mit der Industriellen Revolution zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand das noch heute sehr populäre Bild des sogenannten „Homo Oeconomicus“ (Kirchler, Meier-Pesti & Hofmann, S. 27), welcher sich besonders durch seine Rationalität und der eigenen Nutzenmaximierung auszeichnet, sowie eine utopische Form des wirtschaftlich motivierten Menschen darstellt (ebd.). Der Arbeitsmarkt war geprägt von den Errungenschaften Henry Fords und der damit einhergehenden standardisierten Massenproduktion. Die Arbeit war durch die Fließbänder und das Bedienen von großen Fertigungsmaschinen ortsgebunden (Mohr & Janneck, 2011). Im tayloristischen Sinne wurde angenommen, dass Arbeitsmotivation nur mit monetären Reizen gesteigert werden konnte (ebd.). Zu Beginn der 1920er Jahre stellte sich durch eine Studie der Hawthorne-Werke heraus, dass soziale Interaktion eine arbeitsfördernde Auswirkung hatte und somit der sog. „Social Man“ (Kirchler et al, 2011, S. 62) als Leitbild entstand. Der Mensch war nicht mehr nur von monetären Motiven geleitet seine Arbeit zu verrichten, sondern ließ sich auch durch seine sozialen Kontakte motivieren. Das Zugehörigkeitsgefühl und der soziale Austausch wurden ausschlaggebend für eine Maximierung der Arbeitsleistung (Mohr & Janneck, 2011). Gegen Mitte der 1950er Jahre entwickelte sich, unter anderem durch die Arbeiten von Maslow und Herzberg, das Bild des sogenannten „Self-actualizing Man“ (Kirchler et al, 2011, S. 95), welches einige Jahre später durch den „Complex man“ (ebd., S. 126) ergänzt wurde. Bei diesem Menschenbild wurden zum ersten Mal individuelle Bedürfnisse und intrinsische Motivation als Anreiz für Erwerbstätige anerkannt. Die Arbeit sollte unter menschenwürdigeren Bedingungen ablaufen und zu einem Teil der individuellen Selbstverwirklichung werden (Mohr, & Janneck, 2011).

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts entwickelt sich die Idee des sogenannten „Postmodern man“ (Kirchler et al, 2011, S. 171). Mit dem Einzug der digitalen Welt auf den Arbeitsmarkt steht auch das virtuelle, arbeitsplatzgelöste Arbeiten im Vordergrund (Mohr & Janneck, 2011). Soziale Interaktion, wie Teamarbeit, kann über soziale Netzwerke stattfinden. Der Erwerbstätige hat einen immer größer werdenden Spielraum an Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten, seine Arbeit wird transparenter und seine Bedürfnisse nach Sicherheit wachsen. Während es in der industriellen Gesellschaft noch um das reine Ausführen von Arbeitsprozessen ging, ist in der heutigen Wissensgesellschaft Kompetenz und Weiterbildung zur Optimierung von Arbeitsprozessen gefragt. Diese Merkmale sind Mitarbeiterpotentiale, die das Humankapital verändern und dazu führen, dass jeder einzelne Mitarbeiter an Bedeutung gewinnt (Klimpel & Schütte, 2006).

2.2 Arbeit 4.0: Die neue Herausforderung

Eine, wie in Kapitel 2.1 beschriebene, Wissensgesellschaft führt jedoch zu ganz neuen Herausforderungen, die es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu bewerkstelligen gilt. Ein häufiger Begriff in sämtlichen wirtschaftlichen, soziologischen und arbeitspsychologischen Diskussionen über die aktuelle Wirtschaftssituation ist die sogenannte „Industrie 4.0“ (Badura, 2017, S. 2). Mit diesem Begriff ist die Einkehr der Digitalisierung gemeint, die sich neben der Industriellen Revolution und der damit einhergehenden Serienproduktion, sowie der innovativen Flut an neuer Technologie etablierte (ebd.). Der damit herrschende Diskurs, ob die Digitalisierung die Arbeitsmärkte wirklich maßgeblich determiniert, findet kein eindeutiges Ergebnis. Badura (2017) lässt die Frage offen, ob noch weitreichende Spätfolgen zu erwarten sind oder der Digitalisierungstrend schon seinen Höhepunkt erreicht hat. Erste Folgen der Digitalisierung sind im Arbeitsbereich schon deutlich erkennbar. Die stetige Weiterbildung wird zu einem zentralen Punkt der Erwerbstätigen, da der Druck des lebenslangen Lernens entsteht und die ständige Anpassung an neue wirtschaftliche Prozesse verlangt wird (Klimpel & Schütte, 2006). Dies führt wiederum dazu, dass die Erwerbstätigen nicht lange bei demselben Arbeitgeber bleiben und als Arbeitsnomaden ständig den Blick auf individuelle Weiterentwicklung und Wissensausbau richten (ebd.). Die Industrie 4.0 verlangt dementsprechend eine sogenannte „Arbeit 4.0“ (Badura, 2017, S. 3), die sich durch eine entsprechende Unternehmenskultur gestalten sollte (ebd.). Die Erwerbstätigkeit ist nicht mehr reine physische Belastung, sondern fordert den Geist der Arbeitnehmer. Die Arbeit 4.0 ist der Sprung „(…) von der Handarbeit zur Kopfarbeit (…)“ (Badura, 2017, S. 4), wodurch geistige Eigenschaften, wie Kreativität und analytisches Denken, zum Kernaspekt der Erwerbstätigkeit wird (ebd.). Die Realität ist jedoch derzeit noch geprägt von fehlender Auseinandersetzung mit der psychischen Belastbarkeit: „Massenhaft auftretende chronische Erschöpfung ist keine Modekrankheit oder Ausdruck persönlicher Schwäche, sondern das für eine alternde Kopfarbeitergesellschaft im 21. Jahrhundert typische Symptom eines zunehmenden krankhaften Verbrauchs an psychischer Energie“ (Badura, 2017, S. 5).

Diese Kopfarbeitergesellschaft verlangt ein Umdenken der Unternehmen bezüglich ihres Humankapitals. Denn die im Verlauf dieser Hausarbeit genannten Studien und Maßnahmen zeigen nicht nur, wie viel Einsparmöglichkeiten sich für Unternehmen ergeben, wenn diese sich aktiv mit betrieblichen Gesundheitsmanagement am Wohlbefinden der Arbeitnehmer beteiligen, sondern auch welche wirtschaftlichen Vorteile beispielsweise im Wettbewerb oder in der Produktivität ergeben. Das Konzept der Work-Life-Balance soll nur eines der zahlreichen Möglichkeiten sein, die sich für Unternehmen ergeben auf die aktuellen Arbeitsveränderungen und Ansprüche zu reagieren.

3 Work-Life-Balance: Bedeutung und Definition

Der Begriff Work-Life-Balance sorgt in der Literatur für Diskussionen hinsichtlich der Auslegung und Konzeptualisierung. Von der unternehmerischen Utopie, über die Idee zur beruflichen Frauenrevolte bis zur Personal- und Führungsstrategie, existiert eine Vielzahl an terminologischen Erklärungen. Es wird jedoch schnell deutlich, dass eine klare Begriffsdefinition nicht existiert (Klimpel & Schütte, 2006; Wiese, 2015). Wiese (2015) versteht den Begriff Work-Life-Balance nicht nur als ein bestimmtes Konzept, sondern mehrere Ideen von Herangehensweisen betrieblicher Gesundheitsförderung und privater Ausgeglichenheit. Das Wort „Work“ steht dabei implizit für die Erwerbsarbeit (Wiese, 2015, S. 228), das Wort „Life“ meint dementsprechend alle anderen Lebensfelder (ebd.). Nach Resch und Bamberg (2005) ist der Begriff sehr unspezifisch, da die berufliche Tätigkeit nicht der einzige Arbeitsanteil im Leben ist, wie beispielsweise die Arbeit im Haushalt oder die Kindererziehung zeigt. Auch Ulich (2007) kritisiert diese Begriffsauslegung, da sie einen zu starren Blick auf die unterschiedlichen Lebensgebiete des Menschen suggeriert. Der Begriff Work-Life-Balance meint zwar primär die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, jedoch wird diese Interpretation der Gesamtheit nicht gerecht (Wiese, 2015). Mit dem Begriff „Life Domian Balance“ möchte Ulich (2007) die Vielzahl an Lebensbereichen, die in eine Balance gebracht werden sollen, berücksichtigen und mehr Spielraum für eine weniger eingegrenzte Perspektive lassen. Die Tendenz zur Benutzung dieses Terminus hat sich bisher noch nicht in der einschlägigen Literatur durchgesetzt. Im Allgemeinen beinhaltet das Wort Work-Life-Balance die Idee des Balancierens von Erwerbsarbeit, Freizeit und Familie (Wiese, 2015). Nach Kastner (2004) sollte mit der oben genannten Balance nicht das Klischee des Ausgleichs zwischen Arbeit und Freizeit gemeint sein, sondern im engeren Sinne der Wechsel zwischen „belastenden und erholenden Aktivitäten“ (Kastner, 2004, S. 3). Die Erwerbsarbeit ist nicht der ausschlaggebende Faktor von menschlicher Belastung, sondern elementar für die Erhaltung der psychischen Gesundheit eines Individuums (ebd.). Daher lassen sich die zu behandelnden Felder der Work-Life-Balance kaum in einem Schema darlegen. Zur vereinfachten Darstellung wird in dieser Hausarbeit jedoch die Grundidee zur Begriffsdefinition der Work-Life-Balance nach Wiese (2015) herangezogen: Work-Life-Balance ist das ausgewogene Verhältnis zwischen der Erwerbstätigkeit und anderen Lebensbereichen.

3.1 Ursprung und Entwicklung des Konzeptes Work-Life Balance

Die Entwicklung der „Work-Life-Balance“ als Konzeptualisierung von Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf ist keineswegs ein Phänomen der Neuzeit. In den 70er Jahren wurde die Forderung nach „(…) mehr Lebensqualität am Arbeitsplatz“ (Klimpel und Schütte, 2006, S. 23) publik. In den 90ern wurde dann das Konzept geboren, allem voran gestärkt durch die Zunahme von immer mehr erwerbstätigen Frauen auf dem Arbeitsmarkt (ebd.). Eine Anpassung zugunsten der Frauen mit steigendem Bildungsniveau und dem Wunsch nach Einstiegen ins Berufsleben wurde zwingend nötig. Denn mit der steigenden Anzahl an Frauen außerhalb des traditionellen Rollenmodells, ging die Erziehungsproblematik einher. Nach Rinderspacher (2003) gab es zu Beginn der 90er Jahre eine strukturelle Änderung der Arbeitsbedingungen, welche die gewohnten Standards im Arbeitsprozess aufweichten. Die Folge daraus war, dass sich der Alltag von Betrieben und somit auch der von Familien anpassen musste. Diese von ihm genannten „Auflösungserscheinungen der zeitlichen Strukturiertheit“ (Rinderspacher, 2003, S. 237) führten zum Umbruch der Verteilung von Aktivität und Passivität, von Pausen und Arbeit (ebd.). Weiter führt er diesen Aufbruch von Standards auf die steigende Erreichbarkeit eines Individuums und den 24-Stunden-Konsum von Unterhaltung, Lebensmittel, Luxusgütern und dem Internet zurück (Rinderspacher, 2003). Im Vergleich zur heutigen Situation war in der Zeit der Industriellen Revolution die Wirtschaft an externe Einflussfaktoren gebunden und zur Unterbrechung der Arbeit gezwungen, wie beispielsweise durch die Ernte oder religiöse Feiertage (ebd.).

Mit Eintritt in das technologische Zeitalter und der damit einhergehenden Globalisierung stiegen die Konkurrenzbedingungen unter den weltweiten Arbeitsmärkten (Kastner, 2004). Zur Optimierung der wirtschaftlichen Resilienz bedarf es seither einer stetigen Anforderung nach Wachstum: „In der Folge müssen wir, um dieser Konkurrenz standzuhalten, gleichzeitig die Parameter Qualität, Zeit und Kosten optimieren, wenn nicht gar maximieren, also gleichzeitig immer besser, schneller und kostengünstiger werden“ (Kastner, 2004, S. 21). Die Arbeitsunterbrechungen werden immer weiter zugunsten dieser Leistungs- und Produktionssteigerung aufgehoben, um mit dem Zeittakt der Weltmärkte mithalten zu können und sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Rinderspacher, 2003). Ein weiterer Aspekt der Globalisierung ist die ständige Erreichbarkeit durch modernisierte Kommunikationsmittel. Internationale Unternehmen können in direkten Austausch miteinander treten durch Skype, E-Mails und Telefonaten. Dies ist eine zusätzliche Belastung für die Arbeitnehmer insbesondere im Dienstleistungsbereich, da eine neue interkontinentale Uhrzeit in den Arbeitsalltag einfließt:

Firstly, globalization is adding fuel to the imbalance experience by employees. For those who are co-ordinating with foreign markets, the situation will often rise where they have to extend their working day to accommodate the different time zones of the other markets. Secondly, organisations need to develop more flexible processes and structures that enable them to respond quickly and effectively to the demands of international clients, costumers and colleagues. […] This creates a need for workers to be on call to supply these services, 24 hours a day. As a result the traditional definitions of the `working week´ and `weekend´ have gone. (Glynn, Steinberg & McCartney, 2002, S. 14)

Demnach wird deutlich, welche Dringlichkeit und Relevanz hinter der Integration von Maßnahmen zur verbesserten Work-Life-Balance aus Arbeitgebersicht steht. Im nächsten Kapitel wird der aktuelle Stellenwert von Work-Life-Balance Maßnahmen erläutert.

3.2 Stellenwert in der heutigen Wirtschaftspolitik

Allgemeine Determinanten des Work-Life-Balance Konzeptes sind zum einen die Rahmenbedingungen der Gesellschaftspolitik und zum anderen die Veränderungen der Wirtschaftsmärkte (Klimpel & Schütte, 2006). Innerhalb des gesellschaftlichen Wertewandels bewegt sich die Work-Life-Balance auf dem schmalen Grat zwischen Individualitätsentfaltung und Selbstständigkeit, sowie dem Verlust von Werten und der Abkehr des Verständnisses von Arbeit im traditionellen Sinne. Aus dieser Umbruchsituation hat sich die Aufforderung nach einem Ausgleich zwischen Erwerbstätigkeit und Privatheit entwickelt. Hinter den Beweggründen stehen oft die Begriffe der Entprivatisierung und Individualisierung von Arbeit und Familie. Für die Erwerbstätigen zeichnen sich diese neuen Jobeigenschaften durch die verschwimmende Grenze zwischen ihren Rollen als Privatperson und als Arbeitnehmer, sowie dem nahtlosen Übergang ineinander aus (Hoff, Grote, Dettmer, Hohner & Olos, 2005). Die Reaktion vonseiten der Arbeitnehmer ist die intensive Forderung nach einem selbstbestimmten Leben. Mit dem Wachstum an Innovationen, Technologien und globaler Vernetzung hat sich die junge Arbeitergeneration angepasst: wird von den Mitarbeitern eine gewisse Flexibilität verlangt, muss auch das Unternehmen flexibler agieren (Klimpel & Schütte, 2006). Die Nachfrage von Work-Life-Balance Konzepten steigt aus Arbeitnehmersicht, die Unternehmen reagieren jedoch bisher nur sehr langsam. Die Studie des Europressediensts (2003) zum Thema familienfreundliche Maßnahmen in Unternehmen zeigt zunächst, dass die meisten Unternehmen Work-Life-Balance im klassischen Sinne noch als Aufwandskosten betrachteten. Ebenfalls wurde festgestellt, dass die meisten Unternehmen diesen Aufwand nicht betreiben wollen oder können (ebd.). Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005) stellte jedoch damals, durch eine eigens initiierte Untersuchung zum Thema Kosten-Nutzen von Work-Life-Balance Maßnahmen, folgendes fest: „Auch den Unternehmen entstehen, wie in der vorliegenden Studie gezeigt werden kann, durch die mangelhafte Vereinbarkeit Mehrkosten in erheblichen Umfang, die im Zuge langfristiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen noch deutlich werden“ (S. 4). Die Ergebnisse einer späteren Befragung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2013) zeigen, dass die Bedeutung und Realisierung von familienfreundlichen Maßnahmen in Unternehmen zugenommen hat. Die Tendenz zur Einführung von Work-Life-Balance Maßnahmen in den Betrieb sowie die Nachfrage der Arbeitnehmer steigt mit dem Wachstum zur Industrie 4.0 und steigender globaler Konkurrenz. Im nachfolgenden Kapitel werden Methoden der Work-Life-Balance aus unterschiedlichen Bereichen vorgestellt, die sich in der Praxis bewährt haben.

4 Work-Life-Balance im Unternehmensalltag

Der sehr moderne, aber auch etwas verschlissene Begriff Work-Life-Balance hat zahlreiche Facetten, die sich mit der Zunahme an wissenschaftlichen Erkenntnissen über Belastungs- und Beanspruchungssituationen im heutigen Berufsalltag weiterentwickeln. Viele Aspekte fließen in den Kern des Begriffs ein, die im allgemeinen Konsens nicht bekannt sind. In den nachfolgenden Kapiteln werden Konzepte der Work-Life-Balance vorgestellt, welche die Möglichkeiten der besseren Arbeitsgestaltung aufzeigen.

4.1 Ziele der Work-Life-Balance Maßnahmen

Die Idee hinter der Work-Life-Balance hat keinen eindeutigen Erfinder oder Verfasser, daher variieren die Zielsetzungen je nach Blickwinkel und dem gewünschten Effekt. Diese darf nicht als Konzept mit festgelegten Inhalten und Funktionen verstanden werden, da sie situativ eingesetzt wird. Kastner (2004) unterstellt den meisten Unternehmen, dass diese ihre Maßnahmen lediglich zur Leistungssteigerung und nicht zu humanisierenden Zwecken einsetzen. Daher ist für ihn das übergeordnete Ziel, „(…) die salutogenen, das heißt gesundheitsfördernden Potentiale der verschiedenen neuen Arbeitsformen zu identifizieren und für die Praxis zu nutzen“ (S. 22). Nach Wiese (2011) liegt der Fokus aus Arbeitgebersicht oft in der Mitarbeiterbindung, Leistungssteigerung des Personals durch Verminderung von Reibungspunkten zwischen Familie und Beruf und der daraus resultierenden Reduktion von Fehlzeiten. Die Ziele von Work-Life-Balance Maßnahmen sind jedoch auch im Sinne der Arbeitnehmer zu verstehen, die durch eine solche Unterstützung fähig sind neben ihren individuellen Bedürfnissen, ihre Arbeit besser zu erledigen. Demnach ist das primäre Ziel die Reduzierung von Interessenskonflikten durch Förderung der Selbstkompetenz (Beile & Jahnz, 2007). Aus dem Ziel der individuellen Unterstützung ergibt sich sekundär die Möglichkeit aus Unternehmenssicht, sinnhafte und betriebswirtschaftlich orientierte Maßnahmen beispielsweise zur Mitarbeiterbindung, Unternehmensentwicklung und als Wettbewerbsvorteil einzusetzen (ebd.)

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Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Integration von Work-Life-Balance Maßnahmen aus Unternehmenssicht
Hochschule
Hochschule Fresenius; Köln
Note
1,0
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V416412
ISBN (eBook)
9783668663862
ISBN (Buch)
9783668663879
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Work Life Balance, Job-sharing, Maßnahmen, Teilzeitarbeit, Arbeitszeitflexibilisierung, Arbeitspsychologie, Unternehmenssicht, Integration von Work Life Balance, Telearbeit, Gleitzeit, Arbeitsanforderungen
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Die Integration von Work-Life-Balance Maßnahmen aus Unternehmenssicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/416412

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